Unterrichtsformen. Handlungsorientierter Unterricht

Unterrichtsplanung


Seminararbeit, 2010

17 Seiten, Note: 1,3

Antonia Pütz (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG

2 EINFÜHRUNG IN HANDLUNGSORIENTIERTEN UNTERRICHT
2.1 Definition

3 MERKMALE DES HANDLUNGSORIENTIERTEN UNTERRICHTS
3.1 Handlungsprozesse und -Produkte
3.2 Anforderungen an Schüler und Lehrer

4 VOR- UND NACHTEILE
4.1 Gliederung des handlungsorientierten Unterrichts
4.2 Planung des handlungsorientierten Unterrichts

5 WARUM HANDLUNGSORIENTIERT LERNEN

6 FAZIT

LITERATURVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Phasen des handlungsorientierten Unterrichts

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Anforderungen an Schüler und Lehrer nach Ruppert (2002)

Tabelle 2: Auswirkungen des handlungsorientierten Unterrichts nach Ruppert (2002)

1 Einleitung

„Mit welcher Methode erreichen meine Schüler den größtmöglichen Lernerfolg?“ Diese Frage stellen sich viele Lehrer zu Beginn ihrer Berufszeit. Die Frage nach der bestmöglichsten Lernmethode ist sehr umstritten und Pädagogen beschäftigen sich seit langer Zeit sehr intensiv mit diesem Thema. In pädagogischen Handbüchern lassen sich viele verschiedene Ansätze zum Problem Unterricht sowie Lehr- und Lernstrategien finden. Doch gibt es die perfekte Methode zu Unterrichten?

Die Forderung nach mehr Handlungsorientierung im Unterricht wird in den letzten Jahren immer häufiger und eindringlicher erhoben - von Schülern und von Lehrern, von Wissenschaftlern und von Vertretern der Wirtschaft. Die grammatischen Bezeichnun- gen wie praktisches Lernen, ganzheitliches Lernen, Projektunterricht, Freiarbeit, Lern- statt etc. haben Hochkonjunktur und beinhalten im Prinzip das gleiche Anliegen: Die Ausweitung handlungsbezogener und handlungsbetonter Lernaktivitäten der Schüler.

Seit den 80er Jahren sind Begriffe wie „handlungsorientierter Unterricht“, „schülerzentrierter Unterricht“, „Projektunterricht“, sowie „entdeckendes“, „ganzheitliches“ oder „offenes“ Lernen feste Begriffe der deutschsprachigen Schulpädagogik.

All diese Formen der Lernorganisation haben das gemeinsame Ziel, ein selbstständiges und selbstorganisiertes Lernen zu ermöglichen. Der moderne Unterricht tendiert heut zu Tage zu einer didaktischen Neuorientierung und es werden materielle Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt des Unterrichts gestellt.

Weg vom traditionellen Frontalunterricht, in dem die Schüler in Reih und Glied sitzen und den „Unterrichtsstoff“ vorgesetzt bekommen, hin zum schülerzentrierten, eigenständigem Lernen? Mit dieser Frage werde ich mich in meiner Seminararbeit genauer beschäftigen und im Verlauf dieser Arbeit konkret auf die Methode des handlungsorientierten Unterrichts eingehen.

2 Einführung in handlungsorientierten Unterricht

Handlungsorientierter Unterricht ist eine veraltete Form des Unterrichts. Seine Wurzeln reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Die wichtigsten Vertreter dieser Theoriegrundlage sind Johann Amos Comenius (1592 - 1670), Jean Jaques Rousseau (1712 - 1778), und Johann Heinrich Pestalozzi (1746 - 1827).

John Deway (1859 - 1952) gilt als „Vater“ der Projektmethode und hat diese im 20. Jahrhundert erheblich geprägt. Er befürwortet den Projektunterricht, in dem Praxis und Theorie eng miteinander verbunden sind. Von ihm stammt das Zitat:

Ein Gramm Erfahrung ist besser als eine Tonne Theorie, einfach deswegen, weil jede Theorie nur in der Erfahrung lebendige und der Nachprüfung zugängliche Bedeutung hat. Eine Erfahrung, selbst eine sehr bescheidene Erfahrung, kann Theorie in jedem Umfang erzeugen und tragen, aber eine Theorie ohne Bezugsrahmen auf irgendwelche Erfahrung kann nicht einmal als Theorie bestimmt und klar erfasst werden. Sie wird leicht zu einer bloßen sprachlichen Formel, zu einem Schlagwort, das verwendet wird, um das Denken, das rechte „Theoretisieren“ unnötig und unmöglich zu machen“ (Dewey, 1993, S. 193).

Dewey ist der Meinung, dass Unterricht geplant sein muss. Er sollte am Wissens- stand und an den vorhandenen Kenntnissen der Schülerinnen und Schüler anknüpfen und ihnen somit neue Erfahrungen ermöglichen. „Unterricht muss fest genug sein um die Richtung auf fortgesetzte Entwicklung der Kräfte anzugeben“ (Knoop & Schwaab, 1999, S. 179) gleichzeitig sollte er aber auch so flexibel sein, dass er genügend Platz für „ein freies Spiel und Individualität“ lässt (Knoop & Schwaab, 1999, S.179).

Seiner Meinung nach muss das Lernen ganz und gar auf Erfahrung aufgebaut sein. Auch heute noch berufen sich daher viele Reformpädagogen auf Deweys Theorie. Sei- ner Auffassung nach sollen Kinder in einer Lernumwelt aus Materialien, Werkstätten, Bibliothek und Schulgarten die Realität kennen lernen, sich selbst entdecken und ko- operieren können. Der Lehrer hat dabei nicht die Rolle des Wissenden, sondern eher des Lenkenden.

Handlungsorientierter Unterricht ist im Prinzip das Gegenkonzept zum deduktiven Lernen, wie es beim klassischen Frontalunterricht mit seinem belehrenden Stil der Fall ist. Es wird nicht zuerst das Prinzip, die Gesetzmäßigkeit oder der Zusammenhang ge- lehrt um anschließend ein Beispiel in einer Übung zu praktizieren. Beim handlungsori- entierten Unterricht geschieht genau das Gegenteil. Der Schüler lernt aus einer konkre- ten Situation oder einer Übung. Er sammelt praktische Erfahrungen mit denen anschlie- ßend eine allgemeine Gesetzmäßigkeit oder der Zusammenhang erläutert, bzw. gemein- sam erarbeitet werden kann. Dieses Vorgehen nennt man auch Induktionslernen. Die heutige Gehirnforschung bestätigt, dass alle nachhaltigen Lernprozesse des Menschen grundsätzlich induktiv ablaufen. Für den Schüler ist der Lehr- Lern- Erflog bei indukti- vem Unterricht in der Regel höher als bei deduktivem Unterricht.

2.1 Definition

Zum handlungsorientierten Unterricht lassen sich verschiedene Aussagen finden. Christian Wopp (1986) schreibt in der Enzyklopädie Erziehungswissenschaft, dass mit dem Begriff „handlungsorientierter Unterricht“ ein Unterrichtskonzept bezeichnet wird, das den Schülern einen handelnden Umgang mit den Lerngegenständen und Lerninhalten des Unterrichts ermöglichen soll. Die materiellen Tätigkeiten der Schüler sollen dabei den Ausgangspunkt des Lernprozesses bilden. „Es ist das Ziel eines handlungsorientieren Unterrichts, durch die aktive Auseinandersetzung und durch den handelnden Umgang der Schüler mit der sie umgebenden gesellschaftlichen Wirklichkeit Erfahrungs- und Handlungsspielräume zu schaffen und dadurch die Trennung von Schule und Leben ein Stück weit aufzuheben“ (Wopp, 1986, S. 600).

Handlungsorientierter Unterricht ist der Versuch, tätige Aneignung von Kultur in Form von pädagogisch organisierten Handlungsprozessen zu unterstützen. Über die ikonische Aneignungsweise hinaus bietet er die Möglichkeit, handelnd Denk- strukturen aufzubauen und den Zugang zur Welt nicht über ihre Abbilder, sondern durch vielfältige sinnliche Erfahrungen zu schaffen. Kompensatorisch zur tenden- ziellen »Entwirklichung der Wirklichkeit« dient er dem Aufbau einer umfassenden Handlungskompetenz. Er bezieht sich auf Handeln als tätigen Umgang mit Gegen- ständen, Handeln in sozialen Rollen und Handeln auf symbolisch-geistiger Ebene. (Gudjons, 1986, S. 49)

Ein weiterer wichtiger Vertreter dieser Unterrichtsform ist Hilbert Meyer. Er definierte folgendermaßen: „Handlungsorientierter Unterricht ist ein ganzheitlicher und schüleraktiver Unterricht, in dem die zwischen dem Lehrer und den Schüler vereinbarten Handlungsprodukte die Organisation des Unterrichtsprozesses leiten, so dass Kopfund Handarbeit der Schüler, in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden können“ (Meyer, 1988, S. 214).

Handlungsorientierter Unterricht ist demnach kein vorgegebenes starres Konzept, sondern viel mehr eine freie Interaktionsform zwischen Lehrer und Schüler. Die Schüler und Schülerinnen haben einen wesentlich größeren Einfluss auf die Unterrichtsgestaltung. Dies bedeutet, dass sie selbst bei der Themenauswahl und dem möglichen Unterrichtsverlauf mitbestimmen können und die Möglichkeit haben, ihre eigenen Interessen einzubringen. Es handelt sich somit nicht um traditionelle Lernziele, sondern um Handlungsprodukte, auf die der Unterricht abzielt und die den Unterricht strukturieren. Theorie und Praxis werden gleichermaßen gefordert.

Es gibt keine Regeln oder Prinzipien nach denen diese Art von Unterrichtsform abzulaufen hat. Es existieren lediglich einige Merkmale, die bei der Unterrichtsgestaltung zu beachten sind. Jank stellt für diese Unterrichtsmethode sieben prägnante Merkmale fest, die im nächsten Abschnitt genauer erläutert werden.

Das oberste Ziel des handlungsorientierten Unterrichts ist die Entwicklung gesell- schaftlicher Handlungskompetenz, sowie der Aufbau eines politischen Verstands, wel- cher zum Handeln aktivieren soll. Die Schüler sollen somit bereit sein, Verantwortung zu übernehmen und in ihrer Lebensumwelt schlechte bzw. zu kritisierende Zustände, von denen sie selbst oder andere soziale Gruppen betroffen sein könnten, zu spüren. Die Schüler sollen versuchen sie zu ändern bzw. auf sie aufmerksam zu machen. Die Tatsache, dass die Ergebnisse von handlungsorientiertem Unterricht aus der Klasse hin- ausgetragen werden sollen, weist darauf hin, dass es zu einem Bewusstseinbildungsprozess in der Öffentlichkeit kommt. Ziel ist es, dass die Schüler erkennen, dass ihre Arbeit gesellschaftlichen Gebrauchswert hat.

3 Merkmale des handlungsorientierten Unterrichts

Jank und Meyer (2000) beschreiben sieben Merkmale des handlungsorientierten Unter- richts:

1. Handlungsorientierter Unterricht ist ganzheitlich.

Es gibt den personalen Aspekt, der besagt, dass der Schüler im „Ganzen“ angespro- chen werden soll und alle Sinne beim Lernprozess aktiviert werden sollen. Lernen mit Kopf, Herz und Hand im Sinne Pestalozzis. Der Unterricht soll im Wechsel von Anstrengung und Entspannung, sowie Kopf- und Handarbeit wirken. Der inhaltliche Aspekt besagt, dass die Unterrichtsthematik nicht streng nach Lehrplan abgearbeitet werden soll, sondern Probleme und Fragen sich aus vereinbarten Handlungsproduk- ten ergeben. Des Weiteren sollen die Unterrichtsmethoden ganzheitlich sein, im Sinne des methodischen Aspekts. Das bedeutet, dass verschiedene Unterrichtsformen, wie beispielsweise Partnerarbeit, Erkunden, Experimentieren, Projektarbeit usw. zum Tragen kommen.

2. Handlungsorientierter Unterricht ist schüleraktiv.

Dies bedeutet, dass die Schüler selber aktiv sind. Der Lehrer soll ihnen nicht aus- schließlich den Lehrstoff „vorkauen“, wie es beim traditionellen Frontalunterricht üblich ist. Der Lehrer soll lediglich Handlungskompetenzen vermitteln, welche die Schüler zum eigenständigen Erforschen, Erkunden, Erörtern usw. animieren.

3. Im Mittelpunkt des Handlungsorientierten Unterrichts steht die Herstellung von handlungsorientierten Produkten.

Die Ergebnisse sollen gesichert werden. Dies kann z.B. in Form von Plakaten, die auch Außenstehenden präsentiert werden können geschehen. Mit ihren „Produkten“ sollen sich die Schüler selber identifizieren und kritisch auseinander setzten können.

4. Handlungsorientierter Unterricht bemüht sich, die subjektiven Schülerinteressen zum Ausgangspunkt der Unterrichtsarbeit zu machen.

Er soll Freiräume schaffen, in denen sich die Schülerinnen und Schüler im handeln- den Umgang mit neuen Themen und Aufgabenstellungen ihrer Interessen bewusst werden können. Je größer das Interesse der Schüler am Thema ist, desto größer werden vermutlich auch der Einsatz und der daraus resultierende Lernerfolg.

5. Beim handlungsorientierten Unterricht sind die Schüler immer an der Planung, Durchführung und Auswertung des Unterrichts beteiligt.

Der Lehrer sollte nicht stur nach dem Lehrplan unterrichten, sondern die Interessen und Ideen der Schüler berücksichtigen. Kooperation ist bei dieser Unterrichtsform ein ganz wesentlicher Baustein.

6. Handlungsorientierter Unterricht führt zur Öffnung von Schule.

Zum Einen zu einer Öffnung von Innen: Der Schüler- Lehrer- Kontakt, sowie die individuellen Lernwege werden gefördert. Der Unterricht sollte fächerübergreifend ausgeweitet werden.

Zum Anderen zu einer Öffnung nach Außen: Außenstehende wie Eltern, Politiker oder Experten sollen dem Unterricht zu bestimmten Themen beitreten. Sie sollten hierbei Rede und Antwort stehen und Kritik an den von den Schülern erarbeiteten Handlungsprodukten ausüben.

7. Handlungsorientierter Unterricht versucht, Kopf- und Handarbeit in ein ausge- wogenes Verhältnis zu bringen.

Der gesamte Lernprozess wird von einer dynamischen Wechselwirkung zwischen Hand- und Kopfarbeit begleitet.

Zusammenfassend kann man sagen, dass handlungsorientierter Unterricht in erster Linie auf die Entwicklung der gesellschaftlichen Handlungskompetenz hinaus will und den Aufbau eines politischen und zum Handeln aktivierenden Bewusstseins anstrebt. Die Schüler sollen bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, sie sollen in ihrer Le- bensumwelt mangelhafte bzw. zu kritisierende Zustände spüren und erkennen, von de- nen sie oder andere soziale Gruppen betroffen sind und versuchen, sie zu ändern bzw. auf sie aufmerksam zu machen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Unterrichtsformen. Handlungsorientierter Unterricht
Untertitel
Unterrichtsplanung
Hochschule
Universität des Saarlandes
Veranstaltung
Unterrichtsplanung
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
17
Katalognummer
V270177
ISBN (eBook)
9783656614821
ISBN (Buch)
9783656614814
Dateigröße
454 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Merkmale, hanldungsorientiert, Anforderungen, Unterricht, Lernen, projektunterricht, Schüleraktivität, Ganzeheitlich, Öffnung von Schule
Arbeit zitieren
Antonia Pütz (Autor:in), 2010, Unterrichtsformen. Handlungsorientierter Unterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270177

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