Mikrobielle Besiedelung der Eisdecke eines Hochgebirgssees während der Eislegungsphase


Diplomarbeit, 2004

97 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Untersuchungsgebiet Gossenköllesee
1.2 Morphologie des Sees
1.3 Charakteristik des Einzugsgebietes

2 Methodik
2.1 Probennahme
2.1.1 Allgemeines
2.1.2 Niederschlag und Tagesmitteltemperatur
2.2 Chemie
2.2.1 Leitfähigkeit
2.2.2 pH
2.2.3 Alkalinität, DOC, DP, TP, DN, NO3-N und NH4-N
2.3 Epifluoreszenzmikroskopie
2.3.1 Präparation der Proben
2.3.2 Das Epifluoreszenzmikroskop
2.4 Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)
2.4.1 Einleitung
2.4.2 Gensonden
2.4.3 Schematischer Ablauf der in situ Hybridisierung
2.4.4 Durchführung der Hybridisierung
2.4.5 Vermessung der Sonden
2.5 Bestimmung der Abundanz heterotropher Bakterien anhand der Durchflusszytometrie
2.6 Chlorophyll
2.7 Datenauswertung

3 Ergebnisse
3.1 Eislegung
3.2 Physikalische und chemische Parameter
3.3 Biologische Parameter
a. Chlorophyll und Phaeopigmente
b. Bakterielle Großgruppen und Klone
3.4 Horizontalverteilung

4 Diskussion

5 Zusammenfassung

6 Conclusion

7 Literatur

8 Anhang

9 Verzeichnisse

1 Einführung

Hochgebirgsseen, wie z.B. der Gossenköllesee, gehören zu den Extremhabitaten der Erde und besitzen ähnliche Merkmale wie polare und subpolare Seen. Diese sind durch ein kurzes Temperaturmaximum im Sommer, geringe thermische Schichtung, eine schwach entwickelte Thermokline und – sofern sie keine permanente Eisbedeckung besitzen – meist durch zwei Mischungsphasen im Frühsommer und Herbst (dimiktisch) charakterisiert. Wegen der extremen Höhenlage sind die Böden nur schwach entwickelt und große Teile des Einzugsgebietes bestehen aus Fels; dies bedingt einen extrem niederen Nährstoffeintrag, die Ionenkonzentration und der Gehalt an gelöstem organischen Kohlenstoff (DOC) sind entsprechend niedrig. Allochthonen Eintrag gibt es durch den Anflug von Insekten (VACHA 2002), Wind- und Niederschlagsereignisse. Durch die geschlossene Eisdecke während des Winters wird das Pelagial eines Sees von der Atmosphäre separiert, so entsteht ein eigenes, abgeschlossenes Ökosystem, in dem sich der Chemismus durch die Sauerstoffzehrung (O2) und die steigende Kohlendioxidkonzentration (CO2) ändert. Weiters wird durch die lange Bedeckung des Sees mit Eis und Schnee die Lichtmenge nahezu auf Null reduziert, sodass die autotrophe Produktion sehr gering ist. Im Sommer hingegen ist die UV-Strahlung in der freien Wassersäule sehr hoch, sie beträgt ein Vielfaches des Wertes von Seen mit bewaldetem Einzugsgebiet. In den Alpen nimmt die UV-B-Strahlung mit jedem Höhenkilometer um 20 % zu (SOMMARUGA et al. 1996), wobei das aber von der geographischen Breite (u. a. vom Ausmaß der Luftverschmutzung) abhängt,

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Abbildung 1: Gossenköllesee, Kühtai, Sellrain, Fotoarchiv Institut für Limnologie

Der Gossenköllesee ist ein dimiktischer See mit Vollzirkulation im Herbst und Frühjahr. Im Winter ist der See durch eine dicke Eis- und Schneedecke von der Umwelt abgeschlossen. Bei den niedrigen Temperaturen im See schränken alle Organismen ihre Tätigkeiten stark ein, um den Energiebedarf zu minimieren. Am Seegrund werden allmählich von den Destruenten – unter Verbrauch des Sauerstoffs, der sich während der Herbstzirkulation im Wasser löst – organische Abfälle mineralisiert, sodass sich wieder Mineralstoffe und Kohlendioxid anreichern. die bei der Vollzirkulation im Frühjahr dem Phytoplankton und den Bakterien zur Verfügung stehen. Der Eisbruch im Frühsommer ist der Zeitpunkt, an dem Nährstoffe, die sich während des Winters und Frühjahrs in der Winterdecke akkumuliert haben, in die freie Wassersäule gelangen. Dadurch werden in einem sehr kurzen Zeitraum relativ hohe Konzentrationen an Nährstoffen zur Verfügung gestellt.

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Abbildung 2: Eiskern mit verschiedenen Schichten (Trübeis T, Matsch M und Klareis K)

Seen in alpinen und polaren Klimazonen – wie zum Beispiel im Hochgebirge, in der Arktis oder Antarktis – sind zwischen 7 und 10 Monaten bzw. sogar das ganze Jahr von einer dicken Eisschicht bedeckt. FELIP et al. (2002) haben die Bildung der Eisdecke eines alpinen Hochgebirgssees als einen Prozess beschrieben, der ca. 2 Monate (November bis Dezember) dauert. Vorerst entsteht eine fast durchsichtige Schicht Klareis, die einige cm dick ist. Der als Schnee fallende Niederschlag übt Druck auf die Eisdecke aus, und durch kleine Risse dringt Wasser in die Schneeauflage ein (SATTLER et al. 1996, WILLE 1996).

Der oberflächennahe Teil gefriert und es entsteht Trübeis. Diese Schichten haben relativ konstante Temperaturen zwischen 0,1 und 0,5 °C (HASLWANTER 2000). Durch diese Wachstumsphase (Jänner bis Mai) entsteht eine Abfolge aus gefrorenem Schnee-Wasser-Gemisch (Trübeis) und nicht gefrorenem Schnee-Wasser-Gemisch (Matsch), (Abbildung 2).

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Abbildung 3: Formations, Wachstums- und Ablationsphase mit treibenden Kräften und Interaktionen der Matschschichten mit dem Pelagial (nach Felip et al. 2002)

Nach der langen Zeit der Wachstumsphase schmilzt die Winterdecke innerhalb von kurzer Zeit (meist Juni, Juli) wenn die Sonneneinstrahlung (photosynthetisch aktive Strahlung, PAR) die höchste Intensität aufweist.

Der Biologie in/von Schnee und Eis wird bereits seit geraumer Zeit vermehrt Beachtung geschenkt. Bereits seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts wurde über mikrobielles Leben in Schnee und Eis spekuliert, die frühesten Arbeiten dazu stammen von BAUER (1819) und dem Polarforscher NANSEN (1897). Der ursprüngliche Glaube an eine sterile und unproduktive Wüste ist seit den Arbeiten von GOLDMAN (1970) überholt. ABYZOV entdeckte 1975 in Eisbohrkernen der Eisschicht, welche sich über den Lake Vostok der Ostantarktis schiebt, Bakterien, Pilze, Diatomeen und andere Mikroorganismen, die durch Winde aus niedereren Breiten in die Antarktis getragen wurden. „Die Zahl der Organismen, die in verschieden tief gelegenen und damit unterschiedlich alten Schichten des Eises eingefroren ist, verändert sich mit bedeutenden Klimaänderungen der Erde. So dient Eis auch als Zeitkapsel, indem Muster des Lebens bis zu 500.000 Jahre aufbewahrt sind“ (Spektrum der Wissenschaften, Gefrorenes Leben, April 1998, Wissenschaft online, http://www.wissenschaft-online.de).

Mikrobengemeinschaften werden seit einiger Zeit in Eishabitaten, die das ganze Jahr über gefroren bleiben, nachgewiesen (SIMMONS et al. 1993). „Dazu gehören Photosynthese treibende Eukaryoten, vornehmlich Kiesel- und andere Algen, sowie diverse Bakterienarten“ (Spektrum der Wissenschaft, Februar 1991, Seite 48).

Untersuchungen der letzten 30 Jahre zeigen, dass die verschiedenen Eisökosysteme wie beispielsweise Meereis, Seeeis, Gletscher, Schneefelder und auch die Atmosphäre eine relativ hohe bakterielle Biodiversität aufweisen (SATTLER et al. 2002). Aufgrund der großen Ausdehnung mancher dieser beschriebenen Eisökosysteme ist die mikrobielle Aktivität für viele biologische Vorgänge extrem wichtig. Im arktischen Winter bedecken riesige Eismassen aus Meerwasser unglaublich große Gebiete der Ostsee, des schwarzen Meeres (Stimmt das? Ist das nicht zu warm?), des St. Lorenz Stromes, von Fjorden an der Westküste Schwedens und Norwegens (SPINDLER & GRADINGER, 1993). Im antarktischen Sommer bedecken ca. 10 x 106 km2 Eis das Meer, im Winter bedecken ca. 20 x 106 km² Eis den Ozean rund um die Antarktis (http://lbs.hh.schule.de/welcome.phtml?unten=/klima/klimafolgen/eis/eis-130.html). Am Nordpol sind die Eismassen weniger gewaltig (>15 x 106 km²). Diese riesigen Eismassen haben natürlich immense Auswirkungen auf das Ökosystem, da diese Eisdecke in vielerlei Hinsicht (Temperatur, Gasaustausch) eine Hürde darstellt. Aber ebenso ist das Eis Lebensraum für die Nahrungsgrundlage der meisten dort ansässigen Organismen (Krill, Wale) und extrem wichtig für das Nahrungsnetz. Über die Ökologie und Physiologie der Meereisgesellschaften (S ea I ce M icrobial Co mmunities, SIMCO´s) – Mikroalgen, Bakterien, heterotrophe und autotrophe Nanoflagellaten, Ciliaten und Metazoa – wird u.a. von PALMISANO & SULLIVAN 1983, SULLIVAN et al. 1983, u v. a. berichtet. Umfassende Untersuchungen bezüglich der Struktur des Meereises und der Leistung von SIMCO´s, sowie über die ökologische Signifikanz dieser Organismen bezüglich Ökosystem Ozean und Atmosphäre, sind vom Institut für Polarökologie der Universität Kiel und dem Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven bekannt. Die kontinentalen Seen der Antarktis und teilweise auch der Arktis sind bereits seit einiger Zeit beschrieben, die Zusammenfassung der fundamentalen Arbeiten lieferten SIMMONS et al. (1993).

FELIP et al. (1995, 1999) beschreiben als eine der Ersten die mikrobielle Gemeinschaft in der Eisdecke (L ake I ce M ikrobial Co mmunities, LIMCO) von Hochgebirgsseen in den Pyrenäen und in den Alpen. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde die bakterielle Zusammensetzung in den verschiedenen Matschschichten der Eisdecke untersucht. Aber woher kommen denn nun diese Bakterien überhaupt? Die wichtigste Möglichkeit des bakteriellen Eintrages ist das Seewassers selbst, das durch den Schneedruck auf die Primäreisdecke (Formations- und Wachstumsphase) in die Schneeauflage eindringt. Eine zweite Quelle des Eintrages (Algen, Pilze und Bakterien) ergibt sich aus atmosphärischer Verfrachtung (Wind) und Niederschlagsereignissen (z. B. Saharastaub durch „long distance transport“). Im Frühjahr steigt die mittlere Tagestemperatur, somit beginnt die Ablationsphase. Nun wird als dritte Möglichkeit mit dem Schmelzwasser aus dem Einzugsgebiet terrestrisches, organisches Material auf und in der Eisdecke akkumuliert.

Seit vielen Jahren ist bekannt, dass Bakterien unter anderem als Destruenten eine wesentliche Rolle in den Gewässern spielen. Somit sind Nährstoffe und gelöste organische Substanz (DOM) für höhere trophische Ebenen (Protozoen, herbivores Metazooplankton) wieder verfügbar. Zum Verständnis der Rolle der Bakterien im Eis ist die Bestimmung der bakteriellen Abundanz sowie deren Biomasse unumgänglich. Die Epifluoreszenzdirektzählung, entweder mit 3,6-bis[dimethylamino]acridine (Acridine Orange, AO) oder mit 4,6-diamidino-2-phenylindole (DAPI), ist nach wie vor der beste Weg, um dies zu erreichen (KEPNER et al. 1994). LOFERER-KRÖßBACHER et al. (1998) beschreiben durch den Einsatz von Elektronenmikroskopie und densitometrischer Bildanalyse einen allometrischen Zusammenhang zwischen dem Trockengewicht (Dry weight, DW) und dem Volumen (V) von Bakterien (DW = 435 x V0,86). Weiters ist aber aufgrund der morphologischen und strukturellen Ähnlichkeit der Bakterien zum Verständnis der Populationsdynamik die Determination mittels Epifloureszenzdirektzählung nicht mehr ausreichend. Da ein Großteil der Bakterien nicht kultiviert werden kann, und somit auch nicht bestimmbar ist, bot sich im Zeitalter der Gentechnik die Verwendung von Oligo­nukleotid­sonden an, vor allem da diese Technik in allen Habitaten angewandt werden konnte. Einen Überblick über die Herstellung und Verwendung von fluoreszenzmarkierten Oligo­nukleotid­sonden zur phylogenetischen Bestimmung und Determination der Bakterien geben AMANN et al. (1997). 1999 erbringen GLÖCKNER et al. den Nachweis, dass die Fluoreszenz- in-situ -Hybridisierung (FISH) in marinen und limnischen Ökosystemen gleichermaßen zur Bestim­mung der phylogenetischen Zusammensetzung der Bakterio­plankton­gemeinschaft verwendet werden kann. ALFREIDER et al. untersuchen 1996 als erste am Beispiel des Gossen­kölle­sees die Eisdecke eines Hochgebirgssees mittels in-situ -Hybridisierung mit fluoreszenz­markierten Oligonukleotidsonden. Die ß-Proteobakterien stellten sich als die dominante Gruppe in den Matschschichten der Eisdecke heraus. Die geringe Detektionsrate dieser Bakterien wird durch den geringen rRNA-Gehalt der Zellen aufgrund der niederen Metabolismusrate verursacht (AMANN et al. 1995).

Der Jahresverlauf der bakteriellen Gemeinschaft im Pelagial des Gossenköllesee wurde von Juni 1996 bis Juli 1997 in monatlichen Abständen von PERNTHALER et al. (1998) untersucht. Dabei wurde eine Änderung der phylogenetischen Gruppen bezüglich ihrer Zusammensetzung und Abundanz festgestellt. Untersucht wurden unter anderem die Eubakterien (EUB 338), die Gruppe der α-Proteobakterien, der ß-Proteobakterien, sowie die Klone GKS16 (ß-Proteobakterien), GKS69 (α-Proteobakterien), und GKS98 (ß-Proteobakterien). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die ß-Proteobakterien das ganze Jahr über dominant waren. Die ß-Proteobakterien erreichten ihre höchste Biomasse während dem Eisbruch, wenn die allochthonen Nährstoffe aus der Eisdecke in den See gelangten. Die α- und ß-Proteobakterien erreichten ihr Abundanzmaximum im Spätsommer, die ß-Proteobakterien hatten ein weiteres Maximum von Dezember bis Jänner. Die Detektierbarkeit der Filamente (Cytophaga-Flavobacterium Cluster) stieg von Februar bis April an. Abundanzabnahmen der Klone GKS 16, 69 und 98 zeichneten sich während der Eisbedeckung ab. Der Klon GKS217 (Cytophaga-Flavobacterium Cluster) wurde von PETTER (2002) in seiner Arbeit erstmals untersucht. Er beschrieb, dass der Klon GKS 217 im Pelagial äußerst geringe Detektionsraten aufwies, während er in der Winterdecke häufiger vertreten war. Die bereits erwähnte Studie von GLÖCKNER et al. (1999) verglich die Phylogenie der Bakterien von marinen und limnischen Systemen. Festgestellt wurde, dass im Pelagial ein Großteil der Bakterien den ß-Proteobakterien angehörten, während diese in den marinen Systemen kaum gefunden wurden. Die Mitglieder des Cytophaga-Flavobacterium Cluster konnten im marinen und limnischen Bereichen gefunden werden, wobei sie im Meer die größte Gruppe darstellten. Die Bakterien der α-Unterklasse der Proteobakterien waren in marinen Proben signifikant höher als in Seen. Auch wird das Vorhandensein von großen Viren, die mit DAPI gefärbt werden konnten, aber die mit FISH nicht detektierbar waren, diskutiert.

Die Populationsdynamik und die phylogenetische Zusammensetzung des Bakterioplanktons hängt unter anderem vom Verhältnis von hoch- und niedermolekularen organischen Nährstoffen ab. Während Bakterien des Cytophaga-Flavobacterium-Clusters in der Lage sind, hochmolekulare organische Verbindungen zu verwerten (z.B. Chitin, N-Acetyl-Glucosamin und Proteine), scheinen andere Bakteriengruppen (z.B. α- und ß- Proteobakterien) eine Präferenz für niedermolekulare, leicht verwertbare Moleküle (COTTRELL & KIRCHMANN 2000) zu zeigen.

Ein Vergleich von Gendatenbanken verschiedener limnischer Systeme wies neben Vertretern der ß-Proteobakterien Actinobakterien (gram+; hoher G+C-Gehalt) als weitere dominante Gruppe aus (GLÖCKNER et al. 2000). Dies ist insofern erstaunlich, als dass gram-positive Bakterien mehr in terrestrischen Systemen und weniger in Wasser erwartet wurden. Folgende Hypothese wurde von Glöckner aufgestellt: die β-Bakterien sind in der Lage, den jährlichen Eintrag an Nährstoffen schnell aufzunehmen, während die high-G+C gram-Positive (hgcI) Bakterien wesentlich effizientere Verwerter von niederen DOC-Konzentrationen bei niederen Temperaturen sind.

Ziel dieser Arbeit war die Beobachtung der bakteriellen Besiedelung der Winterdecke eines hochalpinen Sees (Gossenköllesee) von der Eislegung bis zur Ausbildung der Matschschichten (d.h. während der Wachstumspahse der Eisdekce) mittels in-situ -Hybridisierung mit fluoreszenzmarkierten Oligonukleotidsonden. Diese Arbeit führte die Untersuchung von BICHTELER (2001) weiter, die sich speziell auf die Ablationsphase konzentriert hatte.

Verwendet wurden bereits gängige Gensonden der bakteriellen Großgruppen (EUB 338 I, II und III, BET 42A, CF 319 und ALF 968) sowie bereits angewandte Klone (GKS 16, GKS 69, GKS 98 und GKS 217). Bestandteil dieser Arbeit waren die Beobachtung und Messung der abiotischen Parameter, um die Rahmenbedingungen aufzuzeichnen und zu dokumentieren. Während der Formations- und Wachstumsphase wurde die Veränderung hinsichtlich der taxonomischen Zusammensetzung und Abundanz von Bakterien sowie die Beobachtung von Trends untersucht. Bis dato galt das Interesse bezüglich Besiedelung hauptsächlich der Eisschmelze (BICHTELER 2001), der Verlauf während der Eislegungsphase wurde aber bisher weder räumlich noch zeitlich in derart kurzen Intervallen erfasst. Während der Eislegungs- und Wachstumsphase wurden daher das Pelagial (0 m und 3 m), die Matschschichten, die Quelle (falls auffindbar) und die Schneeauflage im Abstand von etwa 10 Tagen beprobt und analysiert, um die Dynamik dieser Phase zu dokumentieren.

Daher lauteten die grundlegenden Fragen, die ich während dieser Arbeit zu ergründen versuchte und die sich zum Teil aus vorhergehenden Diplomarbeiten (Unterholzner 1999, Bichteler 2001, Petter 2002) ergaben, folgendermaßen:

- Sind im Verlauf der Formations- und Wachstumsphase der Winterdecke markante Veränderungen hinsichtlich bakterieller Abundanz sowie der taxonomischen Zusammensetzung zu erkennen?
- Inwieweit wirken sich Verschiebungen wichtiger physikalischer und chemischer Parameter auf die Bakteriengemeinschaften der Matschschichten und im Pelagial aus?
- Findet während der Abundanzabnahme der Cytophaga-Flavobakterien -Gruppe, der Klone GKS 16 (Rhodoferax fermentans) und GKS 98 (Alkaligenes xylosoxidans) im Pelagial wirklich eine Inkorporation in die Wintereisdecke statt, oder ist diese Abnahme der Individuendichte auf eine Veränderung der Umweltbedingungen im Pelagial (Temperatur, etc.) zurückzuführen?
- Ist das Vorkommen von Haliscomenobacter sp. hauptsächlich auf die Matschschichten beschränkt? Wenn ja, kann ein Zusammenhang mit dem Niederschlag (Schnee) gefunden werden?
- Besteht ein Zusammenhang von diversen Umweltvariablen (Chemie, Temperatur, Deposition etc.) mit der Populationsdynamik der untersuchten Taxa?

1.1 Untersuchungsgebiet Gossenköllesee

Das Untersuchungsgebiet Gossenköllesee (47°13’46’’N, 11°00’51’’E) befindet sich über der Baumgrenze auf einer Meereshöhe von 2417 m. ü. M. und ist einer von drei Seen im UNESCO Biosphärenreservat „Gossenköllesee“. Er liegt im nördlichen Teil der Stubaier Alpen, 35 km entfernt von Innsbruck, Tirol. Das Einzugsgebiet (siehe auch Abbildung 4) des Sees (insgesamt 85 ha) bildet die kleinste „United Nation Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO) Man and Biosphere Reserve“.

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Abbildung 4: Einzugsgebiete Gosenköllesee, Geierneggsee und Rotfelssee

1.2 Morphologie des Sees

Tabelle 1: Morphologie des Gosenköllesees

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1.3 Charakteristik des Einzugsgebietes

Die Ausrichtung des Sees ist nach Süd-Süd-Ost (SSO) in einer Gletschermoräne. Das Gestein besteht hauptsächlich aus Granit, Gneiss und Amphibolit (Ötztaler-Stubaier-Kristallin). Im Nord-Osten wird der See durch die Irzwände begrenzt. Der See entstand in der Spätglazialzeit durch Kolkwirkungen am Fuß der oben genannten Irzwände durch End- und Ufermoränen. Der Rotfelssee (2.485 m), der Geirneggsee (2.424 m) und der Schwarzmoostümpel (2.345 m) sind ebenfalls in dieser Zeit entstanden (EPPACHER 1963).

Die Fläche des Einzugsgebietes beträgt insgesamt 85 ha. Nur etwa 10 % des Einzugsgebietes sind mit Vegetation bedeckt, diese setzt sich hauptsächlich aus alpinen Rasen und Weidekraut zusammen.

Es gibt drei Quellen, die aber während der Wintermonate inaktiv sind und versiegen (THIES et al. 1998). Der Abfluss ist meist unterirdisch, nur während der Schneeschmelze und extremen Niederschlägen erfolgt der Abfluss oberirdisch. Sämtliche Zuflüsse erfolgen ebenfalls unterirdisch.

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Abbildung 5: Einzugsgebiete Rotfelssee, Geierneggsee und Gossenköllesee

2 Methodik

2.1 Probennahme

2.1.1 Allgemeines

Die Probennahme wurde von Anfang Oktober 2001 bis Ende Februar 2002 regelmäßig (ein- bis zweiwöchentlich) durchgeführt. Ab Anfang März 2002 bis Anfang Mai 2002 wurden nur mehr einzelne Proben entnommen, um noch ein grobes Bild von den späteren Prozessen und Abläufen zu bekommen.

Die Eislegung war ca. am 10. November, sodass eine Bestandesaufnahme vor der Eislegung durchgeführt werden konnte.

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Abbildung 6, Dicke der Eis- und Schneedecke

Beprobt wurden die Tiefenstufen bei null (0 m) und drei Meter (3 m), die einzelnen Matschschichten der Eisdecke und ein Integral des Schnees sowie die Quelle. Die Bezeichnung der Matschschichten erfolgte immer von unten nach oben. Für die Probentiefe des Pelagials wurde die Unterkante des Eises als Referenz verwendet. Die Entnahme erfolgte immer an der gleichen Stelle (Abbildung 8). Die Proben wurden in einen 5-Liter-PE-Behälter abgefüllt, die weitere Bearbeitung erfolgte lt. Tabelle 2 in der Forschungsstation.

Da der Gossenköllesee drei Quellen besitzt, wurde das Augenmerk auf die Quelle mit der größeren Schüttung (Brook 2 in THIES et al. 1998) gelegt. Die Quelle konnte aber leider nur dreimal beprobt werden, da diese nach dem 15. November unter einer dicken Schneeschicht nicht mehr auffindbar war. Analysiert wurden die abiotischen Parameter und die bakterielle Abundanz, die Biomasse und das Zellvolumen.

Eine Mischprobe der Schneedecke wurde mittels einer mit Alkohol gereinigten Schaufel in zwei übereinander liegende licht- und wasserdichte Transportsäcke gegeben. Im Kühlraum der Universität Innsbruck konnte der Schnee bei 4 °C auftauen. Die Verarbeitung erfolgte nach dem Schmelzen so rasch als möglich. Durch undichte Behälter wurden die Proben am 22. und 29. Jänner unbrauchbar.

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Die Gewinnung der Proben aus den verschiedenen Matschschichten (Matsch 1, Matsch 2, Matsch 3, Matsch 4 und Matsch 5) erfolgte mittels Edelstahlstange und Handpumpe. Da die Edelstahlstange naturgemäß relativ schnell die Umgebungstemperatur annimmt, sind negative Lufttemperaturen während Probenentnahme sehr hinderlich, da das Wasser in der innen liegenden Teflonleitung friert. Daher konnten je nach Witterung die Matschschichten nicht durchgängig beprobt werden. Die Matschschicht zwei (Matsch 2) konnte deshalb vor dem 22. Jänner 2002 aufgrund der extrem niederen Außentemperatur nicht beprobt werden.

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Abbildung 7: Schematische Darstellung der Edelstahlstange zur Gewinnung der Umweltprobe aus den Matschschichten (nach FELIP et al. 1995)

Im Pelagial erfolgte die Probennahme ursprünglich mit einem 5-Liter-Schindler-Patalas-Schöpfer, bei zunehmender Eisdicke aber wurden die Proben nur mehr durch ein kleines Eisloch mit Silikonschlauch und einer Handpumpe entnommen. Am 15. November wurde aufgrund der noch nicht begehbaren Eisdecke auf eine Probenentnahme verzichtet.

Pro Termin wurden jeweils zwischen 4 – 5 l je Schicht entnommen (Tabelle 2). Sämtliche Verarbeitungsschritte der Proben wurden semisteril durchgeführt.

Tabelle 2, Aufbereitung der Proben

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Um die Gültigkeit der Struktur der Winterdecke und der bakteriellen Parameter für die ganze Seefläche zu überprüfen, wurden im Jänner, April und Mai (Abb. 8, Ergebnisse siehe Abbildung 31) zwei quadratische Versuchsflächen mit einer Seitenlänge von 5 m in der Ost- bzw. Westhälfte des Sees zusätzlich beprobt. In jeweils fünf durch Zufallszahlen ausgewählten Quadraten wurde die kleinräumige Verteilung untersucht. Die zwei Versuchs­flächen wurden für die großräumige Verteilung verglichen. Termine hierfür waren der 08. Jänner 2002, 10. April 2002 und der 10. Mai 2002. Die Untersuchung dieser Proben wurde mittels Flowcytometer mit Hilfe von Frau Mag. Julia Hofer durchgeführt.

Die Quadrate kennzeichnen die ungefähre Probenentnahmestelle der Horizontalverteilung, der Kreis kenn­zeichnet die Probenentnahmestelle der routinemäßigen Untersuchungen.

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Abbildung 8, Kennzeichnung der Probenstellen

2.1.2 Niederschlag und Tagesmitteltemperatur

Die Wetterdaten wurden mir von der TIWAG mit freundlicher Unterstützung von Frau Mag. Anja Klebelsberg und Herrn Mag. Thomas Weintraut zur Verfügung gestellt.

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Abbildung 9: Messstation der TIWAG

Die Station befindet sich in 1970 m. ü. M. und hat die Position 47° 11´ 01’’ N, 11° 47´ 13’’ E. Die von mir verwendeten Wetterdaten waren der tägliche Niederschlag [mm] und die Tagesmitteltemperatur [°C]. Die Daten wurden mit dem Niederschlagsmessgerät PLUVIO der Firma Ott ermittelt.

2.2 Chemie

2.2.1 Leitfähigkeit

Die Leitfähigkeit ist ein Maß für die Summe der im Wasser gelösten Ionen. Sie liefert, zusammen mit dem pH, einen Schätzwert für die Ionenstärke des Wassers.

Die elektrolytische Leitfähigkeit wurde mit dem LF-Conductometer (LF 191, WTW, Weilheim, D) mit auto­ma­ti­scher Temperaturkompensation bei 25 °C durchgeführt. Die Messung erfolgte un­mittel­bar nach der Probennahme auf der Limnologischen Forschungsstation und anhand der Analyseproben im Labor an der Universität Innsbruck zur Kontrolle.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: LF-Conductometer WTW.

2.2.2 pH

Der pH oder die Wasserstoffionenkonzentration ist die wichtigste chemische Variable, da sie für sehr viele chemische Gleichgewichte, Reaktionen u.s.w. ausschlaggebend ist. Der pH sollte, da er in logarithmischen Einheiten angegeben wird, besonders genau gemessen werden; eine Differenz von 0,1 Einheiten auf der pH Skala bedeutet 26 % Unterschied in der Konzentration!

Zur Bestimmung des pH-Wertes wurde ein pH-Meter mit automatischer Temperaturkompensation bei 25 °C in Kombination mit einer pH-Elektrode (pH 191, WTW, Weilheim, D) verwendet. Die Messung wurde nach der Entnahme auf der Forschungsstation durchgeführt sowie auch im Labor der Universität Innsbruck.

2.2.3 Alkalinität, DOC, DP, TP, DN, NO3-N und NH4-N

Diese Analysen wurden im Labor von Josef Franzoi und Werner Müller durchgeführt, denen ich an diese Stelle dafür danken will.

Tabelle 4: Bestimmung der abiotischen Parameter

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2.3 Epifluoreszenzmikroskopie

2.3.1 Präparation der Proben

Wie in Tabelle 2 bereits erwähnt, wurden die Proben in 50 ml Falcon-PE-Röhrchen abgefüllt und mit 2,5ml 36 %igem Formol auf eine Endkonzentration von 2% fixiert. Die Aufbewahrung der Proben erfolgte im Dunkeln bei 4 °C, die Bearbeitung der Proben unter dem Abzug.

Für die Bearbeitung der bereits fixierten Proben waren folgende Chemikalien notwendig:

- DAPI mit einer Konzentration von 100 µg 100 ml-1
- Natrium-Kalium-Citrat-Puffer bestehend aus:

5 ml Milli-Q + 1,1 g Trinatriumcitrat-2-Hydrat

5 ml Milli-Q + 0,6 g Tricalciumcitrat-Hydrat

- Immersionsöl: Cargille Type A (nicht fluoreszierend)
- Milli-Q (partikelfreies, destilliertes Wasser)

Probenaufbereitung:

1. Filtrationsturm, bzw. Glasaufsatz gut mit Milli-Q auswaschen;
2. Auf die Filterfritte einige Tropfen Milli-Q geben, den Unterlegefilter (Sartorius, Cellulose Nitrat Filter, Porengröße 0,45 µm, Durchmesser 25 mm) darauf platzieren, darüber den Polycarbonatfilter (Osmonic Inc., Polycarbonat, schwarz, Porengröße 0,22 µm, Durchmesser 25 mm) legen;
3. Glasaufsatz mit Klemme befestigen;
4. Je nach erwarteter Abundanz 5 bis 20 ml Probe in den Glasturm pipettieren;
5. Zugabe von 0,4 % Na-Ka-Citrat-Puffer (partikelfrei filtriert) für eine sanftere Färbung bei einem physiologischen pH;
6. Zugabe von DAPI, Endkonzentration ca. 1 µg ml-1, auf alle Fälle aber im Überschuss;
7. Inkubation von 7 min;
8. Abfiltrieren, bis der Filter trockenfällt;
9. den Polycarbonatfilter mit einer Pinzette abnehmen und auf einem Objektträger nach Möglichkeit faltenfrei auflegen;
10. einen Tropfen Immersionsöl auf den Filter geben und mit einem Deckglas nach Möglichkeit luftblasenfrei abdecken. Sollten doch Luftblasen eingeschlossen sein, diese vorsichtig entfernen;
11. sofortiges Auswerten des Präparates mittels Epifluoreszenzmikroskop oder Lagerung bei Dunkelheit und –20 °C;

2.3.2 Das Epifluoreszenzmikroskop

Zur Auswertung der Proben kam das Zeiss Mikroskop Axioplan 2 zur Anwendung. Als Lichtquelle diente eine Quecksilbernatriumdampflampe zur UV-Anregung. Diese Lampe hat einen Wellenlängenbereich von kurzwelligem UV-Licht bis hin zu Licht im rotem Bereich. Um nun spezifische Wellenlängen zur Anregung bestimmter Fluoreszenzfarbstoffe zu erhalten, wurde ein optischer Erregungsfilter verwendet (360 nm). Der Farbteiler bei 395 nm bewirkt, dass Licht unter dieser Wellenlänge (395 nm) zum Präparat und Licht mit einer größeren Wellenlänge zum Okular gelangt. Bevor der Lichtstrahl ins Okular fällt, wird noch ein Sperrfilter (397 nm) eingesetzt, um zu vermeiden, dass kurzwelliges Licht den Beobachter gefährden kann.

Bei der Auswertung wurde von mir zuerst die Bildanalyse (Aufnahme und Auswertung) der Bilder durchgeführt, anschließend die Abundanz und die Anzahl der Filamente gezählt.

Die Auswertung der fluoreszenzmarkierten Proben erfolgte gesondert.

Bildanalyse

Die Bilder wurden mit einer CCD-Kamera bei einer Vergrößerung von 1.250 aufgenommen, die Gesichtsfelder zufällig gewählt. 400 Zellen bzw. 40 Gesichtsfelder wurden durch ein Makro (© Posch & Andreatta) aufgenommen und mit einem weiteren Makro ausgewertet. Die Kantenfindung wird bei diesem Makro mit einem Filter (Mexican Hat) durchgeführt, der Hintergrund wird dabei homogenisiert und die Schwellwerte bestimmt (TRESHOLD). Ergebnis ist ein Binärbild, das das Graubild überlagert. Eine Nachbearbeitung des Binärbilders war in den meisten Fällen notwendig. Die Zell-Größen-Messung (Ermittlung mit dem oben angesprochenen Makro) wurde in einer Textdatei gespeichert, die mittels Computer im Excel ausgearbeitet wurde (POSCH et al. 2001).

Mit der Bildanalyse wurden folgende bakterielle Daten ermittelt:

1. Zell-Länge
2. Zell-Breite
3. Zell-Volumen
4. C-Gehalt der Zellen
5. und C-Gehalt nach Loferer-Krößbacher (1998)

Bakterielle Abundanz

Unter UV-Anregung (Filterkombination 365/395/397 nm) wurde mit der kleinsten Vergrößerung die Schärfenebene gesucht. Danach wurden die Präparate mit dem 100er Objektiv bei einer Vergrößerung von 1600 ausgezählt.

Ein Okular des Mikroskops ist mit einem Zählraster versehen, das bei einer definierten Vergrößerung einen bestimmten Abschnitt des Mikroskopbildes (= Zählfeld) bedeckt. Gezählt wird, wie viele Bakterien innerhalb eines Zählrasters (= Zählfeldes) liegen und wie viele Zählraster (= Zählfelder) insgesamt beachtet wurden. Pro Präparat wurden mindestens 400 Bakterien gezählt (PORTER & FEIG 1980).

Bei der Auswertung der fluoreszenzmarkierten Proben wurden ca. 1000 Bakterien gezählt. Zuerst wurden pro Zählfeld die bei Grünanregung leuchtenden Bakterien und nachher die DAPI-gefärbten Bakterien gezählt. So wurde gewährleistet, dass nur die doppelt gefärbten Bakterien gezählt wurden. Sämtliche Proben wurden auch ohne Oligonukleotidsonden hybridisiert, um die Autofluoreszenz bei Grünanregung festzustellen.

Berechnung der Zellzahl (Abundanz):

NB = Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

NB Bakterienzahl [Bakterien ml-1 ]

N Anzahl der gezählten Bakterien [Bakterien]

FG Gesamte Fläche des Filters [346 106 µm2 ]

DF Verdünnungsfaktor (dilution factor) = 1.05 (Zugabe von Formol)

FA Ausgezählte Filterfläche [µm2 ]

V filtriertes Volumen [ml]

VP Gesamtprobenvolumen [ml]

VFIX Volumen des zugegebenen Fixativs [ml]

2.4 Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)

2.4.1 Einleitung

Bei der Untersuchung natürlicher Proben bestand lange Zeit das Problem, dass die Bakterien auf Grund mangelnder morphologischer Diversität nicht in situ identifiziert werden konnten. Deshalb mussten die Bakterien kultiviert, isoliert (Erzielen von Reinkolonien) und an Hand von physiologischen und biochemischen Tests identifiziert werden.

Durch Kultivierung konnte zwar das Vorhandensein verschiedener Mikroorganismen in verschiedenen Habitaten nachgewiesen werden, doch die meisten freilebenden Bakterien sind nicht kultivierbar. Standardmedien selektieren in der Regel nur einen kleinen Prozentsatz der in der Probe vorhandenen Bakterien. In der Literatur werden bei optimalen Medien Wiederfindungsraten von 1-15 % der Gesamtzellzahl angegeben. Weiterhin wurde eine erhebliche Populationsverschiebung mit selektiver Begünstigung leicht kultivierbarer Arten festgestellt. Um die wirkliche Populationsstruktur zu erfassen, empfiehlt sich eine direkte Erkennung und Identifizierung in situ. Dafür können markierte Antikörper oder Oligonukleotidsonden eingesetzt werden. Voraussetzung für den Einsatz phylogenetischer Oligonukleotidsonden ist die Kenntnis der Sequenz der ribosomalen RNA (16S bzw. 23S) .

Die rRNA stellt aus den folgenden Gründen ein ideales Zielmolekül für die in situ Identifizierung dar:

1. Die rRNA ist ubiquitär in lebenden Zellen verbreitet (Ribosomen sind verantwortlich für die Proteinsynthese bei Pro- und Eukaryoten);
2. Die Sequenzen der 16S und 23S rRNA bilden die Grundlage zur phylogenetischen Taxonomie;
3. Es gibt sowohl hoch konservierte als auch sehr variable Regionen in den Sequenzen der 16S und der 23S rRNA. Somit lässt sich die Spezifität der Oligonukleotidsonden variieren;
4. Die rRNA liegt in hoher Kopienzahl in den Zellen vor (zwischen 5.000 und 50.000 Kopien), wodurch eine ausreichende Signalstärke der Fluoreszenz erreichbar ist; bei Zellen mit einer geringen Anzahl von Ribosomen muss allerdings eine Signalverstär­kung erfolgen;
5. Die rRNA ist als Zielmolekül für die Oligonukleotidsonden im Prinzip gut zugänglich; die Zugänglichkeit bestimmter Abschnitte kann durch zusätzliche Sonden erhöht werden.

Um die Zellwand der Mikroorganismen für die Oligonukleotidsonden durchlässig zu machen, werden die Zellen abhängig von ihrem Gram-Verhalten fixiert. Durch die Fixierung der Zellen wird die Tertiärstruktur der Ribosomen nicht vollständig denaturiert. Deshalb müssen Zielregionen auf der rRNA, die bei isolierter rRNA gut zugänglich sind, sich nicht auch zwingend für die in situ Hybridisierung eignen (aus Mikrobentaxonomie I, Praktikumsvorlage der TU-Dresden unter http://www.biologie.tu-dresden.de/mibi/Taxonomie2003.pdf).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Phylogenetischer Stammbaum auf Grundlage der ribosomalen RNA (aus Mikrobentaxonomie I, Praktikumsvorlage der TU-Dresden unter http://www.biologie.tu-dresden.de/mibi/Taxonomie2003.pdf)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12: Phylogenetischer Stammbaum der Eubacteria auf Grundlage der ribosomalen RNA (aus Mikrobentaxonomie I, Praktikumsvorlage der TU-Dresden unter http://www.biologie.tu-dresden.de/mibi/Taxonomie2003.pdf)

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Ende der Leseprobe aus 97 Seiten

Details

Titel
Mikrobielle Besiedelung der Eisdecke eines Hochgebirgssees während der Eislegungsphase
Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck  (Institut für Zoologie und Limnologie)
Note
gut
Autor
Jahr
2004
Seiten
97
Katalognummer
V27129
ISBN (eBook)
9783638292542
Dateigröße
2543 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mikrobielle, Besiedelung, Eisdecke, Hochgebirgssees, Eislegungsphase
Arbeit zitieren
Christian Gritsch (Autor:in), 2004, Mikrobielle Besiedelung der Eisdecke eines Hochgebirgssees während der Eislegungsphase, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27129

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