Kollektive Krisensituationen und Reformdruck


Seminararbeit, 2012

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG
Problemstellung und Zielsetzung
Aufbau der Arbeit

2. GRUNDLAGEN
Begriffliche Grundlagen
Definition des Betrachtungsbereichs

3. THEORIE DES KRISEN- UND REFORMPROZESSES
Die Krisen-Hypothese
Theoretische Einflussfaktoren auf Krise und Reform
Modell individuellen Reformverhaltens
Fazit

4. BETRACHTUNG EMPIRISCHER ANALYSEN
Grundlagen und Aufbau der Analyse
Inflationskrise
Leistungsbilanzdefizit
Erklärung der unterschiedlichen Entwicklung
Fazit

5. ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT

6. APPENDIX

7. LITERATUR

1. Einleitung

Problemstellung und Zielsetzung

Was sind die Zusammenhänge zwischen kollektiven Krisensituationen und Reformdruck? Unter welchen Umständen führt eine kollektive Krisensituation zu einer Reform, und unter welchen Umständen ist dies nicht der Fall? Von welchen volkswirtschaftlichen Faktoren ist ein Übergang von einer Krise zu einer Reform abhängig? Und welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus ableiten? Diese Fragen werden im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. Die Problematik in der Beantwortung dieser Fragen besteht darin, dass Krisen zahlreiche, oft schwer fassbare Einflussfaktoren haben und sich die in Krisensituationen befindlichen Länder somit auf vielerlei Weise unterscheiden.

Vor dem Hintergrund der Problematik ist das Ziel dieser Arbeit die wesentlichen Einflussfaktoren, die den Zusammenhang zwischen kollektiven Krisensituationen und Reformdruck bestimmen, herauszuarbeiten. Hierzu werden sowohl theoretische Verhaltensmodelle, als auch empirische Studien herangezogen, so dass sich Wirkungszusammenhänge ableiten lassen.

Aufbau der Arbeit

Die Arbeit zur Problematik der Wirkungszusammenhänge von kollektiven Krisensituationen und Reformdruck gliedert sich wie folgt:

In Kapitel 2 werden die notwendigen Grundlagen zur weiteren Bearbeitung der Problemstellung geklärt. Dies beinhaltet sowohl die Klärung grundlegender Begriffe, wie „Krise“ und „Reform“, als auch die Definition des Betrachtungsbereichs. Kapitel 3 widmet sich der theoretischen Betrachtung der Wirkungszusammenhänge von kollektiven Krisensituationen und Reformdruck. Hierbei wird zunächst auf die Krisen-Hypothese eingegangen, die bereits ein eigenständiges Konzept für den Zusammenhang von Krisen und Reformen darstellt. Anschließend werden weitere theoretische Einflussfaktoren auf Reform und Krise, sowie ein Modell zum individuellen Reformverhalten vorgestellt.

In dem nachfolgenden Kapitel werden die Wirkungszusammenhänge von Krise und Reform auf empirischer Basis untersucht. Zunächst werden die Grundlagen und der Aufbau der Analyse geklärt. Anschließend wird auf die beiden Krisenindikatoren Inflationsrate und Leistungsbilanzdefizit eingegangen und die Entwicklung von Krisenländern untersucht. Die Unterschiede in den Entwicklungen werden erklärt und in einem Fazit die Ergebnisse dieses Kapitels zusammengefasst. Abschließend werden in Kapitel 5 die zuvor in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst.

2. Grundlagen

In diesem Kapitel werden die Grundlagen geklärt, die für die weitere Bearbeitung mit dem Thema kollektiver Krisensituationen und Reformdruck notwendig sind. Des Weiteren findet eine Definition des Betrachtungsbereiches statt, wodurch sowohl der Kern, als auch die Grenzen des Themas beschrieben werden.

Begriffliche Grundlagen

Krise und Reform sind in ihrer Abgrenzung und Definition nicht immer eindeutig.

Nach Tommasi (2004, S. 140) befindet sich ein Land in einer Krise, wenn dieses sich unter seinem Anspruchsniveau befindet. Empirisch kann ein Krisenzustand auf Grund dieser Definition schwer erfasst werden, da das Anspruchsniveau von Land zu Land verschieden ist. Diese Unsicherheit in der Abgrenzung gilt allerdings nur für Grenzfälle. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass beispielsweise eine Inflation von über 40 % nicht den Ansprüchen eines Landes gerecht wird, und dieses sich demnach in einer Krise befindet. Diese eindeutigen Krisenzustände werden in dieser Arbeit betrachtet.

Die Definition von Reformen, in dem Sinne, wie sie in dieser Arbeit verwendet wird, orientiert sich an Tommasi (2004, S. 144). Er unterscheidet Reformen auf politischer Ebene in drei Arten. Die beiden meist betrachteten, hier aber nicht verwendeten Arten sind politische Reformen und halb-institutionelle Reformen. Die Art, die in dieser Arbeit betrachtet wird, sind tiefgreifende Reformen, die die Arbeit politischer Institutionen beeinflussen.

Definition des Betrachtungsbereichs

Der Betrachtungsbereich dieser Arbeit liegt auf der politischen Ökonomie staatlicher Reformtätigkeiten. Die Motivation hierzu begründet sich in der wechselseitigen Beziehung zwischen Politik und Ökonomie. Die Durchsetzungsmöglichkeit ökonomisch sinnvoller Reformvorschläge ist stark von deren politischer Durchsetzbarkeit abhängig. Ebenso werden politische Entscheidungen von wirtschaftlichen Verbänden und Interessengruppen beeinflusst. Auf Grund dieser Vernetzungen ist eine integrierte Betrachtung der Bereiche Politik und Ökonomie sinnvoll.

Den Mittelpunkt des Betrachtungsbereichs stellen kollektive Krisensituationen und Reformdruck dar. Die Grenzen bilden die detaillierte Betrachtung der Faktoren staatlichen Reformversagens, sowie die Logik hinter konstitutionellen Reformen. Diese Abgrenzungsbereiche können in der Bearbeitung des Kernthemas nicht gänzlich ausgeschlossen werden, da sie ebenfalls themenrelevante Wirkungs- zusammenhänge darstellen. Diese werden jedoch nur soweit herangezogen, wie es für die Beantwortung der dieser Arbeit zugrundeliegenden Problemstellung sinnvoll erscheint.

3. Theorie des Krisen- und Reformprozesses

Dieses Kapitel widmet sich der theoretischen Betrachtung der Zusammenhänge von kollektiven Krisensituationen und Reformdruck. Zunächst wird die KrisenHypothese und daran anschließend weitere theoretische Einflussfaktoren, die die Wirkungszusammenhänge prägen, beschrieben. Abschließend wird das Modell von Drazen und Grilli (1998) zum individuellen Verhalten von Akteuren innerhalb eines Krisen- und Reformprozesses vorgestellt.

Die Krisen-Hypothese

Eine weitverbreitete Meinung lautet, dass Krisen die Ursache von Reformen darstellen (Tommasi und Valesco, 1996, S. 197). Eine Krise würde daher stets zu einer Reform führen. Dieser Zusammenhang, dass Krise und Reform so eindeutig miteinander verbunden sind, wird als Krisen-Hypothese bezeichnet. Diese Aussage betrachtet die Wirkungszusammenhänge zwischen Krise und Reform sehr oberflächlich und wirkt daher simpel und tautologisch1. Dass die Krisen-Hypothese nicht tautologisch ist, untersuchen Drazen und Easterly (2001). Denn ein solcher Wirkungszusammenhang kann vorliegen, wenn die Begriffe Krise und Reform genauer abgegrenzt werden, sowie deren Einflussfaktoren in bestimmter Weise ausgeprägt sind.

Um eine Gültigkeit der Krisen-Hypothese zu gewährleisten, werden die beiden Begriffe von Krise und Reform im Folgenden genauer definiert.

Wenn eine Krise als Ursache für eine Reform betrachtet wird, muss dafür der nötige Krisenzustand auf zwei Arten genauer abgegrenzt werden. Zum einen gilt, dass Reformen eher in wirtschaftlich schlechten Zeiten, als in wirtschaftlich guten Zeiten durchgeführt werden. Des Weiteren muss gelten, dass das Land sich in einem wirtschaftlich äußerst schlechten Zustand und nicht nur in einem schlechten Zustand befindet (Drazen und Easterly, 2001, S. 130). Um die Krisen-Hypothese zu stützen, muss der zugrunde gelegte Krisenzustand daher eine hinreichende starke Ausprägung haben, so dass ein reformerisches Handeln zwingend erforderlich wird. Ebenso, wie in der Verwendung des Krisenbegriffes differenziert werden muss, muss dies auch in der Verwendung des Reformbegriffes geschehen. Es lässt sich unterscheiden, ob unter Reform der Beschluss zur Reform oder die tatsächliche Durchsetzung zu verstehen ist. Ein Reformbeschluss führt zu einer Veränderung der politischen Institutionen. Dies bedeutet die Überwindung von Hindernissen, die zuvor das Reformvorhaben blockiert haben. Der Beschluss zu einer Reform findet, ebenso wie die Krise, in wirtschaftlich äußerst schlechten Zeiten statt. Die Durchsetzung der Reform hingegen findet eher in wirtschaftlich besseren Zeiten statt (Drazen und Easterly, 2001). Um die Krisen-Hypothese zu stützen ist unter dem Reform Begriff daher der zeitlich krisennahe Beschluss einer Reform zu verstehen und nicht die Durchsetzung.

Theoretische Einflussfaktoren auf Krise und Reform

Im Nachfolgenden werden die wichtigsten theoretischen Einflussfaktoren auf die Zusammenhänge von Krise und Reform dargestellt, wie sie von Drazen und Easterly (2001) und Tommasi (2004) beschrieben werden. Nach der Vorstellung einer jeden Theorie wird kurz erläutert, in welcher Konstellation diese die Aussage der Krisen- Hypothese stützen.

Sowohl Krisen, als auch Reformen sind mit Kosten verbunden. Eine Krise verursacht Kosten, indem der wohlfahrtsschädliche status quo eines Landes beibehalten wird. Je größer der Schaden durch die Krise ist, desto eher kommt es zu reformerischen Maßnahmen. Die Durchsetzung einer Reform verursacht ebenfalls Kosten. Hier gilt: Je niedriger die Kosten zur Reformimplementierung, desto eher kommt es zu reformerischen Maßnahmen. Die Kosten der Reformimplementierung relativ zu den Kosten zur Beibehaltung des status quo ergeben die Netto-Reform- Kosten (Drazen und Easterly, 2001, S. 133). Wenn eine teure wirtschaftliche Krise durch eine relativ günstige Reform behoben werden kann, also niedrige Netto- Reform-Kosten vorliegen, führt dies zu einer schnelleren Reformimplementierung. Niedrige Netto-Reform-Kosten unterstützen daher die Aussage der Krisen- Hypothese.

Neben den Kosten spielt Unsicherheit eine zentrale Rolle dabei, ob eine Krise zu einer Reform führt. Diese Unsicherheit zeigt sich auf der politischen Entscheidungsebene. Die verschiedenartige Wahrnehmung der Krisensituation durch politische Akteure führt dazu, dass unterschiedliche Reformen als richtig angesehen werden (Tommasi, 2004, S. 138).2 Sind die Meinungsunterschiede zu groß, wird kein Konsens für eine bestimmte Reform gefunden (Drazen und Easterly, 2001, S. 133). Daher gilt: Je geringer diese Wahrnehmungsunterschiede sind, desto eher führt dies zur Reformimplementierung und unterstützt somit die Krisen- Hypothese.

Neben der Unsicherheit über das richtige Reformkonzept stellt die Unsicherheit über den individuellen Nutzen einen wichtigen Einflussfaktor dar (Drazen und Easterly, 2001, S. 133). Hierbei geht es um die Unsicherheit bezüglich der zukünftigen Entwicklung aufgrund einer zu beschließenden Reform.3 Je größer die Unsicherheit über den Erfolg einer Reform, desto größer muss der Schaden durch den Krisenzustand sein, damit dem riskanten Reformkonzept zugestimmt wird. Diese Konstellation unterstützt die Krisen-Hypothese.

Auslandshilfe beeinflusst ebenfalls die Reformfähigkeit eines Landes. Auslandshilfe, die ein Land in der Krise erhält, schwächt den Schaden, der durch die Krise verursacht wird (Drazen und Easterly, 2001, S. 135). Damit sinkt der Reformdruck auf ein Land und es verbleibt länger im Krisenzustand als dies ohne Auslandshilfe der Fall wäre.4 Je geringer die Auslandshilfe, desto eher führt dies zu Reformimplementierung und stützt damit die Krisen-Hypothese.

[...]


1 Tautologie bezeichnet hier einen fehlerhaften Kausalzusammenhang, bei der die Folge bereits in der Ursache eines Ereignisses enthalten ist. Ein Beispiel lautet: „Wenn es regnet, regnet es!“

2 Unterschiedliche Wahrnehmungen der Bevölkerung über die Ursachen der Krise in Argentinien zeigen, dass sich dadurch die Krise weiter verschärfte (Bruscaglia, 1996).

3 Unsicherheit führte zu Reformverzögerung in Ghana (McBride, 2005).

4 Für Polen war es nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sehr schwer, ohne Auslandshilfe aus der Krise zu kommen (Sachs, 1994).

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Kollektive Krisensituationen und Reformdruck
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
22
Katalognummer
V269999
ISBN (eBook)
9783656613091
ISBN (Buch)
9783656613060
Dateigröße
550 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kollektive, krisensituationen, reformdruck
Arbeit zitieren
Gerrit Reeker (Autor:in), 2012, Kollektive Krisensituationen und Reformdruck, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/269999

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