Zur Veränderung der Wurfweite nach einem konventionellen Aufwärmen im Vergleich zu einem Aufwärmprogramm mit Vollbällen

Eine empirische Untersuchung


Bachelorarbeit, 2011

52 Seiten, Note: 2,5

Antonia Pütz (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG

2 THEORETISCHE AUFARBEITUNG DES PROBLEMFELDES
2.1 Aufwärmen
2.1.1 Allgemeines Aufwärmen
2.1.2 Spezielles Aufwärmen
2.2 Zum Handballsport
2.2.1 Merkmale des Handballspiels
2.2.2 Leistungsbestimmende Faktoren im Handball
2.3 Zum Wurf
2.3.1 Schlagwurfbeschreibung
2.3.2 Anforderungen des Torwurfes
2.3.3 Wurfkraft
2.4 Zur Schnellkraft
2.4.1 Definitionen der Schnellkraft
2.4.2 Unterformen der Schnellkraft
2.4.3 Schnellkraft im Handball
2.4.4 Schnellkrafttraining im Handball
2.5 Postactivation potentiation effect
2.5.1 Definition von PAP
2.5.2 Grundlagen zu PAP
2.5.3 Auswirkungen und Effekte von PAP
2.5.4 Studien zu PAP
2.5.5 PAP im Oberkörper
2.5.6 Anwendung von PAP in der Trainingspraxis
2.6 Resümee

3 DARSTELLUNG DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG
3.1 Fragestellung und Arbeitshypothesen
3.2 Untersuchungsmethodik
3.2.1 Personenstichprobe
3.2.2 Variablenstichprobe
3.2.3 Treatmentstichprobe
3.2.4 Ablauf der Untersuchung
3.3 Operationalisierte bzw. statistische Hypothesen
3.4 Statistik

4 ERGEBNISSE

5 DISKUSSION

6 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:Entwicklung der Spielfähigkeit (Trosse, 1985, S. 19)

Abbildung 2: Bilderreihe zum Schlagwurf für Rechtshänder (Dober, 2010)

Abbildung 3: Einflussgrößen und Komponenten der azyklischen Bewegungsmuster (Wagner, 2005, S. 16)

Abbildung 4: Einflussgrößen und Komponenten der Schnellkraft (Bührle, 1985, S. 105)

Abbildung 5: Kraft-Zeit-Kurven einer Ausstoßbewegung gegen unterschiedlich schwere Lasten. (Schmidtbleicher, 1985, S. 116)

Abbildung 6: Wurfkorridor (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2009)

Abbildung 7: Mittelwerte der Probandinnen nach beiden Treatments

Abbildung 8: Wurfweiten der Probandinnen nach Vollballaufwärmen

Abbildung 9: Wurfweiten der Probandinnen nach Handballaufwärmen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Arten der Belastung im Handball (Brack, 2002, S. 151)

Tabelle 2: Flugzeiten des Handballs beim Torwurf (Cokesa-Wentz, 2010)

Tabelle 3: Übersicht zu bisherigen PAP Studien

Tabelle 4: Anthropometrische Daten der Probandinnen. Angabe der Mittelwerte (M), der Standardabweichung (SD), des minimalen Wertes (Min) und des maximalen Wertes (Max) der Parameter. (HB=Handball; BMI=Body Mass Index)

Tabelle 5: Übersicht zum Test-Design

Tabelle 6: zeitlicher Ablauf der Gesamtuntersuchung

Tabelle 7: Wurfweiten des Handballweitwurftests. Angabe der Mittelwerte (M), der Standardabweichung (SD), des minimalen Wertes (Min) und des maximalen Wertes (Max) nach beiden Treatments (Angabe in Metern)

Tabelle 8: Ergebnisse des Mann-Whitney-Tests

Tabelle 9: Anthropometrische Daten der Probandinnen. (HB=Handball; BMI=Body Mass Index)

Tabelle 10: Wurfweite nach Vollballtreatment (Angabe in Metern)

Tabelle 11: Wurfweite nach Handballtreatment (Angabe in Metern)

1 Einleitung

In der Arbeit wird anhand einer Feldstudie die Frage nach einer kurzzeitigen Veränderung der Wurfleistung durch zwei verschiedene, vorangegangene Treatments analysiert. Ein Aufwärmen mit speziellen Trainingsbällen (Vollbällen) wurde mit N=9 Spielerinnen einer Frauenhandballbundesligamannschaft und anschließendem Handballweitwurf als Untersuchung durchgeführt. Nach dem Vollballtreatment wird ein Gesamtmittelwert von 29.88 m erzielt. Der Gesamtmittelwert nach dem konventionellen Aufwärmen mit einem Handball beträgt 29.99 m. Die Analyse der Ergebnisse zeigt, dass das Vollballaufwärmen in dieser Testung keine signifikanten Ergebnisse erzielt.

Die allgemeine Physis spielt im Sport eine sehr wichtige Rolle. Von großer Bedeutung ist die körperliche Fitness vor allem in den Sportarten, in denen ständiger Körperkontakt mit den Gegenspielern herrscht. Handball ist unter den Ballspielarten eine besonders stark körperbetonte Sportart, welche nach der gewonnenen WM 2007 der Herren, im eigenen Land sehr starke Zuwachsraten zu verzeichnen hatte.

Diese Spielsportart ist sehr komplex, da neben der körperlichen Aggressivität eine Vielzahl verschiedener Fähigkeiten erforderlich ist. Das Training ist sehr umfassend und facettenreich aufgebaut, sodass alle motorischen Grundeigenschaften trainiert werden. Eine sehr wichtige Rolle spielt neben den athletischen und taktischen Fertigkeiten der Wurf eines jeden Handballers (Gidl-Kilian & Medler, 2004, S. 31). Dabei ist nicht nur eine gute Wurftechnik von Vorteil, sondern auch die Wurfvariabilität und ein optimales Ballhandling sind Faktoren eines guten Wurfes (Barth & Nowak, 2007, S. 50). Ein gut ausgebildeter Spieler sollte nach Möglichkeit auch über eine gewisse Wurfkraft verfügen, da durch einen festen Torwurf die Flugdauer des Balls verkürzt wird und der gegnerische Torwart somit eine kürzere Reaktionszeit zur Verfügung hat (Wagner, Kainrath & Müller, 2008, S. 35).

Doch welche Möglichkeiten gibt es für einen Athlet seine Wurfkraft effektiv zu verbessern? Sicherlich bildet die grundlegende Muskulatur die Basis für einen festen Wurf. Die Damenmannschaft des Handball-Bundesliga Kaders aus Trier trainiert in der Regel acht Mal pro Woche. Fünf bis sechs dieser Trainingseinheiten werden gemeinschaftlich in der Halle absolviert, zwei Einheiten bestehen aus Krafttraining im Fitnessstudio und eine individuelle Einheit aus Wurf- und Techniktraining. Zusätzlich zu der Krafttrainingseinheit an den Geräten, indem die großen Muskelgruppen wie die Brustmuskulatur, Trizeps, Deltamuskel etc. trainiert werden, findet eine handballspezifischere Trainingsvariante zur Wurfkraftverbesserung statt. Dazu werden in regelmäßigen Abständen sogenannte Vollbälle verwendet (Trosse, 2001, S. 91). Durch spezielle Wurf- und Passübungen mit diesen schweren Trainingsgeräten können, im Gegensatz zum einfachen Training mit Hanteln oder an Geräten, mehrere Trainingsziele verbunden werden (Wagner, 2005, S. 79). Diese medizinballähnlichen Bälle sind kaum größer als ein Handball und wiegen ein oder zwei Kilogramm. Bei einem größeren Widerstand muss bekanntlicherweise mehr Kraft aufgebracht werden, als bei leichteren Widerständen, um die gleiche Wurfleistung zu erreichen.

Der Wurf ist eine Form der Schnellkraft und zeichnet sich dadurch aus, dass aus einer relativen Ruhe heraus, in möglichst kurzer Zeit, eine maximale Beschleunigung entwickelt wird (Voß, Witt & Werthner, 2007. S. 22). Da schnellkräftige Bewegungen hohe Koordinationsanforderungen an Nervensystem und Muskulatur stellen, ist es laut Grosser und Renner (2007, S. 58) wichtig, den Körper in eine höhere Leistungsbereitschaft zu versetzen. Um Verletzungen vorzubeugen setzt eine typische Wurfkrafttrainingsphase mit den Vollbällen immer ein allgemeines und ein spezifisches Aufwärmen voraus.

Nun stellt sich die generelle Frage, ob das Vollballtraining einen gewünschten positiven Effekt für die Spielpraxis zur Folge hat. Stellt sich nach diesem Training möglicherweise ein „Überschusseffekt“ ein, sodass der Torwurf fester ist, wenn im Anschluss mit den Handbällen weitertrainiert wird? Wie lange benötigt der Körper um sich wieder an die leichteren Handbälle zu gewöhnen? Eine zentrale Frage lautet folglich: Was passiert bei Schnellkraftleistungen nach submaximalen Krafteinsätzen im menschlichen Körper?

Diese Reaktion nennt die Sportwissenschaft den postactivation potentiation Effekt, welcher in der Forschung noch nicht völlig ausgereift ist. Ziel dieser Arbeit ist es, zu eruieren, wie sich ein Vollballaufwärmen auf die Athleten auswirken kann.

2 Theoretische Aufarbeitung des Problemfeldes

Um das Problemfeld der nachfolgenden empirischen Untersuchung verstehen zu können, wird zunächst das Aufwärmen genauer betrachtet. Desweiteren wird ein Einblick in die Spielsportart Handball mit ihren charakteristischen Besonderheiten und dem Wurf gegeben. Im Anschluss daran erfolgen die Definition von Schnellkraft und ihre verschiedenen Formen, sowie der aktuelle Forschungsstand des postactivation potentiation Effekts. Es wurde mit dem Ratgeber von Wydra (2003) gearbeitet und nach den aktuellen APARichtlinien der Sportwissenschaft zitiert.

2.1 Aufwärmen

Im folgenden Abschnitt wird ein Einblick in die Grundlagen und Funktionen der allgemeinen und der speziellen Erwärmung, d. h. des handballspezifischen Warm ups gegeben. Dies ist nötig, da sich das spätere Testtreatment auf das Aufwärmprogramm bezieht, welches vom Breitensportler bis hin zum Leistungssportler ausgeführt wird.

Unter dem sogenannten Aufwärmen werden Maßnahmen verstanden, die den Sporttreibenden im physischen und psychischen Bereich auf die bevorstehende körperliche und seelische Belastung im Training und im Wettkampf vorbereiten. Durch das Aufwärmen werden wesentliche, die körperliche Leistung limitierende Organfunktionen aus dem Ruhebereich in Richtung auf die für körperliche Arbeit charakteristischen Werte geändert. Dadurch wird erreicht, daß [sic] die Leistungsfähigkeit bereits zu Beginn der sportlichen Aktivität gesteigert ist. (de Marées, 2003, S. 565)

Friedrich (2007, S. 201) unterscheidet hierbei das allgemeine Aufwärmen vom speziellem Aufwärmen. Letzteres ist sportartenspezifisch. Der allgemeine Teil soll dabei immer dem Spezifischen vorausgehen.

2.1.1 Allgemeines Aufwärmen

Friedrich (2007, S. 201) sagt: „Beim allgemeinen Aufwärmen ist das übergeordnete Ziel, die funktionellen Möglichkeiten des Organismus durch aktive Muskelarbeit großer Muskelgruppen insgesamt auf ein höheres Niveau zu bringen.“ Er ist also der Meinung, dass beim Warmlaufen vier bis fünf Minuten ausreichend sind, um das Herz- Kreislauf- System in Gang zu bringen. Aktive Muskelarbeit der großen Muskelgruppen ist laut Joch und Ückert (1999, S. 154) im Aufwärmprozess unverzichtbar. Sie empfehlen einen ganzkörperlichen Aufwärmprozess, wie z. B. durch Radfahren oder Laufen

(Joch & Ückert, 1999, S. 154). Sagerer und Freiwald (1994, S. 13) schreiben „Schon das allgemeine Aufwärmen hat sich auf die künftige Tätigkeit (Sportart) zu beziehen. Es ist im Rahmen einer jeden Sportart verschieden.“ Sie empfehlen ca. ein Drittel und mindestens ein Sechstel der Muskulatur zu bewegen.

De Marées (2003, S. 552) beschreibt weitere Funktionen, wie die Steigerung der Körpertemperatur von 34 °C in Ruhe auf bis zu 41 °C, wobei die im Muskel produzierte Wärme in den gesamten Körper transportiert wird. Durch einen erhöhten Blutdruck und einen Anstieg der Herzfrequenz werden die Stoffwechselprozesse in der arbeitenden Muskulatur verbessert. Somit steigt auch der Energieumsatz, sodass die Leistungsfähigkeit der Muskulatur angehoben wird. Um den Sauerstoffbedarf zu decken und das anfallende Kohlendioxid (CO2) abzutransportieren beschleunigt sich zudem die Atmung (De Marées, 2003, S. 552).

Desweiteren wird die Belastbarkeit des Bewegungsapparates erhöht, was zur Folge hat, dass Bänder und Gelenke durch die gestiegene Körpertemperatur auf die Belastung vorbereitet sind. Der Körper bildet vermehrt Gelenkflüssigkeit (Synovia), um den Druck auf den Knorpel in den Gelenken abzufangen. De Marées (2003, S. 566) erläutert, dass durch das Aufwärmen die Muskeln, Sehnen und Bänder wiederholt stärker gedehnt werden, was zur Folge hat, dass sie nicht so schnell reißen können und es zu einem ökonomischeren Krafteinsatz kommt.

2.1.2 Spezielles Aufwärmen

Das spezielle Aufwärmen hängt immer vom Sportler selbst ab. Er muss individuell die Intensität und Dauer für sein Aufwärmprogramm bestimmen.

Grosser und Renner (2007, S. 58) stellen fest: „Schnelle bzw. schnellkräftige Bewegungen stellen sehr hohe Koordinationsanforderungen an das zentrale Nervensystem und Kontraktionsbedingungen an die Muskulatur; folglich müssen Organismus und Muskulatur in eine höhere Leistungsbereitschaft versetzt werden.“ Da die schnellkräftigen Bewegungen Springen, Sprinten und Werfen typisch für das Handballspiel sind, ist es enorm wichtig, die beteiligten Muskelgruppen auf genau diese Belastung vorzubereiten. Ein Aufwärmen im Handball sollte aus diesem Grund immer sorgfältig durchgeführt werden. In der Regel wird das Erwärmungsprogramm in drei Teile gesplittet.

Zum besseren Verständnis wird das Aufwärmen einer Handballmannschaft detailliert dargestellt:

Das allgemeine Aufwärmen; das Einlaufen. Dabei wird meist mit der Erwärmung der unteren Extremitäten begonnen. Es werden verschiedene Übungen aus dem Lauf- ABC durchgeführt wie z. B. Hopserlauf, Fußgelenksarbeit, Skippings, Kniehebelauf, Anfersen, Überkreuzlauf, Sprunglauf, Wechsel- und Mehrfachsprünge oder Side- Steps.

Der zweite Teil besteht aus einem Dehn- oder Gymnastikteil. Hierzu sind die Meinungen der Wissenschaftler bezüglich der Frage, ob ein Dehnen vor dem Sport leistungssteigernd ist, sehr unterschiedlich. Der letzte Abschnitt der Erwärmung ist ein sportartspezifischer Teil, in dem das Sportgerät, der Handball, hinzugenommen wird. Die Schultermuskulatur wird durch das Werfen besonders stark beansprucht und sollte demzufolge durch spezifische Übungen gründlich aufgewärmt werden. Dazu werden verschiedene Passvarianten durchgeführt, wobei auch hier gilt: zuerst allgemeine Aufgaben, wie das einfache Passen mit beiden Händen, z. B. Überkopf- oder Druckpässen und im Anschluss die speziellen Übungen einhändig und erschwert, z. B. Kegelpässe, Sprungwurfpässe oder Hüftwurfpässe.

2.2 Zum Handballsport

Da die empirische Studie zur Veränderung der Wurfweite auf den Handballsport bezogen ist, sollte zum besseren Verständnis ein Einblick in die Spielsportart und ihre leistungsbestimmenden Faktoren gegeben werden.

2.2.1 Merkmale des Handballspiels

Beobachtet man ein Handballspiel genauer, so lassen sich verschiedene Merkmale feststellen. Trosse (1985, S. 19) stellt bei der Analyse eines Handballspiels fest, dass es drei Bedingungen gibt, die Voraussetzung für die Spielfähigkeit in diesem Sport sind. Er unterscheidet die physische (konditionelle) Leistungsfähigkeit, die in die allgemeine und spezielle Leistung unterteilt ist. Damit meint Trosse Laufen, Werfen und Springen. Diese sind Grundlagen für die zweite Bedingung, die Beherrschung der Spielfähigkeit (technisches Können). Auch die Beherrschung der Spielfähigkeit lässt sich in allgemeine und spezielle Spielfertigkeiten gliedern. Als Beispiel nennt Trosse (1985, S. 20) das Werfen mit dem Handball unter speziellen Bewegungsausführungen. Die dritte Ebene bezeichnet er als taktisches Können, womit die Anwendung der Spielfertigkeit gemeint ist.

„Dabei spielt die Fähigkeit zu erkennen, wann eine bestimmte Fertigkeit angewendet werden muss, eine herausragende Rolle“ (Trosse, 1985, S. 20). Zusätzlich zur Taktik und Technik bestimmt Trosse (1985, S. 19) das Regelwerk als „Grundpfeiler“ des Handballspiels.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1:Entwicklung der Spielfähigkeit (Trosse, 1985, S. 19).

Desweiteren wird nach Trosse (1985, S. 19) die Spielfähigkeit durch die Faktoren Willens- und Charaktereigenschaften ausgezeichnet. Er erläutert, dass diese in einem wechselseitigen Zusammenhang mit dem Trainingsprozess eines Sportlers stehen. Auf der einen Seite ist dies „der Antrieb für die Entwicklung sportmotorischer Eigenschaften“, auf der anderen Seite werden diese Eigenschaften durch das Training herausgebildet. Trosse (1985, S. 19) erwähnt, dass die Mannschaftsleistung im Handball durch die Summe der Einzelleistungen der Spieler bestimmt ist.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die Entwicklung der Spielfähigkeit nach Trosse (1985, S. 20) in folgenden Schritten vollzieht:

1. Entwicklung der allgemeinen physischen Fertigkeit
2. Entwicklung der speziellen (spezifischen) physischen Fertigkeit
3. Entwicklung allgemeiner Spielfertigkeit
4. Entwicklung spezieller Spielfertigkeit
5. Entwicklung der technisch-taktischen Spielfertigkeit

2.2.2 Leistungsbestimmende Faktoren im Handball

„Zu den leistungsbestimmenden Faktoren im Handball zählen sowohl die zyklische Schnelligkeit beim Laufen als auch die azyklische Schnelligkeit beim Wurf-, Paß-, [sic] Fint-, und Sprungbewegungen“ (Brings, Platten, & Hoffmann, 1998, S. 27). Unter leistungsbestimmenden Faktoren verstehen sich demnach einzelne Voraussetzungen, die für das Handballspiel elementar sind.

Eine Übersicht zu den verschiedenen Arten der Belastung im Handballsport zeigt Tabelle 1.

Tabelle 1: Arten der Belastung im Handball (Brack, 2002, S. 151).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

All diese Größen werden auch bei einer Talentsichtung des Deutschen Handball Bundes (DHB) überprüft. Gemessen werden dabei nach Lemmel, Kurrat, Hansel, Armbruster und Petersen (2007, S. 14) die koordinativen, athletischen und handballspezifischen Bereiche. Eine Beispieltestung aus dem athletischen Bereich war früher der Handballweitwurf. Bei heutigen Sichtungen wird nach Lemmel et al. (2007, S. 18) der Medizinballweitwurf angewandt, wobei aus dem Kniestand ein zwei Kilogramm schwerer Ball mit beiden Armen über den Kopf, so weit wie möglich geworfen wird. Dieser Test steht analog für die Wurfkraft und soll den Sichtern Aufschluss über den Ausbildungsgrad dieser Fertigkeit geben. Auch bei Messungen der Armkraft bei Fußballspielern wird nach Bakhir Bashokhaj (2001, S. 127) ein Medizinballweitwurf mit einem 3 kg schweren Ball durchgeführt.

2.3 Zum Wurf

Gidl-Kilian und Medler (2004, S. 31) schreiben, dass das Werfen das wichtigste, technische Grundelement des Handballs sei. Dabei wird zwischen Passen und Torwurf unterschieden. Gut ausgebildete Spieler beherrschen ein breites Spektrum an Wurfarten- oder Varianten, angefangen von dem klassischen Sprungwurf, bis hin zu Tricks wie Rückhandpässen, Drehern oder Legern. Der übersichtlichste Wurf, der schon im Kindesalter erlernt wird, ist allerdings der einfache Schlagwurf, der deshalb auch in der empirischen Studie angewandt wird. Dieser ist dem Ballweitwurf in der Kinderleichtathletik sehr ähnlich, wobei Schlagbälle von 80 g benutzt werden. Er wird aus dem Stand ausgeführt und beide Füße haben Bodenkontakt. Dieser Wurf wird auch bei einem Strafwurf von der 7 m Linie ausgeführt.

Barth und Nowak (2007, S. 73) unterteilen den Schlagwurf in Hüftwurf, Seitschlagwurf und den Wurf aus dem Lauf (ohne Stemmschritt). Er ist Grundlage für alle anderen existierenden Würfe und deshalb einer der Wichtigsten im Handball.

2.3.1 Schlagwurfbeschreibung

In der folgenden Bilderreihe ist die Idealform des Schlagwurfes dargestellt. Es handelt sich um eine azyklische Bewegung, die in drei Phasen untergliedert ist: die Einleitungsphase zum Spannungsaufbau und Erreichen eines optimalen Beschleunigungsweges, die Hauptphase mit der Wurfbewegung und die Endphase, in der die Energie wieder abgefangen wird.

Der Wurf ist eine komplexe Verkettung von Teilbewegungen, die eine gute Koordination, sowie eine optimale Körperspannung in allen Phasen fordert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Bilderreihe zum Schlagwurf für Rechtshänder (Dober, 2010).

In der Grundstellung hält der Spieler den Ball mit beiden Händen brusthoch fest und der Oberkörper befindet sich in aufrechter Haltung. Die Knie sind leicht gebeugt und die Kopf und Blickrichtung der Person zeigen geradeaus in Richtung Ziel (z. B. Tor oder Anspielpartner).

Im zweiten Bild beginnt die Ausholphase. Dabei wird das Körpergewicht auf das hintere Bein verlagert, der Ball befindet sich in der Wurfhand (in diesem Fall rechts) und die Handfläche ist hinter dem Ball. Nun wird die rechte Schulter nach hinten geführt, der Wurfarm zeigt nach hinten um eine Ausholbewegung durchführen zu können. Dadurch wird der Beschleunigungsweg verlängert.

Anschließend folgt ein Stemmschritt, der durch das linke Bein eingeleitet wird, wobei der linke Arm zur Balancehaltung dient. Der Ellenbogen des Wurfarms sollte sich optimaler Weise in einem 90° Winkel befinden. Körperspannung wird aufgebaut und die Schulter- Hüft- Achse ist maximal aufgedreht, sodass die eigentliche Wurfbewegung beginnt.

Im vierten Bild wird die Schulter nach vorne bewegt und die Bauchmuskeln müssen zeitgleich kontrahieren. Dabei wird der Körperschwerpunkt nach vorne verlagert, sodass der Wurfarm eine peitschenartige Bewegung ausführt. Der Ball wird über Kopfhöhe geworfen, wobei der Schwungimpuls von Rumpf, zu Schulter, über den Arm bis hin zum Ball übertragen wird. Somit wird der Ball bis zum Abwurf maximal beschleunigt.

In der letzten Phase, der Endphase, ist das Gewicht komplett auf das vordere Bein verlagert und die Oberkörperverwringung wird aufgelöst, bis Schulter- und Hüftachse wieder parallel sind. Dadurch wird die aufgebaute Energie abgefangen und der Körper gelangt wieder in ein stabiles Gleichgewicht. Der rechte Arm entspannt sich und die Bewegung des Wurfarms endet an der linken Hüfte.

2.3.2 Anforderungen des Torwurfes

Wagner, Kainrath und Müller (2008, S. 35) beschreiben in ihrer Studie zu den koordinativen und taktischen Anforderungen beim Torwurf im Handball die wichtigsten Faktoren für einen erfolgreichen Wurf. Sie erwähnen, dass die Zielpräzision maximiert werden muss und die Ballabfluggeschwindigkeit so hoch wie möglich sein sollte. Dazu benötigt es nach Wagner et al. (2008, S. 35) vor allem eine optimale Bewegungskoordination, gekennzeichnet durch eine fortlaufende Impulsübertragung.

Überdies steigt die Aussicht des Torerfolges durch Minimierung der wurfbezogenen Informationen (Wagner et al., 2008, S. 35). Das heißt, „durch das höhere Tempo (schnelle Mitte, aggressivere Verteidigung) ist der auf das Tor werfende Spieler gezwungen, die Dauer der gesamten Wurfbewegung zu verkürzen, um einerseits der Störung durch einen Abwehrspieler zuvor zu kommen und andererseits die Reaktionszeit des Torhüters zu verkürzen“ (Wagner et al., 2008, S. 35). Auch Krämer (1987, S. 76 - 77) stellt die genannten Faktoren zum Erreichen einer möglichst großen Wurfgeschwindigkeit fest. Zusätzlich führt er den Punkt der Wurfkraft an, der umso größer sein muss, je schwerer das zu beschleunigende Gerät ist. In Abbildung 3 sind Einflussgrößen und Komponenten eines Wurfes im Handball dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Einflussgr öß en und Komponenten der azyklischen Bewegungsmuster (Wagner, 2005, S. 16).

Für die Optimierung des komplexen Bewegungsmusters bei Wurfbewegungen ist es wichtig, unter Voraussetzung einer optimalen physischen Leistungsfähigkeit, die von der Umwelt (im Speziellen der Physik) hervorgerufene Gegebenheiten und die individuellen Eigenschaften des Systems Mensch so auszunützen, daß [sic] ein optimales Ergebnis erzielt wird (Wagner, 2005, S. 76).

2.3.3 Wurfkraft

Die Wurfkraft ist im Handball eine prägnante Größe, die mindestens genau so bedeutungsvoll wie die Wurftechnik ist. Auch heute gilt die Feststellung „Je härter und präziser der Wurf ist, desto größer ist die Erfolgschance“ (Trosse, 1985, S. 65). In der Männerbundesliga werden, nach Cokesa-Wentz (2010) Würfe mit Geschwindigkeiten von bis zu 122 km/h gemessen.

Tabelle 2: Flugzeiten des Handballs beim Torwurf (Cokesa-Wentz, 2010).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Tabelle 2 ist festzustellen, dass die Flugzeit des Balls sehr bedeutsam ist. Bei einem Wurf mit 80 km/h aus 9 m Entfernung, benötigt der Ball, gemäß Tabelle, eine Zeit von 0.41 Sekunden bis hinter die Torlinie. Wird aus gleicher Distanz mit 100 km/h geworfen, benötigt er 0.32 Sekunden und bei 120 km/h reduziert sich die Flugzeit nochmals auf 0.27 Sekunden.

Je schneller ein Spieler das Spielgerät beschleunigt, desto geringer ist die Reaktionszeit für Blockspieler und den gegnerischen Torwart.

Trosse (1985, S. 65) unterscheidet zwei Arten von Werfertypen. Nach ihm gibt es die „Explosionswerfer“, die eine große Wurfkraft besitzen und die „Koordinationswerfer“, deren Wurfkraft eher geringer ist. Die besten Wurfleistungen werden allerdings durch eine Kombination aus beiden Typen erzielt.

Voraussetzungen für die Entwicklung der Wurfkraft sind nach Trosse (1985, S. 65):

- Kraft (dynamische Maximalkraft, Schnellkraft),
- Beweglichkeit (Sehnen, Bänder und Gelenke),
- Technik (die Beherrschung des idealtypischen und ökonomischen Verlaufs der Wurfbewegung),
- Koordination (Beherrschung der komplizierten Bewegungsformen und ihre Anwendung unter verschiedenen Bedingungen)

Der aktuelle Forschungsstand verrät, dass in der Entwicklung der absoluten Weltspitze bei den Spielsportarten beobachtet werden kann, dass sich die maximale Ballabfluggeschwindigkeit, bei gleichzeitiger Zielpräzision, in den letzten Jahren stark verbessert hat (Wagner, 2005, S. 13). Dies ist nach Wagner (2005, S. 13) auf die Weiterentwicklung der Trainingsmethoden zurückzuführen. Wie in der Einleitung beschrieben, ist ein guter Wurf eines jeden Handballspielers elementar und sollte unbedingt gut ausgebildet sein. Laut Wagner (2005, S. 13) können, bei einem Vergleich der physischen Voraussetzungen der Spieler, keine wesentlichen Unterschiede festgestellt werden. Das bedeutet, dass die Differenzen auf Grundlage von individuell, optimal ausgeprägten Bewegungskoordinationen, in der Güte der Bewegungsausführung individuell determiniert sein müssen (Wagner, 2005, S. 13). Um die Wurfkraft zu verbessern gibt es laut Wagner, Mühlenhoff und Sandig (2010, S. 46) zwei Größen, die es zu optimieren gilt. Zum einen das Training der Wurftechnik und zum anderen das Kräftigen der am Wurf beteiligten Muskulatur (Wagner et al., 2010, S.46). Es empfiehlt sich Maximalkraft, Explosivkraft und Schnellkraft zu trainieren, wenn die Wurfleistung gesteigert werden soll (Wagner et al., 2010, S. 46).

2.4 Zur Schnellkraft

Nach De Marées (2003, S. 191) liegt eine Schnellkraftbeanspruchung dann vor, wenn die Ausführung der betreffenden Bewegung in einer vorgegebenen Zeit die Entwicklung einer möglichst großen Kraft erfordert. Diese Beanspruchungsform ist beispielsweise beim Reißen im Gewichtheben von Nöten. In der Literatur lassen sich verschiedene Definitionen zu Schnellkraft finden.

2.4.1 Definitionen der Schnellkraft

Als eine Kombination aus Kraft und Geschwindigkeit sehen Mc Neely und Sandler (2010, S. 9) die Schnellkraft. Nach ihnen ist die Schnellkraft „eine dynamische Kraftentfaltung pro Zeiteinheit, in der ein Gegenstand mit möglichst viel Kraft bewegt werden kann“ (Mc Neely & Sandler, 2010, S. 9).

Die dynamische Kraft ist laut Hollmann und Strüder (2009, S. 189) eine willkürlich ausgeführte Bewegung einer Masse innerhalb eines programmierten Vorganges. Schnellkraft ist infolgedessen ein Bestreben, eine Masse möglichst explosiv bewegen zu können. Hollmann und Strüder (2009, S. 189) definieren: „Schnellkraft ist dynamische Kraft pro Zeiteinheit.“

[...]

Ende der Leseprobe aus 52 Seiten

Details

Titel
Zur Veränderung der Wurfweite nach einem konventionellen Aufwärmen im Vergleich zu einem Aufwärmprogramm mit Vollbällen
Untertitel
Eine empirische Untersuchung
Hochschule
Universität des Saarlandes
Note
2,5
Autor
Jahr
2011
Seiten
52
Katalognummer
V270181
ISBN (eBook)
9783656683148
ISBN (Buch)
9783656683223
Dateigröße
967 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
postactivation potentiation effect, Aufwärmen, Handballsport, Wurf, Schlagwurf, Wurfkraft, Schnellkraft, Studie, Oberkörper, Untersuchungsmethodik, Statistik
Arbeit zitieren
Antonia Pütz (Autor:in), 2011, Zur Veränderung der Wurfweite nach einem konventionellen Aufwärmen im Vergleich zu einem Aufwärmprogramm mit Vollbällen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270181

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