Die Luxemburger Deklaration in der Anwendung

Eine Analyse anhand ausgezeichneter Unternehmen


Masterarbeit, 2013

129 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danksagung

1 Einleitung und Problemstellung

2 Zielsetzung

3 Gegenwärtiger Kenntnisstand
3.1 Geschichte der Gesundheitsförderung
3.2 Die Gesundheitsförderung in Europa
3.3 Die Gesundheitsförderung in Deutschland
3.4 Qualitätsstandards in der Gesundheitsförderung aus Sicht der betrieblichen Gesundheitsförderung
3.4.1 Die Qualitätskriterien nach §20a SGB V
3.4.2 Die Qualitätskriterien nach DIN SPEC
3.5 Die Luxemburger Deklaration und ihre Qualitätskriterien

4 Methodik
4.1 Forschungskonzept
4.1.1 Forschungsfrage
4.1.2 Untersuchungshypothese
4.2 Der Untersuchungsablauf
4.3 Der Fragebogen als Befragungs- und Erhebungsinstrument
4.3.1 Theoretische Grundlagen
4.3.2 Vorstellung des eingesetzten Fragebogens
4.3.3 Der Pre-Test des Fragebogens
4.4 Vorstellung der befragten Unternehmen
4.5 Durchführung der Messung
4.6 Datenauswertung
4.6.1 Deskriptive Analyse
4.6.2 Testgütekriterien
4.6.3 Der Hypothesentest und die Signifikanzprüfung

5 Ergebnisse
5.1 Fragen zur Umsetzung der betrieblichen Gesundheitsförderung bzw. dem betrieblichen Gesundheitsmanagement
5.2 Fragen zur Planung der betrieblichen Gesundheitsförderung bzw. dem betrieblichen Gesundheitsmanagement
5.3 Fragen zum Personalwesen und zur Arbeitsorganisation
5.4 Allgemeine Fragen
5.5 Ergebnisse Hypothesentest und Signifikanz

6 Diskussion
6.1 Erläuterungen und Interpretation der Ergebnisse
6.1.1 Fragen zur Umsetzung der betrieblichen Gesundheitsförderung bzw. dem betrieblichen Gesundheitsmanagement
6.1.2 Fragen zur Planung der betrieblichen Gesundheitsförderung bzw. dem betrieblichen Gesundheitsmanagement
6.1.3 Fragen zum Personalwesen und zur Arbeitsorganisation
6.1.4 Allgemeine Fragen
6.2 Mögliche Ableitungen der Ergebnisse
6.3 Weiterführende Forschungsfragen
6.4 Kritische Reflektion der eigenen Vorgehensweise
6.5 Ausblick
6.6 Grenzen der Thesis

7 Zusammenfassung

8 Literaturverzeichnis

9 Abbildungs-, Tabellen- und Abkürzungsverzeichnis
9.1 Abbildungsverzeichnis
9.2 Tabellenverzeichnis
9.3 Abkürzungsverzeichnis

Anhang

Danksagung

Ich denke, es ist an der Zeit, mich bei allen Menschen zu bedanken, die mich sowohl in den letzten Jahren und auch bei der Erstellung dieser Abschlussarbeit unterstützt haben.

Allen voran bedanke ich mich bei meinem betreuenden Dozenten, Prof. Dr. Bernhard Allmann, den ich bereits seit meinen Lehrgängen bei der BSA-Akademie kenne und der mich während meines gesamten Bachelor- und auch Master-Studiums in verschiedenen Präsenzphasen unterstützt und motiviert hat.

Ein besonderer Dank geht an meinen ehemaligen Chef, Thomas Johannpeter, vom Fitness-Studio aktivita in Hamm. Ohne ihn, seine Unterstützung und seinen Zuspruch in den letzten 6,5 Jahren, wäre ich wohl nicht soweit gekommen! Ein Dank geht auch an meine „neuen“ Chefs hier in Berlin: Sascha Ballach und Odilia Wegener von der „power gesund GmbH“. Sie haben mir in den letzten Monaten ermöglicht, meine Arbeitszeit so zu gestalten, dass ich nebenher diese Thesis schreiben konnte, ohne übermäßig viele Nachtschichten schieben zu müssen.

Ein besonderer Dank geht auch an Thomas Reimann (reimedia GmbH Hamm), der mir seine Homepage und seine technischen Möglichkeiten zur Verfügung gestellt hat, um meine Befragung online stellen zu können!

Ein ganz großer und persönlicher Dank geht an meine Eltern und an meine beste Freundin Alex, die mich in den letzten Jahren auf meinem Weg begleitet, mich immer wieder motiviert und meine Launen ertragen haben! Darüber hinaus danke ich noch einem ganz besonderen Menschen, der es in den letzten Monaten verstanden hat, mir immer dann in den Allerwertesten zu treten und mich zu motivieren, wenn ich kurz davor war, das Projekt "Master Thesis" sterben zu lassen – wenn auch die eingesetzten Mittel nicht immer nett waren.

Danken möchte ich auch meinen beiden Kommilitoninnen Verena und Vera. Wir sind meiner Einschätzung nach in unserer gemeinsamen Master-Zeit wirklich ein tolles Team und gute Freunde geworden. Danke auch an die fleißigen Helfer Caro Tusk und Inga Böttcher, die mich bei der Endkorrektur dieser Arbeit unterstützt haben!

Ich hoffe, dass ich hier niemanden vergessen habe. Falls doch, bitte ich euch, mir das zu verzeihen!

1 Einleitung und Problemstellung

„Gesundheit lässt sich nicht kaufen, aber sehr gut verkaufen.“

(Kocher, o. J.)

1948 wurde die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf (Schweiz) als internationale Organisation der Vereinten Nationen (UN) gegründet. Dies ist als erster großer Schritt für die Entwicklung der Gesundheitsförderung einzuschätzen. Nach und nach folgten weitere Konferenzen und Versammlungen, die der Entwicklung der Gesundheitsförderung dienten. Bedeutende Konferenzen waren hier die Konferenzen von Alma-Ata (1978), Ottawa (1986), Adelaide (1988), Sundsvall (1991), Jakata (1997), Mexiko Stadt (2000) und Bangkok (2005).

Bereits ein kurzer Blick in die Geschichte der Gesundheitsförderung zeigt, dass das häufig als selbstverständlich erachtete Thema Gesundheit eine wichtige und schwierige Aufgabe für Politik und Gesellschaft darstellt. Schon eine einheitliche, allgemeingültige Definition der Begriffe „Gesundheit“ und „Gesundheitsförderung“ erweist sich als schwierig. Nach ursprünglich sehr unkonkreten Vorstellungen und Definitionen, wurden über die letzten Jahrzehnte diese durch Erfahrungen und Weiterentwicklungen nun genauer benannt und konkretisiert.

Heute zeigen sich neben dem individuellen Ansatz der Gesundheitsförderungen auch verstärkt Bemühungen, Gesundheitsförderung in so genannten Settings voranzutreiben. Insgesamt gesehen findet das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) großen Zuspruch. „Gerade in den letzten zwei bis drei Jahren ist der Anteil der Firmen, die BGM durchführen, spürbar größer geworden (…)“ (Walle, 2012, S. 68).

Mit der Luxemburger Deklaration wurde 1997 (Aktualisierung 2007) von der Europäischen Union eine Erklärung zur Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) verfasst und somit eine einheitliche Vorstellung niedergeschrieben, welche Kriterien Gesundheit im Betrieb ausmachen.

„Seit einigen Jahren kann BGF als etabliertes Instrument zur Reduktion von Arbeitsbelastungen und zur Stärkung von Gesundheitsressourcen am Arbeitsplatz betrachtet werden“ (Goldgruber, 2012, S. 9). Dies führt dazu, dass immer mehr Anbieter – unter anderem die Krankenkassen – versuchen, Unternehmen dahingehend zu motivieren, in BGF bzw. Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) zu investieren. Als Verstärker für ihre Bemühungen setzen sie häufig auf so genannte Best-Practice-Konzepte. So beschäftigt sich zum Beispiel die Techniker Krankenkasse in einer hauseigenen Broschüre detailliert mit diesem Thema. Unter dem Titel „BGM-Dialog – Erfolge sichtbar machen“ werden hier Beispiele für Projekte vorgestellt (Techniker Krankenkasse, 2010, S.1 ff). Ähnliche Broschüren oder Preise lassen sich unter anderem bei der AOK, der Handelskammer Hamburg und den Betriebskrankenkassen finden.

„Best-Practice-Preise“ - das hört sich nach BGM-Konzepten auf höchstem Niveau an. Glaubt man jedoch Goldgruber (2012, S.1), so „zeigt ein schlichter Blick in die Praxis, dass die Realisierung der BGF in ihrer Idealform nicht weniger aber auch nicht mehr als ein visionäres Ziel zu bleiben scheint“. Daraus ableitend stellen sich nun die Fragen: Wie gut – und vor allem – wie nachhaltig sind diese Konzepte wirklich? Kennen diese Unternehmen die Luxemburger Deklaration überhaupt? Inwiefern erfüllen sie die (Mindest-)Ansprüche, die in der „Luxemburger Deklaration“ an ein BGM gestellt werden? Haben diese Praxisbeispiele wirklich einen richtungsweisenden Charakter und können anderen Unternehmen als Vorbild dienen? Diese Fragestellungen sollen in dieser Master-Thesis genauer untersucht werden. In dieser Arbeit sollen die ausgewählten Best-Practice-Unternehmen auf Einhaltung der Kriterien der Luxemburger Deklaration überprüft werden.

2 Zielsetzung

Hauptziel der Master-Thesis ist es, Best-Practice-Modelle von BGM im Hinblick auf die Einhaltung der Luxemburger Deklarationskriterien hin zu überprüfen.

Aus der beschriebenen Zielsetzung ergibt sich für diese Arbeit folgende Forschungsfrage: Kennen und wenden die "Best Practice Unternehmen" die Qualitätskriterien der Luxemburger Deklaration im betrieblichen Gesundheitsmanagement an?

In Kapitel 3 dieser Arbeit soll jedoch zunächst der gegenwärtige Kenntnisstand anhand folgender Punkte aufgezeigt werden:

- Geschichte der Gesundheitsförderung
- Qualitätsstandards in der Gesundheitsförderung
- Die Luxemburger Deklaration
- Qualitätskriterien der Luxemburger Deklaration

Insgesamt umfasst die Luxemburger Deklaration sechs Schwerpunkte bzw. Hauptkriterien, die die Qualität eines BGF sichern sollen (siehe Kapitel 3.3). Alle Kriterien zu überprüfen würde jedoch den Umfang dieser Master-Thesis überschreiten. So werden mit Hilfe einer schriftlichen Befragung folgende Kriterien in den Best-Practice-Unternehmen hinterfragt:

1. Personalwesen und Arbeitsorganisation
2. Planung betrieblicher Gesundheitsförderung
3. Umsetzung betrieblicher Gesundheitsförderung

Anschließend wird im Kapitel 4 die Methodik bzw. Vorgehensweise anhand folgender Punkte näher erläutert:

- Der Fragebogen als Befragungsinstrument
- Vorstellung der betrachteten Teilsaspekte des Fragebogens
- Vorstellung der befragten Unternehmen
- Durchführung der Messung
- Vorstellung der Auswertungsmethode.

Da bisher keine Befragung im Bezug auf die Einhaltung der Luxemburger Deklaration bekannt ist, können keine Vergleichswerte ermittelt bzw. benannt werden. Der hier eingesetzte Fragebogen wird daher durch die Verfasserin dieser Arbeit entwickelt - lehnt sich aber an die Qualitätskriterien der Luxemburger Deklaration und einen in diesem Zusammenhang durch die Arbeitsgemeinschaft entwickelten Selbsteinschätzungsbogen an. Detailliert wird hierauf im Kapitel 4 (Methodik) eingegangen.

In Kapitel 5 werden die Ergebnisse dargestellt. Abschließend wird in Kapitel 6 eine Diskussion zu dieser Arbeit vorgenommen.

3 Gegenwärtiger Kenntnisstand

„Es gibt tausend Krankheiten, aber nur eine Gesundheit.“

(Börne, o. J.)

3.1 Geschichte der Gesundheitsförderung

Wie bereits in Kapitel 1 dieser Arbeit erwähnt, wurde die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 1948 in Genf (Schweiz) als internationale Organisation der Vereinten Nationen (UN) gegründet. Dies ist als erster großer Schritt für die Entwicklung der Gesundheitsförderung einzuschätzen. Aktuell gehören 194 Mitgliedsstaaten der WHO an (Weltgesundheitsorganisation, Regionalbüro Europa, 2012). Damit „ist die WHO federführend in globalen Gesundheitsfragen und in der Gestaltung der Forschungsagenda für Gesundheit, im Aufstellen von Normen und Standards und in der Formulierung evidenzbasierter Grundsatzoptionen“ (Weltgesundheitsorganisation, Regionalbüro Europa, 2012). Folgende Dienstleistungen erbringt die WHO für ihre Mitgliedsstaaten (Weltgesundheitsorganisation, Regionalbüro Europa, 2012):

- Fachliche Unterstützung
- Überwachung und Bewertung gesundheitlicher Entwicklung
- Unterstützung medizinischer Forschung
- Soforthilfe bei Katastrophen.

Das erklärte Ziel der Organisation ist es, "allen Völkern bestmögliche Gesundheit zu ermöglichen" (Siebert & Hartmann, 2010, S. 2). Daraus ergeben sich Unterziele, wie eine weltweit bessere Ernährungssituation, Verbesserung der Wohn- und Arbeitsbedingungen und Verbesserung der sanitären Verhältnisse (Weltgesundheitsorganisation, Regionalbüro Europa, 2012). Die Arbeit der WHO hat ermöglicht, dass das Recht auf Gesundheit heute als ein Grundrecht der Menschen angesehen wird, auch wenn die Umschreibung der Gesundheit als "Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens" (Siebert & Hartmann, 2010, S. 4) aus dem Jahr 1946 eher als nicht erreichbar einzustufen ist.

Bei ihrer Arbeit sieht sich die WHO mit stetig wachsender Herausforderungen konfrontiert. Hierzu zählen (Weltgesundheitsorganisation, Regionalbüro Europa, 2012):

- Eine zunehmende Komplexität in den Themengebieten, da sich Gesundheitspolitik heute weniger deutlich von anderen Bereichen trennen lässt
- Gesundheitspolitik berührt heute auch Bereiche, die Auswirkungen auf gesundheitliche Chancen und Ergebnisse haben können
- Ein sich rapide veränderndes Umfeld.

Die von der WHO aufgestellte Agenda weißt daher sechs Punkte auf (Weltgesundheitsorganisation, Regionalbüro Europa, 2012):

- zwei gesundheitliche Ziele:
- Förderung der Entwicklung
- Förderung der Gesundheitssicherheit

- zwei strategische Bedürfnisse:
- Stärkung der Gesundheitssysteme
- Nutzbarmachung von Forschungsergebnissen, -daten und Erkenntnissen

- zwei operative Ansätze:
- Ausweitung der Partnerschaften
- Verbesserung der Leistung.

Seit der Gründung der WHO folgten nach und nach Konferenzen und Versammlungen, die der Entwicklung der Gesundheitsförderung dienten. Die folgende Tabelle 1 stellt einige, wichtige mit ihren Inhalten/Zielen kurz vor (Siebert & Hartmann, 2010, S. 4 ff).

Tab. 1: Konferenzen und Versammlungen (Siebert & Hartmann, 2010, S. 4 ff)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bereits dieser kurze Abriss aus der Geschichte der Gesundheitsförderung zeigt, dass das häufig als selbstverständlich erachtete Thema Gesundheit eine wichtige und schwierige Aufgabe für Politik und Gesellschaft darstellt. Schon eine einheitliche, allgemeingültige Definition der Begriffe „Gesundheit“ und „Gesundheitsförderung“ erweist sich als schwierig. Nach ursprünglich sehr ungenauen Vorstellungen und Definitionen, wurden über die letzten Jahrzehnte diese durch Erfahrungen und Weiterentwicklungen nun genauer benannt und konkretisiert.

Der geschichtliche Abriss über die Geschichte der globalen Gesundheitsförderung zeigt, dass die handelnden Akteure die Wichtigkeit des Themas für die Verbesserung des Gesundheitszustandes der Menschen erkannt haben und entsprechend agieren, um dieses Ziel zu erreichen. Trotz allen Bemühungen liegt noch viel Arbeit vor den Akteuren – so ist beispielsweise die Finanzierung der festgelegten Ziele nicht gegeben. Auch fehlt es an optimierten Strategien, da wissenschaftliche Erkenntnisse zur Effizienz bevölkerungsbezogener Maßnahmen nicht ausreichend vorhanden sind (Weinbrenner et al., 2007, S.1).

3.2 Die Gesundheitsförderung in Europa

Steigende Gesundheitskosten haben dafür gesorgt, dass die Gesundheitsförderung/Prävention auch die Politik immer mehr beschäftigt. So arbeiten sowohl die Europäische Union (EU) als auch die politischen Gremien der einzelnen Mitgliedsstaaten an dem Thema. Die Verbesserung des Gesundheitszustandes der Menschen bildet den Fokus der Maßnahmen. Europa steht dabei, was die medizinische Versorgung der Bevölkerung angeht, an der Spitze im weltweiten Vergleich (Weinbrenner et al., 2007, S. 19). „Dennoch bleibt noch viel zu tun. Die Finanzierung von Gesundheitsförderung und Prävention ist hinsichtlich der gesteckten Ziele noch völlig unzureichend“ (Weinbrenner et al., 2007, S. 19). Neben der Knappheit an finanziellen Ressourcen bestimmen chronische Erkrankungen und die immer älter werdende Bevölkerung die „gesundheitspolitische Problemlage“ (Weinbrenner et al., 2007, S. 20).

Trotz der im weltweiten Vergleich guten medizinischen Versorgung der Europäer lassen sich doch innerhalb der Länder starke Unterschiede feststellen. Dies lässt sich am ehesten an der unterschiedlichen Lebenserwartung einzelner Bevölkerungen bzw. Bevölkerungsgruppen festmachen (Weinbrenner et al., 2007, S. 19). So lässt sich beispielsweise ein West-Ost-Gefälle ausmachen, welches durch die Osterweiterung noch weiter verstärkt wurde (Weinbrenner et al., 2007, S. 20). Frauen haben in Schweden eine durchschnittliche Lebenserwartung von 83 Jahren – in Rumänien sind es sieben Jahre weniger, also 76 Jahre. Bei den Männern ergeben sich sogar 10 Jahre Unterschied in der durchschnittlichen Lebenserwartung. So werden Männer in Schweden durchschnittlich 78 Jahre alt – in Rumänien 68 Jahre (Weinbrenner et al., 2007, S. 20).

Auf Basis von mehreren Kernzielen, die in den 90iger Jahren durch die EU festgelegt wurden, arbeitete die politische Führung in Europa an diversen Konzepten und Strategien. Im Jahr 2005 wurde das Aktionsprogramm der europäischen Gemeinschaft in den Bereichen Gesundheit und Verbraucherschutz verabschiedet. Dieses Programm löste alle vorherigen Programme ab – die vorherigen Ziele wurden wieder aufgegriffen. Jedoch werden seit dem die Gesundheitsdeterminanten (Alter, Geschlecht, genetische Faktoren, individueller Lebensziel, Soziale und gesellschaftliche Netzwerke, Lebens- und Arbeitsbedingungen und allgemeine sozioökonomische, kulturelle und Umweltbedingungen) stärker berücksichtigt und in den Mittelpunkt gerückt. Im Rahmen dieses Aktionsprogramms wurden drei zentrale Ziele festgelegt (Weinbrenner et al., 2007, S. 23):

- „Besserer Gesundheitsschutz für die Bürger“ (Weinbrenner et al., 2007, S. 23)
- „Gesundheitsförderung zur Steigerung von Wohlstand und Solidarität“ (Weinbrenner et al., 2007, S. 23)
- „Schaffung und Verarbeitung von Wissen zu Gesundheitsfragen“ (Weinbrenner et al., 2007, S. 23).

Auf Basis dieser Ziele wird eine neue Gesundheitsstrategie diskutiert mit den Schwerpunkten „Gesundheitsschutz und Verbesserung der Gesundheit“ sowie „Gesundheit in allen Politikbereichen“. Bei dem zuletzt genannten Projekt geht es um die Betrachtung von Gesundheitsfragen auf verschiedenen politischen Ebenen: sowohl auf supranationaler Ebene, als auch auf nationaler und regionaler Ebene werden hier verschiedene Akteure einbezogen. (Weinbrenner et al., 2007, S. 23)

Ebenfalls 2005 gründete die EU das Europäische Public-Health-Institut – welches in Luxemburg ansässig ist – mit dem Ziel der Effizienzsteigerung. Zusätzlich soll das Institut die Mitgliedsstaaten in ihren Anstrengungen logistisch, wissenschaftlich und technisch unterstützen, die europäischen Gesundheitsziele umzusetzen (Weinbrenner et al., 2007, S. 24).

Alle Maßnahmen der EU haben dazu geführt, dass in den meisten europäischen Staaten die Gesundheitsförderung fokussiert wurde und Reformmaßnahmen ergriffen und Strategien entwickelt wurden. Alle Länder – außer Griechenland – haben „Policy Papiere oder Programme verabschiedet oder sogar Gesetze zur Gesundheitsförderung erlassen“ (Weinbrenner et al., 2007, S. 24). In Deutschland gibt es beispielsweise ein Präventionsgesetz, England hat ein Programm mit dem Titel „Choosing Health. Making Healthy Choices Easier“ und Finnland das Programm „Öffentliche Gesundheit 2015“ aufgelegt. Darüber hinaus gibt es Beispiele aus Frankreich, Holland, Schweden und Dänemark (Weinbrenner et al., 2007, S. 24). Aktuell verfügen fast alle Länder über gesetzliche Grundlagen bzw. nationale Strategien. Die Gründe hierfür sind nicht einheitlich. Auf der einen Seite haben Länder – wie z. B. die Niederlande - festgestellt, dass sie im Bezug auf die durchschnittliche Lebenserwartung hinter her hinken oder dass sich Unterschiede bei den Gesundheitschancen einzelner Bevölkerungsgruppen ergeben haben – so geschehen beispielsweise in Dänemark, Schweden und Finnland (Weinbrenner et al., 2007, S. 24).

Zur Überwachung der Maßnahmen zur Gesundheitsförderung bedient sich die EU beispielsweise den nationalen Gesundheitsministerien und evt. das Bildungsministerium und lässt dieses die Aufsichtsfunktion zukommen (Weinbrenner et al., 2007, S. 24).

Wie zu Beginn dieses Kapitels bereits erwähnt, gibt es in der Gesundheitsförderung ein West-Ost-Gefälle bzgl. der Qualität der Umsetzung. In Ländern wie z.B. Dänemark, Finnland, Schweden, Großbritannien, Österreich und Niederlande scheinen die Gesundheitsförderungsstrategien sehr fortgeschritten zu sein. Programme sind hier fest etabliert und unterliegen einer regelmäßigen Überarbeitung. Darüber hinaus gibt es Länder – dazu zählen u.a. Deutschland, Frankreich, Irland und Luxemburg – in denen aktuell vermehrte Bemühungen erkennbar werden, Strategien zur Gesundheitsförderung auf den Weg zu bringen. Dabei ergeben sich die Projektinhalte in der Regel aus den nationalen Gesundheitszielen, wie z.B. Bewegung, Ernährung, Tabakentwöhnung oder psychische Gesundheit. Allerdings gibt es auch Länder, die auf dem Stand der neunziger Jahre stehen geblieben sind und nur in Teilen erste Ansätze für die Fokussierung der Gesundheitsförderung erkennen lassen – wie z.B. in Griechenland, Italien und Spanien (Weinbrenner et al., 2007, S. 25).

In den Ländern, in denen es gesetzliche Krankenversicherung gibt- Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Österreich und Schweiz - gibt es allerdings keine einheitliche Rolle dieser Institutionen in der Gesundheitsförderung. Dies liegt an den unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Aufgaben der jeweiligen Versicherungen. Zudem werden in den Ländern die Zuständigkeiten für die Gesundheitsförderung individuell und sehr unterschiedlich geregelt (Weinbrenner et al., 2007, S. 25).

Was in fast allen Ländern gleich ist, ist die Finanzierung der Maßnahmen aus Steuergeldern – auch dort, wo Sozialversicherungsmodelle bestehen. Die Verteilung der Kosten auf Staat und Sozialversicherungen ist allerdings wieder individuell geregelt. Vergleicht man jedoch die Ausgaben der Gesundheitsförderung mit den Ausgaben der kurativen Medizin, so zeigt sich ganz deutlich, dass die Gesundheitsförderung weiterhin eine untergeordnete Rolle spielt. So lag der Anteil der Ausgaben der Gesundheitsförderung im Jahr 2003 im Verhältnis zu den gesamten Ausgaben bei einem bis knapp 5 Prozent. In Deutschland lag der Anteil in 2003 bei 4,71% - nach den Niederlanden mit 5,17% der Topwert. Den geringsten Wert wiesen Dänemark (0,48%), Luxemburg (0,60%) und Italien (0,61%) auf (Weinbrenner et al., 2007, S. 26).

Damit die investierten Gelder nicht verpuffen, werden die Maßnahmen/Projekte einer Qualitätssicherung und Evaluation unterzogen. Die gestellten Anforderungen sind nach und nach gestiegen und steigen immer weiter – besonders von den Institutionen, die Fördergelder zur Verfügung stellen. Evaluiert wird auf den verschiedenen Projektstufen. Während des Prozesses greifen immer häufiger Prozessevaluationsmaßnahmen, um Schwachstellen aufzudecken – aber auch Outcome-Parameter werden immer häufiger in die Bewertung von Maßnahmen herangezogen. Ziel ist es, die Angebote weiter zu verbessern (Weinbrenner et al., 2007, S. 27). In fast allen Ländern gibt es Qualitätsanforderungen, welche die geplanten Projekte erfüllen müssen. „Konkrete Daten über die Effektivität und Effizienz von Maßnahmen zur Gesundheitsförderung im Sinne der Identifizierung von „best practice“ liegen bisher nur vereinzelt vor“ (Weinbrenner et al., 2007, S. 27).

3.3 Die Gesundheitsförderung in Deutschland

Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln die Gesundheitsförderung auf internationaler und europäischer Ebene beleuchtet wurden, soll in diesem Kapitel die Gesundheitsförderung in Deutschland näher betrachtet werden.

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass in Deutschland eine Reihe von Institutionen und Organisationen mit der Prävention und Gesundheitsförderung befasst sind. Anhand der folgende Abbildung 1 lässt sich dies auch belegen (Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen, 2002, S. 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Einrichtung und Strukturen der Prävention und Gesundheitsförderung auf Bun desebene, Landesebene und kommunaler Ebene (Walter & Schwartz, 2001, S. 25)

Neben staatlichen Stellen (z. B. die zuständigen Ministerien bis hin zu den örtlichen Gesundheitsämtern) kümmern sich öffentlich-rechtliche Körperschaften (Verbände, Genossenschaften bis hin zu den Krankenkassen und Medizinern), aber auch freie Träger (Dachverbände von Selbsthilfegruppen, überregionale und regionale Verbraucherzentralen, etc.) auf allen drei Ebenen (Bund, Land und Kommune) um das Thema Gesundheit. Trotz der Vielzahl an genannten Einrichtungen in der Abbildung ist diese "insbesondere um das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung einschließlich seiner nachgeordneten Behörden sowie die Rentenversicherungsträger zu ergänzen“ (Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen, 2002, S. 4f). Somit entsteht ein großes Geflecht an Beteiligten mit unterschiedlichen Aufgaben - eine Vernetzung der Akteure findet bisher jedoch nur in Ausnahmefällen statt (Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen, 2002, S. 4f). Diese fehlende Vernetzung zeigt sich beispielsweise daran, dass die Bundesregierung zwar Gesundheitsziele formuliert hat - diese jedoch keinen normativen Charakter haben und sich daher einige Bundesländer (z.B. Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Berlin) mit der Formulierung von (eigenen) Gesundheitszielen befasst haben (Weinbrenner et al., 2007, S. 25).

Um dies zu verbessern hat das Bundesministerium für Gesundheit im Jahr 2000 mit den Ländern ein Projekt gestartet, um die nationalen Gesundheitsziele festzulegen. Das Modellprojekt (Forum gesundheitsziele.de) wurde durch die Gesellschaft für Versicherungswissen und -gestaltung e.V. beauftragt. Aus den Ergebnissen wurden dann sechs nationale Gesundheitsziele entwickelt und deren Umsetzung in Angriff genommen (Bundesministerium für Gesundheit, 2013b).

Aktuell werden von den Akteuren sieben Gesundheitsziele für Deutschland benannt (Bundesministerium für Gesundheit, 2013b):

1. Diabetes mellitus Typ 2: Erkrankungsrisiko senken, Erkrankte früh erkennen und behandeln
2. Brustkrebs: Mortalität vermindern, Lebensqualität erhöhen
3. Tabakkonsum reduzieren
4. Gesund aufwachsen: Lebenskompetenz, Bewegung, Ernährung
5. Gesundheitliche Kompetenz erhöhen, Patient(inn)ensouveränität stärken
6. Depressive Erkrankungen: verhindern, früh erkennen, nachhaltig behandeln
7. Gesund älter werden.

Zu den Gesundheitszielen wurden und werden weiterhin Ziele, Teilziele und Maßnahmen entwickelt (Bundesministerium für Gesundheit, 2013b).

Dass das Thema in Deutschland immer mehr in den Fokus gerückt wird und auf großes Interesse stößt, lässt sich primär an folgenden Problemen festmachen (Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen, 2002, S. 5f):

- demographische Herausforderungen (Erhöhung des Altersquotienten von 25% auf 36% im Jahr 2040)
- unausgeschöpfte Rationalisierungsprozesse (Abbau von Über- und Fehlversorgung)
- Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe (Verbesserung des Zusammenwirkens verschiedener Institutionen in geordneten Formen).

Leistungserbringer in der Gesundheitsförderung/Prävention sind in Deutschland die gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Durch das 1989 verabschiedete Gesundheitsreformgesetz wurden die Aufgaben (Inhalt und Umfang der Leistungen) der GKV im fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) festgelegt (Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen, 2002, S. 6). Zu den Pflichtleistungen zählen Früherkennungsmaßnahmen und Vorsorgemaßnahmen (Weinbrenner et al., 2007, S. 25) im Hinblick auf "die individuelle Prävention durch Gruppen- und Einzelberatungen" (Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen, 2002, S. 6). In Folge des Gesundheitsreformgesetzes bauten die Krankenkassen Kompetenzen, Strukturen und Kooperationen mit anderen Akteuren auf (Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen, 2002, S. 6).

Durch Novellierungen im Jahr 1997 und 2000 wurden Leistungen der GKV zwischenzeitlich auf Früherkennungsuntersuchungen, zahnmedizinische Gruppenprophylaxe und Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren - in Zusammenarbeit mit der gesetzlichen Unfallversicherung - beschränkt. Eigene Interventionsmaßnahmen im individuellen Ansatz oder der betrieblichen Gesundheitsförderung waren zu der Zeit nicht mehr möglich, was als Rückschritt in dem Bemühen um Gesundheitsförderung zu bewerten ist (Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen, 2002, S. 6). Im Jahr 2000 wurde durch die GKV-Gesundheitsreform dann wieder ein Schritt zurück gegangen und zur Sicherung der Maßnahmen wurde ein Leitfaden mit dem Titel "Gemeinsame und einheitliche Handlungsfelder und Kriterien für die Primärprävention und betrieblichen Gesundheitsförderung" der GKV-Spitzenverbände erarbeitet (Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen, 2002, S. 6). Auf diesen Leitfaden wird in Kapitel 3.4 noch näher eingegangen.

Durch die im Jahr 2000 veränderten Rahmenbedingungen stieg der Wettbewerb unter den Krankenkassen an und sie sorgten dafür, dass die GKV neue Konzepte entwickelten, die sich stärker an den Bedürfnissen der Mitglieder orientierten. Zielgruppenorientierte Maßnahmen und Projekte wurden gestartet bzw. nach und nach entwickelt. Als finanzieller Spielraum hatten die Krankenkassen 2,62 Euro pro Versichertem pro Jahr zur Verfügung. Dieser Satz wurde vom Gesetzgeber vorgegeben (Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen, 2002, S. 6).

Im Juni 2013 brachte der Bundestag das neue Präventionsgesetz in den Bundesrat ein, welches hier gegen die Stimmen der Opposition verabschiedet wurde (Deutsche Apotheker Zeitung, 2013). Das neue Gesetz soll dafür sorgen, dass "mehr Menschen denn je von qualitätsgesicherten Gesundheitsförderungsangeboten und Präventionsleistungen profitieren. Die Sollausgaben der Krankenkassen für die Gesundheitsförderungs- und Präventionsleistungen steigen ab 2014 von derzeit etwa 205 Mio. Euro auf fast 500 Mio. Euro" (Bundesministerium für Gesundheit, 2013b). Damit sollen die Chancen auf Gesundheit in allen Lebensphasen für alle Bürgerinnen und Bürger gestärkt werden. Profitieren sollen unter anderem Kitas, Schulen, Seniorenheime und Betriebe. Damit wird der so genannte Setting-Ansatz weiter gestärkt. Im Setting-Ansatz geht es darum, Menschen in ihren Lebensräumen (Arbeit, Freizeit) mit gesundheitsförderlichen Maßnahmen/Projekten/etc. anzusprechen, die durch den individuellen Ansatz bisher nicht erreicht wurden (Bundesministerium für Gesundheit, 2013b).

Die Finanzierung der Gesundheitsförderung wird in Deutschland wie folgt gesichert (Weinbrenner, u.a., 2007, S. 27):

- Sozialversicherungsträger (48,1%), wovon 37,0% auf die gesetzlichen Krankenversicherer (GKV) entfallen
- private Haushalte (21,7%)
- öffentliche Haushalte (18,0%)
- Arbeitgeber (12,3%).

Diese Verteilung wird sich auf Grund des neuen Präventionsgesetztes aus dem Jahr 2013 voraussichtlich weiter zu Lasten der GKV verschieben und deren prozentualen Anteil weiter erhöhen.

3.4 Qualitätsstandards in der Gesundheitsförderung aus Sicht der betrieblichen Gesundheitsförderung

Bevor hier auf Qualitätsstandards in der Gesundheitsförderung eingegangen wird, soll zunächst kurz geklärt werden, was man unter den Begriffen Qualität und Qualitätsstandard versteht.

Für den Begriff „Qualität“ gibt es eine Vielzahl von Definitionen und Versuchen, den Begriff greifbar zu machen. Laut deutschem Duden stammt das Wort von dem lateinischen Begriff „qualitas“ ab, der so viel wie „Beschaffenheit“ bedeutet (Duden, 2013). Definitionen findet man unter anderem bei der Deutschen Gesellschaft für Qualität. So heißt es dort: „Das richtige richtig tun“ (Deutsche Gesellschaft für Qualität, 2013). Gleichzeitig wird dort die aktuelle DIN EN ISO 9000 genannt. Dort heißt es: „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“ (Deutsche Gesellschaft für Qualität, 2013). Es geht also um die Anforderungen bzw. Erwartungen, die an die Beschaffenheit von Dienstleistungen, Produkte, Konzepte, etc. gestellt werden. Garvin zählt sogar 5 Ansätze auf, aus deren Sicht man Qualität betrachten kann (Garvin, 1984, S. 25ff):

- transzendenter Ansatz
- produktbezogener Ansatz
- anwenderbezogener Ansatz
- fertigungsbezogener Ansatz und
- wertebezogener Ansatz.

In Bezug auf die Anforderung an Gesundheitsförderungsprogramme ist hier der fertigungsbezogene Ansatz gefragt, in dem Standards und Normen definiert werden, die diese erfüllen müssen. So kann man den Qualitätsstandard in diesem Zusammenhang als Mindestanforderung bezeichnen.

3.4.1 Die Qualitätskriterien nach §20a SGB V

Wie bereits im Kapitel 3.3 ausgeführt, sind die Krankenkassen in Deutschland die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung – und das seit mehr als 125 Jahren (Stuppardt & Wanek, o. J., S. 177). „Von ihrer Gründung bis zum Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts hatte die GKV einen fast ausschließlich kurativ-kompensatorischen Auftrag, d.h. sie gewährte Geldleistungen (z.B. Krankengeld) und vor allem medizinische Dienstleistungen und Waren nach Eintritt einer vom Arzt festgestellten Krankheit“ (Stuppardt & Wanek, o. J., S. 177). Durch Veränderungen in der Gesellschaft (z. B. verlängerte Lebenserwartung der Bevölkerung) haben sich auch die Aufgaben der Krankenkassen verändert. Diesen Veränderungen wird seit dem Jahr 1989 mit dem §20 im 5. Sozialgesetzbuch Rechnung getragen (Stuppardt & Wanek, o. J., S. 177f). Nach diversen Überarbeitungen dieses Paragraphen (siehe Kapitel 3.3 dieser Arbeit) gab es im Jahr 2000 wichtige Änderungen/Neureglungen (Stuppardt & Wanek, o. J., S. 178f):

- Primärprävention ist satzungsmäßige Soll-Leistung
- Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung sind zunächst freiwillige Kannleistungen mit präzisen und verbindlichen Auftrag für die Krankenkassen. Ab 2007 wurde diese dann zur Pflichtleistung.

Um die Qualität in den genannten Aufgabenfeldern zu sichern, wurden einheitliche Handlungsfelder (Bewegung, Ernährung, etc.) und Kriterien für die primärpräventiven Leistungen durch den Spitzenverband definiert, die somit den Rahmen für Leistungen der Krankenkassen vorgeben (Stuppardt & Wanek, o. J., S. 178f). Im Vorfeld einer Maßnahme werden die Strukturqualität, die Planungsqualität, die Prozessqualität und die Ergebnisqualität beurteilt und dienen als Grundlage für die Genehmigung einer Maßnahme (Stuppardt & Wanek, o. J., S. 180ff).

Aktuell zeigen sich neben dem individuellen Ansatz (festgehalten im §20 SGB V) der Gesundheitsförderungen auch verstärkte Bemühungen, Gesundheitsförderung in so genannten Settings voranzutreiben. Unter Settings versteht man „Orte oder soziale Zusammenhänge, in denen der Alltag von Menschen stattfindet und die einen wichtigen Einfluss auf deren Gesundheit haben“ (Fonds gesundes Österreich, 2013). Darunter fallen zum Beispiel Lehreinrichtungen (Kindergärten, Schulen, etc.) oder Städte beziehungsweise Stadtteile aber auch das Arbeitsumfeld – also die Unternehmen. Für die Regelungen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderungen greifen die Regelungen aus dem §20a SGB V.

„Ziel betrieblicher Gesundheitsförderung ist die Verbesserung der gesundheitlichen Situation und die Stärkung gesundheitlicher Ressourcen der berufstätigen Versicherten“ (GKV Spitzenverband, 2010, S. 61). Hierbei kooperieren die Krankenkassen eng mit den Unfallkassen, um die individuelle Situation der Betriebe und deren Mitarbeiter besser berücksichtigen zu können. Wie bereits erwähnt, basieren alle Maßnahmen auf den definierten Handlungsfeldern und Kriterien des GKV-Spitzenverbandes auf – festgehalten im Präventionsleitfaden (GKV Spitzenverband, 2010, S. 61).

Dabei werden Anforderungen an folgende Qualitätsdimensionen gestellt (Stuppardt & Wanek, o. J., S. 183ff):

- Strukturqualität
Die Krankenkassen sollen sich zur Umsetzung ihrer Aufgaben entsprechende Partner ins Boot holen. Beispiel: Unfallkassen.

- Planungsqualität (Bedarf und Ziele, Zielgruppe, Konzeption)
Die Maßnahmen müssen sowohl das Verhalten wie auch die Verhältnisse berücksichtigen
Basis ist eine Bedarfsanalyse

- Prozessqualität
Überwachung der durchgeführten Projekte
Regelmäßige Bewertung der Projekte (Zwischenergebnisse festhalten).

- Ergebnisqualität
Ermittlung der Wirksamkeit (inkl. Nachhaltigkeit), um diese Erkenntnisse für Folgeprojekte zu nutzen.

Zunächst müssen alle Beteiligten (Betrieb, Anbieter von Maßnahmen und Krankenkasse) gewisse Anforderungen erfüllen, damit die Projekte nach §20a SGB V förderungsfähig sind. Diese sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

Tab. 2: Anforderungen an Anbieter, Betriebe und Krankenkassen (GKV Spitzenver- band, 2010, S. 61ff).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Weiterhin werden folgende Bedingungen an die Finanzierung von Projekten geknüpft:

- „Es existiert eine Unternehmensleitlinie zur betrieblichen Gesundheitsförderung oder ein Äquivalent“ (GKV Spitzenverband, 2010, S. 63)
- „Mitarbeiter bzw. deren gewählte Vertreter (Betriebs- bzw. Personalrat) werden an Entscheidungen in Gesundheitsfragen beteiligt“ (GKV Spitzenverband, 2010, S. 63)
- „Gesundheitsförderungsmaßnahmen basieren auf einer regelmäßig aktualisierten Ist-Analyse“ (GKV Spitzenverband, 2010, S. 63)
- „Maßnahmen werden durch ein internes Gremium gesteuert; in dieses sollte der Arbeitsschutzausschuss nach § 11 ASiG (Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit) einbezogen werden“ (GKV Spitzenverband, 2010, S. 63f)
- „Alle Maßnahmen sind in eine regelmäßige Auswertung und Begleitung eingebunden“ (GKV Spitzenverband, 2010, S. 64)
- „Die Ergebnisse von Maßnahmen werden dokumentiert und sind den Partnern zugänglich“ (GKV Spitzenverband, 2010, S. 64).

Um auch Klein- und Kleinstbetrieben den Zugang zur betrieblichen Gesundheitsförderung zu ermöglichen, werden hier die Anforderungen den individuellen Voraussetzungen der Betriebe angepasst (GKV Spitzenverband, 2010, S. 64).

Unabhängig von der Größe des Unternehmens, müssen die geförderten Projekte eines der definierten Handlungsfelder aufgreifen. Die Handlungsfelder werden in der folgenden Tabelle benannt.

Tab. 3: Die Handlungsfelder im §20a SGB V (GKV Spitzenverband, 2010, S. 65ff)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei der Planung von Maßnahmen müssen für alle Handlungsfelder/Präventionsprinzipien folgende Punkte berücksichtigt bzw. belegt werden:

- Bedarf
Der Bedarf soll beispielsweise anhand von Daten belegt werden.

- Wirksamkeit
Nachweis über Wirksamkeit der Maßnahme durch wissenschaftliche Belege.

- Zielgruppe
Wer soll erreicht werden?

- Ziele der Maßnahme
Was soll erreicht werden?

- Inhalt der Maßnahme
Wie sollen die Ziele erreicht werden?

- Methodik
Z. B. Einzel- oder Gruppenmaßnahme, praktische Einweisung am Arbeitsplatz, Einbindung der Führungskräfte.

- Anbieterqualifikation
Nachweis über die Qualifikation des Anbieters nötig.

[...]

Ende der Leseprobe aus 129 Seiten

Details

Titel
Die Luxemburger Deklaration in der Anwendung
Untertitel
Eine Analyse anhand ausgezeichneter Unternehmen
Hochschule
Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement GmbH
Note
1,5
Autor
Jahr
2013
Seiten
129
Katalognummer
V270542
ISBN (eBook)
9783656622123
ISBN (Buch)
9783656622093
Dateigröße
2300 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
luxemburger, deklaration, anwendung, eine, analyse, unternehmen
Arbeit zitieren
Silke Waegener (Autor:in), 2013, Die Luxemburger Deklaration in der Anwendung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270542

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