Varian/Shapiro haben bereits im Jahre 1999 in ihrem Buch „Online zum Erfolg“ Strategien entwickelt, die Unternehmen der Informationsbranche zum Erfolg führen sollen. Darin heben sie das Management von Lock-In-Effekten als strategischen Wettbewerbsvorteil hervor.
Zurzeit befindet sich das Fernsehen in einer grundlegenden Transformation. Sinkende Produktions- und Verbreitungskosten aufgrund der Digitalisierung lassen bisherige Markteintrittsbarrieren verschwinden und sorgen für einen verstärkten Wettbewerb. Außerdem sieht sich die klassische Fernsehindustrie mit mächtigen Marken wie Apple oder Google konfrontiert und muss sich darüber hinaus an das veränderte Nutzungsverhalten der Kunden anpassen.
Vor diesem Hintergrund wird in diesem Essay analysiert, inwieweit Lock-In-Effekte in der TV-Industrie auch heute noch Wettbewerbsvorteile generieren können.
Das Fernsehen befindet sich momentan in einer grundlegenden Transformation. Sinkende Produktions- und Verbreitungskosten aufgrund der Digitalisierung lassen bisherige Markteintrittsbarrieren verschwinden und sorgen für einen verstärkten Wettbewerb.[1] Die herkömmliche Fernsehindustrie sieht sich mit mächtigen Marken wie Apple oder Google konfrontiert[2] und muss sich darüber hinaus an das veränderte Nutzungsverhalten der Kunden anpassen. Varian/Shapiro haben bereits im Jahre 1999 in ihrem Buch „Online zum Erfolg“ Strategien entwickelt, die Unternehmen der Informationsbranche zum Erfolg führen sollen. Das Management von Lock-In-Effekten heben sie darin als strategischen Wettbewerbsvorteil hervor.[3] Im Folgenden wird in Bezug auf die Fernsehindustrie erörtert, inwieweit das Managen von „Lock-In-Effekten“ auch heute noch einen Schlüssel zum Erfolg darstellt.
Unter Lock-In-Effekten (Einsperreffekte) versteht man die enge Bindung von Nutzern an ein bestimmtes System oder einen Anbieter bei gleichzeitiger Erschwerung des Anbieterwechsels. Möchte der Kunde sich aus dieser Verbindung lösen, fallen hohe Umstellungskosten an, da er beim alten Anbieter angesammelte Leistungen verliert.[4] Sowohl Anbieter als auch Nachfrager können Vorteile aus diesem Effekt erzielen, indem sie entweder versuchen, die Einsperreffekte und die Umstellungskosten zu verstärken oder abzuschwächen.
Um als Käufer seine Umstellungskosten zu senken, empfehlen Varian/Shapiro zu Beginn des Lock-In-Zyklus um die Konditionen der Bindung zu feilschen und Anreize vom neuen Anbieter zu verlangen.[5] Langfristige Zusagen z.B. in Bezug auf Serviceleistungen etc. gestalten das Lock-In erträglicher. Um dies zu erreichen, sei es hilfreich, die eigene Verhandlungsposition zu stärken und sich als attraktiver und einflussreicher Kunde zu präsentieren.[6] Eine weitere Möglichkeit bestehe darin, sich mehrere Optionen offen zu halten, sodass ein Wechsel leicht vollziehbar ist.[7] Innerhalb der Fernsehindustrie besteht ein Käufer-Lock-In besonders in der Beziehung der Fernsehsender zu Providern von Kabel- oder Satellitennetzen.[8] Die Fernsehsender haben sich unter einer bestimmten Frequenz ihr Programm und einen Kundenstamm aufgebaut. Ändert sich nun die Frequenz, auf der sie senden oder wird sie sogar gestrichen, laufen sie Gefahr, ihre Zuschauer zu verlieren[9]. Indem Fernsehsender ihr Programm sowohl über Satellit als auch über Kabel verbreiten, halten sie sich eine zweite Option offen und verlieren im Zweifelsfall nur ein Teil ihrer Zuschauer. In Anbetracht der Crossmedialität von Sendern weiten sich die Umstellungskosten der Frequenz auf den Domainnamen im Internet aus. Um diesen Namen und damit die Nutzer der Plattform nicht zu verlieren,[10] ist es wichtig, eindeutige Konditionen, wie z.B. die Laufzeit, festzulegen, sich vor „vagen Verpflichtungen eines Anbieters [11] “ zu hüten sowie sich auch hier mehrere Optionen offen zu halten, indem ähnliche Bezeichnungen reserviert werden.
Aus Sicht der Anbieter birgt Lock-In zahlreiche Vorteile, da mit gebundenen Kunden Mehrverkäufe realisiert werden können. Varian/Shapiro zeigen aus diesem Grund drei Prinzipien auf, die das Einsperren der Kunden erleichtern: Investieren, Verschanzen und Hebelwirkungen nutzen.[12]
Zunächst ist es wichtig, einen eigenen Kundenstamm aufzubauen, den man an sich binden kann. Da erfolgreiche globale Unternehmen wie Google mit der Videoplattform Youtube und Google.tv oder Apple in den Markt drängen, verstärkt sich der Wettbewerb auf dem TV-Markt enorm, was die Kundenakquisition noch bedeutender macht.[13] In solch einem intensiven Wettbewerb muss man bereit sein, viel zu investieren und den Kunden attraktive Anfangskonditionen bieten.[14] Der Kampf um die Fußballbundesligarechte in diesem Frühjahr stellte dies eindrucksvoll unter Beweis. Der Pay-TV-Sender Sky war bereit 486 Mio. Euro pro Saison für die Übertragungsrechte der deutschen Bundesliga zu zahlen, um neue Kunden anzulocken.[15] Darüber hinaus investiert Sky viel Geld in Werbung sowie attraktive Startangebote und verschenkt z.B. bei Abschluss eines neuen Abonnements einen HD-Festplattenreceiver[16], wodurch die Umstellungskosten der Nutzer natürlich sinken. Allerdings muss ein Unternehmen genau kalkulieren, inwiefern es die Umstellungskosten des Nachfragers übernehmen kann und was im weiteren Verlauf der Kundenbeziehung an Rendite erwirtschaftet wird.[17] Es bleibt also abzuwarten, ob Sky solide kalkuliert hat. Eine Rolle könnte dabei spielen, welche Kundentypen Sky akquiriert. Varian/Shapiro empfehlen das Anlocken von einflussreichen Kunden, die in der Lage sind durch Weiterempfehlung weitere Kunden zu gewinnen, sowie Kunden mit hohen Umstellungskosten, die folglich bereit sind, viel in ein System zu investieren.[18] Kunden mit hohen Umstellungskosten existieren auf dem klassischen TV-Markt schon seit längerer Zeit. So sind auf der einen Seite Privatkunden, die sich eine Art Heimkino schaffen, und auf der anderen Seite Geschäftskunden (z.B. Bekleidungsgeschäfte, Restaurants etc.) zu nennen. Im Falle des Fußballpakets von Sky dürften insbesondere Sports-Bars interessant sein, die auf sportinteressierte Kunden abzielen. Da Technologien und technische Geräte aufgrund der Digitalisierung immer billiger werden und hierdurch die Umstellungskosten in Form von Investitionen in langfristiges Equipment sinken,[19] verliert dieser Aspekt jedoch an Relevanz. Immer wichtiger wird dagegen das Adressieren von einflussreichen Kunden. Nutzer tauschen sich online intensiv aus und erreichen mithilfe sozialer Netzwerke eine viel größere Anzahl anderer Nutzer. „Electronic word of mouth“ ist über alle Branchen hinweg ein wichtiges Marketinginstrument geworden,[20] wobei die Bedeutung für den TV-Markt aufgrund des Social TV des Second-Screen-Phänomens weiter steigt.[21] So hat sich mit MyVideo.de eine Plattform etabliert, die dem Nutzer lediglich einen Platz bietet, seine Videos und Kommentare mit anderen Nutzern zu teilen.[22]
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[1] Gugel/Müller 2007: 7
[2] Praschl 2012: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/37539
[3] Varian/Shapiro 1999: 139
[4] Vgl. ebd.: 139f. ; Peters 2010: 50f.
[5] Ebd.: 183
[6] Ebd.: 184f.
[7] Ebd.: 187f.
[8] Vgl. Ohler/Hübner 2012: http://www.ftd.de/it-medien/medien-internet/:streit-um-einspeisegebuehren-kabelkonzerne-ringen-mit-sendern-um-macht/70049175.html
[9] Meier/Hülsen 2006: http://www.ftd.de/it-medien/medien-internet/:sender-streiten-um-knappe-kabel-plaetze/71030.html
[10] Lüke 2008: http://www.zeit.de/online/2007/04/google-de-registrierung
[11] Varian/Shapiro 1999: 186
[12] Ebd.: 190
[13] Praschl 2012: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/37539
[14] Varian/Shapiro 1999: 194
[15] FOCUS Online 2012: http://www.focus.de/finanzen/diverses/uebertragungsrechte-der-fussball-bundesliga-sky-zahlt-fast-2-milliarden-euro-fuer-fussball-rechte_aid_738903.html
[16] Sky.de 2012: http://www.sky.de/web/cms/de/abonnieren-sky-angebot.jsp?intcmp1=home:teas:D026C&alllnk=home:r1:sales
[17] Varian/Shapiro 1999: 192ff.
[18] Ebd.: 202ff.
[19] Gugel/Müller 2007: 7
[20] Vgl. Schulz/Mau/Löffler 2007: 249-268
[21] „Als “Social TV” wird jede Art von TV-Konsum bezeichnet, die dem TV-Erlebnis eine soziale Ebene hinzufügt, d.h. soziale Interaktionen verfügbar macht“ Neef/Schroll/Hirsch 2011: 12; (vgl. weiterführend ebd.: 11ff.) Das Second-Screen-Phänomen ist „der Umstand, dass TV-User beim Gucken etwas im Internet nachschlagen, twittern oder mailen.“ Praschl 2012: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/37539
[22] Vgl. MyVideo.de: http://www.myvideo.de/
- Arbeit zitieren
- Sarah Uhrhan (Autor:in), 2012, Lock-In-Effekte als Schlüssel zum Erfolg in der Fernsehindustrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/269907