Im Wesentlichen werden in dieser Arbeit des Fachbereichs Sprachphilosophie die Überlegungen und Unterscheidung, welche Prof. Dr. Friedrich Kambartel in seinem Artikel „Strenge und Exaktheit – Über die Methode von Wissenschaft und Philosophie“ gemacht hat, nachvollzogen und reflektiert. Dieser Artikel ist erschienen in den „Leipziger Schriften der Philosophie“ (Band 11, Dr. Geert-Lueke Lueken, 2000 / Hg.) und trägt den Titel „Formen der Argumentation“.
Über die Darstellung der zahlreichen Unterscheidungen und sich anschließenden Überlegungen Kambartels hinaus wird eine weiterführende Interpretation versucht, zudem werden essentielle Begriffe, deren Verständnis K. voraussetzt und welche er folglich im benannten Artikel nur andeutet, wenn es der beschränkte Umfang dieser Arbeit erlaubt, näher beleuchtet.
Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Rekonstruktion einer bestimmten Methode des Philosophierens. Der Zweck dieses Unterfangens ist es, ein tieferes Verständnis in die von Kambartel beschriebene und affirmierte „strenge Methodik der Philosophie“ zu erhalten.
Der besondere Wert des zu bearbeitenden Artikels ist m.E. dessen hoher Grad an Querverbindungen zur modernen Sprachphilosophie (z.B. zu der von Ludwig Wittgenstein in seinen Philosophischen Untersuchungen) bei gleichzeitiger Bindung an die traditionelle Philosophie Immanuel Kants.
Hochinteressant ist auch die hier rekonstruierte Perspektive auf die Wissenschaften als gemeinschaftliche Praxisformen, welche (und hier im besonderen Maß die Philosophie) zuerst der Vernunft verpflichtet sind. Was das genauer und im Detail bedeutet, wird sich im Verlauf dieser Arbeit erhellen lassen.
Es soll sozusagen „auf den Spuren Kambartels“ in dieser Arbeit dargestellt werden, aus welchen überzeugenden Gründen eine strenge Philosophie einer exakten vorzuziehen ist, wobei die Klärung bzw. Explikation der Begriffe „exakt“ und „streng“ hierbei entscheidend sein wird. Auch werden die zentrale Rolle der Vernunft sowie die der praktischen und semantischen Urteilskraft untersucht und deren essentielle Bedeutung für eine strenge Methode der Philosophie herausgearbeitet.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Sprache als gemeinschaftliche Praxisform
1.1 Gebrauch und Bedeutung
1.2. Semantische Mitteilungen und Sprachbeherrschung
1.3. Wittgenstein und die allgemeine Sprachpraxis
2. Varianter und invarianter Gebrauch der Sprache
2.1. Absolute und relative Invarianz
2.2. Spieltheoretische Semantik
2.3. Exakte Sprache oder Urteilskraft
2.4. Anschauliche Evidenz und Beweise
2.5. Formales Verhalten und praktische Orientierung
2.6. Exakte Wissenschaft und strenge Philosophie
3. Orientierungspraxis und Rationalitätsstandards
3.1. Universalität und Vernunft
3.2. Praktische und semantische Urteilskraft
3.3. Philosophie als eine strenge Wissenschaft
Abschließende Betrachtungen
Literaturverzeichnis
Einleitung
Im Wesentlichen werden in dieser Arbeit des Fachbereichs Sprachphilosophie die Überlegungen und Unterscheidung, welche Prof. Dr. Friedrich Kambartel in seinem Artikel „Strenge und Exaktheit – Über die Methode von Wissenschaft und Philosophie“ gemacht hat, nachvollzogen und reflektiert. Dieser Artikel ist erschienen in den „Leipziger Schriften der Philosophie“ (Band 11, Dr. Geert-Lueke Lueken, 2000 / Hg.) und trägt den Titel „Formen der Argumentation“.
Über die Darstellung der zahlreichen Unterscheidungen und sich anschließenden Überlegungen Kambartels hinaus wird eine weiterführende Interpretation versucht, zudem werden essentielle Begriffe, deren Verständnis K. voraussetzt und welche er folglich im benannten Artikel nur andeutet, wenn es der beschränkte Umfang dieser Arbeit erlaubt, näher beleuchtet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Rekonstruktion einer bestimmten Methode des Philosophierens. Der Zweck dieses Unterfangens ist es, ein tieferes Verständnis in die von Kambartel beschriebene und affirmierte „strenge Methodik der Philosophie“ zu erhalten. Der besondere Wert des zu bearbeitenden Artikels ist m.E. dessen hoher Grad an Querverbindungen zur modernen Sprachphilosophie (z.B. zu der von Ludwig Wittgenstein in seinen Philosophischen Untersuchungen) bei gleichzeitiger Bindung an die traditionelle Philosophie Immanuel Kants.
Hochinteressant ist auch die hier rekonstruierte Perspektive auf die Wissenschaften als gemeinschaftliche Praxisformen, welche (und hier im besonderen Maß die Philosophie) zuerst der Vernunft verpflichtet sind. Was das genauer und im Detail bedeutet, wird sich im Verlauf dieser Arbeit erhellen lassen.
Es soll sozusagen „auf den Spuren Kambartels“ in dieser Arbeit dargestellt werden, aus welchen überzeugenden Gründen eine strenge Philosophie einer exakten vorzuziehen ist, wobei die Klärung bzw. Explikation der Begriffe „exakt“ und „streng“ hierbei entscheidend sein wird. Auch werden die zentrale Rolle der Vernunft sowie die der praktischen und semantischen Urteilskraft untersucht und deren essentielle Bedeutung für eine strenge Methode der Philosophie herausgearbeitet.
1. Sprache als gemeinschaftliche Praxisform
In den einleitenden Bemerkungen gibt Kambartel zu verstehen, dass die begrifflichen Unterscheidungen, welche er machen werde, eher provisorischer und spezifischer Natur sind, dass sie, wenn sie ihren Zweck erfüllt haben, zu vergessen seien. Dieser Zweck ist hier einleitend benannt.:
„Diese Unterscheidungen sollen Licht auf die philosophische Landschaft werfen, die sich zwischen der Semantik und unseren Konzeptionen von Genauigkeit und Rationalität ausdehnt.“ (F. Kambartel, Strenge u. Exaktheit, F.d.A., S. 75)
Zwar ist dieser erste Ausblick reichlich metaphorisch, aber das ist als erste grobe Orientierung absolut zweckdienlich und deutet an, wie komplex und weitläufig sich die zu bewältigende Aufgabe darstellt.
Was heißt es aber nun, über die Sprache als eine gemeinschaftliche Praxisform nachzudenken? Kambartel beginnt mit einigen semantischen Überlegungen, welche er bezüglich der conditio humana des Menschseins in Bezug auf die Sprache anstellt.
Es gibt einen gemeinsamen Gebrauch der Sprache und die Sprechergemeinschaft weiß im Normalfall was korrekte Sprachvollzüge und was inkorrekte Sprachvollzüge sind. Daraus leitet K. ab, dass der Gebrauch der Sprache in ihrem Funktionieren eine wohlbestimmte („definite“) Sache ist und weiter: Dass das Funktionieren einzelner sprachlicher Ausdrücke gewöhnlich ebenfalls wohlbestimmt ist. Diese Funktion kann entweder implizit (durch die funktionierende sprachliche Praxis selbst) oder explizit (durch eine spezielle Praxis der Explikation), aber auch durch eine angemessene Beschreibung (z.B. in Form semantischer Regeln) anderen Menschen mitgeteilt werden. (Vgl. F. Kambartel, Strenge u. Exaktheit, F.d.A., S. 75)
Es kann also jedes implizite Funktionieren der Sprachvollzüge grundsätzlich auch explizit gemacht werden. Kambartel geht zudem von der Sprache als einer Institution (mit der Sprachgemeinschaft bekannten Regeln) aus, mehr dazu im folgenden Kapitel über den Gebrauch bzw. die Bedeutung sprachlicher Äußerungen.
1.1. Gebrauch und Bedeutung
Kambartel führt nun an, dass, wenn wir einen beliebigen Ausdruck (α) unserer alltäglichen, unserer philosophischen oder wissenschaftlichen Sprache betrachten, man davon ausgehen kann, dass die Bedeutung bzw. der Gebrauch dieses Ausdruckes durch die explizierbaren Bedingungen seiner korrekten Äußerung (also durch eine Art Gebrauchsregel) gegeben sind. Kambartel formuliert das so:
„Jene Bedingungen, die für die korrekte Äußerung von α (normalerweise in komplexen Ausdrücken) konstitutiv sind, bilden, wie wir sagen werden, den Gebrauch oder die Bedeutung von α.“ (F. Kambartel, Strenge u. Exaktheit, F.d.A., S. 76)
Halten wir fest: Die Bedeutung einer Äußerung α ergibt sich aus den Bedingungen für dessen korrekten Gebrauch. Der explizierte Gebrauch von α ist dessen Bedeutung. Ein geeignetes Beispiel für eine Bestimmung des Gebrauches bzw. der Bedeutung in diesem Sinne wäre laut K. die Erklärung des Gebrauches einer logischen wenn-dann-Beziehung. Mit einem Satz der Form „wenn α, dann β“ könnte beispielsweise die Behauptung artikuliert werden, dass es ein Verfahren gibt, mit dem man zu einer Begründung für β gelangt, wenn es eine Begründung für α gibt. Ein solcher Gebrauch von wenn-dann-Sätzen setzt eine Umgebung bzw. eine Sprechergemeinschaft voraus, welche diesen Gebrauch versteht und anerkennt, ihn folglich als einen richtigen Gebrauch akzeptiert.
Wenn man so vom Gebrauch der wenn-dann-Sätze spricht, illustriert man einen Teil ihres Gebrauches als eine Institution der deutschen Sprache, der so oder mit ähnlichen logischen Institutionen wohl auch in fast allen anderen Sprachen anzutreffen ist. (Vgl. F. Kambartel, Strenge u. Exaktheit, F.d.A., S. 76) Der mehrdeutige Begriff der Institution wird hier im Sinne eines Regelsystemes verstanden, welches das soziale Handeln (hier das der Sprache als gemeinschaftliche Praxisform) von Individuen und Gruppen so koordiniert, dass es für die Teilnehmer einer Sprechergemeinschaft erwartbar ist.
1.2. Semantische Mitteilungen und Sprachbeherrschung
Es bleibt festzuhalten, dass die konstitutiven Bestimmungen der Bedeutung (also die Regeln des Gebrauches) implizit bleiben können, dann zeigen sich diese im aktiven Vollzug der Sprache (bzw. der Sprechhandlung) selbst.
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- Arbeit zitieren
- Ronny Daniel Kupfer (Autor:in), 2013, Strenge und Exaktheit. Eine Methodenreflexion in Wissenschaft und Philosophie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272383