Rassenhygiene und Euthanasie im Dritten Reich


Fachbuch, 2014

206 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Christopher Schöne: Die Rassenhygiene im Nationalsozialismus
Einleitung
Von der Vererbungslehre zur Rassenhygiene
Die Rassenhygiene im Nationalsozialismus
Euthanasie: Geschichte und Definition eines Begriffs
Fazit
Literatur und Quellen

Marion Luger: Der Körper als Basis für die Vernichtungspolitik im Nationalsozialismus
Einleitung
Bestimmungsmerkmale für die Entscheidung über Leben und Tod
Der Körper als „Arbeitsmaschine“
Der Körper als frei verfügbarer Ort
Ausblick: Der heutige Diskurs
Literaturverzeichnis

Nina Krull: Vernichtung „lebensunwerten Lebens“ im Dritten Reich
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
Die Wurzeln der nationalsozialistischen Euthanasie
Rassenhygienische Gesetzgebung im Dritten Reich Die Vernichtung lebensunwerten Lebens im Dritten Reich
Fallbeispiel
Resümee und Ausblicke
Literaturverzeichnis
Anhang

Christopher Schöne: Die Rassenhygiene im Nationalsozialismus

Einleitung

In heutiger Zeit stehen Genforschung und Humangenetik wieder im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Nicht zuletzt das „Klonschaf“ Dolly und das in den USA in Angriff genommene „Human Genome Project“ haben der Bevölkerung ungeahnte Möglichkeiten der Steuerung biologischer Vorgänge durch den Menschen suggeriert und die Utopie einer „schönen neuen Welt“ wieder aufleben lassen. In Zeiten leerer Sozialkassen und zunehmender Kosten der therapeutisch orientierten Medizin erscheinen die Möglichkeiten einer präventiven „Genmedizin“ überaus verlockend und kostengünstig. Bertold Brecht lässt seinen Macheath in der „Dreigroschenoper“ singen: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“ Dieser alte Satz scheint sich auch in diesem Zusammenhang als Binsenwahrheit zu bestätigen. Der Genetik scheinen keine Grenzen gesetzt und schon wird in der Öffentlichkeit nicht mehr nur über die Grenzen des Machbaren, sondern auch über die finanziellen Aspekte des menschlichen Erbgutes diskutiert.

Dieses Denken in Bezug auf eine kostengünstige präventive „Genmedizin“ ist nicht neu. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten sich ähnliche Ideen unter der Bezeichnung „Rassenhygiene“ in der westlichen Welt popularisiert. Voller optimistischer Vorstellungen und mit der Utopie eines besseren Lebens entwickelte sich aus der Fiktion im Laufe der Jahre eine institutionalisierte Wissenschaft. Die Verbrechen des Nationalsozialismus haben gezeigt, wie eine einst gut gemeinte Utopie sich verkehren kann in menschenverachtende Politik. Bei allen Segnungen und Vorteilen, die uns die neue Technik der Genforschung bringen kann und wird, darf doch nie vergessen werden, dass Individualität zu gerne einem einheitlichen Schönheitsideal oder Gesundheitsideal geopfert wird.[1]

Die folgende Arbeit soll Aufschluss darüber geben, inwiefern die Rassenhygiene in Deutschland mit ihrer Ideologie als ein deutsches Produkt gesehen werden kann, oder ob es sich um ein internationales Phänomen handelt. Des Weiteren wird aufgezeigt, wie sich die Rassenhygiene im Nationalsozialismus vom „Gesetz zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses“ über die damit verbundenen Zwangssterilisationen vom Mord an tausenden geistig und körperlich behinderten Menschen in Deutschland bis hin zum Massenmord an dem jüdischen Volk in Europa ausweitete und ob in dieser Entwicklung überhaupt ein Zusammenhang zwischen „rassenhygienischen“ Programmen und Holocaust besteht.

Von der Vererbungslehre zur Rassenhygiene

Schon seit Jahrtausenden ist den Menschen bekannt, dass im Pflanzen- und Tierreich Eigenschaften der Elterngeneration bei den Nachkommen wieder auftauchen, also vererbt werden. Diese Beobachtungen machte man sich schon früh in der Tier- und Pflanzenzucht zunutze. In dem altorientalischen Reich Elam wurde bereits vor etwa 6000 Jahren eine intensive Pferdezucht betrieben. Die Babylonier führten schon um etwa 1000 v. Chr. gezielte Kreuzungen von Dattelpalmen durch, um ihre Eigenschaften zu verbessern.[2]

Im Jahr 1866 entdeckte der Augustinermönch Johann Gregor Mendel bei Kreuzungsexperimenten mit Erbsen die Grundregeln der Vererbung und stellte die auch noch heute in der Genetik allgemein gültigen drei Mendelschen Regeln auf, wobei zu beachten ist, dass sich die Mendelschen Vererbungsregeln auf nur ein bzw. mehrere Merkmale auf einem Chromosom beziehen und somit nur die Grundlage der Vererbungslehre darstellen. Trotz dieser Entdeckung gerieten die Ergebnisse in Vergessenheit und wurden erst wieder um 1900 von den Botanikern Hugo de Vries aus den Niederlanden und dem deutschen Forscher Carl Correns entdeckt. Mendel kann als Gründer der der modernen Genetik angesehen werden, obwohl er damals noch nichts über Chromosomen oder Gene wusste und seine Vererbungsregeln somit eher ein Zufallsprodukt darstellen.

Der Grundstein für eugenisches Denken wird mit der Evolutionstheorie von Charles Darwin und dem damit verbundenen Prinzip der natürlichen Selektion in Verbindung gebracht. Francis Galton, ein Vetter Darwins, gilt als der Begründer der „Eugenik“. Inspiriert von Darwin, beschäftigte sich Galton mit der Vererbung von Intelligenz bei Menschen. Parallel zu seinen Forschungen entwickelte Galton die Vorstellung, dass eine gezielte Verbesserung der Erbanlagen angestrebt werden sollte, um die Entwicklung der Menschheit positiv zu beeinflussen. Er prägte dafür den Ausdruck „Eugenik“. In seinem Buch „Genie und Geist“ formulierte er die Ziele der Eugenik so: „Die natürlichen Anlagen, von denen dieses Buch handelt, sind der Art, wie sie ein moderner Europäer in einem weit größeren Durchschnitt besitzt als Menschen niedriger Rassen. Wir finden nichts, was uns bezweifeln lässt, dass eine Rasse gesunder Menschen geschaffen werden kann, die den modernen Europäern geistig ebenso überlegen wäre, als die modernen Europäer den niedrigsten Negerrassen überlegen sind.“ Galtons Glaube an die Notwendigkeit eugenischer Maßnahmen wurde maßgeblich durch Darwin beeinflusst, der ja das Prinzip der natürlichen Auslese als Triebkraft der Evolution beschrieben hatte. Da beim Menschen diese Selektionsmechanismen nur noch eingeschränkt wirksam sind, erschien es Galton notwendig, sie durch gezielte Eingriffe zu ersetzen. Er befürwortete deshalb auch den Ausschluss Minderbegabter von der Fortpflanzung.[3]

Für die „Lenkung der Auslese“ sah Galton grundsätzlich zwei Wege:

1. Die Förderung der Fortpflanzung der Erbgesunden (später positive Eugenik genannt)
2. Die Hemmung bzw. Verhinderung der Fortpflanzung der „Erbkranken“ (später negative Eugenik genannt)

Im Griechischen bedeutet Eugenik: „Lehre von der guten Erbveranlagung“ – aber auch einfach „Wohlgeborenheit“. Galton übersetzte Eugenik für seine Zwecke mit: „Wertvoll in der Abstammungsgrundlage“ bzw. „Erblich ausgestattet mit wertvollen Eigenschaften.“[4]

Schon zu Beginn seiner Studien stellte sich für Galton als entscheidendes Problem die Frage nach den Möglichkeiten differenzierter Fortpflanzung. Galton teilte die Menschen in zwei Abteilungen: die Gruppe der Erbgesunden, die bei ihm identisch sind mit den Begabten und die Gruppe der Erbkranken mit einem „minderwertigen Erbgefüge“. Die Hauptaufgabe der Eugenik bestehe darin, die Fortpflanzung innerhalb der ersten Gruppe zu fördern, sie innerhalb der zweiten Gruppe zu hemmen und sie zwischen Angehörigen der beiden Gruppen zu verhindern. Auf diesem Wege, so hoffte er, werde die „minderwertige“ Gruppe allmählich aus der Bevölkerung verschwinden und ein gewaltiger Aufstieg der Menschheit von Generation zu Generation erfolgen.[5]

Wichtigster Wegbereiter der Eugenik in Deutschland war der Arzt und Biologe Ernst Haeckel (1834 – 1919). Haeckel zog aus dem darwinschen Prinzip der Selektion und Evolution auf den Menschen bezogen, die Konsequenz, dass der Wert der höher entwickelten Menschen aus dem Vorhandensein bestimmter Eigenschaften abzuleiten sei, die ihn vom Tier abheben würden. Ein menschliches Individuum, dem diese Eigenschaften fehlten, unterscheide damit auch nichts mehr vom Tier und es könne als ein ebensolches behandelt werden. Auch in der Geschichte der Menschheit, so Haeckel, könne man den Prozess der Variationen und Selektion nachweisen und als unumgehbar ansehen. Durch die neu entwickelten medizinischen Möglichkeiten werde aber in den natürlichen Selektionsprozess eingegriffen und so könne sich auch, zum Schaden des Menschengeschlechts, schlechtes Erbgut weiterverbreiten. Als Vorbild beschrieb Haeckel die antiken Formen der Kindereuthanasie in Sparta, bei der alle schwächlichen und behinderten Kinder getötet wurden, damit nur gesunde und kräftige Spartaner ihr Erbgut weitergeben konnten.[6]

Der Ausdruck „Rassenhygiene“ wurde von Alfred Ploetz (1860 – 1940) in seinem 1895 erschienene Buch „Die Tüchtigkeit unserer Rasse und der Schutz der Schwachen“ eingeführt. Die in diesem Werk geleistete konzeptionelle Vorarbeit führte dazu, dass Ploetz von vielen Anhängern der rassenhygienischen Bewegung als Begründer dieser in Deutschland angesehen wurde. Ploetz war der Meinung, dass der Hygiene eine große Rolle bei der Hebung des menschlichen Geschlechts zukomme und um deutlich zu machen, dass es ihm dabei nicht um individuelle Hygiene, sondern um eine auf die Fortpflanzung bezogene Hygiene gehe, führte er diesen Begriff in die Diskussion ein, der sich dann im deutschen Sprachraum als Kennzeichnung für die Eugenik durchsetzen sollte. Unter „Rassenhygiene“ verstand Ploetz die Lehre von den optimalen Erhaltungs- und Entwicklungsbedingungen einer Rasse. Dabei ist zu beachten, dass Ploetz den Begriff Rasse „einfach als Bezeichnung einer durch Generationen lebenden Gesamtheit von Menschen im Hinblick auf ihre körperlichen und geistigen Eigenschaften“ benutzte. Sein rassenhygienisches Programm sollte ganzen Populationen zugute kommen und nicht Teilen eines Volkes im Sinne eines spezifischen Rassentypus wie Ariern o. ä.[7]

Wie auch Haeckel mit seinem Vorbild der Kindstötung im antiken Sparta, so befürwortete auch Ploetz die Kindstötung bei schwächlichen oder missgestalteten Kindern, indem man ihnen durch ein Ärzte-Kollegium einen sanften Tod bereitet, beispielsweise durch eine kleine Dosis Morphium. Als Begründung für diese furchterregenden Vorstellungen diente vor allem die Darwinsche Evolutionstheorie, nach der ein natürlicher Ausleseprozess stattfindet, der mit dem Schlagwort „Survival of the fittest“ beschrieben wurde. Diese Kurzaussage wird im Deutschen gerne mit „Überleben der Stärksten“ übersetzt, was den Inhalt allerdings verfälscht. Mit dem Wort „fittest“ ist nämlich lediglich der an seine Umwelt am besten Angepasste gemeint, was keinesfalls immer der Stärkste sein muss.[8]

Alfred Ploetz hatte sich zur Aufgabe gesetzt, die Rassenhygiene in Deutschland wissenschaftlich zu verankern. In seinem Bestreben, die Rassenhygiene in Deutschland zu einer anerkannten wissenschaftlichen Disziplin zu machen, ging Ploetz recht planmäßig vor. 1904 gründete er die Zeitschrift „Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie“, ein Jahr später war er maßgeblich an der Gründung der „Gesellschaft für Rassenhygiene“ beteiligt. Die von Ploetz und seinen Gefolgsleuten verfolgten Ziele ähnelten zunächst weitgehend denen, die schon Galton unter der Bezeichnung „Eugenik“ propagiert hatte. Die Wahl des Begriffs „Rassenhygiene“ deutet aber bereits darauf hin, dass rassenbezogenen Aspekten eine besondere Bedeutung beigemessen wurde. Das zeigt sich verstärkt in den Folgejahren, in denen Ploetz verschiedene Geheimbünde initiierte, deren Ziel die „Rettung der nordischen Rasse“ war. Anfangs war Ploetz, wie bereits gesagt, nicht eindeutig antisemitisch eingestellt, sondern befürwortete sogar eine „Rassenmischung“ zur Steigerung der „Rassentüchtigkeit“. Später plädierte er allerdings für eine Rassenreinheit und unterstützte den militanten Antisemitismus der Nationalsozialisten.[9]

Im Jahr 1913 wurde die „Gesellschaft für Rassenhygiene“ als Mitglied in der medizinischen Hauptgruppe der „Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte“ aufgenommen und damit wurde der neuen „Wissenschaft“ zum einen eine akademische Anerkennung zuteil, zum anderen wurde sie in den Reihen der Ärzteschaft als medizinische Disziplin eingeführt.[10]

Im Jahr 1927 wurde das „Kaiser Wilhelm Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik“ gegründet. Die Errichtung des Instituts wurde allgemein als ein deutliches Signal für die endgültige wissenschaftliche Anerkennung der Rassenhygiene verstanden und man beeilte sich vielerorts mit der Gründung weiterer Forschungseinrichtungen auf diesem Gebiet. Bis 1933 entstanden mehr als 30 Institute, die sich mit rassenhygienischen Fragestellungen beschäftigten.[11]

Im politischen Diskurs konnte die Rassenhygiene vor allem nach dem Ende des Ersten Weltkrieges Fuß fassen, als durch die Finanzkrise des Staates das Sozial- und Wohlfahrtssystem als erheblicher Kostenfaktor in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses rückte und nach Wegen gesucht wurde, diese Kosten zu senken. Überdies war in Deutschland ein Geburtenrückgang zu beobachten, den man, wie auch die Finanzkrise, zum Teil auf den verlorenen Krieg und den daraus resultierenden Versailler Vertrag zurückführte. Es häuften sich die Stimmen derer, die im Versailler Vertrag einen Versuch der Alliierten sahen, die „deutsche Rasse“ zu vernichten. Als Strategie, das Überleben des deutschen Volkes zu sichern und die Staatskasse zu entlasten, schienen hier die Ideen und Forderungen der Rassenhygiene attraktiv zu sein, die Politik schenkte den Rassenhygienikern Gehör.[12]

In diesem Zusammenhang kam nicht nur die Frage nach eugenischer Sterilisation auf, sondern es wurde auch über die „Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“ debattiert, wie die gleichnamige Schrift des deutschen Juristen Karl Binding und dem Psychiater Alfred Hoche aus dem Jahr 1920 zeigt. Binding und Hoche argumentierten, dass es den Ärzten erlaubt werden müsse, Menschen, die der Gemeinschaft nur zur Last fielen, zu töten, damit die Ressourcen, die verbraucht wurden, um sie am Leben zu erhalten, für die allgemeine Besserung der Gesundheit der Deutschen verwendet werden könnte. Für diese und andere Eugeniker waren erbliche Anlagen im Wesentlichen unabhängig von der Gesellschaftsschicht. Die Zukunft, die sie entwarfen, war eine auf der medizinischen Wissenschaft begründeten Meritokratie. Sie betrachteten sich als Vorkämpfer der Moderne. Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung kam ihre große Stunde. Die deutschen Rassenhygieniker sahen dem neuen Reich mit freudiger Erwartung entgegen. Endlich, dachten sie, hatte Deutschland eine Regierung, die bereit war, diese Probleme ernst zu nehmen und praktisch anzupacken.[13]

Die Rassenhygiene im Nationalsozialismus

Den endgültigen Schritt von der Institutionalisierung zur Professionalisierung tat die Rassenhygiene im Dritten Reich, als sich ihren Vertretern mit den neuen Machthabern erstmals die Möglichkeit eröffnete, ihre bis dahin in der breiten Öffentlichkeit nicht durchsetzbar scheinenden rassenhygienischen Utopien verwirklicht zu sehen. Angesichts dieser Möglichkeit gingen die Rassenhygieniker jene unheilvolle Allianz ein, die sie zu Mitschuldigen an den Verbrechen des NS-Regimes werden ließ. Fritz Lenz, ein deutscher Anthropologe, Humangenetiker und Eugeniker, sah sich 1933 gar selbst als einen Vorbereiter der nationalsozialistischen Weltanschauung.[14]

Die praktische Politik der Rassenhygiene ließ nicht lange auf sich warten. In den ersten Wochen des Dritten Reichs gab Reichsinnenminister Wilhelm Frick bekannt, das neue Regime werde sich darauf beschränken, das Geld des Steuerzahlers nur noch für „rassisch“ einwandfreie und gesunde Menschen auszugeben.[15]

Die nationalsozialistische Ideologie setzte sich zum Ziel, die deutsche Volksgemeinschaft zu erneuern und rassisch zu säubern. Dazu sollten alle, die nicht zur sogenannten Nordischen Rasse gehörten und alle, die als minderwertig oder „entartet“ betrachtet wurden, aus ihr ausgeschlossen werden. Ziel und Opfer dieser Bemühungen wurden drei biologisch definierte Bevölkerungsgruppen – Juden, „Zigeuner“ und Behinderte. Die nationalsozialistischen Machthaber waren bestrebt, sowohl jene Menschen zu eliminieren, die sie für „fremdrassisch“ hielten, als auch solche, die in ihren Augen die Reinheit und Gesundheit des nationalen Erbguts durch erhebliche körperliche und geistige Behinderungen zu verunreinigen drohten. Die Nationalsozialisten haben diese Menschen nicht nur genau definiert und ausgegrenzt, schließlich gingen sie später sogar so weit, sie zu ermorden.[16]

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 folgte schon bald die Verabschiedung der auf den Ausschluss der drei genannten Bevölkerungsgruppen zielenden Gesetze. Gegen die Behinderten war ein Gesetz gerichtet, das auf einem von Rassenhygienikern schon längere Zeit geforderten Programm beruhte und zur Kontrolle eines als entartet und minderwertig erachteten Bevölkerungsteils diente. Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ (oder Erbgesundheitsgesetz), das am 14. Juli 1933 verabschiedet wurde, legte dabei den Grundstein für die weitere eugenische und rassistische Gesetzgebung.[17]

Als direkte rassenhygienische Gesetze sollten das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“, das Eheschließungen und außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen „Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes“ verbot und das „Ehegesundheitsgesetz“ vom 18. Oktober 1935, das Eheschließung „erbgesunder Ehen“ verhindern sollte, folgen. Alle diese staatlichen Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen erfolgten unter der Prämisse der Gesunderhaltung des Genpools des deutschen Volkes und Bücher wie der „Bauer-Fischer-Lenz“, ein Standardwerk der zeitgenössischen rassenhygienischen Literatur, hatten die theoretische Grundlage für eine derartige Rechtsgebung geschaffen. Die nicht bewiesene, aber postulierte Erblichkeit geistiger Eigenschaften, auf der die Annahme der Existenz einer jüdischen Rasse fußte und die angenommene Schädlichkeit der Rassenmischung führten unter anderem zu den genannten Gesetzen. „Durch keinerlei wissenschaftliche Kritik getrübte[n], spekulative[n] und politisch genehme[n] Phantasterei“ führte also zur Diskriminierung und Verstümmelung eines nicht geringen Teils der deutschen Bevölkerung. Als es wenig später dann zu den „Euthanasieprogrammen“ und zum Morden an Juden und „Zigeunern“ kam, konnten die Machhabenden dies unter Berufung auf sich selbst „wissenschaftlich“ nennende Werke wie den „Bauer-Fischer-Lenz“ „nicht als Mord, sondern als Heilung behandeln, als therapeutische Maßnahme zur Erhaltung der Gesundheit des Volkskörpers.“[18]

Das Gesetz zu Verhütung erbkranken Nachwuchses

Am 14. Juli 1933 wurde vom Reichskabinett das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ verabschiedet. Bereits am 28. Juni 1933 legte Innenminister Frick dem frisch aus der Taufe gehobenen Sachverständigenbeirat für Bevölkerungs- und Rassenpolitik einen Entwurf für ein Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vor. Frick hatte diesen Sachverständigenbeirat am 2. Juni aus dem früheren Reichsausschuss für Bevölkerungsfragen gebildet; als Mitglieder waren neben einigen wenigen Rassenhygienikern (Fritz Lenz, Alfred Ploetz, Ernst Rüdin) und verschiedenen Ministerialbeamten vorwiegend Vertreter der NSDAP (u.a. Ernährungs- und Landwirtschaftsminister Walther Darré, Reichsärzteführer Dr. Gerhart Wagner, Reichsführer-SS Heinrich Himmler) einberufen worden. Der Beirat erhielt den Auftrag, das ganze Sterilisierungsgesetz an einem Tag fertig zu stellen, was erkennen lässt, dass an eine kritische Begutachtung des Entwurfs wohl kaum gedacht war. Die eigentliche Ausarbeitung war hauptsächlich in den Händen dreier Personen vorgenommen worden: Es waren der frühere Amtsarzt Dr. Arthur Gütt, Mitglied des Rasse- und Siedlungsamtes SS, den Frick im Mai 1933 zum Ministerialrat und Referenten für Bevölkerungspolitik, Erb- und Rassenpflege ernannt hatte, Ernst Rüdin, bei dessen Mitarbeit man sich auf einen der namhaftesten Erbbiologen berufen konnte und der nationalsozialistische Jurist Dr. Falk Ruttke, Reichskommissar des Ausschusses für Volksgesundheitsdienst.[19]

Am 1. Januar 1934 trat das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ in Kraft. Es basierte auf einem Gesetzentwurf für ein Sterilisierungsgesetz des Preußischen Landesgesundheitsrates vom Juli 1932. Anders als im Gesetzentwurf von 1932, der Sterilisation auf freiwilliger Basis vorsah, enthielt das „Gesetz zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses“ die Möglichkeit einer Unfruchtbarmachung unter Zwang. Zudem enthielt es eine detaillierte Aufführung jener Krankheiten und Personen, die von biologischer Reproduktion ausgeschlossen werden sollten.[20]

Erbkrank im Sinne dieses Gesetzes war, wer an einer der folgenden Krankheiten leidet:

1. angeborenem Schwachsinn
2. Schizophrenie
3. zirkulärem( manisch-depressivem) Irresein
4. erblicher Fallsucht
5. erblichem Veitstanz (Huntingtonsche Chorea)
6. erblicher Blindheit
7. erblicher Taubheit
8. schwerer erblicher körperlicher Missbildung

Ferner konnte unfruchtbar gemacht werden, wer an schwerem Alkoholismus leidet.[21]

Diese Klassifizierung war zugleich eine Voraussetzung für das vorgesehene, auf ärztlichen Gutachten basierende formale Verfahren der Erbgesundheitsgerichte, die aus jeweils einem Richter und zwei Ärzten bestanden und in dem die Entscheidung über die Unfruchtbarmachung zu fällen war. Bei den Verfahren blieb die Öffentlichkeit ausgeschlossen und auch die Anwesenheit der Betroffen entsprach keiner Voraussetzung für die gerichtliche Entscheidung. Das Gesetz ließ ein Widerspruchsrecht zu, dass letztinstanzlich zu einer Entscheidung der ebenfalls eingerichteten Erbgesundheitsobergerichte führte. Die rechtlichen Möglichkeiten für Eingriffe in den Körper wurden in den Jahren nach Einführung des Gesetzes schrittweise erweitert und schlossen später die Kastration, sowie eugenisch indizierten Schwangerschaftsabbruch ein. In weiteren Ausführungsverordnungen erfolgte eine Erweiterung der Sterilisationsindikationen, die es erlaubte, die Indikationen über genetisch bedingte Einzelmerkmale hinaus auf Persönlichkeitsmerkmale auszudehnen und unliebsame Verhaltensweisen mit Unfruchtbarmachung zu bestrafen.[22]

Sterilisierungsgesetze im internationalen Kontext

Das nationalsozialistische Sterilisationsgesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses von 1933 war international gesehen kein Einzellfall. Bereits im Jahr 1907 wurde im US-Bundesstaat Indiana das weltweit erste Sterilisationsgesetz eingeführt. Bis 1933 hatten insgesamt 27 US-Bundesstaaten die Sterilisation gesetzlich geregelt. Das erste europäische Sterilisationsgesetz trat 1929 im Schweizer Kanton Waadt in Kraft und schloss prinzipiell Zwangssterilisationen nicht aus, da eine Einwilligung der Betroffenen oder ihrer gesetzlichen Vertreter nicht zur Voraussetzung gemacht wurde. In der Praxis machte man allerdings davon keinen Gebrauch.[23]

Noch im selben Jahr wurde im Königreich Dänemark ein Sterilisationsgesetz verabschiedet. Als dort 1924 die Sozialdemokraten erstmals an die Regierung kamen, wurde die Sterilisationspolitik akut. Eine Expertenkommission erarbeitete bereits 1926 einen Gesetzentwurf, in dem anstößige soziale Phänomene wie Prostitution, Kriminalität und Landstreicherei als Symptome von Erbkrankheiten und Sterilisationsgründe definiert wurden.[24]

Dänemark blieb, den Schweizer Kanton Waadt ausgenommen, bis zum Jahre 1933 das einzige europäische Land mit einem Sterilisationsgesetz. Gesetzesentwürfe wurden jedoch in verschiedenen Staaten vorbereitet und ausgearbeitet. In Schweden beriet bereits 1922 ein Reichtagsausschuss Probleme der Sterilisation und erklärte es für wünschenswert, gesetzliche Bestimmungen zu schaffen. Daraufhin erstattete 1923 das Staatliche Forschungsinstitut für Rassenbiologie in Upsala ein Gutachten, welches sich befürwortend für die gesetzliche Sanktionierung eugenischer Sterilisationen aussprach. Aufgrund des Gutachtens berief der schwedische Sozialminister einige Jahre später eine Sachverständigenkommission ein, die 1929 den Entwurf für ein Sterilisationsgesetz vorlegte. Dieser fand in Schweden aber wenig Zustimmung; im März 1933 schließlich beauftragte der Justizminister den Strafrechtsprofessor Ragnar Bergendal, einen neuen Entwurf auszuarbeiten, der dann im Juli 1933 vorlag und Grundlage des 1934 verabschiedeten Sterilisationsgesetzes war. In Norwegen war die Sterilisation aus eugenischer und sozialer Indikation seit 1926 Diskussionsgegenstand in der Nordischen Medizinischen Gesellschaft und in einer vom Justizministerium eingesetzten Strafrechtskommission. Diese legte im Januar 1932 einen Gesetzentwurf vor, der weiter bearbeitet und ebenfalls 1934 verabschiedet wurde. Auch dem finnischen Sterilisationsgesetz von 1935 ging 1929 ein Entwurf voraus, den wiederum eine Kommission des Sozialministeriums seit 1926 vorbereitet hatte.[25] Neben ganz Skandinavien gab es in Europa zusätzlich Sterilisationsgesetze in den baltischen Staaten Estland und Lettland bis nach Island, sowie außerhalb Europas neben den USA noch in Kanada und Mexiko.

Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ fällt in eine Zeit, in der sowohl im europäischen wie im außereuropäischen Ausland entweder – wenn auch nur begrenzt – Erfahrungen mit Sterilisationsgesetzen bereits vorlagen oder solche Gesetze schon längere Zeit beraten wurden und vor der baldigen Verabschiedung standen.[26]

Nationalsozialistische Sterilisationspolitik

Ziel der Nationalsozialisten war es, mit Hilfe des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ eine allmähliche Reinigung des Volkskörpers zu bewirken. Mittelfristig sollten fast eineinhalb Millionen Menschen sterilisiert werden. Die kurzfristigen Pläne sahen 400.000 Sterilisationen vor und dieses Ziel wurde in den elf Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes trotz mancher Hindernisse erreicht. Mit rund 360.000 gesetzlichen Sterilisationen in den Grenzen von 1937 – 1% der Bevölkerung im gebär- und zeugungsfähigen Alter – davon 300.000 in den Jahren von 1934 bis 1939 und vermutlich 40.000 außerhalb jener Grenzen. Außerdem wurde eine beträchtliche, aber unbekannte Anzahl außerhalb des Gesetzes sterilisiert. Noch nie zuvor in der Geschichte hatte ein Staat eine solche Politik der massenweisen Geburtenverhinderung propagiert und praktiziert, noch nie zuvor waren derart umfassende, gewaltsame und wirksame Maßnahmen zu antinatalischen Zwecken ergriffen worden.[27]

Bevor das nationalsozialistische Regime jedoch mit Zwangsterilisierungen laut Gesetz beginnen konnte, mussten die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen werden. Das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 erhielt keine direkten Bestimmungen über die Strafbarkeit oder Straffreiheit bei unfruchtbar machenden Operationen, noch bei ärztlichen Eingriffen überhaupt. Nach Ansicht vieler Autoren und nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts bis 1933 erfüllte jedoch jeder ärztliche Eingriff in die körperliche Unversehrtheit den Tatbestand einer Körperverletzung. Dies traf folglich auch für Sterilisationen und Kastrationen zu, wobei zum Zeitpunkt der Abfassung des Strafgesetzbuches (StGB) natürlich nur Letztere bekannt und gebräuchlich waren. Jedoch war es nicht maßgeblich, mittels welcher Methode die Unfruchtbarkeit erzielt wurde, da immer, auch bei der unblutigen Röntgenbestrahlung, ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit vorlag. § 224 StGB charakterisierte eine Unfruchtbarmachung sogar als schwere Körperverletzung.[28]

Um Sterilisationen möglich zu machen, wurde am 26. Mai 1933 der § 226a in das Strafgesetzbuch eingefügt, demzufolge eine Körperverletzung mit Einwilligung des Verletzten nur dann rechtswidrig ist, wenn die Tat trotz Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt. Nach nationalsozialistischer Auffassung war dies bei der medizinischen und der eugenischen Indikation zur Sterilisierung nicht der Fall.[29] Diese Vorschrift findet sich auch noch heute im § 228 des Strafgesetzbuches wieder. Vor diesem Hintergrund sprach das nationalsozialistische „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ in § 14 ein Verbot für alle unfruchtbar machenden Eingriffe aus, die nicht nach den Vorschriften des Gesetzes vorgenommen wurden, außer wenn nach den Regeln der ärztlichen Kunst zur Abwendung einer ernsten Gefahr für das Leben oder die Gesundheit eine medizinische Indikationsstellung gegeben war.[30]

Alle Sterilisationen, die nach dem Gesetz von 1933 vorgenommen wurden, waren Zwangssterilisationen, keine kam aufgrund des freien Willens der Betroffenen zustande. Die Formen von Zwang waren im Gesetz selbst festgelegt. § 2 räumte zwar den Betroffenen ein Antragsrecht ein, aber keinen eigenen Willen: „Antragsberechtigt ist derjenige, der unfruchtbar gemacht werden soll“ – nicht etwa „will“. Der Paragraph war aber bedeutungslos, denn zum einen wurde fast immer aufgrund von Anträgen anderer sterilisiert (§§ 2, 3) und zum anderen konnte ein „freiwilliger“ Antrag nicht mehr zurückgenommen werden, wenn das Sterilisationsverfahren in Gang gesetzt worden war. So stellten ausschließlich beamtete Ärzte von Kranken-, Heil- oder Pflegeanstalten, sowie Anstaltsleiter von Strafanstalten [31] Anträge auf Sterilisierung.

Der § 12 des Gesetzes verordnete direkten Zwang, nämlich durch Polizeigewalt. Sie konnte an vier Stellen des Verfahrens eingesetzt werden: zu Beginn die zwangsweise Vorführung beim Amtsarzt, der einen Antrag stellen wollte, dann die polizeiliche Fahndung nach geflohenen Sterilisationskandidaten, des Weiteren die polizeiliche Einweisung in eine psychiatrische Anstalt, wenn eine vermutete Erbkrankheit genauer diagnostiziert und vor allem Flucht und Geschlechtsverkehr verhindert werden sollten, wofür man Hitlers Kampf-Buch zitierte: „Das Recht der persönlichen Freiheit tritt zurück gegenüber der Pflicht zur Erhaltung der Rasse.“[32] Schließlich wurde Polizei eingesetzt, um die Sterilisanden auf den Operationstisch zu schaffen, wenn sie nicht „ freiwillig“ kamen; dies betraf zwischen 3 und 30% der Betroffenen, je nach Region und Jahr.[33]

Die Sterilisationspolitik war die erste der nationalsozialistischen Maßnahmen, die soziale Fragen mit „biologischen“ Mitteln zu lösen suchte und indem es solche „Lösungen“ für Recht erklärte, legte es auch eine der Grundlagen für spätere und außerrechtliche Eingriffe in Leib und Leben, die mit dem Interesse von „Volk und Rasse“ begründet wurden.

Das Sterilisationsgesetz sah nicht vor, Juden, Roma, Schwarze und Angehörige anderer „fremder Rassen“ zu sterilisieren. Dennoch war die Sterilisationspolitik – und Rassenhygiene insgesamt – eine Form und ein integraler Bestandteil des nationalsozialistischen Rassismus. Denn Rassismus bedeutet nicht nur Diskriminierung „fremder“ Völker, sondern auch die „Aufartung“ des eigenen Volkes, wenn sie durch Diskriminierung von „Minderwertigen“ in der eigenen ethnischen Gruppe angestrebt wird. Denn die gelobte „Rasse“, das „Herrenvolk“, war nicht gegeben, sondern sollte produziert werden. So schrieb ein maßgeblicher Jurist im Reichsinnenministerium: „Die deutsche Rassenfrage ist in erster Linie durch die Judenfrage umschrieben. In weitem Abstand hiervon, aber nicht minder wichtig, steht die Zigeunerfrage. […] Zersetzende Einwirkungen auf den deutschen Volkskörper können nicht nur von außen her durch Fremdrassige erfolgen, sondern auch von innen her durch hemmungslose Vermehrung der minderwertigen Erbrasse.“[34]

Euthanasie: Geschichte und Definition eines Begriffs

Der Begriff der Euthanasie kommt aus dem altgriechischen Sprachgebrauch von dem Wort „euthanatôs“ und wurde von Kratinos, einem griechischen Dichter, der im fünften vorchristlichen Jahrhundert schrieb, zur Beschreibung eines „guten Todes“, insbesondere eines sanften Todes, verwendet. Der englische Staatsmann und Philosoph Francis Bacon verwendete als erster den Begriff „Euthanasie“ in einem medizinischen Kontext. Er bezeichnete damit den Tod „nach Art eines freundlichen und angenehmen Schlafes“. Bacon bestätigte, dass es die Aufgabe der Ärzte sei, nicht nur die Gesundheit wiederherzustellen, sondern auch Schmerzen und Qualen zu lindern; und nicht nur dann, wenn solch eine Milderung zur Genesung führt, sondern auch wenn sie ein angenehmes und sanftes Hinwegscheiden bewirkt.[35]

In Deutschland wurde der Begriff der Euthanasie durch den der Sterbehilfe abgelöst. Hintergrund sind die Verbrechen der Nationalsozialisten an geistig und körperlich behinderten Menschen, wie auch der Völkermord an den Juden und „andersartiger Rassen“, die allesamt missbräuchlich unter den Begriff der Euthanasie im Zuge der nationalsozialistischen Rassenhygiene fallen.

Heute wird aktive und passive Sterbehilfe unterschieden. Die aktive Sterbehilfe bezieht sich auf die Handlung des absichtlichen Herbeiführens des Todes, beispielsweise durch die Verabreichung toxischer Substanzen. Ob die Handlung dabei auf Wunsch des Sterbenden erfolgt ist dabei jedoch nicht definiert. Aktive Sterbehilfe ist weltweit nur in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg erlaubt. Bei der passiven oder indirekten Sterbehilfe handelt es sich um den Abbruch jeder essentiellen Therapie mit der Absicht, die Leiden eines Sterbenden zu beenden. In einer zweiten Interpretation bedeutet es den Abbruch oder die Verweigerung einer sinnlosen Therapie (wie zum Beispiel weitere Chemotherapien, künstliche Beatmung oder Dialyse). Eine weitere Interpretation bezieht sich auf den Tod, der als Folge einer notwendigen Dosiererhöhung der Sedativa eintritt, die zur Schmerzbekämpfung eingesetzt werden.[36]

„Euthanasie“ im nationalsozialistischen Deutschland

Unzweifelhaft war die Tötung kranker und behinderter Menschen keine neue Idee der politischen Führung des nationalsozialistischen Regimes. Das rassenhygienische Paradigma war letztlich auch in der Medizin allgemein akzeptiert, sodass der Gedanke lebensunwertes Leben vernichten zu dürfen folgerichtig in eine mörderische Praxis umgesetzt werden konnte. Die Entwicklung begann mit der Übertragung des darwinistischen Evolutionsgedankens von der Biologie auf die Sozialwissenschaften. Der Sozialdarwinismus galt als Naturlehre der Gesellschaft und die Richtigkeit des Selektionsprinzips war allgemein anerkannt. Ebenso die Degenerationstheorie, nach der eine natürliche, nicht gelenkte Entwicklung der Gesellschaft zum Weltuntergang führe, da unterdurchschnittlich Begabte sich überdurchschnittlich häufig vermehren würden. Als Vorstufe oder erste Etappe auf dem Weg zur nationalsozialistischen „Euthanasie“ kann man bereits die mit dem Jahr 1934 beginnenden Zwangssterilisationen der als minderwertig stigmatisierten Menschen bezeichnen. Im Zuge des einkalkuliert hohen Risikos dieses Eingriffs kamen zwischen 5.000 und 6.000 Menschen zu Tode.[37]

Seit 1939 ging die Zahl der Sterilisationen zurück und es begann das planmäßige Töten von wirklich oder angeblich Unheilbaren.[38] Eine Erklärung des Übergangs von der Zwangssterilisierung zur „Euthanasie“ kann in drei Punkten systematisiert werden: Verbindungslinien zwischen Eugenik und „Euthanasie“ liegen erstens weniger in der ideologischen Herkunft als vielmehr in der psychiatrischen Praxis. Zweitens war der politische Rahmen des Nationalsozialismus dafür verantwortlich, dass sich immer radikalere Kräfte durchsetzten. Drittens erleichterte die gesellschaftliche Ausnahmesituation des Krieges den Übergang von der negativen Eugenik zum Massenmord.[39]

Bei den Krankenmorden unterscheidet die historische Forschung mehrere Aktionen, die sich je nach Opfergruppe, Zeitpunkt der Durchführung und verantwortlicher Entscheidungsinstanz voneinander abgrenzen lassen. Diese Einteilung entspricht jedoch einer nachträglichen Systematisierung. In der Praxis verliefen die Aktionen teilweise parallel, betrafen zum Teil gleiche Opfergruppen und besaßen mehrere beteiligte Entscheidungsträger.

Erstens fand von 1939 bis 1945 die sogenannte „Kindereuthanasie“ statt, welche zunächst kranke oder behinderte Kinder bis zu drei Jahren und seit Mitte 1941 auch Jugendliche bis zum Alter von 17 Jahren umfasste. Der Mord wurde in „Kinderfachabteilungen“ durchgeführt, deren Anzahl sich seit 1941 sukzessive ausweitete.

Zweitens gab es mit der „Aktion T4“ (so benannt nach der Adresse der verantwortlichen Zentralstelle in der Tiergartenstraße 4 in Berlin) die wohl größte zusammenhängende Krankenmordaktion. Der „Aktion T4“, die für die betroffenen Anstaltspatienten Selektion, Verlegung und Tod in der Gaskammer bedeutete, fielen zwischen 1939 und Mitte 1941 in sechs eigens eingerichteten Tötungsanstalten rund 70.000 Geisteskranke und Behinderte zum Opfer. Am 24. August 1941 wurde die Lebensvernichtung der Anstaltspatienten vorläufig gestoppt.

Drittens wurden jüdische Patienten in Heil- und Pflegeanstalten 1940/41 im Vorgriff auf den späteren Holocaust unabhängig von ihren psychiatrischen Diagnosen ausgesondert und in den Gasmordanstalten der „Aktion T4“ getötet. Eine ähnliche Aussonderung aus rassistischen Gründen widerfuhr seit 1943 Polen und sogenannten „Ostarbeitern“, sowjetischen Staatangehörigen, die Zwangsarbeit in Deutschland geleistet hatten. Sie wurden, sofern sie sich als geisteskrank bzw. behindert und arbeitsunfähig herausstellten, in speziellen Transporten aus den Heil- und Pflegeanstalten verlegt und getötet.

Viertens lief seit dem Frühjahr 1941 die Aktion „14f13“ – so lautete ihr Aktenzeichen – zur Aussonderung und Vernichtung jüdischer und vermeintlich „asozialer“ KZ-Häftlinge, die in den Gasmordanstalten der „Aktion T4“ getötet wurden.

Bei allen diesen Aktionen war ein Organisationskern in der „Kanzlei des Führers“ federführend. Dieser wird in der Literatur als „Euthanasiezentrale“ oder „T4“ bezeichnet.

Fünftens fanden besonders seit dem Stopp der „Aktion T4“ im August 1941 in manchen Anstalten die später als dezentrale oder „wilde Euthanasie“ bezeichneten Tötungen von Patienten durch Medikamente und Hunger statt. Sie erfolgten seit 1942 im Rahmen der Verlegung von Patienten der Heil- und Pflegeanstalten zwecks Freimachung von Anstaltsraum für Ausweichkrankenhäuser besonders in Nord- und Westdeutschland.[40]

Insgesamt fielen der „Euthanasie“ über 100.000 Menschen zum Opfer.

Von der „Euthanasie“ zur Endlösung

Die Ermordung behinderter jüdischer Patienten, die ungefähr ein Jahr vor dem Beginn des Massenmordes an den Juden in der besetzten Sowjetunion einsetzte, bildete ein wichtiges Verbindungsglied zwischen „Euthanasie“ und der „Endlösung“. Der 1940 auf höchster Ebene gefasste Beschluss zur Ermordung aller behinderter Juden, ungeachtet ihrer Konstitution im Einzelnen, wies schon auf die Entscheidung von 1941 voraus, alle Juden zu ermorden.

Am 22. Juni 1941 überfiel die Deutsche Wehrmacht die Sowjetunion. Zugleich begann das nationalsozialistische Regime sein zweites, noch ehrgeizigeres Tötungsprogramm. Mobile SS- und Polizeieinheiten, die sogenannten Einsatztruppen, folgten den regulären Einheiten unmittelbar über die sowjetische Grenze und erschossen in den besetzten Gebieten bei Massenexekutionen unzählige Zivilisten. Ihre primäre Aufgabe war die Ermordung aller Juden auf sowjetischem Boden. Die Deutschen nannten die Ermordung der sowjetischen, und später die aller Juden, in ihrem Machtbereich „Endlösung der europäischen Judenfrage“. Mehr als eine Million Männer, Frauen und Kinder wurden unter freiem Himmel erschossen. Aber die Einsatztruppen ermordeten auch „Zigeuner“. Und sie ermordeten behinderte Menschen, was die Verbindung zum „Euthanasie“-Programm deutlich werden lässt.

Es spricht sehr viel dafür, dass die Entscheidung zum Mord an den Juden demselben Muster folgte wie jene, Behinderte zu töten. Genauso wie bei den Maßnahmen gegen die Behinderten bemühten sich die für die „Judenpolitk“ verantwortlichen Stellen ständig um neue Herangehens- und Verfahrensweisen und konkurrierten untereinander, wer die radikalste Lösung fand.[41]

Die Ermordung der Menschen mit Behinderungen ging dem Mord an Juden und „Zigeunern“ voraus, was den Schluss nahe legt, dass die „T4“-Mordaktionen als Modell für die Endlösung dienten. Der Erfolg der „Euthanasie“-Maßnahmen überzeugte die Führungsriege der Nationalsozialisten, dass der Massenmord technisch möglich war, dass ganz normale Männer und Frauen dazu bereit waren, unzählige unschuldige Menschen zu töten und dass auch die Beamtenschaft bei einem solchen beispiellosen Unternehmen mitwirken würden.[42]

In den einzelnen Lagern wurden nach und nach fest installierte Gaskammern nach Vorbild der Mordzentren der „Aktion T4“ eingerichtet. Allerdings gestaltete man die Methode des Mordens noch effizienter und verwendete statt Kohlenmonoxid nun Cyanwasserstoff, welcher deutlich schneller tötete und später unter dem Namen Zyklon B weltweit bekannt wurde. Zudem errichtete man in den Endlagern die Gaskammern und Verbrennungsöfen in einem Gebäude, um das Töten und die Entsorgung der Leichen, zusammengefasst in dem Begriff der „Desinfektion“, noch schneller zu gestalten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist das Konzentrationslager Auschwitz zum Symbol für den Völkermord im 20. Jahrhundert geworden. Aber Auschwitz war nur das letzte, am weitesten perfektionierte Mordzentrum der Nationalsozialsten. Das gesamte mörderische Unternehmen hatte bereits im Januar 1940 mit der Tötung der hilflosesten aller Menschen begonnen, den in Heimen lebenden Behinderten. 1941 wurde es dann auf die Ermordung von Juden und „Zigeunern“ ausgedehnt. Bis 1945 kostete es die Leben von mindestens sechs Millionen Menschen.[43]

Fazit

Die Eugenik oder die Rassenhygiene waren als Gedankengut kein rein deutsches, sondern ein internationales Phänomen. In vielen Ländern Europas, hier zu nennen sind vor allem die skandinavischen Länder, aber auch in den USA existierten lange vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten starke eugenische Bewegungen und Sterilisierungsgesetze. Die Tatsache, dass bis 1933 negativ-eugenische Praxis ausschließlich in demokratischen Systemkontexten stattfand, ist weitaus verstörender als die lange übliche, aber falsche These von der Affinität zwischen Rassenhygiene und Faschismus.[44] Trotzdem stellt das nationalsozialistische Deutschland eine Zäsur in der Geschichte der Rassenhygiene bzw. Eugenik dar. Zwar konnten behinderte Menschen teilweise auch in anderen Ländern unter Zwang sterilisiert werden, aber in keinem anderen Land prägte sich der Zwang zur Sterilisation so stark aus und wurde so verbissen verfolgt wie in Deutschland. Hinzu kommt ebenfalls, dass in keinem anderen Land der Welt eugenisches bzw. rassenhygienisches Gedankengut zum Mord an behinderten Menschen und ethischen Gruppen führte. Die Sterilisationspolitik in Deutschland seit der Machtergreifung Hitlers muss somit als eine Vorstufe von Mordpolitik gesehen werden.

Die nationalsozialistische „Euthanasie“ als Massenverbrechen begann zeitlich vor dem Judenmord. Es besteht zwischen beiden ein Zusammenhang. Aus der Organisation der „Euthanasie“ wurden die Mordtechnologien (Gaskammer) und zum Teil das ausführende Personal um die Jahreswende 1941/42 zur Durchführung des Massenmordes an den europäischen Juden übertragen. Dennoch stellte die „Euthanasie“ nicht nur die Vorstufe zum Holocaust dar, sondern war ein Verbrechen eigener Art. Allerdings standen die nach dem August 1941 stattfindenden dezentralen Massentötungen von Anstaltspatienten lange im Schatten des Völkermordes an den europäischen Juden.[45]

Auch die Aufarbeitung der Zwangssterilisierung und der „Euthanasie“ an den behinderten Menschen ließ lange Zeit auf sich warten. So hatte das „Gesetz zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses“ bis weit in die Bundesrepublik Deutschland hinein Bestand und wurde nicht in seiner Gesamtheit abgeschafft, auch wenn die sogenannten Erbgesundheitsgerichte mittlerweile abgeschafft und somit Zwangssterilisierungen nicht mehr vollzogen werden konnten. Ganz zu schweigen von nicht stattgegebenen Entschädigungsansprüchen der Betroffenen, was damit begründet wurde, dass das Erbgesundheitsgesetz kein typisch nationalsozialistisches Gesetz gewesen ist, da auch in demokratisch regierten Ländern, wie z.B. Schweden, Dänemark oder den USA ähnliche Gesetze bestanden und Entschädigungsleistungen nur an Verfolgte des NS-Regimes und in wenigen Ausnahmefällen an Geschädigte, die durch besonders schwere Verstöße gegen rechtsstaatliche Grundsätze Schaden erlitten haben, gewährt wurden.

Erst seit 1980 konnten Geschädigte der nationalsozialistischen Rassenhygiene (zwangssterilisierte Personen) eine einmalige Entschädigungsleistung in Höhe von 5000 DM beantragen. Erst am 24. Mai 2007 wurde das „Gesetz zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses“ schließlich vom 16. Deutschen Bundestag geächtet und es wurde festgestellt, dass das Gesetz für die Bundesrepublik rückwirkend nicht gegolten hat.

Literatur und Quellen

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Fangerau, Heiner: Etablierung eines rassenhygienischen Standardwerkes 1921- 1941. der Bauer-Fischer-Lenz im Spiegel der zeitgenössischen Rezensionsliteratur, Frankfurt a. M. , 2001.

Friedlander, Henry: Von der „Euthanasie“ zur „Endlösung“, in: Henke, Klaus- Dietmar (Hg.): Tödliche Medizin im Nationalsozialismus. Von der Rassenhygiene zum Massenmord (Schriften des Deutschen Hygiene- Museum Dresden, Band 7), Köln, 2008.

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Kappeler, Manfred: Der schreckliche Traum vom vollkommenen Menschen. Rassenhygiene und Eugenik in der Sozialen Arbeit, Marburg, 2000.

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Schwartz, Michael: Eugenik und „Euthanasie“: Die internationale Debatte und Praxis bis 1933/45, in: Henke, Klaus-Dietmar (Hg.): Tödliche Medizin im Nationalsozialismus. Von der Rassenhygiene zum Massenmord (Schriften des Deutschen Hygiene- Museum Dresden, Band 7), Köln, 2008

Zankl, Heinrich: Von der Vererbungslehre zur Rassenhygiene, in: Henke, Klaus-Dietmar (Hg.): Tödliche Medizin im Nationalsozialismus. Von der Rassenhygiene zum Massenmord (Schriften des Deutschen Hygiene- Museum Dresden, Band 7), Köln, 2008.

Marion Luger: Der Körper als Basis für die Vernichtungspolitik im Nationalsozialismus

Einleitung

Wird heutzutage in Bezug auf Äußerlichkeiten hauptsächlich auf Schönheitsideale Wert gelegt, so konnte während des NS-Regimes der menschliche Körper buchstäblich über Leben und Tod entscheiden. In diesem Zusammenhang wird bei dem Begriff „Körper“ deshalb nicht vorrangig zwischen den Geschlechtern differenziert, weil ich aufgrund meiner Lektüre zu der Ansicht gelangt bin, dass zur Zeit der NS-Herrschaft (und bereits davor) der Schwerpunkt auf anderen Einteilungsmustern der Menschen lag (obwohl Frauen noch lange nicht dieselben Rechte wie Männer besaßen).

In dieser Arbeit sollen nun zuerst einige Theorien und Schemata gezeigt werden, aufgrund deren die Menschheit unterteilt wurde. In der Folge wird an einigen Beispielen dargelegt, welche Auswirkungen diese Fixierungen im gesellschaftlichen Gefüge auf einzelne Personengruppen hatten. So wurden diese einerseits zur (Zwangs-) Arbeit herangezogen, andererseits war für sogenannte „lebensunwerte“[46] Personen die Vernichtung vorgesehen, sodass Letztere auch bedenkenlos in Humanversuchen eingesetzt wurden. Abschließend soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass zwar seit den grausamen Verbrechen in Hitlerdeutschland bereits mehr als 50 Jahre vergangen sind, die Gefahr von ähnlichen Vorfällen jedoch noch lange nicht gebannt ist.

Bestimmungsmerkmale für die Entscheidung über Leben und Tod

Zwei gefährliche Zeitströmungen – „Rassenkunde“ und „Sozialdarwinismus“

Ein Beurteilungsschema aufgrund von Äußerlichkeiten war die wissenschaftlich unsinnige „Rassenkunde“. Idealistisch-philosophische Abhandlungen dazu gibt es bereits bei Platon, doch erst im 18. Jahrhundert setzte mit dem Aufschwung der Naturwissenschaften eine planmäßige Forschung auf diesem Gebiet ein. Im wilhelminischen Deutschland wurde sie dann u.a. von Alfred Rosenberg und Alfred Ploetz vertreten. Diese „Rassenhygieniker“ propagierten die Ansicht, dass „die hoch stehende nordische Rasse“ – deren Nachkommen die Deutschen darstellen sollten – nach Körperbau, Charakter und geistigen Fähigkeiten allen anderen Menschen überlegen sei, was zugleich eine Herrschaft legitimiere. Der „ideale Arier“ war von hohem, schlankem Wuchs, langschädelig und schmalgesichtig, blond, blauäugig und hellhäutig. Aufgrund dieser äußerlichen Merkmale schrieb man ihm auch Charaktermerkmale zu, wie Ehrgeiz, Energie und Kühnheit.[47]

Eine weitere Wurzel für die Vernichtungspolitik des NS-Regimes war der „Sozialdarwinismus“. Dabei wurden die Theorien von Charles Darwin über die Rassen im Kampfe ums Dasein vom Tierreich auf die politische Sozialgemeinschaft übertragen. Dieses Phänomen, das auch im Ausland vertreten war, hielt sich dort in Grenzen, während es in Deutschland zur Weltanschauung wurde und die „natürliche Auslese“ zur Bedingung jeder menschlichen Höherentwicklung machte. Da diese Auslese jedoch nach Ansicht der „Rassenkundler“ durch die moderne Zivilisation aufgehoben war, stellten sie die Forderung nach einer quantitativen und qualitativen „Aufartung“ durch Höherzüchtung der „Arischen Rasse“.[48]

Die Einteilung in „hochwertige“ und „minderwertige Rassen“

Sie erfolgte aufgrund der oben erwähnten vorherrschenden Strömungen. Dabei missbrauchte man den aus dem Sanskrit übernommenen Terminus arya („der Edle“) und definierte „den Arier“, der als Angehöriger der „hochwertigen“ Rasse galt, als „Mensch, der frei von anderem (fremdem) Rassenerbgut (Blut) ist. Als fremd gelten außer den Juden alle eingeborenen Rassen der nicht-europäischen Erdteile sowie die Zigeuner.“[49] Durch diese Begriffsbestimmung wurden „Nicht-Arier“ nicht nur als „minderwertig“ deklariert, sondern auch das Blut zum Träger der Rasseneigenschaften bestimmt. Der Nachweis „arischer Abstammung“ wurde gesetzlich zum ersten Mal im „Berufsbeamtengesetz“ vom 7. April 1933 gefordert; danach wurde der sogenannte „Arierparagraph“ Bestandteil zahlreicher Gesetze, Verordnungen, Erlässe und Organisationssatzungen und traf vor allem Juden besonders hart.[50]

Auf die einzelnen Auswirkungen auf Juden soll hier nicht genauer eingegangen werden, da dies den zeitlichen und räumlichen Rahmen sprengen würde. Es ist jedoch zu erwähnen, dass die aufgestellten rassischen Gesichtspunkte nicht ausreichten, um Juden als solche zu identifizieren, und letztendlich zog man – auch im Gesetz – die Religionszugehörigkeit zur Kennzeichnung heran.[51] Insgesamt kostete der von den Nationalsozialisten auf die Spitze getriebene Antisemitismus im Holocaust ca. 6 Mio. jüdische Menschenleben.[52]

Die Unterteilung der deutschen Bevölkerung durch die „Eugenik“

Die „Aufartung“ der Bevölkerung weitete sich auch auf die „hochwertige deutsche Rasse“ aus. In den 1930er Jahren forcierten Psychiater wie Ernst Rüdin, Fritz Lenz u.a. die „Eugenik oder Erbgesundheitslehre“, die das Ziel hatte, erbschädigende Einflüsse und die Verbreitung von Erbkrankheiten zu verhüten. Dabei sollte die Bevölkerung in „hochwertig“, „durchschnittlich“ und „unterwertig“ aufgeteilt werden, wobei die Erfassung von Letzteren, d.h. „Erbkranken“ und „Belasteten“, im Vordergrund stand.[53]

Darunter verstand man seit dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ von 1933 Menschen mit folgenden acht Krankheiten: angeborener Schwachsinn (als schwachsinnig galt jeder, der nicht selbständig einen Beruf ausüben konnte), Schizophrenie, manisch-depressives Irresein, Epilepsie, Veitstanz, erbliche Blind- und Taubheit, schwere körperliche Missbildungen und schwerer Alkoholismus.[54] Die Psychiater wollten mit einer „empirischen Erbprognoseforschung“ den Beweis erbringen, dass jene – ihrer Ansicht nach unheilbaren – Krankheiten zwangsläufig mit einer bestimmten Häufigkeitsrate in den folgenden Generationen auftraten. Gleichzeitig bekannten sie öffentlich, dass kein wissenschaftliches Fundament für diese Annahme existierte. Desto mehr hielten sie daran fest und beschränkten sich bei der Auswahl der „Träger minderwertigen Erbgutes“ auf eine Wahrscheinlichkeitsrechnung.[55]

Im scheinbaren Widerspruch zur „Eugenik“ steht die Propagierung der „Volksgemeinschaft“ durch Hitler:

Über Klassen und Stände, Berufe, Konfessionen und alle übrige Wirrnis des Lebens hinweg erhebt sich die soziale Einheit der deutschen Menschen ohne Ansehung des Standes und der Herkunft, im Blute fundiert, durch ein tausendjähriges Leben zusammengefügt, durch das Schicksal auf Gedeih und Verderb verbunden. [...] Unser Wille ist der Sieg der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft! [56]

Aus einem Leitartikel des Propagandaministers Joseph Goebbels geht jedoch klar hervor, was mit diesem Begriff gemeint war: „Wir sind keine Gleichmacher und Menschheitsanbeter [...] Wir wollen Schichtung des Volkes, hoch und niedrig, oben und unten.“[57] So wurde das Konzept der „Volksgemeinschaft“, das über dem Individuum stand, zum ideologischen Rahmen der Ausgrenzung, d.h. Vernichtung von „lebensunwertem Leben“, die sich bald auf alle „unnützen Esser“ erstreckte. Denn im faschistischen „Deutschen Reich“ wurde auch das menschliche Leben einer gnadenlosen Kosten-Nutzen-Rechnung unterworfen.[58] So bezeichnete der Begriff „artfremd“ alle Menschen, die als fremd, schädlich oder unerwünscht angesehen wurden. Dazu zählten u.a. Homosexuelle, Prostituierte, Zuhälter, „Asoziale“ („Arbeits-scheue“, Bettler, etc.).

Als „Volksschädlinge“, gegen die 1939 eine Verordnung erlassen wurde, betrachtete man weiters Plünderer, Diebe, Deserteure und andere Verbrecher, die ihre Straftaten unter Ausnutzung des Kriegszustandes begangen haben sollten.[59]

Insgesamt wurde das soziale Existenzrecht auf diejenigen Angehörigen der unteren Klassen beschränkt, deren Arbeitskraft noch ausreichend verwertbar erschien. Ungefähr sechs Millionen Menschen im „Deutschen Reich“ bestanden diese Zuordnung nicht, weil sie geschwächt, von typischen Armutskrankheiten befallen oder einfach verzweifelt waren. Die „Eugenik“ ignorierte den sozial bedingten Bestandteil von Krankheit.[60]

Doch schlussendlich konnte aufgrund der „Reichstagsbrandverordnung“ von 1933, die unter anderem die Grundrechte der persönlichen Freiheit und der freien Meinungsäußerung außer Kraft setzte, jeder deutsche Bürger willkürlich und ohne Gerichtsurteil durch die Gestapo in politische „Schutzhaft“ genommen und ins KZ eingewiesen werden. Nach Erlass der „Heimtückeverordnung“ von 1933 waren als Verhaftungsgrund z.B. schon beleidigende Äußerungen über Parteiführer ausreichend.[61]

So kam es einerseits zur „Ausmerzung alles Lebensunwerten“, andererseits wurden aber auch familienpolitische Maßnahmen getroffen, um eine „quantitative und qualitative Höherzüchtung der arischen Rasse“ zu erreichen. Man bot neben offensiver Werbung zur Kinderzeugung auch finanzielle Anreize und nahm damit offensive Eingriffe in den bisher scheinbar privaten Bereich vor.[62]

Der Körper als „Arbeitsmaschine“

Die Aufgaben von „lebenswerten arischen“ Frauen

Die von Männern bestimmte NS-Ideologie definierte Frauen folgendermaßen: Sie besäßen „intellektuelle Minderwertigkeit, Freude am Dienen und eine ‚ureigene‘ Bestimmung für nachahmende Tätigkeiten.“ Ein Hintergrund dieser Aussage liegt in der zu dieser Zeit gerade aufkeimenden Emanzipation, die nun – zusammen mit außerhäuslicher, qualifizierter Frauenarbeit – eliminiert werden sollte. So kam mit dem Nationalsozialismus das ärgste Patriarchat an die Macht, und Terror und Gewalt drangen auch in „weibliche Bereiche“ vor.[63]

Frauen wurden „in ihre Schranken verwiesen“ und „Hausfrau- und Muttersein“ als eigentliche Aufgabe propagiert. Die dabei angeblich angeborene Arbeitsmotivation sollte sich nun auf die „Volksgemeinschaft“ erstrecken und damit gleichzeitig die Ausbeutung verschleiern. Das gelang jedoch auch dadurch, indem man die Hausarbeit aufwertete und durch eigene Kurse eine scheinbare Professionalisierung zur „Meisterhausfrau“ anbot. Obwohl so der Haushalt als „Subökonomie der Gesellschaft“ immer größere Bedeutung erlangte, übten Frauen Kritik am System.[64] Dies nützte jedoch nicht viel, denn bald griff die chauvinistische Ideologie des NS-Regimes in privateste Angelegenheiten ein. Neben einem Werbeverbot für empfängnisverhütende Mittel kam es auch zur Ahndung von Abtreibung für „hochwertige“ und andererseits zur Zwangssterilisierung von „minderwertigen“ Frauen. Nur selten lehnten zur generativen Reproduktion vorgesehene Frauen bewusst ihre Stellung als „Gebärmaschinen“ ab.[65]

Angesichts des akuten Arbeitskräftemangels, der durch die verstärkte Aufrüstung hervorgerufen worden war, mussten Frauen neben ihrer generativen Tätigkeit im „Altreich“ schon ab 1936 (und nach dem „Anschluss“ auch in der „Ostmark“) zur außerhäuslichen Arbeit aufgerufen werden. Um jedoch nicht der eigenen Ideologie zu widersprechen, wurden sie vornehmlich in der Industrie eingesetzt, wo sie überwiegend am Fließband tätig waren. Die Zuschreibung der Nationalsozialisten von „geschickten Händen“ und monotonen Arbeits-vorgängen als „dem Wesen der Frauen entsprechend“ bedeutete dabei die Legitimation für deren Dequalifizierung und niedrige Entlohnung.[66] Dabei fällt auf, dass vorwiegend Frauen der Arbeiterklasse berufstätig waren, denn „die Frau vom Chef hat niemals gearbeitet“.[67]

Obwohl quasi eine Dienstverpflichtung bestand, blieben viele Frauen aufgrund der Doppel- bzw. Dreifachbelastung häufig der Arbeit fern. Da das Regime Unruhen im Kleinbürgertum befürchtete, führte es halbherzige Maßnahmen zur Arbeitsmotivation ein, wie die Verbesserung des Mutterschutzgesetzes 1942 oder das „Mutterkreuz“.[68] Diese „Vorteile“ wurden jedoch nur „deutschblütigen, lebenstüchtigen und erbgesunden Familien“[69] zuerkannt.

Der scheinbare Widerspruch vom Frauenbild zu Beginn des NS-Regimes zur später geforderten außerhäuslichen Arbeit wurde mit dem Hinweis vom Tisch geräumt, dass der eigentliche Aufgabenbereich weiterhin im Haushalt bestünde und deshalb auch keine qualifizierten, angemessen entlohnten Arbeitsplätze notwendig wären. So trieb das NS-Regime die Entwicklung eines geschlechtsspezifisch geteilten Arbeitsmarktes voran, der mit einer Dequalifizierung von Frauenarbeit einherging. Damit wurde nach Ansicht Karin Bergers ein Grundstein gelegt für die noch heute bekannte Arbeitsmarktstrategie, die Frauen in Krisenzeiten auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter „reduziert“ und während einer Hochkonjunktur mit dem Problem der Doppel- und Dreifachbelastung konfrontiert.[70]

Die Wendung des Begriffes „Arbeit“ für „hochwertige arische“ Männer

Angesichts der Massenarbeitslosigkeit in der Zwischenkriegszeit war es der NS-Propaganda ein Leichtes, mit Parolen wie „Brot und Arbeit“ viele Anhänger zu gewinnen. Tatsächlich konnte u.a. durch wirtschaftliche Maßnahmen, Produktionsausweitung und Berufsverbote für Juden die Arbeitslosenrate rapide gesenkt werden. Doch gleichzeitig verloren die Arbeitnehmer ihre Rechte. Das begann mit der Ausschaltung aller Interessensvertretungen und führte schließlich zu einer totalen Unterordnung unter die Aufrüstungs- und Kriegspolitik des Regimes. Unter dem Motto des „totalen Arbeitseinsatzes“ wurden staatliche Zwangsmaßnahmen eingeführt, wie der „Reichsarbeitsdienst“ (RAD), die „Dienst- und Meldepflicht“ und das „Arbeitsbuch“.[71] Letzteres wurde zu einem wichtigen persönlichen Dokument, das bei Antritt eines Arbeitsverhältnisses für die Dauer der Beschäftigung dem Arbeitgeber übergeben werden musste.[72]

Die „Verordnung zur Sicherstellung des Kräftebedarfs für Aufgaben von besonderer staatspolitischer Bedeutung“ von 1938 bildete die gesetzliche Grundlage für eine allgemeine Dienstpflicht von Arbeitern und Angestellten. Diese konnten auf Anweisung staatlicher Behörden aus bestehenden Arbeitsverhältnissen gelöst und zu bestimmten Arbeiten herangezogen werden. Unmittelbarer Anlass dieser Verordnung war der Ausbau des Westwalls 1938, zu dem man ca. 400.000 Arbeiter heranzog. Die Dienstverpflichtung wurde zu einer ständigen Maßnahme des nationalsozialistischen Staates; sie brachte eine zunehmende Lenkung der Arbeitskräfte mit sich. Gleichzeitig bedeutete sie eine Einschränkung des Rechts, Ausbildungs- und Arbeitsplatz frei zu wählen. In den Jahren 1938 bis 1940 ordnete man rund 1,75 Millionen Dienstverpflichtungen an – ein Großteil davon allerdings für befristete Zeit. Im Januar 1943 wurde schließlich – angesichts der veränderten militärischen Lage – mit der „Verordnung über die Meldung von Männern und Frauen für Aufgaben der Reichsverteidigung“ die Dienstverpflichtung auch für Frauen zwischen 17 und 45 Jahren eingeführt. So mündete die anfangs herbeigesehnte Arbeitsbeschaffung in Arbeitszwang und Ausbeutung.[73]

Ausbeutung und „Vernichtung durch Arbeit“ von „Nicht-Ariern“ bzw. „Asozialen“

Zivile „Fremdarbeiter“

Der während des Krieges auftretende Arbeitskräftemangel veranlasste die NS-Machthaber, ausländische Arbeitskräfte aus den besetzten Gebieten mehr oder weniger zwangsweise ins „Deutsche Reich“ zu holen. Es waren vor allem Polen, Russen, Franzosen, Belgier und Niederländer, die nach Ansicht Neugebauers insgesamt auf ca. 14 Mio. geschätzt werden können.[74] Sie mussten vorwiegend in Betrieben der Landwirtschaft und der Rüstungsindustrie arbeiten. Nur ein geringer Teil kam tatsächlich freiwillig, was Fritz Sauckel, der „General-bevollmächtigte für den Arbeitseinsatz“, 1944 auch bestätigte. Im besetzten Polen erfolgten die ersten Verschleppungen und Zwangsverpflichtungen – teilweise unter Einsatz brutaler Mittel – im Frühjahr 1940. Derartige Methoden wandten die deutschen Besatzer bei Franzosen, Belgiern und Niederländern zunächst nicht an. Denn diese wurden als „artverwandt“ angesehen (während Polen und Russen als „Untermenschen“ galten) und waren oft dringend benötigte Facharbeiter, die es im weniger industrialisierten Osten nicht gab. Da aber auf freiwilliger Basis noch nicht genügend Arbeiter aus dem Westen angeworben werden konnten, wurden auch in Belgien und Frankreich seit 1942 Zwangsverpflichtungen vorgenommen.[75]

Die schlechten Arbeitsbedingungen (72-Stunden-Woche) und die ungeheure Ausbeutung führten dazu, dass immer mehr Ausländer flüchteten und in ihre Heimat zurückzukehren versuchten. Für aufgegriffene Fremdarbeiter wurden Auffanglager geschaffen, von wo sie der Zwangsarbeit in Konzentrationslagern zugeführt wurden. Besonders benachteiligt waren „Ostarbeiter“, also Sowjetbürger.[76] Ihren Einsatz umriss Sauckel am 20. April 1942 folgendermaßen: „Alle diese Menschen müssen so ernährt, untergebracht und behandelt werden, daß sie bei denkbar sparsamstem Einsatz die größtmögliche Leistung hervorbringen […]“[77] Sie erhielten also im Gegensatz zu den Zivilarbeitern aus den westlichen Staaten (deren Entlohnung etwa jener von Deutschen entsprach) nur einen geringfügigen Barlohn. Rechtlich unterlagen die polnischen und sowjetischen Zwangsarbeiter dem unmittelbaren Zugriff der Sicherheitspolizei, die viele Dinge verbot, z.B. den Besitz von Radioapparaten oder deutschen Zeitungen und das Verlassen der Unterkünfte während der nächtlichen Sperrstunde.[78]

Kriegsgefangene

Neugebauer weist darauf hin, dass man angesichts des Holocaust deren tragisches Schicksal im „Deutschen Reich“ oft zu wenig beachtete, obwohl als Konsequenz der NS-Rassenlehren das Kriegsgefangenenrecht von Seiten Hitlerdeutschlands systematisch verletzt wurde. Vor allem sowjetische Kriegsgefangene waren dem Massentod durch Verhungern, Erfrieren oder Erschießen preisgegeben, dem in deutscher Kriegsgefangenschaft über 3 Mio. zum Opfer fielen. Entgegen der Genfer Konvention wurden Kriegsgefangene in eigens dafür errichteten Lagern zur Zwangsarbeit in der Kriegswirtschaft verwendet. Die Lagerverhältnisse waren entsprechend schlecht und konnten auch von der Zivilbevölkerung nicht gemildert werden, denn dieser wurde unter Strafandrohung der Umgang mit Kriegsgefangenen untersagt.[79]

Zwangsarbeit von KZ-Häftlingen

In den Konzentrationslagern, die der SS unterstanden, war die Arbeit bis 1942 überwiegend Mittel zur Strafe, „Erziehung“ oder Rache, nicht Ziel der Haft. Erst mit Beginn der Schwierigkeiten bei der Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte (die durch militärische Rückschläge bedingt waren) trat die ökonomische Bedeutung in den Vordergrund. Die Häftlinge wurden nun verstärkt in kriegswirtschaftlich relevanten Bereichen zur Arbeit gezwungen, vor allem in zahlreichen Außenlagern, die man ab 1942/43 neben Betrieben der Rüstungs- und Bauindustrie errichtete. Dabei stellten oben erwähnte ausländische ZivilarbeiterInnen und Kriegsgefangene das größte Reservoir an potentiellen Häftlingen dar.[80]

Zusammenfassend kann man sagen, dass der massive Industrialisierungsschub im Nationalsozialismus nur durch die Ausbeutung der Arbeitskräfte besetzter Länder realisierbar war, die ihn zu Zehntausenden mit ihrem Leben bezahlten. Der Rassismus als eine der Säulen der NS-Ideologie legitimierte dabei die Zwangsarbeit dieser Angehörigen „minderwertiger“ Völker. Wie Neugebauer meint, war dieses Arbeitssystem jedoch nicht nur für die Kriegszeit gedacht. Auch in der Zukunft sollten „Untermenschen“ für die „deutsche Herrenrasse“ Arbeit unter schlechtesten Bedingungen verrichten.[81]

Der Körper als frei verfügbarer Ort

Zwangssterilisationen

Bei der gewaltsamen Sterilisierung tausender Menschen konnten die Nationalsozialisten auf viele Initiativen zurückgreifen, deren Wurzeln in der Weimarer Republik liegen.[82] Und bereits 1928/29 bildeten sich halbstaatliche Verbände aus professionellen „Rassenbiologen“, Neuro-Psychiatern und Bevölkerungspolitikern, „die davon träumten, die ‚erbbedingten Asozialen‘, die ohnehin prinzipiell als ‚unheilbar‘ galten, ‚auszumerzen‘ und so den ‚Volkskörper‘ von seinen ‚schädlichen Erblinien‘ zu säubern.“[83] Ebenso wie Ernst Rüdin, der bereits ein „bevölkerungsbiologisches Gesamtkataster“ vorsah, engagierten sich die Mitglieder der übrigen Verbände (unter ihnen viele spätere Euthanasie-Ärzte) für eine Vereinheitlichung der Erfassungsmethoden. Lange vor dem Erlass des Sterilisierungsgesetzes kam es daher durch „Erbbiologen“, Amtsärzte und Psychiater zu massenstatistischen „Untersuchungen von Fürsorgezöglingen zwecks Sterilisierung“. Diese wurden sowohl in Irrenanstalten als auch in Alkoholikerasylen, Taubstummen-, Blinden- und Fürsorgeheimen, Lungenheilstätten und Gefängnissen durchgeführt.[84]

Mit dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, das 1934 im „Altreich“ und 1940 in der „Ostmark“ in Kraft trat, wurde die zwangsweise Sterilisierung, d.h. Unfruchtbarmachung von „Erbkranken“, welche die oben erwähnten acht Krankheiten aufwiesen, angeordnet.[85] Diese Maßnahme war schon von Adolf Hitler in dem Buch „Mein Kampf“ angekündigt worden: Der „völkische Staat“ habe alles, „was irgendwie ersichtlich krank und erblich belastet und damit weiterbelastend ist, zeugungsunfähig zu erklären und dies praktisch auch durchzusetzen.“[86] 1935 folgten noch eine Gesetzesänderung, die den Schwangerschaftsabbruch bei „erbkranken“ Frauen bestimmte und das „Ehegesundheitsgesetz“, das die Eheschließung in bestimmten Krankheitsfällen verbot. Außerdem ermöglichte das „Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung“ (1934 im „Deutschen Reich“ in Kraft getreten) unter anderem die Sterilisierung bzw. Kastration von Häftlingen, die als „Sittlichkeitsverbrecher“ galten.[87]

Zur praktischen Durchführung des Sterilisationsgesetzes schuf man 650 „Gesundheitsämter“, welche die bisherige „wilde“ Bewegung bei der „erbbiologischen Bestandsaufnahme“ ablösen sollten. Nun waren alle im Gesundheitswesen und in der Sozialfürsorge Tätigen verpflichtet, „Erbkrankheitsverdächtige“ dorthin zu melden. Nach der Untersuchung der ProbandInnen durch den Amtsarzt entschieden die 1934 eingerichteten „Erbgesundheitsgerichte“ über die Sterilisation. Die folgenden systematischen Zwangssterilisationen dürften an ca. 400.000 Menschen vorgenommen worden sein; ungefähr 5.000 unter ihnen (hauptsächlich Frauen) starben an den Konsequenzen des Eingriffs.[88]

Die Pläne zur Massensterilisierung von Juden, Ostvölkern, sowjetischen Kriegsgefangenen und anderen Feindgruppen der Nationalsozialisten wurden nicht mehr verwirklicht; zum Teil weil sie technisch undurchführbar waren, zum Teil weil man bereits zur Massenvernichtung übergegangen war. Außerdem genügte die Zwangssterilisierung den „Rassenbiologen“ nicht, da sie erst nach vielen Generationen Ergebnisse zeigen konnte. Deshalb verlangte man von vornherein eine völlige Ausmerzung „Minderwertiger“, die nicht zufällig im Jahr des Kriegsausbruchs 1939 begann. Sie sollte der „negativen Auslese“ durch den Krieg – Tod oder Verstümmelung der Gesunden im Gegensatz zu den überlebenden Kranken – entgegenwirken und soziale Kosten zugunsten der Kriegswirtschaft einsparen.[89]

Euthanasie (griech. „leichter Tod“)

Die mit dem fragwürdigen Begriff „Gnadentod“ bezeichnete Vernichtung des „lebensunwerten Lebens“ begann 1939 mit missgebildeten und „idiotischen“ Kindern bis zum dritten (später 17.) Lebensjahr. Diese wurden in 30 speziellen „Kinderfachabteilungen“, in die man sie aus verschiedenen Anstalten ohne Einwilligung der Eltern gebracht hatte, ermordet. Eine solche Anstalt war z.B. die Klinik „Am Spiegelgrund“ in der Wiener Anstalt „Am Steinhof“, wo hunderte Kinder mittels Gift, Injektionen oder Aushungern von Ärzten und Pflegepersonal umgebracht wurden. Insgesamt fielen ungefähr 6.000 solcher „Reichsausschußkinder“ diesem Verfahren zum Opfer.[90]

Aufgrund eines auf den 1. September 1939 rückdatierten geheimen Erlasses von Adolf Hitler, der keinerlei Gesetzeskraft oder Legalität hatte, [91] begann man mit der „Euthanasie“ der erwachsenen Geisteskranken. Diese Tötungsaktion nannte man inoffiziell „T4“ – nach dem Sitz der zuständigen Zentralstelle in der Berliner Tiergartenstraße Nr. 4. Um sie geheim zu halten, wurde die Hitler unmittelbar unterstellte „Kanzlei des Führers“ unter Leitung von Philipp Bouhler mit der Planung und Organisation beauftragt. Die „Reichsarbeitsgemeinschaft Heil- und Pflegeanstalten“ verschickte Meldebögen, die von Hebammen und Ärzten ausgefüllt werden mussten. Drei ärztliche Gutachter des „Reichsausschusses“ entschieden aufgrund dieser Formulare über Leben und Tod der Betroffenen. Nur selten kamen sie selbst in die psychiatrischen Anstalten. Von dort brachte die Tarnorganisation „Gemeinnützige Kranken-Transport-GmbH“ die meisten Patienten in sechs sogenannte „Euthanasieanstalten“, u.a. nach Schloss Hartheim bei Linz.[92]

Anfang 1940 begannen die Ermordungen in großem Umfang. Nachdem die Opfer in Gaskammern getötet worden waren, wurden die Leichen sofort verbrannt. In eigens eingerichteten „Standesämtern“ stellte man gefälschte Todesurkunden aus. Wie Neugebauer meint, war es neben der wachsenden Unruhe in der Bevölkerung nicht zuletzt dem mutigen Widerstand einiger Geistlicher (z.B. dem Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen) zu verdanken, dass die „Euthanasie“-Aktion auf Befehl Hitlers 1941 eingestellt wurde.

Doch inoffiziell wurde sie in der sogenannten „Wilden Euthanasie“ fortgesetzt, was eine Tötung von Anstaltsinsassen durch Nahrungsentzug, „Vernichtung durch Arbeit“ und Medikamentenvergiftung bedeutete. Diese Praktiken wurden z.B. in Meseritz-Obrawalde, Steinhof bei Wien und Eglfing-Haar bei München angewendet. Auch die „Kinder-Euthanasie“ wurde bis Kriegsende weitergeführt und die „Aktion 14f13“ diente bis zum Beginn der „Endlösung“ im Frühjahr 1942 der Aussonderung und Tötung kranker KZ-Häftlinge. Daneben gab es „Euthanasie“-Aktionen im sogenannten „Generalgouvernement“ und in den annektierten Ostgebieten, wo fast alle geisteskranken Anstaltsinsassen 1939/40 getötet wurden.[93]

Schließlich muss die „Aktion Brandt“ erwähnt werden, unter deren Namen seit 1942 offensichtlich mehrere Vernichtungsaktionen gegen „rassisch Unerwünschte“, „Asoziale“ und „geistes- und tuberkulosekranke Ostarbeiter“ gelaufen sind. Sie galten den InsassInnen von Fürsorgeheimen, Jugend-KZs, Siechenheimen und Lagern für „geisteskranke Ostarbeiter“.[94]

Humanexperimente

Die Tradition des Menschenversuches

In der wissenschaftlichen Medizin des europäischen Abendlandes gibt es Menschenversuche bereits seit der Antike. Seit dem 18. Jahrhundert waren sie selbstverständlich. Dabei bestand jedoch keine Verpflichtung zur Zustimmung nach Aufklärung des Patienten; sie schien durch die ethische Maxime „dem Patienten nützen und nicht schaden“ auch nicht notwendig zu sein. Erst im 20. Jahrhundert wurde die ethische Dimension dieser Versuche diskutiert und die Zustimmung des Probanden als Grundvoraussetzung anerkannt. Der Mediziner Albert Moll erörterte dieses Thema ausführlich in seinem Buch „Ärztliche Ethik“ von 1902, das lange als Standardwerk galt. Darin verwies er unter anderem auf den Fortschritt der Wissenschaft auf der einen und das Wohl des Menschen auf der anderen Seite.[95] Letzteres konnte von den NS-Ärzten wohl nicht zuletzt deshalb missachtet werden, weil die Medizin zu dieser Zeit nur mehr naturwissenschaftlich ausgerichtet war, „welche“ – wie es Viktor von Weizsäcker 1947 ausdrückte – „die Menschen betrachtet wie ein chemisches Molekül oder einen Frosch oder ein Versuchskaninchen.“[96]

Täter und Opfer

Die eindeutigen Festlegungen des Hippokratischen Eides im Sinne eines Schutzes aller Schwachen vor Überwältigung und Missbrauch wurden durch die Ärzte Hitlerdeutschlands in das völlige Gegenteil verkehrt.[97] Denn ca. 350 unmittelbare ärztliche Verbrecher nahmen nachweislich in den Konzentrationslagern Auschwitz, Buchenwald, Dachau, Mauthausen, Natzweiler, Schirmbeck-Vorbruck, Neuengamme, Ravensbrück und Sachsenhausen grausame medizinische Versuche an Lebenden vor. Sie waren fast immer hoch angesehene Professoren in leitenden Stellen und oft SS-Angehörige meist hohen Ranges.

Zwanzig von ihnen wurden in jener Verhandlung angeklagt, die vom 9. Dezember 1946 bis zum 19. Juli 1947 vor dem I. Amerikanischen Militärgerichtshof stattfand und als „Nürnberger Ärzteprozess“ bezeichnet wird. Sie alle erklärten sich als „nicht schuldig im Sinne der Anklage“.[98] Einerseits stellten sie sich selbst als „Opfer des Systems“ dar und verwiesen auf den „Befehlsgehorsam“, andererseits gaben sie den Experimenten einen legalen Anstrich, indem sie behaupteten, diese wären sowieso „nur“ an Todeskandidaten verübt worden. Insgesamt kann man feststellen, dass die Angeklagten weitgehend frei von Unrechtsbewusstsein waren. Sie lebten in der Gewissheit, im Interesse der Nation gehandelt zu haben. Diese Mediziner waren besessen von Karrierestreben und Forscherdrang, der alles legitimieren sollte.[99] Nichtsdestoweniger wurden Ärzte nicht nur zu Handlangern von Regierung, Instituten und Konzernen, sondern sie übten unter dem Deckmantel der Wissenschaften auch ihren persönlichen Sadismus aus, wie z.B. Dr. Josef Mengele, der durch seine Zwillingsforschung in Auschwitz zu trauriger Berühmtheit gelangte, [100] da er „alle ärztlichen Untersuchungen durchführen [ließ], die man am lebenden Organismus durchführen kann.“[101]

Als „Versuchskaninchen“ kamen alle Personengruppen in Frage, die als „Gemeinschaftsfremde“ in den Konzentrationslagern zur Vernichtung vorgesehen waren. Das Geschlecht spielte dabei offensichtlich nur eine untergeordnete Rolle; so konnte z.B. SS-Obersturmführer Dr. Fischer auf die Frage im „Nürnberger Prozess“, ob der Gefangene, dessen Schulterblatt er entfernt hatte, ein Mann oder eine Frau gewesen war, nur folgende Antwort geben: „Das weiß ich nicht genau.“[102] Fast alle Versuche führte man ohne vorherige Information bzw. unter Zwang durch. Die Opfer wurden mit sadistischen Methoden, die keine Schmerzen vermieden, zu Tode „behandelt“ und operiert. Die wenigen Überlebenden wurden vergast oder hatten als Krüppel ihr ganzes Leben unter den physischen und psychischen Folgen jener Grausamkeiten zu leiden, von denen hier nur einige erwähnt werden sollen.[103]

c) Versuche zur effizienteren Unfruchtbarmachung

Zur praktischen Durchsetzung der „Rassenhygiene“ waren die Nationalsozialisten auf der Suche nach einer Methode, wodurch Männer und Frauen auch unbemerkt sterilisiert bzw. kastriert werden konnten und hofften einerseits auf ein medikamentöses Verfahren. Denn Dr. Madaus vom Biologischen Institut in Radebeul/Dresden hatte anhand von Tierexperimenten die Wirkung des Schweigrohrsaftes erprobt und dabei eine dauerhafte Unfruchtbarkeit konstatiert. Nachdem Reichsführer SS Heinrich Himmler sowohl von Dr. Adolf Pokorny als auch vom stellvertretenden Gauleiter in Niederdonau von diesem Experiment informiert worden war, sollte Dr. Madaus dazu überredet werden, seine Methode auch im Menschenversuch zu testen. Doch dieser zögerte die Vorversuche an Tieren absichtlich hinaus und ließ sie ergebnislos enden.[104]

Nebenbei legte SS-Oberführer Victor Brack in einem Brief vom Juni 1942 an Heinrich Himmler die vermeintlichen Vorzüge der Röntgensterilisation dar:

[...]


[1] Fangerau, Heiner: Etablierung eines rassenhygienischen Standardwerkes 1921-1941. Der Bauer-Fischer-Lenz im Spiegel der zeitgenössischen Rezensionsliteratur, Frankfurt a.M., 2001, S. 14.

[2] Zankl, Heinrich: Von der Vererbungslehre zur Rassenhygien, in: Henke, Klaus Dietmar (Hg.): Tödliche Medizin im Nationalsozialismus. Von der Rassenhygiene zum Massenmord (Schriften des Deutschen Hygiene- Museum Dresden, Band 7), Köln, 2008, S. 47.

[3] Ebd. S. 51-52.

[4] Kappeler, Manfred: Der schreckliche Traum vom vollkommenen Menschen. Rassenhygiene und Eugenik in der Sozialen Arbeit, Marburg, 2000, S. 134.

[5] Ebd. S. 135.

[6] Frieß, Michael: „Komm süßer Tod“ – Europa auf dem Weg zur Euthanasie. Zur theologischen Akzeptanz von assistiertem Suizid und aktiver Sterbehilfe, Stuttgart, 2008, S. 21.

[7] Fangerau, S. 26.

[8] Zankl, S. 54.

[9] Ebd. S 56-57.

[10] Fangerau, S. 29.

[11] Zankl, S. 58.

[12] Fangerau, S. 29- 30.

[13] Evans, Richard J.: Zwangssterilisierung, Krankenmord und Judenvernichtung im Nationalsozialismus: Ein Überblick, in: Henke, Klaus-Dietmar (Hg.): Tödliche Medizin im Nationalsozialismus. Von der Rassenhygiene zum Massenmord (Schriften des Deutschen Hygiene-Museum Dresden, Band 7), Köln, 2008, S. 32.

[14] Fangerau, S. 31.

[15] Evans, S. 33.

[16] Friedlander, Henry: Von der „Euthanasie“ zur „Endlösung“, in: Henke, Klaus-Dietmar (Hg.): Tödliche Medizin im Nationalsozialismus. Von der Rassenhygiene zum Massenmord (Schriften des Deutschen Hygiene- Museum Dresden, Band 7), Köln, 2008, S. 185.

[17] Ebd. S. 185.

[18] Fangerau, S. 34.

[19] Müller, Joachim: Sterilisation und Gesetzgebung bis 1933, Husum 1985, S. 105-106

[20] Hahn, Daphne: Modernisierung und Biopolitik. Sterilisation und Schwangerschaftsabbruch in Deutschland nach 1945, Frankfurt a. M., 2000, S.21.

[21] Gütt, Arthur/Rüdin, Ernst/Ruttke, Falk: Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses. Gesetz und Erläuterungen (zweite Auflage). München, 1936, S. 73.

[22] Hahn, S. 21.

[23] Müller, S. 21.

[24] Schwartz, Michael: Eugenik und „Euthanasie“: Die internationale Debatte und Praxis bis 1933/45, in: Henke, Klaus-Dietmar (Hg.): Tödliche Medizin im Nationalsozialismus. Von der Rassenhygiene zum Massenmord (Schriften des Deutschen Hygiene- Museum Dresden, Band 7), Köln, 2008, S. 69.

[25] Müller, S. 43.

[26] Ebd. S. 44.

[27] Bock, Gisela: Nationalsozialistische Sterilisationspolitik, in: Henke, Klaus-Dietmar (Hg.): Tödliche Medizin im Nationalsozialismus. Von der Rassenhygiene zum Massenmord (Schriften des Deutschen Hygiene- Museum Dresden, Band 7), Köln, 2008, S. 85-86.

[28] Müller, S. 53.

[29] Ebd. S. 111.

[30] Ebd. S. 111.

[31] Gütt, Arthur/Rüdin, Ernst/Ruttke, Falk, S. 74.

[32] Ebd. S. 230.

[33] Bock, S. 87-88.

[34] Bock, S. 91.

[35] Letellier, Phillipe: Geschichte und Definition eines Begriffs, in: Euthanasie Band 1 Ethische und menschliche Aspekte, Münster, 2005, S. 10.

[36] Ebd. S. 15.

[37] Frieß, S. 24.

[38] Bock, S. 89.

[39] Kaminsky, Uwe: Die NS-„Euthanasie“. Ein Forschungsüberblick, in: Medizin im Nationalsozialismus. Von der Rassenhygiene zum Massenmord (Schriften des Deutschen Hygiene- Museum Dresden, Band 7), Köln, 2008, S. 271.

[40] Ebd. S. 273-275.

[41] Friedlander, S. 198.

[42] Ebd. S. 199.

[43] Ebd. S. 201-202.

[44] Schwartz, S. 81.

[45] Kaminsky, S. 290.

[46] Bezeichnungen, die dem Wortschatz der Nationalsozialisten entstammen, wurden unter Anführungszeichen gesetzt. Denn bei Nicht-Kennzeichnung solcher menschenverachtender Begriffe besteht die Gefahr, dass sie unauffällig in unseren eigenen Sprachschatz einfließen und so womöglich noch einmal verbreitet werden.

[47] Vgl. Kammer, Hilde u. Elisabet Bartsch: Nationalsozialismus. Begriffe aus der Zeit der Gewaltherrschaft 1933-1945. Reinbek 1992, S. 133; Gutmann, Alfred: Die Medizin als Instrument des NS-Staates. Von der Zwangssterilisation zur „Euthanasie“ und das Konzentrationslager als Experimentierfeld der Medizin. Wien, Dipl. Arb. 1991, S. 18-20.

[48] Vgl. Neugebauer, Wolfgang: Das NS-Terrorsystem. In: NS-Herrschaft in Österreich 1938-1945. Hg. v. Emmerich Tálos, Ernst Hanisch u. Wolfgang Neugebauer. Wien 1988, S. 173; Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 133; Gutmann: Medizin, S. 22-24.

[49] Teubner, B. G.: Das Leben. Biologisches Unterrichtswerk für höhere Schulen. Leipzig/Berlin 1941, S. 287. Zit. n. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 19.

[50] Vgl. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 19.

[51] Vgl. ebenda, S. 86.

[52] Vgl. Benz, Wolfgang: Die Dimension des Völkermords. Einleitung. In: Dimension des Völkermords. Die Zahl der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. Hg. v. Wolfgang Benz. München 1991, S. 2; Mitscherlich, Alexander u. Fred Mielke: Medizin ohne Menschlichkeit. Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses. Frankfurt/Main 1978 (= Fischer TB. 2003), S. 222.

[53] Vgl. Roth, Karl Heinz: „Erbbiologische Bestandsaufnahme“ – ein Aspekt „ausmerzender“ Erfassung vor der Entfesselung des Zweiten Weltkrieges. In: Erfassung zur Vernichtung. Von der Sozialhygiene zum „Gesetz über Sterbehilfe“. Hg. v. Karl Heinz Roth. Berlin 1984, S. 58, 65.

[54] Vgl. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 60; Neugebauer: NS-Terrorsystem, S. 173.

[55] Vgl. Bastian, Till: Furchtbare Ärzte. Medizinische Verbrechen im Dritten Reich. München 1995, S. 21; Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 119; Roth: Bestandsaufnahme, S. 58, 68f.

[56] Rede v. 10.3.1940 in Berlin. In: Der Großdeutsche Freiheitskampf. Reden Adolf Hitlers. Bd. 1, S. 184. Zit. n. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 222.

[57] Goebbels, Joseph: Leitartikel vom 23. Juli 1928. In: Angriff, S. 224. Zit. n. Schoenbaum, D.: Die braune Revolution, S. 290. Zit. n. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 222.

[58] Vgl. Neugebauer: NS-Terrorsystem, S. 173; Mulley, Klaus-Dieter: Modernität oder Traditionalität? Überlegungen zum sozial-strukturellen Wandel in Österreich 1938-1945. In: NS-Herrschaft in Österreich 1938-1945. Hg. v. Emmerich Tálos, Ernst Hanisch u. Wolfgang Neugebauer. Wien 1988, S. 42.

[59] Vgl. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 21, 224.

[60] Vgl. Roth: Bestandsaufnahme, S. 69f.

[61] Vgl. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 89, 111.

[62] Vgl. Mulley: Wandel, S. 30, 42.

[63] Vgl. Berger, Karin: „Hut ab vor Frau Sedlmayer!“ Zur Militarisierung und Ausbeutung der Arbeit von Frauen im nationalsozialistischen Österreich. In: NS-Herrschaft in Österreich 1938- 1945. Hg. v. Emmerich Tálos, Ernst Hanisch u. Wolfgang Neugebauer. Wien 1988, S. 141.

[64] Vgl. ebenda, S. 154-157.

[65] Vgl. ebenda, S. 142-145.

[66] Vgl. Berger: Frauen, S. 141, 152f.

[67] Interview Jur.1/2. Zit. n. Berger: Frauen, S. 149.

[68] Vgl. Berger: Frauen, S. 146-150; Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 130.

[69] Meyers Lexikon. Bd. 6. 1939, Sp. 1093. Zit. n. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 53.

[70] Vgl. Berger: Frauen, S. 158.

[71] Vgl. Tálos, Emmerich: Sozialpolitik 1938 bis 1945. Versprechungen – Erwartungen – Realisationen. In: NS-Herrschaft in Österreich 1938-1945. Hg. v. Emmerich Tálos, Ernst Hanisch u. Wolfgang Neugebauer. Wien 1988, S. 130-133.

[72] Vgl. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 16f.

[73] Vgl. ebenda, S. 49f; Tálos: Sozialpolitik, S. 131.

[74] Vgl. Neugebauer: NS-Terrorsystem, S. 172; Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 67.

[75] Vgl. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 68.

[76] Vgl. Neugebauer: NS-Terrorsystem, S. 172.

[77] Anatomie des Krieges. Berlin (DDR) 1969, S. 393f. Zit. n. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 68.

[78] Vgl. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 69.

[79] Vgl. Neugebauer: NS-Terrorsystem, S. 172f.

[80] Vgl. Freund, Florian u. Bertrand Perz: Industrialisierung durch Zwangsarbeit. In: NS-Herrschaft in Österreich 1938-1945. Hg. v. Emmerich Tálos, Ernst Hanisch u. Wolfgang Neugebauer. Wien 1988, S. 109.

[81] Vgl. ebenda, S. 98, 110f.; Neugebauer: NS-Terrorsystem, S. 172.

[82] Vgl. Roth: Bestandsaufnahme, S. 58.

[83] Zit. n. Roth: Bestandsaufnahme, S. 58.

[84] Vgl. ebenda, S. 58f, 64.

[85] Vgl. Neugebauer: NS-Terrorsystem, S. 173; Bastian: Ärzte, S. 45f.

[86] Hitler, Adolf: Mein Kampf, S. 446f. Zit. n. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 60.

[87] Vgl. Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 61; Roth: Bestandsaufnahme, S. 80-83; Bastian: Ärzte, S. 47f.

[88] Vgl. Neugebauer: NS-Terrorsystem, S.173; Roth: Bestandsaufnahme, S. 75; Bastian: Ärzte, S. 47.

[89] Vgl. Neugebauer: NS-Terrorsystem, S. 174.

[90] Vgl. ebenda; Roth, Karl Heinz u. Götz Aly: Das „Gesetz über die Sterbehilfe bei unheilbar Kranken“. Protokolle der Diskussion über die Legalisierung der nationalsozialistischen Anstaltsmorde in den Jahren 1938-1941. In: Erfassung zur Vernichtung. Von der Sozialhygiene zum „Gesetz über Sterbehilfe“. Hg. v. Karl Heinz Roth. Berlin 1984, S. 102.

[91] Hier stellt sich die Frage, welche Auswirkungen eine gesetzliche Verankerung der Tötung gehabt hätte.

[92] Vgl. Neugebauer: NS-Terrorsystem, S. 174; Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 63f.; Bastian: Ärzte, S. 49-51.

[93] Vgl. Neugebauer: NS-Terrorsystem, S. 175; Kammer/Bartsch: Nationalsozialismus, S. 64f.; Bastian: Ärzte, S. 54-66; Roth/Aly: Anstaltsmorde, S. 102.

[94] Vgl. Roth/Aly: Anstaltsmorde, S. 102f.

[95] Vgl. Winau, Rolf: Medizin und Menschenversuch. Zur Geschichte des „informed consent“. In: Medizin und Ethik im Zeichen von Auschwitz. 50 Jahre Nürnberger Ärzteprozeß. Hg. v. Claudia Wiesemann u. Andreas Frewer, S. 14-20, 24; Bastian: Ärzte, S. 72; Mitscherlich/Mielke: Menschlichkeit, S. 106.

[96] von Weizsäcker, Viktor: Euthanasie und Menschenversuche. Psyche 1. 1947, S. 102. Zit. n. Baader, Gerhard: Opfer der Medizin im Nationalsozialismus. Herausforderung für eine halachisch orientierte Medizinethik? In: Medizin und Ethik im Zeichen von Auschwitz. 50 Jahre Nürnberger Ärzteprozeß. Hg. v. Claudia Wiesemann u. Andreas Frewer , S. 82.

[97] Vgl. Bastian: Ärzte, S. 13.

[98] Vgl. ebenda, S. 9, 91-94; Baader: Medizinethik, S. 79f.; Gutmann: Medizin, S. 12.

[99] Vgl. Bastian: Ärzte, S. 13, 17; Baader: Medizinethik, S. 81; Gutmann: Medizin, S. 14f.

[100] Vgl. Bastian: Ärzte, S. 82; Gutmann: Medizin, S. 2.

[101] Czech, Danuta: Die Rolle des Häftlingskrankenbaulagers im Konzentrationslager Auschwitz II. In: Hefte von Auschwitz 15, 1975, S. 58. Zit. n. Gutmann: Medizin, S. 203.

[102] Prot. S. 4401. Zit. n. Mitscherlich/Mielke: Menschlichkeit, S. 156.

[103] Vgl. Bastian: Ärzte, S. 8; Baader: Medizinethik, S. 79; Gutmann: Medizin, S. 13 u. 15.

[104] Vgl. Gutmann: Medizin, S. 154; Mitscherlich/Mielke: Menschlichkeit, S. 237-240.

Ende der Leseprobe aus 206 Seiten

Details

Titel
Rassenhygiene und Euthanasie im Dritten Reich
Autoren
Jahr
2014
Seiten
206
Katalognummer
V270218
ISBN (eBook)
9783656610441
ISBN (Buch)
9783956871368
Dateigröße
2202 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rassenhygiene, Euthanasie, Drittes Reich, Sozialdarwinismus, Humanexperimente, Menschenexperimente, Zwangssterilisation, Aktion T4, Nationalsozialismus
Arbeit zitieren
Christopher Schöne (Autor:in)Marion Luger (Autor:in)Nina Krull (Autor:in), 2014, Rassenhygiene und Euthanasie im Dritten Reich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270218

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