In der vorliegenden Bachelorarbeit wird die Berichterstattung deutscher Nachrichtenformate in Bezug auf die Art und Weise, wie mit dem Anschlag auf
den Boston-Marathon im April 2013 und der anschließenden Flucht und Ergreifung der vermeintlichen Täter umgegangen wurde. Der Untersuchungszeitraum beträgt eine Woche; Beginn ist der 16. April 2013, der Untersuchungszeitraum endet mit dem 22. April 2013. Es wird untersucht, ob und
wie sich die Berichterstattung der einzelnen Nachrichtenformate voneinander unterscheidet. Für die Analyse wurden deutsche Nachrichtenformate mit dem größten Marktanteil ausgewertet (ARD, Tagesschau, RTL, RTL Aktuell, Sat. 1,
Sat. 1 Nachrichten). Unterschieden wird zwischen den Sendestrukturen der Nachrichtenformate; ob es sich um öffentlich-rechtliche oder Privatsender handelt. Ein besonderer Fokus wird dabei auf den Umfang, die Fokussierung und die Art und Weise der Berichterstattung gelegt. Mit Hilfe einer empirischen
Inhaltsanalyse werden, anhand der daraus resultierenden Ergebnisse, Aussagen über die erbrachte Berichterstattung gemacht. Dennoch wird ein pragmatischer, kein systemtheoretischer Ansatz verfolgt. Es wurden empirische Belege gefunden, die einen generellen Unterschied zwischen privater und öffentlichrechtlicher Berichterstattung nachweisen. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass die privaten Nachrichtenformate ein terroristisches Ereignis eher dramatisieren, als die öffentlich-rechtlichen. Generell wiesen alle untersuchten
Sender eine eher täterfokussierte Berichterstattung auf.
Inhaltsverzeichnis
1.Problemstellung
2.Theoretische Verortung
2.1 Kritische Medientheorie, Kritische Theorie
2.2 Nachrichtenwerttheorie
2.3 Konvergenztheorie, Medienkonvergenz
3.Begriffsdefinition
3.1 Nachrichtensendung
3.2 Beitrag
3.3 Terrorismus, Terroranschlag
3.4 Dramatisierung
4.Forschungsstand
5.Der Anschlag auf den Boston-Marathon
5.1 Chronologie des Anschlags
6.Forschungsaufbau
6.1 Forschungsziel und Kernpunkte der Forschung
6.2Untersuchungsgegenstand und Forschungszeitraum
6.3 Hypothesen über die Berichterstattung
6.4 Forschungsdesign und Methodik
6.5 Inhaltsanalyse als Forschungsmethode
7.Codebuch
7.1 Formale Kategorien
7.2Inhaltliche Kategorien
7.3 Pretest und Intercoder-Reliabilität
8.Auswertung
8.1 Quantität der Berichterstattung
8.2 Fokussierung der Berichterstattung
8.3 Dramaturgie der Berichterstattung
8.4 Analyse des Bildmaterials
9.Fazit
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Anhang
Abbildungen
Tabellen
Codebuch
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1
Abbildung 2
Abbildung 3
Abbildung 4
Abbildung 5
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Abbildung 15
Abbildung 16
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Tabelle 10
Tabelle 11
1. Problemstellung
Die Massenmedien haben seit jeher einen sehr großen Einfluss auf die Meinungsbildung der Menschen und vor allem auf das, „was die Mehrheit denkt und meint, fordert und verurteilt“ (Kepplinger 1992: 10). Ein wichtiges Instrument zur Meinungsbildung bilden in Deutschland die Nachrichtensendungen im deutschen Fernsehen. Diese „finden ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit und größte Beachtung unter den journalistischen Genres“ (Faulstich 2008: 78). Die Themenauswahl dieser Nachrichtensendungen ist abgestimmt auf die wichtigsten Ereignisse des Tages und steht im direkten Konkurrenzkampf mit allen anderen journalistischen Erzeugnissen, heutzutage vor allem mit den online publizierten. Es ist also das Ziel einer jeder Nachrichtensendung, am Abend noch einen informellen Mehrwert gegenüber der Berichterstattung zu liefern, die ein Rezipient über den Tag bereits erfahren hat.
Die verschiedenen Nachrichtensendungen haben unterschiedliche Prinzipien, was die Personalisierung, Dramatisierung und Emotionalisierung betrifft (Faulstich 2008: 85). Diese Prinzipien einer Nachrichtensendungen, und damit einhergehend ihre „Werte und Ideologien“, können durch empirische Studien miteinander verglichen werden (vgl. ebd.). In Deutschland ist dies besondere interessant, da eine Trennung von Öffentlich-Rechtlichen- und Privatsendern vorliegt. In Deutschland existiert ein zweigliedriges Mediensystem, einmal das öffentlich-rechtliche und einmal das private. Allgemein gilt in Deutschland die Annahme, dass die öffentlich-rechtlichen Sender eine sachlichere und seriösere Berichterstattung abliefern.
In dieser Forschungsarbeit wird die mediale Umsetzung der deutschen Nachrichtensendungen über das am 16. April 2013 stattgefundene Attentat beim Boston Marathon (USA) untersucht. Bei dem Anschlag wurden drei Menschen getötet und weitere 264 verletzt. Der Anschlag, sowie die Suche und Verfolgung der Täter fanden enorme mediale Aufmerksamkeit. Gerade im Netz fand eine Online-Hetzjagd auf vermeintliche Täter statt (Pohlmann 2013). Es soll in dieser Arbeit untersucht werden, wie die öffentlich-rechtlichen einerseits und die privaten Nachrichtensendungen andererseits das Attentat medial verarbeitet haben. Es werden nur Hauptnachrichten untersucht und die Sender werden hinsichtlich ihres Marktanteils ausgesucht. Der Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Umfang und der Art und Weise der Berichterstattung. Lassen sich tatsächlich Unterschiede zwischen der Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen und der der privaten Nachrichtensendungen feststellen? Wer berichtet häufiger und länger über das Attentat und über dessen Folgen? Gibt es in der Berichterstattung einen deutlichen Fokus auf die Opfer des Anschlags, oder werden die Täter besonders häufig in den Mittelpunkt der Berichte gestellt? Versuchen die Nachrichtensendungen das Ereignis zu dramatisieren, und wenn ja, wie tun sie das? Berichten die Sender besonders häufig live vor Ort? Diese Fragen werden mit Hilfe einer sowohl quantitativen als auch qualitativen Inhaltsanalyse untersucht, um ein empirisch haltbares Ergebnis zu gewährleisten.
Die Forschungsarbeit lässt sich in vier Abschnitte aufteilen. Im ersten Abschnitt erfolgt eine Übersicht über die theoretischen Grundlagen für die Herangehensweise und die spätere Analyse. Im zweiten Abschnitt wird mit Hilfe der geschaffenen Grundlagen ein Forschungszugang ermittelt, es werden Hypothesen formuliert und eine Forschungsmethode ausgesucht. In diesem Fall ist es die Erstellung eines Codebuchs zur empirischen Untersuchung der TV-Sendungen. Die daraus resultierenden empirischen Befunde werden im dritten Abschnitt analysiert. Im Hinblick auf die Theorie werden die Ergebnisse im vierten Teil anhand der aufgestellten Hypothesen überprüft und interpretiert.
Nicht betrachtet wird in dieser Forschungsarbeit eine Analyse im Zusammenhang mit dem Framing-Konzept, der Medienwirkungsforschung, der Rezeption und Verarbeitung sowie den daraus resultierenden Medieneffekten.
Für die Recherche wurde in Bibliotheken und mithilfe des Internets nach deutsch- und englischsprachiger Fachliteratur und themenspezifischer Studien gesucht und diese wurden anhand ihrer Verwertbarkeit eingeordnet und flossen in die Arbeit ein. Eine Übersicht der verwendeten Literatur und Internetquellen sind in den entsprechenden Verzeichnissen zu finden.
2. Theoretische Verortung
Nachfolgend werden die Theorien vorgestellt, die zur empirischen Forschung des Themas von hoher Wichtigkeit sind. Zum einen dienen sie dazu, Messmethoden zu entwickeln, und zum anderen bieten sie die Grundlage, um später die entsprechenden Messergebnisse zu bewerten und einzuordnen zu können.
2.1 Kritische Medientheorie, Kritische Theorie
Die kritische Medientheorie geht auf die Entwicklungen von den Soziologen Theodor W. Adorno und Max Horkheimer im Zuge der Frankfurter Schule zurück, die ihre Anfänge im 1941 erschienenen Schlüsselwerk „Die Kunst im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ von Walter Benjamin hat (Weber 2003: 108). Diese Theorie besagt unter anderem, dass der Eindruck der „großen Vielfalt“ in den Medien, „faktisch nur eine minimale Variation des Immergleichen darstellt" (ebd.: 127). Trotz einer Variation von Erzähl-, Inszenierungs-, und Genremustern der verschiedenen Sender entsteht eine „konstante, industrielle Dynamik“ (Horkheimer, Adorno 1988: 142). Adorno und Horkheimer haben mit ihrer Kritischen Theorie den bereits vorliegenden Theorieansatz Benjamins erweitert (Hepp 2013: 174ff.).
In den achtziger Jahren setzte sich international bei den Forschern eine wesentlich breitere Verwendung der kritischen Theorie durch (vgl. ebd.). Man begann mit der Theorie „all solche Ansätze zu bezeichnen, die mit einer produkt- bzw. textkritischen Perspektive verbunden sind, die an Strukturalismus, Poststrukturalismusund/oder Postmodernismus anknüpfen“ (ebd.: 174f.). Somit entstand die kritische Medientheorie als Erweiterung der kritischen Theorie, bzw. als kritische Sichtweise des medialen Geschehens.
Die kritische Medientheorie muss differenziert betrachtet werden, daes zwei Formen der Erkenntnisgewinnung in der Forschung gibt. Zum einen sind dies die Erkenntnisinteressen der anwendungsbezogenen und administrativen Sozialforschung, die mediales Material, das verwertbar ist, ermittelt und untersucht. Zum anderen gibt es die kritische Kommunikationsforschung, die sozial strukturelle Selektionsmechanismen aufdeckt, um damit zu erklären, warum bestimme Dinge verschwiegen oder unterdrückt werden (vgl. Prokop 1973: 7ff.). Diese Forschungsarbeit bedient sich der anwendungsbezogenen und administrativen Sozialforschung anhand der ausgestrahlten Beiträge der TV-Nachrichtensender und die Aussage des Kommunikationswissenschaftlers Hans Mathias Kepplingers zurück geht: „Der Eindruck, den die Öffentlichkeit von einem Konflikt gewinnt, hängt folglich davon ab, welche Ereignisse und Aspekte publiziert werden“ (Kepplinger 1992: 68).
Der Soziologe Dieter Prokop greift den Grundgedanken der Kritischen Medientheorie auf und interpretiert die Entwicklung der Massenmedien als „populäre Inszenierungen aller Art“ (Prokop 2000: 11); diese haben für ihn zwar sowohl informativen als auch unterhaltenden Charakter, sind aber hauptsächlich darauf ausgerichtet, hohe Einschaltquoten o.Ä. zu generieren (ebd.).
In diesem Bezug werden die TV-Nachrichtenformate ausgesucht und hinsichtlich der Art und Weise sowie der Dauer bzw. der Anteil der thematisch relevanten Berichterstattung während einer gesamten Sendung untersucht. Das soll Aufschluss darüber geben, welche TV-Nachrichtensendung dem Ereignis insgesamt einen höheren Stellenwert gegeben hat und ob sich eine generelle Differenzierung der Berichterstattung zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medienanstalten feststellen lässt.
Des Weiteren soll auf die Aussage Münchs näher eingegangen werden: „Denn über Erfolg oder Misserfolg politischer Maßnahmen entscheidet immer weniger die Richtigkeit der Maßnahme und immer mehr die Art ihrer öffentlichen Thematisierung. […] Die öffentliche Inszenierung wird zum eigentlichen Erfolgskriterium der Politik“ (Münch 1992: 95). Münchs Ansatz lässt sich auch auf die Medienwelt und deren Berichterstattung übertragen. So kann beispielweise davon ausgegangen werden, dass durch eine erhöhte Frequenz der Berichterstattung und Personalisierung, durch eine Art „öffentliche Inszenierung“, welche bei Münch Auswirkungen auf die Politik hat, auch eine artifizielle Nähe bei Medienereignissen geschaffen werden kann. Diese Forschungsarbeit beschäftigt sich mit der Quantität und Ausprägung der Berichterstattung über die Opfer bzw. über die Täter des Attentats.
2.2 Nachrichtenwerttheorie
Die Grundlagen der Nachrichtewerttheorie geht auf die Gatekeeper-Forschung der 40er Jahre zurück (Bonfadelli 2002: 49). Sie wurde später im Zuge der Friedensforschung weiterentwickelt, um „den Informationsfluss zwischen den Staaten“ zu erforschen (Uhlemann 2012: 29). Mit dem zunehmenden Rollenverständnis der Journalisten in den sechziger Jahren erhielt die Nachrichtenwerttheorie einen sehr hohen Stellenwert. Nachrichtenfaktoren sind die zentralen Merkmale, die bei einem Ereignis gegeben sein müssen, um eine Nachricht wert zu sein (Bonfadelli 2002: 49).
Die wissenschaftlich fundierte Nachrichtenwerttheorie kann bis zu 20 Faktoren berücksichtigen, von denen sieben als „die vielleicht wichtigsten Merkmale“ (Faulstich 2008: 81) angesehen werden. Das Merkmal der Visualisierung besagt, dass ein Ereignis eher zu einer Nachricht wird, je negativer es ist (vgl. ebd.). Ein traditionelles Nachrichtenmagazin hat den Schwerpunkt auf Information, während sog. Nachrichtenshows „Infotainment“ anbieten – „die Vermischung von Information und Unterhaltung“ (ebd.: 80). Der Negativismus in der Nachrichtenwerttheorie beschreibt, dass je negativer ein Ereignis ist, desto eher wird es zu einer Nachricht. (ebd.: 82). Ein weiteres Merkmal ist die Personalisierung, die besagt, dass eine Nachricht eine höhere Wertigkeit bekommt, wenn sie „stärker personenbezogen ist“ (vgl. ebd.). Bei der Fernsehnutzung bzw. beim Nachrichtenkonsum kann man den Negativismus und die Personalisierung auch auf die parasoziale Interaktion zurückführen. Die parasoziale Interaktion ist ein Begriff der Medien-Interaktion und beschreibt die Beziehung zwischen dem Rezipienten und einem Medium (Bonfadelli 2004: 209). Der Rezipient erhält durch das Fernsehen „das Gefühl der Realität als Illusion der persönlichen Nähe und Intimität“; „(das Fernsehen) […] erlaubt also Engagement und Pseudoauthenzität, ohne persönliche Verpflichtung, ohne physischen Kontakt und sozialen Aufwand […]“ (ebd.: 211-212). Bei einem negativen Ereignis kann das Konsumieren der Nachricht als passive Anteilnahme verstanden werden, und durch das vermittelte Wissen wird über die beteiligten Personen eine Art Bezug aufgebaut. Ähnlich verhält es sich mit dem Merkmal der Bedeutsamkeit. Eine Nachricht erhält an Wert, „je direkter es mit seinen Auswirkungen die Zuschauerinnern und Zuschauer betrifft“ (Faulstich 2008: 82). Hier wird eine Aufmerksamkeit durch einen direkten oder indirekten Zusammenhang zwischen dem Ereignis bzw. der Nachricht und der möglichen Auswirkungen für den Rezipienten geschaffen (vgl. ebd.). Bei dem Merkmal der Prominenz kann ebenfalls auf die parasoziale Interaktion verwiesen werden, da sich in der Folge vom „habitualisierten Fernsehen längerfristig parasoziale Beziehungen zwischen dem Zuschauer und Serienfiguren […] entwickeln“ (Bonfadelli 2002: 212).
Es kann davon ausgegangen werden, dass die Wahrscheinlichkeit für die mediale Umsetzung umso höher ist, je mehr Merkmale auf sie zutreffen (Faulstich 2008: 82). Ein häufiger Untersuchungshintergrund ist, dass eine Nachricht nur deshalb eine Nachricht geworden ist, da für eine Berichterstattung umfangreiches und gutes Bildmaterial vorhanden ist. Als zynisches Beispiel für eine gute Bildausgangslage war beispielweise der Anschlag vom 11. September 2001 in New York. Die Bilder der Anschläge sind einem wolkenlosen Himmel bei besten Sonnenschein entstanden, es ist durchaus in Betracht zu ziehen, dass bei einem düsteren Regentag die Bilder weniger medienwirksam hätten eingesetzt werden können. Bilder und vor allem O-Töne suggerieren dem Rezipienten „Augenzeugenideologie bzw. Glaubwürdigkeit“ (vgl. ebd.). Die Forschungsarbeit greift wesentliche Merkmale der Nachrichtenwerttheorie heraus, um für eine empirische Forschung nötige Kategorien zu erstellen und das gesamte Ereignis einordnen zu können.
2.3 Konvergenztheorie, Medienkonvergenz
Die Hypothese bzw. Theorie der Konvergenz hat ihre Wurzeln in den wissenschaftlichen Beschäftigungen der sechziger Jahre. „Medienkonvergenz in einem gegenstandsunspezifischen Verständnis meint Konvergenz dem Prozess wechselseitiger Annäherung von Zuständen und Sachverhalten, mit dem Ergebnis, dass am Ende dieses Prozesses die Distanz zwischen den Objekten geringer ist als an seinem Anfang“ (Marcinkowski 2013: 210ff). Die heutige Konvergenztheorie bezieht sich hauptsächlich auf die Ergebnisse der Arbeiten von Wissenschaftler Wolfgang Schulz, der eine allgemeine Formulierung der Theorie veröffentlichte. Diese Theorie bildet den Stamm der Forschung, woraus sich mehrere Äste mit verschiedenen Schwerpunkten entwickelten (vgl. Uhlemann 2012: 29ff.). Mit Hilfe der Konvergenztheorie beschreibt Bonfadelli (vgl. 2002: 121ff.), dass zusätzliche Rundfunkveranstalter zu einer Vergrößerung der programmlich-publizistischen Vielfalt führen. Des Weiteren können mit Hilfe der Konvergenztheorie, Aussagen über die Medienqualität erstellt werden. Bonfadelli nimmt vier Perspektiven für die Theorie: die der Gesellschaft, des Staates, der Medien und Medienproduzenten, sowie die Nutzung durch das Publikum. Zur Messung werden die Perspektiven auf die Bezugsebenen bezogen: Evaluierung des gemeinwohlorientierten Auftrags, des staatspolitischen Auftrages, des qualitätsorientierten journalistischen Auftrages und des rezipientenorientierten Auftrages der Massenmedien. Diese vier Perspektiven können nun, je nach Forschungsfrage und Ausgangslage, verschieden gewichtet werden.
In der Kommunikationswissenschaft wird der Begriff „Medienkonvergenz“ in folgende Dimensionen unterteilt: technische, politische, ökonomische und inhaltliche Dimension (Marcinkowski 2013: 210). Die technische Dimension steht für die Verschmelzung von Endgeräten für die „Individual- und Massenkommunikation“ (ebd.: 211). Als Beispiel dient das Smartphone, das eine Verbindung von „Hörfunkempfänger, Fernsehgerät, Telefon und Internet-PC in einem einzigen Multifunktionsgerät“ (ebd.) darstellt. Durch diese voranschreitende technische Konvergenz ist ein Wandel in der Medienpolitik und vor allem im Medienrecht unausweichlich. Dadurch werden „Regulierungs- und Ordnungsrahmen“ (ebd.) geschaffen. „Das führt nicht nur zum Zusammenwachsen vormals getrennter Rechtsbereiche, sondern auch zur Zusammenlegung politisch-administrativer Zuständigkeit für Informationstechnologie, Telekommunikation und Medien, eine Entwicklung, die man als politisch-rechtliche Konvergenz bezeichnen kann.“ (ebd.).
Bei der Dimension der ökonomischen Medienkonvergenz geht es um den Zusammenschluss von „Medienanbietern und Telekommunikationsdienstleistern zu nicht selten global agierenden Mediamatik-Konzernen“ (ebd.). Die inhaltliche Dimension beschreibt zum einen, „dass ein einmal erfolgreiches Produkt in verschiedenen medialen Darreichungsformen immer wieder angeboten wird“ (ebd.). Das führt dazu, dass „die Programmkonkurrenz um den Medienzuschauer […] zur wechselseitigen Imitation erfolgreicher Strukturen und Formate und […] ähnlichen Programmangeboten“ (ebd.) zunimmt. Diese Dimension ist bei Betrachtung von Nachrichtensendungen von entscheidender Wichtigkeit, denndie Nachrichtenformate stehen in direkter Konkurrenz und versuchen, voneinander abzugrenzen.
In welcher Art und Weise die Berichterstattung über den Boston-Marathon stattfand, wird in dieser Arbeit eingehend untersucht und anschließend werden die Ergebnisse noch einmal senderspezifisch – die öffentlich-rechtlichen Sender auf der einen Seite und die privaten Sender auf der anderen Seite – miteinander verglichen.
3. Begriffsdefinition
Die nachfolgenden Begriffe sind elementarer Bestandteil dieser Forschungsarbeit und müssen deshalb eingehend dargestellt und erläutert werden. Anhand der Begrifflichkeiten lassen sich die verschiedenen behandelten Themen einordnen und im Laufe des Forschungsprozesses anwenden.
3.1 Nachrichtensendung
Es gibt verschiedene Ansätze zur Definition von Nachrichtensendungen. Faulstich beschreibt die Nachrichtensendung als Unterkategorie der „Informationssendungen“ (Faulstich 2008: 35), die bei besonderen Themen „ergänzt durch informationsfundierte Sondersendungen“ (ebd.) werden.
Bruns und Marcinkowski weisen bei der Definition auf die Vielfältigkeit dieses Sendungstyps hin. Sie unterteilen eine Nachrichtensendung in Hauptnachrichten, Kurznachrichten, Nachrichtenschlagzeilen, Nachrichtenmagazine, Nachrichten mit Wochenrückblick, Wetternachrichten Regionale Nachrichten, Fremdsprachliche Nachrichten, Presseschau und sonstige Nachrichten (Bruns, Marcinkowski 1997: 67).
Der Programmforscher Udo Michael Krüger sieht Nachrichtensendungen in zwei einander übergeordneten Kategorien. Die erste Kategorie sind Nachrichtensendungen mit ihren Unterkategorien; dazu zählen Wetternachrichten, Kurznachrichten, Hauptnachrichten, Nachrichtenmagazine, Ausführliche Nachrichten, Regionale Nachrichten, Wochenrückblick, Schlagzeilen, fremdsprachliche Nachrichten. Die zweite Kategorie besteht aus Nachrichten innerhalb des Frühstücksfernsehens, also den eigentlichen Nachrichten und dem Wetter (Krüger 1992: 209ff.) als einem Nachrichtenformat innerhalb eines eigenstehenden Sendungsformats. Die Medienforscher Joachim Trebbe und Hans-Jürgen Weiß spannen die Definition einer Nachrichtensendung weiter. Ihre Definition einer Nachrichtensendung beinhaltet neben universellen Nachrichten und Nachrichtenmagazinen, auch Spartennachrichten (Regional, etc.) und alle nachrichtlichen Böcke im Rahmen einer Frühstücksfernsehen-Sendung (vgl. Bruns, Marcinkowski 1997: 69; Weiss, Trebbe 2000: 126).
Eine eindeutige Definition und Eingrenzung von Nachrichten ist in der Wissenschaft schwer zu erreichen und Nachrichtensendungen sind auf Definitionsbasis nur schwer vom restlichen Programm zu trennen (vgl. Maurer 2005: 61ff.). Im Rahmen dieser Arbeit wird als Definitionsgrundlage das von Faulstich vorgestellte Kategoriesystem dienen; demnach werden nur die „traditionellen Informationssendungen“ (Faulstich 2008: 80) untersucht. Diese werden unterschieden in Haupt-, Kurz- und Spätnachrichten, sowie nach dem Ausstrahlungszeitpunkt unterteilt in Morgen-, Mittags-, Abend- und Mitternachtsnachrichten (ebd.).
3.2 Beitrag
Eine Nachrichtensendung im Fernsehen ist eine Zusammensetzung von verschiedenen Beiträgen unterschiedlicher Themen und „bietet somit unterschiedlichen Darstellungsformen Platz“ (Schult, Buchholz 2002: 188). Diese werden vorrangig eingeteilt in Wortnachrichten, Nachrichtenfilme, Reporterberichte, Statements, Interviews, Kommentare oder sonstige Formate. Für diese Forschungsarbeit gelten einzelne Beiträge als Untersuchungseinheiten. Diese können sowohl Meldungen mit den wichtigsten Fakten sein, aber auch Berichte die Hintergrundinformationen liefern. Eine Definition des Beitrags erfolgt hier über die Eingrenzung der journalistischen Darstellungsform.
Ein Beitrag setzt sich aus verschiedenen Elemente zusammen. „Bewegtbilder, teils von einer Agentur übernommen und nachträglich betextet, teils als eigene Reportage oder als Korrespondentenbericht“ (Faulstich 2008: 83). Darüber hinaus gibt es weitere Berichtsformen während einer Nachrichtensendung, wie beispielweise eine Meldung, oder ein Schalte bzw. Reporterstück. Das Reporterstück, auch Schalte genannt, entlehnt sich dem klassischen Interview. Dies findet statt „zwischen Redakteur bzw. Sprecher und Interviewpartner, entweder live oder vorher aufgezeichnet“ (ebd.: 84) Diese Eingrenzung ist wichtig, um später signifikante Ergebnisse über die Vielfalt einer Nachrichtensendung zu liefern. Die Definition des Beitrags wird in diesem Fall erweitert. Die Anmoderation eines Filmberichts wird ebenfalls zum Beitrag hinzu gewertet. Die Anmoderation wird als Sprechermeldung gewertet und ist eine „im Studio gesprochene oder verlesene Wortnachricht im On, mitunter mit visueller Illustration im Hintergrund“ (ebd.). Die nachfolgenden Beiträge werden in die verschiedenen journalistischen Darstellungsformen kategorisiert (siehe Anhang, Codebuch). Eine Off-Maz ist ein vom Moderator gesprochener Beitrag.
Der Beginn eines Beitrags ist entweder der Zeitpunkt der Anmoderation durch den Moderator oder eines Reporters oder ein eindeutiger Schnitt, der eine thematische und/oder bildtechnische Grenze zum vorherigen Beitrag darstellt. Ebenfalls erfolgt eine Eingrenzung der Beiträge über die Relevanz bzw. den Bezug. Beiträge mit einem direkten Bezug bzw. einer Relevanz zum Attentat und dessen Folgen werden gesondert untersucht.
3.3 Terrorismus, Terroranschlag
„Bis heute gibt es keine verbindliche Definition von Terror und Terrorismus“ (Moser 2008: 265). Terror und Terrorismus gelten als „vielschichtiges Phänomen“ (ebd.) und spielen nicht zuletzt seit den Anschlägen 2001 auf das World Trade Center in New York (USA) eine große gesellschaftliche Rolle. Das kanadische Forschungsteam ERTA, Équipe de recherche sur le terrorisme et antiterrorisme (zu Deutsch: Forschungsteam über den Terrorismus und Antiterrorismus), gegründet von dem Forscher Jean-Paul Brodeur, erläutert allein auf seiner Webseite fast 100 verschiedene Definitionen für Terrorismus (vgl. ERTA 2013).
Im Allgemeinen wird unter dem Begriff „Terror“ eine physische oder institutionelle Machtausübung gegen Bürger oder Gruppen gesehen. Terrorismus ist das Mittel des Terrors und wird als Waffe bzw. Methode benutzt, aus einer Vielzahl an Gründen. Das macht eine allgemeine Definition schwierig und ist Grund für die verschiedenen Definitionsansätze (vgl. Hirschmann 2003: 7ff.). Der amerikanische Historiker Walter Laquer sieht den Terrorismus als Androhung von Gewalt. Diese Gewaltandrohung kann wiederum zu Panik in der Gesellschaft führen und schließlich zu einem politischen Wechsel. Bruce Hoffmann, amerikanischer Terrorismusexperte, sieht im Terrorismus die Erzeugung von Gewalt und Angst im Mittelpunkt. Es soll entweder durch Gewalt oder allein durch dessen Androhung eine politische Veränderung erzeugt werden. Als deutscher Terrorismusexperte sieht Peter Waldmann den Terrorismus als planmäßig schockierende Gewaltanschläge gegen die politische Ordnung. Durch solche Anschläge soll allgemeine Unsicherheit und Schrecken, aber auch Sympathie und Unterstützungsbereitschaft konstruiert werden (vgl. ebd.: 8).
In dieser Forschungsarbeit wird mit der Definition vom deutschen Wissenschaftler Christian Sebastian Moser gearbeitet. Moser leitet die Definition aus dem Wort Terrorismus ab (Latein ‚Terrere‘: zittern, (er)schrecken, ängstigen). Terrorismus wird als „spezifische Form von politischer Gewalt beziehungsweise deren Androhung gegen Sachen und Menschen verstanden“ (Moser 2008: 266). Terrorismus wird damit klar vom Begriff des Krieges abgegrenzt, weniger aber vom Verbrechen. Heutzutage wird ein Terrorist meist als Verbrecher assoziiert. Diese Assoziation ist keineswegs final. Beispielweise wird bei einem Putsch der Terrorist zum Held, wenn der Putsch erfolgreich ist (vgl. ebd.). Moser formuliert deshalb den Begriff des Terrorismus sehr neutral. „Terrorismus ist weder eine Philosophie noch eine Ideologie. Terrorismus ist eine Methode, um einen anderen zum Handeln zu bewegen“ (ebd.).
Der Terrorismus ist in all seinen Formen auch immer von allgemeinem Interesse. Der Kulturwissenschaftler Hans-Georg Soeffner hat sich mit Terrorismus im Zusammenhang mit den Medien eingehend beschäftigt und beschreibt, warum ein großes Interesse der Allgemeinheit am Terrorismus erfolgt:
„Terrorismus – das Kalkül mit der dunklen Aura und Faszination des gezielt erzeugten Entsetzens, die ihre verhängnisvoll unwiderstehliche Zahlkraft der Verschmelzung von extremer Gewalt, plötzlichem Schrecken und gewaltsamen Tod verdanken – will Aufmerksamkeit erzwingen: über die Tat hinaus. Nicht die brutale Tat allein, sondern das Zusammenspiel von Tat und ihrer Wirkung erzeugt den Terror, der im terroristischen Kalkül instrumentalisiert wird: Terrorismus braucht Augenzeugen, die zu Berichterstattern, kollektiven Verstärkern und Missionaren des Schreckens werden sollen“ (Soeffner 2007: 77).
Diese Begriffsdefinition zeigt, dass man beim Begriff Terrorismus weiter denken muss. Er betrifft nicht nur Tätern und Opfern, sondern auch die viel wichtigeren Gruppe der „Second Hand“-Erlebenden (vgl. ebd.). Die „eigentliche Zielgruppe“ eines terroristischen Akts sind nicht die Opfer des jeweiligen Anschlags, sondern die, die den Anschlag narrativ und vor allem medial erleben (vgl. ebd.). Soeffner stellt folgende Regel auf: „Je größer der Verbreitungsgrad und je höher die Verbreitungsgeschwindigkeit des medial erzeugten kollektiven Entsetzens ausfallen, umso besser geht das terroristische Kalkül auf“ (ebd.). Diese Regel wird bei der Bewertung der Forschungsergebnisse mit berücksichtigt.
3.4 Dramatisierung
Die Dramatisierung im Journalismus wird von vielen Forschern als eine steigende Tendenz oder als ansteigender Trend betrachtet (vgl. Ehrensberger 2009: 62; Holtz-Bacha 2006:282; Lengauer 2007). Anwendung findet sie vor allem in der Politikberichterstattung (vgl. Lengauer 2007: 25ff.; Melischek 2008: 182ff.) und bei der Kriegsberichterstattung (vgl. Wilke 2008: 83ff.). Die Anfänge der Dramatisierung im Journalismus, lassen sich „in der (vor allem amerikanischen) journalistischen Tradition der überaus beliebten Darstellungsform der Geschichte“ (Ehrensberger 2009: 62ff.) finden. In der filmischen Dramaturgie ist die Dramatisierung ein „System des Handlungsaufbaus“ (Eder 2007:14), welches sich aus vielen einzelnen Aspekten wie z.B. Zusammenhänge, Kombination, Hierarchie zusammensetzt (vgl. ebd.). Der Medienwissenschaftler Knut Hickethier sieht die Dramaturgie „im emphatischen Sinne (als) eine Anlage des Geschehens, die uns als Zuschauer in eine Anspannung setzt, uns mitgehen lässt mit dem, was gezeigt wird“ (Hickethier 1996: 117).
Auch Kepplinger hat sich mit der Dramatisierung im Journalismus beschäftigt und unterscheidet sechs verschiedene Modalitäten von Dramatisierungen (vgl. Kepplinger 2001: 33ff.; 2005: 38ff.). Die erste Modalität bilden die „ Horror-Etiketten“. Bei einem Konflikt, Missstand oder Skandal werden Superlative oder sehr starke Begriffe, gar Übertreibungen verwendet. Diese Begriffe werden von „Verbrechens-Assoziationen“ unterstützt Ein Beispiel für ein solches Etikett mit einer Verbrechensassoziation wäre „Katastrophe“ und „Blutbad“ (Kepplinger 2001: 36). Der Wissenschaftler stellt die These auf, dass je höher die Wahrscheinlichkeit ist, dass großer Schaden entsteht, desto eher wird darüber berichtet – unabhängig von der Wahrscheinlichkeit des Eintretens Die Berichterstattung über solche in Aussicht gestellten Ereignisse nennt Kepplinger „ Gau-Spekulationen“. Solche Spekulationen können Anstoß sein für eine Berichterstattung über eine Reihe solcher Spekulationen und deren Folgen. Diese Modalität wird als „ Katastrophen-Collage“ bezeichnet. Um den Eindruck zu erwecken, ein Missstand sei bedeutender als er es wirklich ist, werden einzelne Aspekte dieses Missstands aufgegriffen und mit anderen relevanten Beispielen, Sicht- oder Herangehensweisen dargestellt. Dies bildet die Gruppe der „ Schuld-Stapelung“. Die letzte Modalität sind die optischen Übertreibungen, die in dieser Arbeit mit Grafischer Überzeichnung untersucht wird. Durch Kameratechnik oder andere technische Mittel „wird gelegentlich die Wirkung der Bilder […] gesteigert“ (Kepplinger 2001: 37).
„Um als Medienthema attraktiv zu sein, muss ein Drama eine gewisse Dynamik oder ein Überraschungsmoment mit sich bringen“ (Ehrensberger 2009: 63).Es wird analysiert, ob sich anhand der Berichterstattung der Nachrichtensendungen Merkmale finden lassen, die auf die Modalitäten der Dramatisierungen nach Kepplinger passen.
4. Forschungsstand
In der Welt der Forschung gibt es eine Vielzahl an wissenschaftlich fundierten Arbeiten, die sich mit Medien im Zusammenhang mit Terrorismus beschäftigen. Der überwiegende Teil der Arbeiten, die im Zuge der Recherche gefunden wurden, waren Studienarbeiten und Essays. Diese werden hier nicht weiter erläutert. Für einen groben Überblick über die bereits vorangegangene Forschung werden jedoch ausgewählte Diplom- und Doktorarbeiten, sowie eine Studie hier näher vorgestellt.
Die Diplomarbeit von Haiko Lietz (2002) befasst sich mit der Berichterstattung nach dem Terroranschlag in New York am 11. September 2001 in den Printmedien. Als Untersuchungsgegenstand werden Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und des Spiegels im Zeitraum vom 12.09.2001 bis zum 11.10.2001 analysiert. Die Arbeit untersucht, mit Hilfe einer empirischen Inhaltsanalyse, zum Beispiel wie sich die Printmedien positioniert haben, ob eine objektive Berichterstattung stattfand und welche Interessen hinter dem Journalismus standen. Die Ergebnisse werden anhand des Pressekodex und hinsichtlich der Arbeitsweise des Informationsjournalismus, analysiert. Die Ergebnisse der empirischen Studie warfen für Lietz eine zweifache Problematik auf. Zum einen werde bei den meisten journalistischen Erzeugnissen keine Distanz gewahrt, d.h. dass Informationen der US-Medien zum größten Teil übernommen wurden. Zum anderen zeige sich eine auffällige Konformität der Journalisten. Auf Grund der durchweg konformen Meinungsäußerung der Journalisten bezüglich Identität und Motivation der Täter kommt Lietz zu dem Schluss, dass die Art und Weise der Berichterstattung den Interessen bestimmter Gruppen in den USA diente. Aus diesen Erkenntnissen formuliert Lietz ein ‚Plädoyer für die Information‘. Dort beschreibt er, wie Journalisten mit Informationen über den Terrorismus umgehen sollten.
(vgl. Lietz 2002)
In der Dissertation von Christian F. Buck (2007) wird eine Fallstudie, der Entführung einer deutschen Familie auf die Philippinische Insel Jolo im Jahr 2000 hinsichtlich ihrer politischen Ökonomie in der Medienberichterstattung, untersucht. Dazu wurden ausgewählte Fernsehsendungen und Konferenzen auf ihren Inhalt hin analysiert. In der Arbeit werden vier wesentliche Ziele angegeben: ein genaues Verständnis des Falls, ein genaues Verständnis von Geiselnahmen allgemein, ein besseres Verständnis des Regierungshandelns bei Geiselnahmen und vertieftes Verständnis der Medien bei Geiselnahmen. Als Ergebnisse stellt Buck eine Reihe von Formulierungen vor, die sich aus der Fallstudie ergeben. Zu seinen Schlussfolgerungen gehört, dass Journalisten nur in der Illusion neutrale Beobachter seien, dass sie bei terroristischen Handlungen näher am Geschehen seien als die Regierung, dass Medien z.B. eine Geiselnahme mediatisieren könnten und dadurch Probleme für die Regierung entstünden.
(vgl. Buck 2007)
In dem Sammelband „Inszenierter Terrorismus“, herausgegeben von Nicole Haußecker (2010), werden vier Teilstudien zusammengeführt. Die Studie von Nicole Haußecker, Wolfgang Frindte, Susan Gniechwitz, Daniel Geschke und Jens Jirschitzka ist eine sowohl quantitative als auch qualitative Inhaltsanalyse der Terrorberichterstattung in den deutschen Fernsehnachrichten. Im Zeitraum vom August 2007 bis zum Februar 2009 wurden die Beiträge der Hauptnachrichtensendungen von ARD, ZDF, RTL, Sat.1, ARTE und N-TV untersucht. Die Kernpunkte der Untersuchung bildeten die Fokussierung, die Struktur der Berichterstattung und die Personalisierung der Täter. Die Forscher kommen u.a. zu dem Ergebnis, dass die öffentlich-rechtlichen Sender etwas mehr über den Terrorismus berichteten als die privaten. Weiterhin wurde herausgefunden, dass sich die untersuchten Sender unterschiedlicher Bilder zur Darstellung bedienen. Außerdem zeigten die Privatsender wesentlich häufiger Bilder der Opfer und haben Ton und Sprache häufiger dramatisierend eingesetzt als die ARD. Als Schlussfolgerung der Ergebnisse gaben die Forscher an, dass das Privatfernsehen einen nachweisbaren quantitativen und qualitativen Einfluss auf das persönliche Empfinden bezüglich einer Bedrohung durch Terroristen bzw. einen Terroranschlag haben kann.
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- Sven Wolff (Autor:in), 2014, Die Berichterstattung von Terroranschlägen. Die mediale Umsetzung des Anschlags beim Boston-Marathon in deutschen TV-Nachrichtenformaten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/271821
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