Die Beabsichtigungen dieser wissenschaftlichen Arbeit, die zwei unterschiedliche Kompositionen in nächste Nähe rückt, fussen auf die Undurchsichtigkeit des Musikverständnisses jenes Zeitraums, der den Übergang zwischen Renaissance und Barock markiert. Damit ist in erster Linie die Rezeption Carlo Gesualdos - Fürst von Venosa - gemeint, der der Nachwelt gemeinhin als der durch Mord und Eifersucht in die Verzweiflung getriebene Musiker in Erinnerung blieb. Die ungeheure Tat ereignete sich im Jahr 1590 als Gesualdo seine junge Ehefrau Maria d'Avalos samt ihres Geliebten nach einem vorgetäuschten Jagdausflug in flagranti ertappte und im Beisein seiner anwesenden Jagdgesellschaft kaltblütig ermordete. Später in seinem Leben zog sich der nun unter Depressionen und Wahnvorstellungen leidende Komponist in sein gleichnamiges Schloss zurück, wo sein Leben, isoliert und vereinsamt, 1613 ein Ende fand.
Seither wird Gesualdos Werk stets von seiner aufwühlenden Biografik überschattet. Extravagant und seiner Zeit vorauseilend gelten seine Kompositionen, deren Hauptaugenmerk auf insgesamt sechs veröffentlichte Madrigalbänder liegt. Hochchromatische Strukturen verbinden sich hier mit einer herben Harmoniesprache und das Ergebnis ist eine stets von starken Affekten durchzogene Musik. Seine expressive Schöpfungskraft erfährt so in der Erschütterung seines Lebens eine psychologische Deutung.3 Diesem „traditionellen“ Zugang soll nun stattdessen ein musikhistorischer treten. Es soll der Frage nachgegangen werden, ob Gesualdos Werken tatsächlich den Ruf der Einmaligkeit gebühren, oder ob sie nicht viel mehr aus dem reichhaltigen musikalischen Umfeld entsprangen, in dem sich der Prinz stets bewegte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Madrigal Ancide sol la morte im Vergleich
- Die Textvorlage
- Analyse der Kompositionen
- Form
- Musikalische Gestaltungsmittel
- Zusammenfassung
- Deutung im musikhistorischen Kontext
- Gemeinsame Biografik der Komponisten
- Madrigale Satzprinzipien
- Gesualdos Manierismen
- Schlusswort
- Literaturverzeichnis
- Anhänge
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, die Musiksprache Carlo Gesualdos, insbesondere seine Verwendung der Chromatik, in den Kontext der Madrigaltradition des 16. Jahrhunderts zu stellen. Dabei wird Gesualdos Madrigal „Ancide sol la morte" mit einer gleichnamigen Komposition des Komponisten Pomponio Nenna verglichen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Kompositionsweise zu beleuchten.
- Vergleich der Kompositionen von Gesualdo und Nenna
- Analyse der Textvorlage und der musikalischen Gestaltungsmittel
- Deutung der Ergebnisse im musikhistorischen Kontext
- Untersuchung der madrigalen Satzprinzipien und Gesualdos Manierismen
- Bewertung des Stellenwerts von Gesualdos Musiksprache
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die wissenschaftliche Arbeit vor und beleuchtet die musikalische und biographische Bedeutung Carlo Gesualdos. Sie führt den Vergleich mit Pomponio Nenna ein und erläutert die Forschungsfrage, ob Gesualdos Werke tatsächlich einzigartig sind oder aus dem musikalischen Umfeld seiner Zeit hervorgegangen sind.
Das zweite Kapitel widmet sich dem Vergleich der beiden Madrigale „Ancide sol la morte". Zunächst wird die gemeinsame Textvorlage analysiert, gefolgt von einer detaillierten Untersuchung der Form und der musikalischen Gestaltungsmittel beider Werke. Dabei werden die Stimmführung, die Deklamation, die Harmonie und die Affekt-Behandlung in Bezug zueinander betrachtet.
Das dritte Kapitel deutet die Ergebnisse des Vergleichs im musikhistorischen Kontext. Zunächst wird die gemeinsame Biografik der Komponisten untersucht, um mögliche Einflüsse und Beziehungen zu beleuchten. Anschließend werden die Madrigale im Kontext der traditionellen Satzprinzipien des 16. Jahrhunderts analysiert. Schließlich wird Gesualdos Manierismus, insbesondere seine Verwendung der Chromatik und Dissonanzen, im Hinblick auf die damaligen Musiktheorien und die Stellung Gesualdos als Adliger diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Carlo Gesualdo, Pomponio Nenna, Madrigal, „Ancide sol la morte", Chromatik, Manierismus, Musikgeschichte, 16. Jahrhundert, Satzprinzipien, Biografik, Vergleich, Analyse, Stilvergleich, Textvertonung, musikalische Gestaltungsmittel, Affekterzeugung, kontrapunktische Technik, Harmonik, Dissonanzen, Musiktheorie, Musikverständnis.
- Arbeit zitieren
- B.A. Andrea Würth (Autor:in), 2010, Gesualdos und Nennas Madrigal "Ancide sol la morte" im musikhistorischen Kontext, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272226