Sowohl in dem Konzept der Nachhaltigen Entwicklung, als auch beim Recht auf Entwicklung geht es um eine „Entwicklung“. Doch was bedeutet eigentlich der Begriff Entwicklung? Eine eindeutige Definition ist nicht schnell zu finden, stattdessen begegnen uns immer wieder Begriffe wie Entwicklungshilfe, Entwicklungszusammenarbeit, Entwicklungsland oder Entwicklungspolitik. Sicherlich kann man sich schnell darauf einigen, dass es sich bei Entwicklung zunächst einmal um eine Veränderung des bestehenden Zustands handelt. Weiterhin begegnen einem aber auch Begriffe wie „Entfaltung“, „Ausbau“, „Modernisierung“, „Heranbildung“ oder „Weiterentwicklung“. All diese Begriffe beschreiben einen (anzustrebenden) Prozess. Sie implizieren jedoch zunächst einmal weder die Art und Weise, wie dieser aussehen sollte, noch wohin er verläuft.
Was heißt Entwicklung?
Sowohl in dem Konzept der Nachhaltigen Entwicklung, als auch beim Recht auf Entwicklung geht es um eine „Entwicklung“. Doch was bedeutet eigentlich der Begriff Entwicklung? Eine eindeutige Definition ist nicht schnell zu finden, stattdessen begegnen uns immer wieder Begriffe wie Entwicklungshilfe, Entwicklungszusammenarbeit, Entwicklungsland oder Entwicklungspolitik. Sicherlich kann man sich schnell darauf einigen, dass es sich bei Entwicklung zunächst einmal um eine Veränderung des bestehenden Zustands handelt. Weiterhin begegnen einem aber auch Begriffe wie „Entfaltung“, „Ausbau“, „Modernisierung“, „Heranbildung“ oder „Weiterentwicklung“.1 All diese Begriffe be- schreiben einen (anzustrebenden) Prozess. Sie implizieren jedoch zunächst einmal weder die Art und Weise, wie dieser aussehen sollte, noch wohin er verläuft.
Im Jahr 1986 verfasste die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Erklärung über das Recht auf Entwicklung. Darin heißt es, dass Entwicklung ein umfassender wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und politischer Prozess ist, der die ständige Steigerung des Wohls der gesamten Bevölkerung und aller Einzelpersonen auf der Grundlage ihrer aktiven, freien und sinnvollen Teilhabe am Entwicklungsprozess und an der gerechten Verteilung der daraus erwachsenen Vorteile zum Ziel hat.2
Um ihre Lebensbedingungen und damit ihr Wohl langfristig zu verbessern, sollen die Menschen also selbst aktiv werden und sich selbst und andere entwickeln. Jedoch kann eine „freie Teilhabe“ an diesem Entwicklungsprozess auch eine Verweigerung jeglicher Teilhabe sein. In dem Fall wäre die Bevölkerung passiv und die anderen gefragt, aktiv zu werden und die Bevölkerung eines sich entwickelnden Landes in diese Entwicklung (sinnvoll) mit einzubinden. Das nennt man Entwicklungszusammenarbeit. Hier stellt sich die Frage, wie eine „sinnvolle Teilhabe“, bzw. Einbindung aussehen sollte.
Mir scheint, die Idee eines Rechts auf Entwicklung setzt voraus, dass „Entwicklung“ in obigem Sinne grundsätzlich positiv und erstrebenswert ist. Mehr noch kann sie als eine „im Keim vorhandene Anlage“ gesehen werden und damit als ein Prozess, der gewissermaßen „vorprogrammiert“ ist (Gieler 2009: 41). Nun kam es in den vergangenen Jahrzehnten zu der Entstehung westlicher Konzepte, welche den „Prototyp“ für Entwicklung zu definieren versuchen und erklären sollen, welche Entwicklung fortan von der Menschheit anzustreben ist und wie sie diesen Prozess beeinflussen sollte, damit sie „ihr Wohl langfristig verbessern“ kann.
Trotz aller Mehrdimensionalität dieser Konzepte fällt auf, dass sie immer wieder auf eine Dominanz der ökonomischen Dimension hinauslaufen. Da die Ökonomie gewissermaßen das „Steckenpferd“ der westlich-industrialisierten Welt ist, liegt der Verdacht nahe, dass dieser „Prototyp“ aus Sicht des globalen Gemeinwohls - falls es so etwas gibt - nicht ganz objektiv ist. Meiner Meinung nach kann er es nicht sein, denn er wird von den (ökonomischen) Interessen derjenigen verfälscht, welche die Macht haben, einen solchen „Prototyp“ zu definieren, bzw. einen Universalitätsanspruch dessen zu erheben.
So wird „Entwicklung“ oftmals mit „Wachstum“ gleichgesetzt, was nichts anderes heißt als Wirtschaftswachstum, also eine langfristige Maximierung von Gewinnen. Dass jedoch für bestimmte Staaten und Regionen dieser Erde Wirtschaftswachstum (ebenso Demokratisierungs-, Industrialisierungs- und Autonomisierungsprozesse) kein Erfolgsrezept darstellt, wird immer offensichtlicher. Trotzdem hält man weiterhin an der Universalisierung dieser Konzepte fest und meint auf diese Weise über kurz oder lang zu einer Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen der Menschheit beizutragen. Tatsächlich dienen wirtschaftsbasierte Entwicklungskonzepte aber vor allem den westlichen Industrieländern selbst.
Ich unterstelle, dass sich hinter der in der UN-Resolution geforderten „ständigen Steigerung des Wohls“ und der „gerechten Verteilung der daraus erwachsenen Vorteile“ zunächst einmal ein Anstieg materieller Güter verbirgt, der den Lebensstandard der Bevölkerung anheben soll. Da das Recht auf Entwicklung ein „Sammelrecht“ ist, verbergen sich hinter ihm aber auch sämtliche andere Rechte aus dem sozialen, kulturellen und politischen Bereich, die aus den Grundbedürfnissen der Menschen heraus erwachsen. Jedoch stellt sich die Frage, welche konkreten Bedürfnisse diesen zugrundeliegen. Ich denke, auch hier werden aus einer westlichen Perspektive heraus universelle Bedürfnisse des Menschen definiert, die weit über die existenziellen Grundbedürfnisse, wie etwa der Zugang zu sauberem Trinkwasser und Nahrung, hinausgehen. Diese Perspektive ist vor allem geprägt von der Entwicklung des Westens zu einer Industrieregion unter dem Banner des Kapitalismus.
Welche menschlichen Bedürfnisse eine Entwicklung tatsächlich begleiten, bzw. anstoßen, lässt sich meiner Ansicht nach jedoch nur von denjenigen Menschen wiedergeben, welche die Entwicklung tatsächlich anstreben und gestalten. Die „auf Wachstum der Produktion und Industrialisierung ausgerichtete Entwicklungszusammenarbeit“ hat in den vergangenen Jahrzehnten dazu geführt, dass sowohl die Wirtschaft als auch die sozio-kulturellen Strukturen vieler Länder zerstört wurden (Gieler 2009: 47). Die damit verbundene Verantwortung des Westens sollte jedoch den Ethnozentrismus nicht noch unterstützen, indem universelle Entwicklungskonzepte aufgestellt werden, die „den Karren wieder aus dem Dreck ziehen“ sollen, dabei aber das dem Westen dienliche bestehende globale Wirtschaftssystem nicht ernsthaft in Frage stellen.
Das Konzept der Nachhaltigen Entwicklung ist ein relativ junger Ansatz, der genau an diese Dominanz der ökonomischen Dimension anknüpft, indem er ein 3-Säulen-Gefüge konstruiert, das aus Ökologie, Ökonomie und der sozialen Dimension gleichermaßen besteht und in dem alle drei Dimensionen ineinandergreifen und auf diese Weise zu einer Entwicklung beitragen, welche „nachhaltig“, also gewinnbringend nicht nur für derzeitige, sondern auch für folgende Generationen ist.
Beschäftigt man sich etwas gezielter mit diesem Konzept fällt wiederum schnell auf, dass es nicht, wie man zunächst denken könnte, hauptsächlich in der „grünen Bewegung“ zu finden ist, sondern mittlerweile in den Wirtschaftsunternehmen der industrialisierten Welt ein immer stärkeres Thema wird. In einem Lexikon wird die Nachhaltige Entwicklung auch als ein „zukünftiger strategischer Wettbewerbsfaktor für die Wirtschaft“ bezeichnet.3 Geht es also nicht doch letztlich wieder allem voran um Profitmaximierung? Wollten wir mit diesem Konzept nicht ausbrechen aus dem ökonomischen Strudel unserer Zeit? Stattdessen hat der Kapitalismus das Konzept längst für sich eingenommen. Und mehr noch, alle sollen ihm folgen!
Rückt man einmal von unserem kapitalistischen Denken ab und schaut in andere Kulturkreise, wird man feststellen, dass die Idee des Konzepts Nachhaltiger Entwicklung - nämlich unsere natürliche Umgebung samt ihrer Ressourcen zu schonen und zu schützen, um auch langfristig in, von und mit ihr leben zu können - alles andere als neu ist. Dieses Bewusstsein ist in vielen außereuropäischen, weniger „anthropozentrischen“ Kulturen tief verwurzelt (Gieler 2009: 43). Das Verhältnis der Menschen zu ihrer natürlichen und sozialen Umgebung ist schlicht ein völlig anderes.
So geben beispielsweise Traditionen und (oft polytheistische) Religionen den Umgang mit der Natur vor, wobei dieser eigene Interessen und Bedürfnisse zugesprochen werden, die zu respektieren und schützen sind. Auf diese Weise war es diesen Kulturen über Jahrhunderte hinweg möglich ihren (Grund)Bedürfnissen unter ausgewogenen ökologischen, sozialen und ökonomischen Gesichtspunkten nachzukommen. Viele dieser Strukturen wurden erst durch die Einflüsse der Europäer zerstört, und zwar „nachhaltig“!
Und nun sieht man in dem Konzept der Nachhaltigen Entwicklung und in dem Menschenrecht auf Entwicklung globale Richtungswegweiser und Chancen auf eine gesicherte Zukunft und erhebt gleichzeitig einen Universalitätsanspruch. Alle sollen „an einem Strick ziehen“, damit sich langfristig positive globale Effekte zeigen.
Die UN-Resolution formuliert ein „Recht der Völker auf Selbstbestimmung“ sowie den „Anspruch auf eine soziale und internationale Ordnung, in welcher die in der Erklärung niedergelegten Rechte und Freiheiten voll verwirklicht werden können“.4 Die Frage ist jedoch, welche Möglichkeiten die Völker haben, ihren Weg, ihre „Entwicklung“, selbst zu bestimmen und wie eine entsprechende internationale Ordnung aussehen könnte.
Meiner Ansicht nach sollte sich eine solche internationale Ordnung nicht an universellen Konzepten orientieren. Trotz, oder gerade wegen der Globalisierung ist es nötig Entwicklungskonzepte zu differenzieren, denn es gibt nicht die eine von allen Menschen, bzw. Gemeinschaften anzustrebende Entwicklung und es sollte auch nicht weiter nach ihr gesucht werden. Wie man beobachten kann, führt die Globalisierung, vor allem in ökonomischer Hinsicht, nicht zu einer globalen Angleichung, sondern verstärkt die globale Stratifikation. Unsere westlich geprägten Entwicklungskonzepte werden diesen Prozess nicht aufhalten können, sondern ihn eher noch vorantreiben.
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1 http://www.duden.de/rechtschreibung/Entwicklung (09.07.2013)
2 http://www.unesco-phil.uni-bremen.de/dokumente/UNO/Recht%20auf%20Entwicklung.htm (09.07.2013)
3 http://www.nachhaltigkeit.info/artikel/forum_nachhaltige_entwicklung_627.htm (09.07.2013) 4
4 http://www.unesco-phil.uni-bremen.de/dokumente/UNO/Recht%20auf%20Entwicklung.htm (09.07.2013)
- Arbeit zitieren
- Sabine Forkel (Autor:in), 2013, Was heißt Entwicklung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/271936
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