„Es war eine allgemeine Einrichtung der Antike, des Orients wie der griechisch–römischen Welt, von einigen Ausnahmen abgesehen, daß die Frau keinen Anteil am po-litischen Leben hatte. (…) Die Frau sinkt in absolute Bedeutungslosigkeit herab und muß sich in der klassischen Zeit mit einer untergeordneten Rolle in der Ehe und Familie abfinden, kurzum man gewinnt den Eindruck, daß die Frau zu diesen Zeiten in einen Harem verbannt wurde.“
Die in diesem Zitat dargestellte Stellung der Frau im demokratischen Athen vermittelt den Eindruck, daß sich das Leben der Athenerinnen nur auf ihr Haus beschränkte, in dem sie von der Außenwelt abgeschlossen lebten. Die These der ‚orientalischen Abgeschlossenheit‘ wurde immer wieder bis in unsere Zeit von den Historikern übernommen. Die ältere Forschungsliteratur liefert die grundsätzliche These, daß die Frau eine abhängige Stellung und ein geringes Ansehen besessen habe. Sind diese Aussagen jedoch berechtigt? Was für ein Leben führte die Frau im demokratischen Athen? Diese Hausarbeit beschäftigt sich damit, wie die Frau innerhalb der Gesellschaft des demokratischen Athens lebte und welchen Stellenwert sie in ihr eingenommen hat. Der zeitliche Rahmen umfaßt die klassische Zeit, also in etwa die zwei Jahrhunderte von den Perserkriegen bis zur Regierung Alexanders des Großen. Dabei beschränke ich mich aber nur auf die athenischen Frauen mit Bürgerrecht.
Die klassische polis Athen war eine Männergemeinschaft, die sowohl die Fremden, als auch die Frauen ausgeschlossen hat und ihnen kein Recht auf die Beteiligung an der Politik zubilligte. Allgemein gesehen waren die Frauen im demokratischen Athen den Männern gegenüber minderberechtigt und nahmen daraus folgernd eine untergeordnete Stellung in der Gesellschaft ein. Als eine gute Frau galt die, die durch die Eheschließung und das Gebären von Kindern zum Erhalt der Familie (oikos) in der Polisgemeinschaft beitrug und zudem den Haushalt versorgte und die Kinder erzog. Erkannten die Frauen, daß ihre Rechte im Vergleich zu denen der Männer beschränkt waren? Oder haben sie die ihnen zugewiesene Rolle in der Gesellschaft einfach hingenommen, weil sie ihre Lage als selbstverständlichen Teil der bestehenden Ordnung der Welt akzeptierten? War die Bewegungsfreiheit der Frau wirklich so stark eingeschränkt, daß sie stets „im Inneren der Häuser sitzt, das Gynaikonitis genannt wird, zu dem nur die nächsten Verwandten Zutritt haben“, wie es der Schriftsteller Cornelius Nepos beschreibt?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Leben der Frau im demokratischen Athen
- Mädchenerziehung
- Die rechtliche Situation der verheirateten Frau
- Die soziale Situation der verheirateten Frau
- Arbeitende Frauen
- Schlußbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert die Rolle und den Stellenwert der Frau im demokratischen Athen während der klassischen Zeit, von den Perserkriegen bis zur Regierungszeit Alexanders des Großen. Der Fokus liegt auf athenischen Frauen mit Bürgerrecht, die von der Politik ausgeschlossen waren und im Vergleich zu Männern eine untergeordnete Stellung in der Gesellschaft einnahmen.
- Die rechtliche und soziale Stellung der Frau in der athenischen Gesellschaft
- Die Mädchenerziehung und ihre Auswirkungen auf die spätere Rolle der Frau
- Die unterschiedlichen Lebensbereiche der verheirateten Frau und deren Bedeutung für den Haushalt und die Familie
- Der Einfluss arbeitender Frauen auf das Stadtbild und die Wirtschaft
- Die Herausforderungen der Quellenlage und die Interpretation von männlichen Perspektiven in historischen Texten
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel behandelt die Einleitung und legt den Fokus auf die widersprüchliche Sichtweise auf die Rolle der Frau in der Antike. Es wird die These der „orientalischen Abgeschlossenheit“ kritisch hinterfragt und die Notwendigkeit einer differenzierten Analyse der Lebenswelt der athenischen Frauen hervorgehoben.
Kapitel 2 befasst sich mit dem Leben der Frau im demokratischen Athen. Es wird zunächst die Mädchenerziehung untersucht, die sich stark von der Ausbildung der Knaben unterschied und die Frauen auf die private Sphäre vorbereitete. Anschließend werden die rechtliche und soziale Situation der verheirateten Frau beleuchtet, um ein umfassendes Bild ihres Lebens im Kontext der athenischen Gesellschaft zu zeichnen.
Kapitel 2.4 widmet sich den arbeitenden Frauen, die einen wichtigen Teil des öffentlichen Lebens im Athen der klassischen Zeit darstellten. Dieser Abschnitt zeigt die Vielfältigkeit weiblicher Lebensentwürfe auf und rückt den Fokus von der rein privaten Rolle der Frau ab.
Schlüsselwörter
Athenische Demokratie, Frau, Gesellschaft, Recht, Familie, Haushalt, Mädchenerziehung, Arbeit, Quellenlage, Frauenbild, antike Welt, klassische Zeit.
- Quote paper
- Andrea Becker (Author), 2000, Die Frau im demokratischen Athen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27064