Eine der aktuell grössten Herausforderungen im Gesundheitswesen besteht darin, den Unternehmen genügend qualifiziertes Fachpersonal zur Verfügung zu stellen. Im Bereich des Ärztepersonals besteht bereits heute ein deutliches Missverhältnis von Nachfrage und Angebot. Hinzu kommt, dass aufgrund verschiedener demografischer Veränderungen eine weitere Akzentuierung des Ärztemangels absehbar ist. Der Erfolg oder schlicht das Überleben vieler Unternehmen im Gesundheitswesen wird daher zunehmend mit der Frage verknüpft sein, ob es gelingt, den eigenen Personalbedarf zu decken.
Diese Arbeit erörtert im ersten Teil wesentliche demografische Veränderungen der Ärzteschaft. Nach ausgewählten Teilbereichen zu Personalmanagement, Anreizen und Anreizsystemen wird der Fokus auf die Ärzteschaft als Arbeitnehmer gerichtet. Hauptteil der Arbeit bildet schliesslich die erste Umfrage bei jungen Ärzten in der Schweiz, welche der Frage nach Anreizfaktoren im Hinblick auf die Auswahl einer Stelle, den Verbleib an dieser und Gründen nach Verlassen derselben nachgeht.
Basierend auf den Ergebnissen der Umfrage formuliert der Autor Handlungsempfehlungen, die im Hinblick auf ein zeitgemässes Personalmanagement der Ärzteschaft berücksichtigt werden sollten.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anhangsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Hauptteil
Kapitel 1: Ärztedemografie
Entwicklung und Stand der Ärztepopulation seit 1970
Wesentliche Einflussgrössen
Prognosen
Zusammenfassung Ärztedemografie
Kapitel 2: Personalmanagement: Übersicht und ausgewählte Teilbereiche
Übersicht Personalmanagement
Ausgewählte Teilbereiche des Personalmanagements
Zusammenfassung
Kapitel 3: Motivation, Anreize und Anreizsyteme
Mitarbeiterzufriedenheit und Motivation
Inhaltstheorien
Prozesstheorien
Anreize
Anreizsysteme
Fazit
Kapitel 4: Ärzteschaft als Arbeitnehmer
Begriffserklärung High Potentials
Sind Ärzte High Potentials?
Fazit
Kapitel 5: Explorative Studie: Anreize im Arztberuf
Studiendesign
Vorgehen
Resultate
Diskussion
Kritische Auseinandersetzung
Kapitel 6: Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Anhang
Umfrage
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Anzahl Studierende der Humanmedizin 1980 – 2011
Abbildung 2: Geschlechterverteilung der praktizierenden Ärzte
Abbildung 3: Verteilung Ärztinnen- und Ärzte im Spital 2007 (Chirurgie)
Abbildung 4: Funktionen des Personalmanagements
Abbildung 5: Das Prozessmodell nach Porter &Lawler nach Six/Kleinbeck
Abbildung 6: Allgemeines Anreizsystem.
Abbildung 7: Geschlechterverteilung
Abbildung 8: Ausbildungsstand
Abbildung 9: Übersichtskarte mit den Wohnorten der Teilnehmer (gelbe Punkte)
Abbildung 10: Anzahl bisheriger Arbeitsverträge
Abbildung 11: Zustandekommen des ersten Arbeitsvertrages
Abbildung 12: Zustandekommen der weiteren Arbeitsverträge
Abbildung 13: Wichtigkeit der Faktoren für die erste Stelle
Abbildung 14: Wichtigkeit der Faktoren für die Wahl ab der 2. Stelle
Abbildung 15: Retentionsfaktoren
Abbildung 16: Push-Faktoren
Abbildung 17: Gründe für vollzogenen Stellenwechsel (%)
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Anzahl berufstätige Arzte mit ausländischem Diplom
Tabelle 2: Durchschnittliches Arbeitspensum in Halbtagen pro Woche nach Geschlecht und Sektor 2012
Anhangsverzeichnis
Fragebogen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hauptteil
Kapitel 1: Ärztedemografie
Entwicklung und Stand der Ärztepopulation seit 1970
Seit Beginn der Datenerhebung bezüglich der Ärzteschaft ist es in der Schweiz zu einem steten Anstieg der Anzahl berufstätiger Ärzte[1] gekommen. Waren es 1970 noch 9‘629 Ärzte, so ist die Zahl bis 2011 auf 30‘849 angestiegen. Dieser eindrücklichen Zunahme auf 320% steht eine Zunahme der Bevölkerung von 28% gegenüber (1970: 6.2 Mio., 2011: 7.9 Mio.).
Wesentliche Einflussgrössen
Ausbildungszahl
Obwohl von 1980 bis 2005 eine deutliche Zunahme der Studienanfänger an schweizer Universitäten verzeichnet wurde (von 12‘100 auf 21‘370), kam es in der Humanmedizin zu einer Zunahme von lediglich 5% (Fröhlicher-Güggi 2005: 8). Zum Vergleich: Die Bevölkerung der Schweiz hat im gleichen Zeitraum um 18% zugenommen (1980: 6.3 Mio. 2005: 7.4 Mio.). Ein Hauptgrund der eher zögerlichen Zunahme an Studienplätzen für Humanmedizin dürfte in der ressourcenintensiven Betreuung der Medizinstudenten liegen. In der postpropädeutischen Phase ab dem 3. Studienjahr müssen die Universitäten mit einer relativ genau vorhersehbaren Anzahl Studierender rechnen können, weil in dieser klinischen Phase insbesondere der personelle Aufwand für die Studierenden sehr groß ist. Während die medizinischen Fakultäten der französischsprachigen Universitäten bis anhin eine intrauniversitäre Selektion nach dem ersten Studienjahr bzw. im Anschluss an das erste Propädeutikum durchführten, haben die deutschschweizer Universitäten 1998 den Numerus Clausus eingeführt. Dadurch konnte eine recht genaue Regulierung der Anzahl neuer Medizinstudentinnen und –studenten erreicht werden. Die neuesten Angaben von 2013 bestätigen die weiterhin hohe Nachfrage nach Studienplätzen für Humanmedizin. Die Anmeldungen übersteigen das Angebot um das 3.6fache (CUS, online-Pressemitteilung 13.03.2013).
Influx und Efflux
Mit Hilfe der FMH-Ärztestatistik können Rückschlüsse auf die Migrationsbewegungen der Ärzteschaft gezogen werden. Betrachtet man den Zeitraum von 2008 – 2012 so findet sich eine signifikante Zunahme von Ärzten mit ausländischem Diplom von 22% im Jahr 2008 auf 27% im Jahr 2012. Die Zunahme findet sich sowohl bei den Spitalärzten als auch im ambulanten Bereich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Anzahl berufstätige Arzte mit ausländischem Diplom (Quelle FMH-Ärztestatistik)
Im ambulanten Sektor ist die Anzahl praktizierender Ärzte mit einem ausländischen Arztdiplom zurzeit noch deutlich geringer. 2011 verfügten hier 17,4% über ein ausländisches Erstdiplom (Burla 2007: 3). Da im Zeitraum von 2008 – 2011 also eine Zunahme von Ärzten sowohl im ambulanten als auch im stationären Sektor stattgefunden hat, ist es schwierig abzuschätzen, in wie weit diese Differenz durch die zeitliche Verzögerung vom Spital in die ambulante Medizin erklärt werden kann. Es darf jedoch angenommen werden, dass die Ärzte mit ausländischem Diplom im Spital jünger sind, vermehrt zu Weiterbildungszwecken in der Schweiz sind und dadurch weniger Standort gebunden sein dürften.
Geschlechterverteilung
Während die Medizin lange eine typische Männderdomäne war, entschieden sich in den vergangenen Dekaden kontinuierlich mehr Frauen für ein Medizinstudium. Im Vergleich von 1980 zu 2003 kam es bei praktisch gleich bleibender Gesamtzahl Studierender in der Humanmedizin zu einer Zunahme von über 80 Prozent bei den weiblichen Studierenden (Fröhlicher-Güggi 2005: 7ff). Seit dem Jahr 1999 studieren in der Schweiz mehr Frauen als Männer Humanmedizin.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Anzahl Studierende der Humanmedizin 1980 – 2011 (Quelle FMH)
Die FMH veröffentlicht jährlich Zahlen zur Ärztedemografie. Die eindrückliche Entwicklung im Medizinstudium hat sich längst auch in der Praxis niedergeschlagen. So praktizierten 2012 in den Altersgruppen unter 35 Jahren bereits deutlich mehr Frauen als Männer.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Geschlechterverteilung der praktizierenden Ärzte (Quelle FMH Ärztestatistik 2012)
Die Geschlechterverteilung fand bisher jedoch sehr unterschiedlich statt. 2011 war im ambulanten Bereich der Anteil Ärztinnen in der Pädiatrie mit 53.1% am höchsten, während in den chirurgischen Fachrichtungen noch nicht einmal jede 5. Person eine Frau war (Burla 2012: 2). Allerdings dürften sich die demografisch bedingten Verzögerungen auch hier erst in ein paar Jahren deutlicher auswirken. Im OBSAN-Monitoring der Spitalärztinnen und –ärzte waren nämlich bereits 200728% der Stellen in chirurgischen Fächern durch Ärztinnen besetzt (OBSAN 2007: 18).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Verteilung Ärztinnen- und Ärzte im Spital 2007 (Chirurgie) (Quelle FMH/OBSAN)
Teilzeitarbeit
Unter der Ärzteschaft ist Teilzeitarbeit noch immer wenig verbreitet. Die FMH veröffentlichte 2008 zum ersten Mal Zahlen zur Teilzeitarbeit. Im Vergleich zu damals hat sich die Situation bis 2012 kaum verändert. Der Wochendurchschnitt liegt bei rund 4.5 Arbeitstagen pro Woche. Das durchschnittliche Arbeitspensum ist im stationären Sektor grösser als im ambulanten. Insgesamt bevorzugen Ärztinnen vermehrt die Teilzeitarbeit, wobei diesbezüglich die Unterschiede zu den männlichen Kollegen im stationären Sektor kleiner ausfallen als im ambulanten Sektor (Kraft/Hostettler 2013: 455 f).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Durchschnittliches Arbeitspensum in Halbtagen pro Woche nach Geschlecht und Sektor 2012 (Quelle: FMH)
Numerus Clausus und Arbeitsgesetz
Die Einführung des Numerus Clausus an den medizinischen Fakultäten der Deutschschweiz Bern, Basel, Zürich und Freiburg erfolgte 1998. Wie weiter oben ausgeführt, übersteigt die Nachfrage an Studienplätzen das Angebot weiterhin bei Weitem. Die Einführung des Numerus Clausus steht somit in einem direkten Zusammenhang mit dem aktuellen Ärztemangel.
Eine weitere Aggravierung des Ärztemangels erfolgte 2005. Seit dem 1. Januar 2005 unterstehen alle Assistenzärztinnen und – ärzte dem Arbeitsgesetz. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit wurde damit auf 50 Stunden begrenzt. Bis zu diesem Zeitpunkt waren insbesondere bei Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung Arbeitswochen mit deutlich über 50 Arbeitsstunden pro Woche üblich. Durch die Begrenzung der maximalen Arbeitszeit auf höchstens 50 Stunden pro Woche mussten daher zwangsläufig landesweit viele neue Stellen geschaffen werden.
Prognosen
Aufgrund der demografisch bedingten Latenz verschiedener oben beschriebener Faktoren können bereits heute folgende Prognosen gemacht werden:
- Gemäß BFS wird die Anzahl der über 80 Jährigen in der Schweiz von 16% 2011 auf 28% im Jahr 2050 steigen.
- Der Bedarf an Ärzten wird somit weiter steigen. Ausgehend vom optimistischen Fall, dass die Kompressionshypothese zutreffender ist als die Medikalisierungshypothese geschieht dies möglicherweise weniger ausgeprägt, in jedem Fall aber in erheblichem Ausmaß.
Wie dem Bericht des Bundesrates „Strategie gegen Ärztemangel und zur Förderung der Hausarztmedizin“ von 2011 zu entnehmen ist, muss gestützt auf die Daten des schweizerischen Gesundheitsobservatoriums bis ins Jahr 2030 damit gerechnet werden, dass rund 40% der ambulanten Konsultationen nicht mehr durchgeführt werden können und auch in den anderen Gebieten die Nachfrage das Angebot um 30% übersteigen wird (Bericht des Bundesrates 2011: 10).
Zusammenfassung Ärztedemografie
Im Vergleich zur Bevölkerungsdichte hat in der Schweiz die Ärztedichte seit 1970 deutlich stärker zugenommen. Trotzdem besteht weiterhin ein großer Bedarf an Ärztenachwuchs. Die Anzahl neuer Studenten für das Fach Humanmedizin wird seit 1998 mit Einführung des Numerus Clausus für Humanmedizin jedoch stark reguliert. Dadurch können bei Weitem nicht alle Interessenten für ein Studium der Humanmedizin dieses Studium tatsächlich beginnen. Somit wird der Ärztenachwuchs in der Schweiz seit mittlerweile 15 Jahren bewusst tiefer gehalten als es der freie Markt ergeben würde.
Der nicht durch den eigenen Nachwuchs gedeckte Bedarf an Ärzten in der Schweiz wird in zunehmenden Maß durch Ärzte aus dem Ausland kompensiert. Inzwischen besitzt bereits mehr als jeder vierte in der Schweiz tätige Arzt ein ausländisches Arztdiplom, mehr als die Hälfte davon ein deutsches.
Bezüglich Geschlechterverteilung haben wir im Verlauf der letzten Jahrzehnte eine fundamentale Veränderung erlebt. Inzwischen liegt die Frauenquote bei den Studienabschlüssen in Humanmedizin deutlich über 60% und steigt weiter an. Der Frauenanteil ist aber nicht homogen über die Fachrichtungen verteilt. Vielmehr zeigt sich eine klare Präferenz für gewisse Fachgebiete wie Pädiatrie, während die chirurgischen Fächer noch immer von den männlichen Kollegen dominiert werden.
Teilzeitarbeit ist unter der Ärzteschaft nach wie vor relativ wenig verbreitet. Ärztinnen arbeiten häufiger Teilzeit als ihre männlichen Kollegen. Im ambulanten Bereich wird häufiger Teilzeit gearbeitet als im stationären.
Zusammenfassend kann somit Folgendes festgehalten werden
- Der eigene Nachwuchs an Ärzten deckt den Bedarf schon seit Jahren bei Weitem nicht.
- In gewissen Gebieten (örtlich, fachlich) herrscht schon jetzt ein Ärztemangel. Dieser wird sich in Zukunft verschärfen.
- Die medizinische Versorgung in der Schweiz wird zunehmend durch Ärztinnen gewährleistet.
- Die „Feminisierung“ der Medizin, aber auch veränderte Bedürfnisse der jungen Ärzteschaft generell, erfordern Anpassungen der Arbeitsmodelle.
Kapitel 2: Personalmanagement: Übersicht und ausgewählte Teilbereiche
Übersicht Personalmanagement
Wer ein Unternehmen führt ist gezwungen, sich mit Fragen des Personalmanagements auseinander zu setzen. Einerseits können betriebsinterne Faktoren Reaktionen hinsichtlich des Personalmanagements (Restrukturierung, Neuausrichtung, Redimensionierung, Spezialisierung, etc.) notwendig machen, andererseits ist jeder Betrieb auch immer durch externe Faktoren herausgefordert, sich den verändernden Gegebenheiten zu stellen (Gesetzesänderungen, Marktanpassungen, etc.).
Produktivität, Motivation und Kreativität stellen entscheidende Wettbewerbsfaktoren dar. Dies gilt in besonderem Masse für Dienstleistungsbetriebe (vgl. Thom 2001: 117).
Zweifelsohne darf die Arbeit der Spitalärzte der Dienstleistungsbranche zugerechnet werden. Somit haben die grundsätzlichen Betrachtungen zum Personalmanagement auch hier Gültigkeit. Dieses Kapitel widmet sich primär einer allgemeinen Betrachtungsweise des Personalmanagements, wobei fokussierend auf das Ziel der vorliegenden Arbeit einzelne Aspekte des Personalmanagements herausgegriffen und betrachtet werden.
Ausgewählte Teilbereiche des Personalmanagements
Kernkompetenz einer erfolgreichen Unternehmensführung
Es gibt wohl unzählige Faktoren, die dazu führen, dass ein Unternehmen erfolgreich ist. Dabei stellen die Personalkompetenz, die Wissens- bzw. Innovationskompetenz und die Organisationskompetenz als POWer-Kompetenzen sogenannte Kernkompetenzen dar (Thom/Zaugg 2001: 1). Thom und Zaugg führen sehr schön aus, dass dem Personalmanagement als Erfolgspotential für die Führung einer Organisation eine eminent wichtige Rolle zukommt. Mit Verweis auf Krüger und Homp (1997: 25 ff) wird dargelegt, dass eine Kernkompetenz unter anderem die Ursache für einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Im Weiteren kommen Thom/Zaugg zum Schluss, dass das Personalmanagement auch eine wirkungsvolle Differenzierung gegenüber der Konkurrenz erlaubt, und dass sich der Output als Qualifikation und Motivation der Mitarbeitenden auf verschiedene Dienstleistungen und Märkte übertragen lässt (Thom/Zaugg 2001: 1).
Zusammenfassend kann somit gefolgert werden, dass das Personalmanagement als Kernkompetenz auch für die Organisationen im Gesundheitswesen, also auch für die Spitäler, eine zentrale Rolle spielt, und dass diese sich durch ein erfolgreiches Personalmanagement Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz verschaffen können.
Obwohl die Kernkompetenzen des Personal-, Organisations- und Wissensmanagements in Wechselwirkung zueinander stehen, soll im Weiteren vor allem auf das Personalmanagement genauer eigegangen werden.
Übersicht der Funktionen (Metafunktion, Querschnitt- und Prozessfunktionen)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Funktionen des Personalmanagements (Quelle: Thom 2001: 148)
Unter der Metafunktion des strategischen Personalmanagements sind die beiden Dimensionen der Querschnittsfunktion und der Prozessfunktion zusammengeführt.
Unter Prozessfunktionen versteht man die verschiedenen Stadien von der Personalbedarfsermittlung bis zur Entlassung bzw. Personalfreistellung in der Longitudinaldimension. Das gemeinsame Merkmal der Querschnittsfunktionen besteht darin, dass diese Einfluss nehmen können auf alle Prozessfunktionen (Thom in Steiner/Ritz 2012: 148 ff).
Im Weiteren sollen nun die zwei Prozessfunktionen Personalgewinnung und Personalerhaltung und danach die Querschnittsfunktion des Personalmarketings genauer betrachtet werden.
Personalgewinnung (interner und externer Arbeitsmarkt)
Das Ziel der Personalgewinnung ist es, das durch den vorangegangenen Prozess der Personalbedarfsermittlung bestimmte Defizit an Personal auszugleichen. Dabei sollen die für die betriebliche Leistungserbringung erforderlichen Humanressourcen in qualitativer, quantitativer, örtlicher und zeitlicher Hinsicht bereit gestellt werden. Thom weist darauf hin, dass hier in den letzten Jahren eine wesentliche Veränderung hin zum Einsatz des „Electronic Recruiting“ stattgefunden hat (Thom/Zaugg 2001: 120 ff). Als weitere entscheidende Faktoren für die Arbeitsmarktattraktivität beschreibt Thom das Image eines Unternehmens und die Ausgestaltung des betrieblichen Anreizsystems, wobei auch auf die Ausprägung der Arbeitszufriedenheit der gegenwärtig Beschäftigten hingewiesen wird (Thom/Zaugg 2001: 120 f).
Personalerhaltung
In der Prozessfunktion der Personalerhaltung geht es darum, die Mitarbeitenden im Betrieb zu halten (Retention Management), ihre Leistungsabgabe zu stimulieren und sie gegebenenfalls zur Leistungssteigerung anzuregen. Während hierbei über lange Zeit Diskussionen über materielle Anreize dominierend waren, kommen heute ausgewogenere Konzepte zur Anwendung. Dabei kommt den immateriellen Anreizen immer mehr Bedeutung zu. Hierbei hat sich die Unterscheidung zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation weitgehend durchgesetzt (Thom in Steiner/Ritz 2012: 155 f). Dieser Unterscheidung ist insbesondere bei der Betrachtung der High Potentials (siehe weiter unten) Rechnung zu tragen, zu denen wohl die überwiegende Mehrheit der Ärzteschaft gezählt werden darf. Gerade bei diesen Personengruppen spielen nämlich immaterielle Anreize und die intrinsische Motivation eine besondere Rolle.
Personalmarketing
„Das primäre Ziel dieser Querschnittsfunktion besteht in der Schaffung von günstigen Voraussetzungen zur Erhöhung der Attraktivität eines Arbeitgebers auf dem internen und externen Arbeitsmarkt. Er verbessert damit seine Chancen, qualifiziertes und motiviertes Personal zu gewinnen und zu erhalten.“ (Thom in Steiner/Ritz 2012: 159).
Dabei geht es bei Weitem nicht mehr nur um die Gestaltung der Personalwerbung. Vielmehr spielt hier die Verflechtung von Querschnitts- und Prozessfunktionen eine wesentliche Rolle. So kann z. B. das Personalcontrolling seine Erkenntnisse dem Personalmarketing für die Gestaltung eines differenzierten Anreizssystems zur Verfügung stellen. Hierbei kommt auch die Analogie zum Marketingdenken zum Ausdruck: Der potentielle oder aktuelle Arbeitnehmer wird nicht bloß als Produktionsfaktor, sondern auch als Kunde mit Bedürfnissen betrachtet (vgl. Thom in Steiner/Ritz 2012: 159 f).
Zusammenfassung
Personalmanagement ist heute ein zwingender Bestandteil und gilt als Kernkompetenz einer guten Betriebsführung. Es geht dabei inzwischen um weit mehr als nur um die Anstellung und ggf. Entlassung von Mitarbeitern. Die verschiedenen Funktionen des Personalmanagements können in einer Longitudinal-Dimension als Prozessfunktionen von der Personalbedarfsermittlung bis hin zur Personalfreistellung betrachtet werden. Als Querschnittsfunktionen sind das Personalcontrolling, das Personalmarketing, die Personalinformation und die Organisation des Personalmanagements mit den Prozessfunktionen verflochten.
Inzwischen ist die Erkenntnis gereift, dass dem Mitarbeiter insbesondere im Dienstleistungssektor eine Schlüsselrolle zukommt, und dass der Mitarbeiter aus der Sicht des Personalmanagements auch als Kunde betrachtet werden muss.
[...]
[1] Alle Personenbeschreibungen sind, sofern nicht spezifisch erwähnt, geschlechtsunabhängig zu verstehen.
- Arbeit zitieren
- Christof Stirnimann (Autor:in), 2013, Wettbewerbsvorteil durch gezieltes Personalmanagement der Ärzteschaft im Kontext eines sich abzeichnenden nationalen Ärztemangels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270712