Der Traum vom Großraumtheater und seime Verwirklichung durch Max Reinhardt


Seminararbeit, 2001

24 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Reinhardts Zeit

3 Theaterkonzeption des Max Reinhardt

4 Zwischenbilanz zum Wirken Reinhardts

5 Massenregie bei Reinhardt

6 Das „Große Schauspielhaus“ oder die Erfüllung eines Reinhardtschen Traumes

7 Hofmannsthals und Reinhardts „Ödipus- Inszenierung“

8 Schlusswort

9 Literaturliste:

1 Einleitung

In der vorliegenden Hausarbeit werde ich mich mit der Massenregie Max Reinhardts näher auseinandersetzen . In diesem Bereich Reinhardts Schöpfung, der sich durch sein ganzes Lebenswerk zieht, wird mich im speziellen seine von Hofmannsthal bearbeitete Fassung des Sophokles Stückes, „König Ödipus“- Inszenierung beschäftigen.

Beginnend mit einem wenige Punkte seines Lebens streifenden Zeitraster werde ich versuchen v.a. ausgehend vom künstlerischen Geist seiner Zeit, der Reinhardt beeinflusst oder sogar geprägt hat, des Regisseurs Lebenszeit ein wenig darzustellen. Hierbei wird mich auch der politische, wissenschaftliche und allgemein- historische Umwandlungsprozess interessieren.

Als einen der größten Reformer in künstlerischer Hinsicht werde ich danach Reinhardt und seine Theaterkonzeption in Kurzform zu bereden haben. Nach einer Zwischenbilanz über Reinhardts Wirkungsbereiche widme ich mich dann ausführlicher der Massenregie Professor Reinhardts und seinen Vorstellungen, Zielen, Träumen und der sich daraus ergebenden Lösungsvorschläge und Traumerfüllungen dieses Schöpfungsgebiet betreffend.

Im Anschluss daran werde ich mich mit der Entstehung, Entwicklung und den Gründen für das Scheitern des „Großen Schauspielhauses“ als Traum- und Wirklichkeitswerdung immer in Bezugnahme auf die Massenregie befassen.

Das Endstück dieser Arbeit wird die Auseinandersetzung mit dem Anfang der Massenregie- Arbeit von Max Reinhardt sein.

Am 25. September 1910 wurde die „König Ödipus“- Inszenierung uraufgeführt. Diese Inszenierung, die Reinhardt in Zusammenarbeit mit dem „Textbearbeiter“ Hofmannsthal schuf, soll die Grundlage dieses Endstücks bilden. Ich werde mich hier mit dem Anteil Hofmannsthals am Erfolg der Vorstellung genauso auseinandersetzen wie mit den zahlreichen Quellen, die der Nachwelt als Brücken in die Vergangenheit in Bezug auf die Entstehung und Wirkung des Sophokles- Stücks und der reinhardtschen Inszenierung, geblieben sind.

In Gedanken an diesen großen Theatermann beginne ich nunmehr mit einem kurzen Abriss seines Lebens.

2 Reinhardts Zeit

Ein kurzer Einstieg in das Leben dieses großen Theatermannes Max Reinhardt zu geben ist für mich unerlässlich, um später im Detail ein Bild von einem Teil seines Werkes zu zeichnen, dem Arena- Spiel.

Max Reinhardt kam am 9.September 1873 als erstes von sieben Kindern von Wilhelm und Rosa Goldmann als Max Goldmann in Baden bei Wien zur Welt. Sein Bruder Edmund Goldmann, der später wichtigste Mitarbeiter Reinhardts und sein Finanzberater, der „Herbeischaffer großer Geldbeträge“[1] wurde im März 1875 geboren. Die Familie wuchs schnell an. Trotz der relativ ärmlichen Verhältnisse, in denen die Familie Goldmann lebte, nahm Max Reinhardt Klavierunterricht, die wohl einzige künstlerische Betätigung während seiner Kindheit, da auch das Theater im Elternhaus eine geringe Rolle spielte. Während Reinhardts Kindheit zog die Familie siebenmal innerhalb Wiens um. Der kleine Max Goldmann besuchte die Volks- Real- und Bürgerschule und sollte einen kaufmännischen Beruf erlernen. 1890 sammelt Reinhardt erste Erfahrungen als Schauspieler, die ihn für sein Leben prägen sollten. Seit dieser Zeit tritt er unter dem Namen Reinhardt in die Öffentlichkeit.

Den Streifzug durch das Leben Max Reinhardts unterbrechend, möchte ich nun kurz einen Exkurs wagen durch den Zeitraum von der Geburt bis zum Tod Reinhardts am 31.Oktober 1943 in New York, um, vielleicht prägende Ereignisse und Begebenheiten in dieser Zeit im politischen, kulturellen und historischen Bereich widerzuspiegeln.

Sein Leben begann kurz nach der Einigung Deutschlands also auch kurz nach den Kriegen, die zu dieser Einigung führten. Der erste und zweite Weltkrieg werden zu Lebenserfahrungen für Reinhardt. In seinem Heimatland Österreich löst sich die Donaumonarchie auf, in England wird das Ende des viktorianischen Zeitalters eingeleitet, in Russland bricht das Zarenreich zusammen und in Deutschland zerbricht das wilhelminische Kaiserreich. Der Liberalismus und die Sozialdemokratie stecken in den Anfängen und bereiten die Wohlfahrtsstaatlichkeit vor. Die USA zeigen Größe durch die sozialen Reformen des New Deal und die Bolschewisten in Russland zeigen einen neuen Weg in eine ganz andere Richtung auf.

In Deutschland, seiner Wahlheimat, erlebt Reinhardt die erste deutsche Republik und sieht sie in dem NS- Staat untergehen.

Seine Zeit bringt Einstein und Röntgen hervor. Das Penicillin wird erfunden. Ein neues Medienzeitalter bringt Radio, Film und Fernsehen. Im kulturellen Bereich breitet sich der Impressionismus der französischen Maler aus und in der Musik gehen Brahms, Wagner und Strauß neue Wege. Durch Autoren wie Oskar Wilde und Ernest Hemingway in England und Amerika sowie Gerhart Hauptmann in Deutschland erfährt das Theater zahlreiche Neuerungen. In England sorgt dafür Gordon Craig, in Frankreich Antoine und in Russland Stanislawsky. Otto Brahm lässt mit einer Inszenierung des Stückes „Vor Sonnenaufgang“ von Gerhart Hauptmann den Naturalismus Einzug halten.

Ein junger Schauspieler seines Theaters war Max Reinhardt, der durch seine hervorstechenden Verkörperungen alter Männer schnell im Ensemble Brahms aufstieg.

Zuvor hatte Reinhardt Erfahrungen als Schauspieler gesammelt und Unterricht bei Maximilian Streben und Emil Bürde genommen. Von 1894- 1903 blieb Reinhardt im Ensemble des „Deutschen Theaters“ in Berlin unter Brahm. Während dieser Zeit im Jahre 1901 wurde unter Max Reinhardts Beteiligung das „Schall und Rauch“ – Theater, welches später „Kleines Theater“ genannt wurde, ins Leben gerufen.

Seine erste offizielle Regie übernimmt Reinhardt 1902 in Berlin und inszeniert das Stück „Serenissimus“ von Leo Feld. 1903 feiert er seinen ersten großen Erfolg durch eine Inszenierung von Gorkis in „Nachtasyl“ im „Kleinen Theater“.

Ebenfalls in diesem Jahr übernimmt Reinhardt zusätzlich zum „Kleinen Theater“ auch noch die Direktion vom „Neuen Theater“.

Von nun an beginnt der steile Erfolgsweg dieses großen Theatermannes. 1905 ist Reinhardt bereits Direktor und Eigentümer des „Deutschen Theaters“ in Berlin. Er gibt die Direktion des „Kleinen Theaters“ und des „Neuen Theaters“ ab und eröffnet 1906 die Kammerspiele des „Deutschen Theaters“.

Seine zahlreichen Erfolge führen ihn auf Gastspielreisen nach Budapest, Leipzig, Dresden, Halle und vielen anderen großen Städte. Zwei Jahre vor der Heirat mit Else Heims 1910 wird ihr gemeinsamer Sohn Wolfgang geboren. Im Jahre der Heirat wird „König Ödipus“ von Sophokles in Hofmannsthals Bearbeitung uraufgeführt. Es ist Reinhardts erstes Arenaspiel und wird ihm ebenfalls einen großen Erfolg bescheren – dazu später ausführlicher. Es folgen weitere Großrauminszenierungen 1911 mit Hofmannsthals „Jedermann“ und 1912 der Pantomime „Das Mirakel“ von Karl Vollmoeller. 1918 kauft Reinhardt das Schloss „Leopoldskron“ bei Salzburg. Ein Jahr darauf eröffnet er das „Große Schauspielhaus“, der frühere Zirkus Schumann, mit der „Orestie“ von Aischylos mit einer Bearbeitung von Vollmoeller. 1923 pachtet Reinhardt das Theater in der Josefstadt in Wien. 298 Vorstellungen vom „Mirakel“ in New York bringen 1924 auch in den USA großen Erfolg. Der Tod seines Bruders Edmund und seines Wegbegleiters Hugo von Hofmannsthal 1929 treffen Reinhardt schwer.

Nachdem die Nationalsozialisten in Deutschland Einzug gehalten hatten, verließ Professor Reinhardt seine Wahlheimat Deutschland und kehrte vorerst nach Österreich zurück.

Bevor Reinhardt 1937 in die USA übersiedelte, die amerikanische Staatsbürgerschaft wurde ihm erst 1940 zugesprochen, arbeitete er 1934 und 1935 an seinem Film „Sommernachtstraum“ in Hollywood und ließ sich 1935 von seiner Frau Else Heims scheiden. Helene Thiming sollte von nun an an seiner Seite stehen.

Nach eher bescheidenen Erfolgen in Amerika stirbt Max Reinhardt 1943 in New York an den Folgen eines Schlaganfalls.

3 Theaterkonzeption des Max Reinhardt

Schon früh beschäftigte sich Max Reinhardt mit der Umsetzung seiner Vorstellung von einem zukünftigen Theater.

Bereits 1901 spricht er in einem Gespräch mit Arthur Kahane über seine Pläne. Er ist sich der Müdigkeit der Theaterbesucher bewusst, immer wieder sich selbst und ihre Alltagssorgen im Theater sehend. Er möchte versuchen mit seinem Theater dem Menschen wieder Freude zu bereiten. Reinhardt will, in die Zukunft weisend, den Naturalismus weiterentwickeln, seine Wahrheit übernehmen und mit Schönheit, ausfüllen. Erwill neue Wege ebnen und den Missmut durch neue Hoffnung ersetzen, der Schauspieler soll wieder als „der natürliche Mittelpunkt des Theaters“[2] begriffen werden, damit das Schauspieltheater gefördert werden kann. Ein weiterer großer Plan dieses Theatermagiers ist es, die alten Klassiker mit einem der Zeit angemessenen Geiste zu beleben, um so die Langeweile zu besiegen. Das Theater soll in seiner Vorstellung wieder zum Fest werden. Dazu benötigt Reinhardt in seiner Konzeption zwei Bühnen. Die eine Bühne, die Größere, für die Klassiker und eine andere für die Stücke der modernen Dichter.

Reinhardt spricht sogar von einer dritten Bühne und lässt von ihr verlauten: „...,eine ganz große Bühne für eine große Kunst monumentaler Wirkung, ein Festspielhaus, vom Alltag losgelöst, ein Haus des Lichts und der Weihe, im Geiste der Griechen, aber nicht bloß für die griechischen Werke, sondern für die große Kunst aller Zeiten bestimmt, in der Form des Amphitheaters, ohne Vorhang, ohne Kulissen, vielleicht sogar ohne Dekorationen, und in der Mitte, ganz auf die reine Wirkung der Persönlichkeit, ganz aufs Wort gestellt, den Schauspieler, mitten im Publikum, und das Publikum selbst, Volk geworden mit hineingezogen, selbst ein Teil der Handlung , des Stückes. Mir war der Rahmen, der Bühne und Welt trennt, nie etwas Wesentliches, meine Phantasie hat sich seiner Despotie nur ungern gefügt, ich sehe in ihm nur einen Notbehelf der Illusionsbühne, des Guckkastentheaters, aus den spezifischen Bedürfnissen der italienischen Oper hervorgegangen und nicht für alle Zeiten gültig, und alles was diesen Rahmen sprengt, die Wirkung erweitert und steigert, den Kontakt mit dem Publikum verstärkt, ob nach der intimen oder monumentalen Seite hin, wird mir immer willkommen sein. Wie mir alles willkommen sein wird, was die ungeahnten Möglichkeiten des Theaters zu vermehren geeignet ist.“[3]. Nachdem diese drei Bühnen realisiert sind, will Reinhardt seine Arbeit in die Welt tragen und in Gastspielen die Resonanz des Auslandes, die er für wichtig hält, wahrnehmen und verarbeiten.

4 Zwischenbilanz zum Wirken Reinhardts

Ohne vorzugreifen, was im Speziellen noch behandelt werden soll, kann man sagen, dass der Künstler, der Theatermann, der Zauberer, der Professor Reinhardt in seinem Lebenswerk nicht nur seine eigenen Träume, sondern auch die der Romantiker seiner Zeit verwirklichte. Er führte in wenigen Jahren das ihm anvertraute „Deutsche Theater“ zum Ruhm in der ganzen Welt. Gleich Stanislawsky in Russland wird in Deutschland durch Reinhardt die Regie als eigenständiges Kunstwerk angesehen. Alle Formen des Theaters nutzt er und prägt sie für sein Theater um. Er beginnt mit dem Kabarett, prägt die Kammerspiele im Theater, fördert die Klassikererneuerung in den Theatern, bezieht die Zirkusarenen, Kirchen und Schlösser in seine Theaterkonzeption mit ein und schließt mit allein für das Theater erbauten Städten. Oft wurde Max Reinhardt als Experimentator, als ein Pionier in vielen Bereichen des Theaters bezeichnet und das ist er bis heute in den Gedanken, das Theater betreffend, geblieben. Die dritte Bühne, von der Max Reinhardt in dem schon zitierten Gespräch von 1901 in weiser Voraussicht spricht, soll im Folgenden näher behandelt werden, da sie einen wesentlichen Teil in seiner Theaterschöpfung einnimmt.

[...]


[1] Herald, Heinz: Max Reinhardt. Bildnis eines Theatermannes. Hamburg. S. 21

[2] Fetting, Hugo: Max Reinhardt Schriften. Berlin. 1974. S.65

[3] Fuhrich, Edda: Max Reinhardt. „Ein Theater, das den Menschen wieder Freude gibt...“. München. 1987. S.105

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Der Traum vom Großraumtheater und seime Verwirklichung durch Max Reinhardt
Hochschule
Universität Leipzig  (Theaterwissenschaft)
Veranstaltung
Max Reinhardt
Note
1,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
24
Katalognummer
V27143
ISBN (eBook)
9783638292665
ISBN (Buch)
9783656760290
Dateigröße
543 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kurz vor dem Ende meines Theater- und Politikwissenschaftsstudiums erbrachte ich diese Leistung. Die Arbeit wurde mit 1,0 bewertet und von meinem Professor auf das höchste gelobt.
Schlagworte
Traum, Großraumtheater, Verwirklichung, Reinhardt
Arbeit zitieren
Christian Wolf (Autor:in), 2001, Der Traum vom Großraumtheater und seime Verwirklichung durch Max Reinhardt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27143

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