Interkulturelle Besonderheiten. Deutsche und internationale Unterschiede in Projekten


Bachelorarbeit, 2012

66 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Vorgehensweise

2 Kultur
2.1 Definitionen
2.2 Merkmale und Funktionen
2.3 Interkulturalität und interkulturelle Kompetenz
2.4 „Multi-Kulti“ in Deutschland

3 Projektmanagement
3.1 Definitionen
3.2 ZentraleÿAspekteÿdesÿProjektmanagements
3.3 Internationales Projektmanagement
3.4 Abgrenzung zwischen nationalem und internationalem Projektmanagement

4 Besonderheiten und Probleme in der Zusammenarbeit in interkulturellen Teams im internationalen Projektmanagement
4.1 Organisationsstrukturen
4.2 Geografische Probleme
4.2.1 Räumliche Distanz
4.2.2 Zeitzonen
4.3 Urlaubs- und Feiertage
4.4 Kalendersysteme
4.4.1 Gregorianischer Kalender
4.4.2 Islamischer Kalender
4.4.3 Jüdischer Kalender
4.5 Interkulturelle Kommunikation und Sprache
4.5.1 Bedeutsamkeit und Funktion
4.5.2 Verbale Kommunikation
4.5.3 Non-verbale Kommunikation
4.5.3.1 Unterschiede der verbalen und non-verbalen Kommunikation
4.5.3.2 Mimik
4.5.3.3 Gestik
4.5.3.4 Körperkontakt
4.6 Sonstige Unterschiede
4.7 Besonderheiten bei der Zusammenarbeit in nationalen, interkulturellen Teams
4.7.1 Ruhrgebiet und Bayern
4.7.2 Ostdeutschland und Westdeutschland
4.7.3 Dialekte
4.7.4 Nationale Feiertage
4.8 Zusammenfassung

5 Lösungsansätze
5.1 Soft Skills
5.2 Technische Unterstützung virtueller Teams

6 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 3.1: Gründe, warum Projekte scheite

Abb. 3.2: Projektmanagement-Methodik

Abb. 4.1: Linienorganisation

Abb. 4.2: Stablinienorganisation

Abb. 4.3: Matrixorganisation

Abb. 4.4: Wahrnehmungen bei verschiedenen Kommunikationsarten

Abb. 4.5: Zeitzonen

Abb. 4.6: Typische Arbeitszeiten in verschiedenen Zeitzonen

Abb. 4.7: Anzahl der Feiertage 2011

Abb. 4.8: Empfänger-Sender-Modell

Abb. 4.9: Kommunikationsquadrat

Abb. 4.10: Räumliche Distanz bei Gesprächen

Abb. 6.1: Magisches Dreieck

Abb. 6.2: Magische Dreiecksäule

Tabellenverzeichnis

Tab. 4.1: Entfernungstabelle

Tab. 4.2: Top 10 der meist gesprochenen Sprachen

Tab. 4.3: Bedeutung von Farben in unterschiedlichen Kulturen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Motivation

Besonders heute, in der Zeit der Globalisierung und des weltweiten Zu­sammenwachsens, wird es immer wichtiger, international zu denken und zu handeln. Die Zahl der Auslandsaktivitäten von Unternehmen wird von Jahr zu Jahr höher, die internationalen Verflechtungen immer enger.1 Gerade bei zunehmend international besetzten Projektteams ist es deshalb wichtig, auch über die eigenen Grenzen - sowohl geografisch als auch geistig und vor allem kulturell - zu blicken und diese ggf. auch zu überschreiten. Der internationale Erfolg ist für Unternehmen nicht zu erreichen, wenn diese sich nicht mit den Gegebenheiten, Sitten, Bräuchen, Feiertagen und vor allem Problemen der jeweiligen Kulturen, Länder und Wirtschaftssysteme in denen sie arbeiten, auseinandersetzen. Auch wenn oft die Meinung ver­treten wird, dass technisch ausgereifte Kommunikationsmittel wie E-Mail, Internet, Videokonferenzen oder Telefone die Probleme in internationalen Teams auf ein Minimum einschränken, ist es in der Realität doch so, dass auch die multikulturelle Identität ein wichtiger Erfolgsbestandteil sein kann. Davon kann ein Projektteam aber nur in der Realität, bei realen Zusam­mentreffen profitieren, da diese Identität mehr ist als nur Sprache oder Schrift; vielmehr ist es eine „Gesamtheit der einzigartigen geistigen, mate­riellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte“2 jeden Teammitgliedes. Nicht zu unterschätzen ist allerdings, dass diese kulturellen Unterschiede im Team auch zu Missverständnissen und ineffizienterer Zusammenarbeit oder sogar zum Scheitern eines ganzen Projekts führen können.

1.2 Zielsetzung der Arbeit

In dieser Arbeit sollen Probleme, Differenzen und Herausforderungen auf­gezeigt werden, welche durch das Zusammentreffen unterschiedlicher Kul­turen innerhalb von Projekten entstehen. Lösungsansätze zu verschiede­nen Problemen werden präsentiert, nachdem diese eingehend aufgezeigt und analysiert werden. Es soll veranschaulicht werden, dass Kultur mehr ist als nur die materiellen Sehenswürdigkeiten der jeweiligen Länder.

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Problematik der Kommunikation untereinander sowie dem geografischen Aspekt der interkulturellen Projekt­teams (räumliche und zeitliche Problematik).

1.3 Vorgehensweise

In dieser Arbeit versucht der Autor darzulegen, welche Differenzen und Probleme in international strukturierten Projekten auftreten können und wie man damit verfahren sollte. Zeitliche, räumliche oder sprachliche Aspekte werden dabei ebenso bearbeitet wie religiöse und geografische.

In Kapitel 2 und 3 werden zunächst grundlegende Begriffe definiert und die jeweiligen Themengebiete fokussiert sowie dargestellt. Kapitel 4 verdeut­licht die Probleme und Differenzen, welche kulturbedingt in internationalen Projekten auftreten. Besonderes Augenmerk wird in diesem Kapitel auf die Kommunikation der Projektmitarbeiter untereinander sowie mit Kunden gerichtet. Der Autor wird in Kapitel 5 eigene Überlegungen bzw. Lösungs­ansätze zur Überbrückungen der Differenzen vorstellen, wie spezielle kultu­relle Differenzen vermieden oder gelöst werden können. Das Kapitel 6 bil­det den inhaltlichen Abschluss dieser Bachelorarbeit. Der Autor stellt sein Fazit vor und gibt einen Ausblick in die Zukunft.

2 Kultur

2.1 Definitionen

Der Begriff „Kultur“ kommt sowohl in der Umgangssprache als auch in ver­schiedenen Fachsprachen vor. Grund dafür ist die unterschiedliche An­wendung des Wortes „Kultur“ in unterschiedlichen Bereichen. Der Begriff gehört unter anderem in die politische Terminologie, genauso wie in die der Technik, der Philosophie, der Naturwissenschaften oder der Anthropologie. In allen diesen Bereichen hat das Wort abhängig vom Kontext sehr unter­schiedliche Bedeutungsinhalte.3

Ursprünglich wurde der Begriff „Kultur“ in Deutschland Anfang des 17. Jahrhunderts für die Bodenbewirtschaftung verwendet und bedeu­tete Pflege, Bearbeitung oder Ackerbau (lat. „cultura“: „Bearbeitung, Pfle­ge, Ackerbau“, von „colere“: „wohnen, pflegen, verehren, den Acker bestel­len“).4 In den letzten Jahrhunderten hat sich der Begriff in vielerlei Hinsicht interpretieren lassen und entfernte sich zunehmend vom landwirtschaftli­chen Bezug. Nachdem der britische Anthropologe Edward Tylor 1871 Kul­tur als jenes komplexe Ganze, das Wissen, Glauben, Kunst, Moral, Recht, Sitte, Brauch und alle anderen Fähigkeiten und Gewohnheiten umfasst, die der Mensch als Mitglied einer Gesellschaft erworben hat“5 definierte, gab es noch unzählige andere Versuche, dieses vielschichtige Wort zu erklä­ren. Tylors Auffassung nach bringt der Kulturbegriff die umfassende Di­mension von Kultur zum Ausdruck. Für den Autor ergibt sich daraus, dass es keine besseren oder schlechteren, höher- oder unterentwickelteren Kul­turen gibt. Da Tylor schreibt, dass der Mensch Kultur als Mitglied einer Ge­sellschaft erworben habe, geht der Autor dieser Arbeit davon aus, dass Kultur eine dynamische, veränderbare Sache ist, welche erlernt werden müsse.

Eine etwas enger gefasste Definition ist die der United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO): Sie besagt, „dass die Kul­tur in ihrem weitesten Sinne als die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte angesehen werden kann, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnet. Dies schließt nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertsysteme, Traditionen und Glaubensrich­tungen“6. Die UNESCO bekräftigt somit auch die These, dass Kultur verän­derlich ist; im Laufe von Zeit und Raum sogar verschiedene Formen an­nimmt.7 Da „Kultur“ derart abstrakt ist, dass es lediglich möglich ist, nur bestimmte Aspekte betrachten zu können und es unzählige Definitionen gibt, soll im weiteren Verlauf der Arbeit die Definition der UNESCO zugrun­de gelegt werden.

2.2 Merkmale und Funktionen

Wer an Kultur denkt, assoziiert damit in vielen Fällen zunächst alle mate­riellen Kulturwerte und Symbole von bzw. in Ländern, welche demjenigen vertraut sind. Die Akropolis in Athen spiegelt sicherlich die Kultur Griechen­lands wider - die Stärke und das Durchhaltevermögen der Griechen. Der Tour Eiffel in Paris lässt ebenso schnell an ein Merkmal der französischen „Kultur“ denken - die Liebe. Kultur muss aber vielmehr auch als geistige Haltung innerhalb einer Gruppe verstanden werden.8 Nach der Definition der UNESCO, besteht die Kultur einer Gruppe u. a. aus deren Traditionen, ebenso aus deren Sprache, Handlungen, Sitten und Bräuche sowie deren Zeit- und Raumwahrnehmung. Aufbauend auf der in Kapitel 2.1 genannten Definition sowie der hier herausgestellten Merkmale des Kulturbegriffes wird der Autor versuchen die individuellen Merkmale verschiedener Kultu­ren zu beschreiben.

2.3 Interkulturalität und interkulturelle Kompetenz

„Unter Interkulturalität versteht man das Aufeinandertreffen von zwei oder mehr Kulturen, bei dem es trotz kultureller Unterschiede zur gegenseitigen Beeinflussung kommt.“9 Der Autor sieht dies als eine Weiterentwicklung des Kulturbegriffes an, der besagt, dass Kultur veränderlich und dynamisch ist (siehe Kapitel 2.1). In interkulturell geprägten Projekten ist es wichtig, interkulturelle Kompetenzen zu besitzen; vor allem sollte der Projektmana- ger/-leiter diese vorweisen. Bei diesen Kompetenzen handelt es sich um die Kenntnis der Regeln, Werte und Normen der verschiedenen Kulturen, welche am Projekt beteiligt sind.10 „Der Kompetenzträger sollte in der Lage sein, Vorstellungen, Motive und Probleme von Geschäftspartnern aus fremden Kulturräumen nachvollziehen und angemessen darauf reagieren können.“11

2.4 „Multi-Kulti“ in Deutschland

Wenn man Multikulturalismus sucht, muss man nicht allzu weit blicken; Chinesen, Araber oder Inder leben ebenso in Deutschland wie Amerikaner und Australier. Die verschiedenen Kulturen dieser Länder und Kontinente vermischen sich immer mehr zu einem sogenannten „melting-pot“. Dieser Begriff beschreibt die Verschmelzung von Immigranten in die Kultur eines Landes.12 „In Deutschland wird besonders die verkehrstechnisch leicht er­reichbare Stadt Köln als Beispiel für einen Schmelztiegel über Jahrtausen­de gesehen.“13 Eine Studie besagt sogar, dass knapp 31 % der Kölner Bürger mittlerweile Ausländer seien.14 Allerdings besitzt die Quelle auf­grund der Verfasser15 nicht genug Aussagekraft und Glaubwürdigkeit. Offi­ziell lebten im Jahr 2010 in Köln 174.650 Personen aus 181 verschiedenen Nationen, was einen Anteil von 17 % an der Gesamtbevölkerung Kölns ergibt. Sogar ein Drittel aller Kölner besitzen einen Migrationshintergrund.16

Gerade wegen der steigenden Anzahl multikultureller Städte in Deutsch­land ist es auch in nationalen Projektteams wichtig, kulturelle Aspekte zu respektieren und zu tolerieren, um den Projekterfolg nicht zu gefährden und das Klima innerhalb der Teams zu fördern. Als multikulturelle Städte wer­den in der Arbeit Städte angesehen, die durch eine andere als die christli­che Kultur mitgeprägt werden. Der frühere Außenminister und Bundesvor­sitzende der Freien Demokratischen Partei (FDP) Guido Westerwelle sagte dazu in einer Grundsatzrede bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik Ende 2010:

„Wenn Multikulti heißt, dass wir unsere Wertmaßstäbe aufgeben sollen, dann ist Multikulti ein Irrweg. Wenn Multikulti heißt, dass Vielfalt und Ver­netzung mehr denn je unser aller Leben prägen, daheim und international, dann ist Multikulti Realität/'17

3 Projektmanagement

3.1 Definitionen

„Projektmanagement“ wird von verschiedenen internationalen Institutionen und Quellen textlich unterschiedlich, inhaltlich jedoch ähnlich definiert. Das Project Management Institute (PMI) definiert Projektmanagement als „ap- plication of knowledge, skills, tools and techniques to project activities to meet project requirements18.

Beim Deutschen Institut für Normung e.V. (DIN) ist „Projektmanagement“ als „Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mitteln für die Initiierung, Definition, Planung, Steuerung und den Ab­schluss von Projekte^'19 definiert.

Unter Gesichtspunkten einer möglichst umfassenden Definition versteht man unter „Projektmanagement“ die Organisation, die Strukturierung sowie die Leitung eines unternehmerischen Projekts. Projektziele sollten qualitativ und termingerecht erreicht sowie der Kostenrahmen eingehalten werden. (siehe Magisches Dreieck -Abbildung 6.1).20

3.2 Zentrale Aspekte des Projektmanagements

Wenn ein Vorhaben in einer Unternehmung
- zeitlich befristet,
- kostentechnisch begrenzt,
- erstmalig oder einmalig und
- sparten-/abteilungsübergreifend ist, sollte dieses innerhalb eines Projekts durchgeführt werden.21

Es sind, wie in Kapitel 3.1 aufgezeigt, verschiedene Definitionen von Pro­jektmanagement vorhanden. Die meisten Definitionen haben eine Gemein­samkeit: deren Autoren verstehen die Steuerung und die Kontrolle des Pro­jekts als Kernstück. Das Projektmanagement, verkörpert durch den Pro­jektmanager, muss sowohl während der Projektdefinition als auch während der Durchführung und des Abschlusses jederzeit das Projekt lenken und steuern. Andernfalls ist der Projekterfolg gefährdet und im schlimmsten Falle droht das Projekt zu scheitern. Diese These wird durch eine Umfrage des PM-Blogs (Abbildung 3.1) gestützt. Über 50 % der befragten Projekt­manager gaben zu, dass Projekte misslingen, weil sie schlecht vorbereitet und geplant wurden. Ebenfalls knapp über 50 % gestanden ein, dass durch ihre unklare Rollenverteilung Projekte schief gehen sowie erwähnenswerte 23 % gaben an, dass eine schlechte Projektmanagement-Methodik Grund dafür sei, dass Projekte nicht den gewünschten Erfolg haben.

Mangelhafte Kommunikation Schlechte Projektvorbereitung und -planung Mangelnde Ressourcenverfügbarkelt Zu optimistische Annahmen Unklare Rollenverteilung Termindruck Überforderte Auftraggeber/innen Starre Organisation, Hierarchie Keine gute PM Methodik ! Vorgehensmodelle Überforderte Projektleiter/innen Mangelhaftes Prajektcontrolling Schlechte / keine IT Tools Zu komplexe Themen Sonstige

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.1 : Gründe, warum Projekte scheitern (Angaben in %)22

Mit Hilfe der Abbildung 3.2 wird verdeutlicht, dass innerhalb der Definiti­onsphase die Planung sowie die Definitionen der Ziele erarbeitet werden, bei der Durchführung des Projekts aber die Überwachung (Projektcontrol­ling) und Steuerung in den Vordergrund rücken (z. B. Teamentwicklung). Letztendlich ist der Projektabschluss nicht minder wichtig, da gerade bei der Endabnahme, den Tests sowie der Auflösung des Projektteams, ein gutes Management vorhanden sein muss.

3.3 Internationales Projektmanagement

Es gibt verschiedene Einsatzgebiete für internationales Projektmanage­ment. Egal, ob man Projekte mit internationalen Lieferanten, Auftraggebern oder Kooperationspartnern arrangiert, ob man einen Standort im Ausland eröffnen will oder sogar in internationalen Unternehmen Projekte durch­führt: internationales Projektmanagement bedeutet, Projekte international so zu lenken, zu überwachen und abzustimmen, dass man durch ihre Hobel. „Projektmanagement (PM)”.

Internationalität Vorteile gewinnen kann.23 Alle Aktivitäten, die dazu not­wendig sind, müssen länderübergreifend so koordiniert werden, dass die Kosten- und Qualitätsziele im möglichen Rahmen umgesetzt werden kön­nen. Die Komplexität des Projekts wird durch die Berücksichtigung fremder Kulturen, Rechts- und Wirtschaftssysteme so ausgeweitet, dass der Pro­jektmanager hier besonders gefordert ist.24

Aufgrund mangelnder Definitionen zum relativ jungen Begriff „internationa­les Projektmanagement“, benutzt der Autor die folgende, von ihm selbst erstellte Definition:

Planung, Steuerung, Kontrolle und Abschluss von Projekten, welche unab­hängig vom geografischen Standort sowie der Strukturierung des Teams länderübergreifend unter Berücksichtigung fremder Kulturen so durchge­führt werden, dass die Zeit-, Kosten- und Qualitätsziele erreicht werden können.

3.4 Abgrenzung zwischen nationalem und internationa­lem Projektmanagement

Internationales Projektmanagement unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht grundlegend von nationalem Projektmanagement. Die Management­aufgaben (Steuerung, Controlling etc.) sind weitestgehend identisch, ledig­lich die Problemstellungen variieren. Allerdings fällt bei international ausge­legten Projekten fällt das Gros der Probleme oft auf kulturelle, rechtliche und menschliche Konflikte. Als Hauptgrund kann hier die Anpassung der Projektstruktur auf fremde Rahmenbedingungen angesehen werden. Pro­jektmanager und teilweise auch -mitarbeiter müssen nach deren sprachli­chen und kulturellen Kompetenzen selektiert werden. Diese Soft-Skills (siehe Kapitel 5.1) haben bei internationalen bzw. interkulturellen Projekten einen höheren Stellenwert als bei nationalen. Nicht minder wichtig ist die Bildung von Synergien der miteinander arbeitenden multikulturellen Teams. Internationale Projekte sind dementsprechend Projekte, in denen es ent­weder einen internationalen Auftraggeber gibt, der Projektmanager und dessen Team international besetzt sind oder einzelne Projektphasen im Ausland durchgeführt werden.

Zur Umsetzung dieser Strategien und zur Durchführung internationaler Pro­jekte bedarf es bestimmter Grundlagen. Folgende Grundlagen können bspw. als interne Voraussetzungen verstanden werden:

- Kenntnis des internationalen Operationsfeldes,
- Kenntnis der jeweiligen Kultur- und Umweltbedingungen im Ausland,
- die Möglichkeit, sich in der jeweiligen Sprache verständigen zu kön­nen,
- ausreichende technisch kompatible Kommunikationsmöglichkeiten.25

Weiterhin gibt es auch einige externe Voraussetzungen, die die rechtlichen, staatlichen oder politischen Rahmenbedingungen betreffen. Der Autor be­zieht sich im Folgenden aufgrund der Einhaltung des Umfangs dieser Ar­beit ausschließlich auf die internen Voraussetzungen. Diese müssen mit Hilfe des sogenannten interkulturellen Managements versucht werden, zu beherrschen. Wirtschaftswissenschaftlerin Christin Emrich definiert interkul­turelles Management als „eine Kombination aus Wissen, Verständnis und Fähigkeiten, die für den Umgang mit Kulturen und Kulturunterschieden so­wohl in den verschiedenen Managementebenen als auch zwischen Unter­nehmen verschiedener Nationalitäten notwendig sind.“26 Der Autor ist der Meinung, dass diese Definition zusätzlich noch um die Thematik der Zu­sammenarbeit innerhalb internationaler Teams erweitert werden sollte.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass ein internationales Projekt viele zwi­schenmenschliche und kulturelle Probleme beinhalten kann, welche durch gezieltes Projektmanagement behoben werden müssen. Im weiteren Ver­lauf der Arbeit versucht der Autor, diese Probleme darzustellen und Lösungsansätze darzulegen. Im gesamten Projektprozess kann es zu Problemen innerhalb der Projektstruktur oder der Projektteams kommen. Diese Probleme können sachlichen Ursprungs sein oder sich durch kultu­relle Unterschiede herauskristallisieren. Große nationale Projektteams be­inhalten Mitarbeiter aus verschiedenen kulturellen Regionen Deutschlands, welche andere Sitten, Gepflogenheiten und Feiertage kennen und leben. Zentrales Ziel des interkulturellen Projektmanagements ist es hier, die ver­schiedenen nationalen Kulturkreise in Einklang zu bringen und das Team mit so wenigen Problemen wie möglich durch das Projekt zu lenken.

4 Besonderheiten und Probleme in der Zu­sammenarbeit in interkulturellen Teams im internationalen Projektmanagement

4.1 Organisationsstrukturen

Organisationsstrukturen nationaler wie internationaler Unternehmen lassen sich in vier Organisationsschemata unterteilen:

- Linienorganisation,
- Mehrlinienorganisation,
- Stablinienorganisation und
- Matrixorganisation.

Ein Projekt kann ebenso wie ein Unternehmen mit diesen Organisations­strukturen (aus-)geführt werden. Bei einer Linienorganisation ist der Aufbau hierarchisch; jeder Mitarbeiter hat einen Vorgesetzten, von dem er Aufga­ben und Weisungen entgegennimmt. Kompetenzen sind hier klar geregelt und können einfach kontrolliert werden. Für Projekte heißt das, dass die Unternehmensleitung dem Projektmanager weisungsbefugt ist und dieser die Aufgaben auf die Teilprojektebenen delegiert (siehe Abbildung 4.1). Das Projekt wird hier einfach in die bestehende Struktur integriert.27 28

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4.1: Linienorganisation29

In einer Mehrlinienorganisation kommt einzig die Tatsache hinzukommt, dass eine Stelle von mehreren übergeordneten Leitungsstellen Weisungen bekommt. Dies kann zu kurzen Kommunikationswegen, aber auch zu Kompetenzüberschreitungen führen. Bei einer Stablinienorganisation ist die betroffene Stelle als beratende und unterstützende Stelle für die Vorgesetz­ten zuständig. In einem laufenden Projekt wäre z. B. das Unternehmens­controlling eine Stabsstelle der Projektleitung; es versorgt diese permanent mit wichtigen Informationen und Daten (siehe Abbildung 4.2). Der Projekt­leiter (Projektmanager) hat hierbei allerdings weder Weisungsbefugnis über die Mitarbeiter des Projektteams noch Entscheidungsbefugnis. Diese sind an den Vorgesetzten der Unternehmensstruktur gebunden. Der Projektma­nager berät diese wiederum in seiner Funktion als Stabsstelle und kann durch seine Nähe zu den Entscheidungsträgern doch entscheidenden Ein­fluss auf das Projekt nehmen.29 30

In einer Matrixorganisation hingegen ist der Projektleiter gegenüber den Mitarbeitern fachlich weisungsbefugt, die organisatorischen Vorgesetzten sind weiterhin die jeweiligen Linienvorgesetzen des Unternehmens. Hierbei kann es zu Kompetenzüberschneidungen kommen, da der Mitarbeiter zwi­schen zwei Teams hin- und hergerissen ist; der Linienvorgesetze hat je­doch immer die formale und finale Entscheidungsbefugnis (siehe Abbildung 4.3).

„In der Unternehmenspraxis sind Organisationen aber oft Mischformen, die im Laufe der Unternehmensentwicklung entstanden sind [...].‘‘31 32 Ebenso ist im Laufe der letzten Jahrzehnte ein stetiger Wandel in der Unternehmens­organisation vonstattengegangen. Während sich bis vor einigen Jahren noch die meisten Unternehmen an funktionalen Hierarchien orientierten, werden heutzutage die Weisungslinien eher flach gehalten. Business-units und Wertschöpfungsketten sind bspw. Begriffe, die erst Anfang des 21. Jahrhunderts an Gewicht gewonnen haben. Zukünftig werden dynami­sche Netzwerke sowie das internationale Projektmanagement eine tragen­de Rolle innerhalb von Unternehmensorganisationen spielen; verbunden mit und getrieben durch eine(r) virtuelle(n) Organisation.33 Dynamische Netzwerke bestehen aus selbstständig arbeitenden, rechtlich unabhängi­gen (virtuellen) Teams oder Unternehmen, welche als eine Unternehmung in ihrer Außendarstellung auftreten. Eine Kombination der virtuellen mit einer bestehenden Organisationsform von Projektteams wäre laut Meinung des Autors die ideale Organisationsform in internationalen Projekten. Mitarbeiter sitzen teilweise tausende Kilometer voneinander entfernt; per­sönliche Meetings oder Jours fixes würden beträchtliche Summen des Pro­jektbudgets verbrauchen.

Virtuelle Projektteams sind „Projektteams, deren Mitglieder räumlich verteilt und meist zeitlich versetzt arbeiten und die hauptsächlich über Datenfern­übertragung (E-Mail, virtueller Projektraum u. ä.) miteinander kommunizie­ren“34. Schnelle Reaktionszeiten und geringe Kosten sind Vorteile virtueller Teams, die z. B. in modernen Callcentern zum Einsatz kommen.35 Außer­dem kann ein Team unter Berücksichtigung dieser Umstände auf Grund von Fachqualifikationen ausgewählt werden; auf die räumliche Nähe zum Arbeitsort muss kein Wert gelegt werden. Diese Art der Organisationsform benötigt gute Kommunikationstechniken sowie eine strukturierte Gliederung und Zusammenarbeit. Hierbei können allerdings bestimmte interkulturelle Problemfelder, wie die der non-verbalen Kommunikation, vernachlässigt werden, da sich die Mitarbeiter nur via E-Mail oder Telefonkonferenzen austauschen, sich aber in den seltensten Fällen persönlich begegnen. Falls diese persönlichen Begegnungen aber auf Grund von anderen Organisati­onsstrukturen doch geschehen, oder Mitglieder via moderner Videokonfe­renzsysteme kommunizieren, treten verschiedenartige Probleme auf, die in den folgenden Kapiteln untersucht werden.

[...]


1 Vgl. Statistisches Bundesamt. „Entwicklung des deutschen Außenhandels“.

2 UNESCO 1983, Weltkonferenz über Kulturpolitik, S. 121.

3 Vgl. Mühlberg 1983, Woher wir wissen, was Kultur ist -Gedanken zur geschichtlichen Ausbildung der aktuellen Kulturauffassung, S. 12 f.

4 Vgl. Wikipedia. “Kultur”.

5 Tylor 2010, Primitive Culture, S. 355 ff.

6 UNESCO 1983, Weltkonferenz über Kulturpolitik, S. 121.

7 Vgl. UNESCO. „Allgemeine Erklärung zur kulturellen Vielfalt“.

8 Vgl. Schein 1984, Coming to a New Awareness of Organizational Culture, S. 7.

9 IIKD. Multikulturalität, Interkulturalität, Transkulturalltät und Plurikulturalität“.

10 § 4 Abs. 3 S. 1 PartIntG.

11 Kiesel 2004, Internationales Projektmanagement, S. 97.

12 Vgl. WIKIPEDIA. „Schmelztiegel“.

13 WIKIPEDIA. „Schmelztiegel“.

14 Vgl. Pro- bei den unter 6jährigen sogar schon 52 %“.

15 Die Bürgerbewegung „Pro-Köln“ ist eine rechtsextreme Gruppe.

16 Vgl. Amt für Stadtentwicklung und Statistik Köln. „Bevölkerung 2010“.

17 Auswärtiges Amt. „Grundsatzrede von Bundesaußenminister Westerwelle“, 21.10.2010“.

18 PMI 2004, A Guide to the Project Management Body of Knowledge: PMBOK Guide, S. 37.

19 DIN 69901-5:2009-01.

20 Vgl. WIKIPEDIA. „Projektmanagement''.

21 Vgl. WIKIPEDIA. „Projekt“.

22 Hagen 2009, PM-Blog.com.

23 Hobel."projectmanagement(PM)".

24 Vgl. Walter 2004, Internationales Projektmanagement, S. 2 ff.

25 Vgl. Cronenbroek 2004, Handbuch Internationales Projektmanagement, S. 99.

26 Vgl.Dülfer/Jöstingmeier 2008, Internationales Management in unterschiedlichen Kulturbe­ reichen, S. 13.

27 Emrich 2011, Interkulturelles Management- Erfolgsfaktoren im globalen Business, S.90

28 Vgl. TEIA. „Einbindung eines Linienprojektes in die Linienorganisation“.

29 Ebd.

30 Vgl. WIKIPEDIA. „Stablinienorganisation“.

31 TEIA. „Stabsorganisation.

32 TEIA. „Matrixorganisation“.

33 Meier 2004, Internationales Projektmanagement, S. 66.

34 Vgl. Meier 2004, Internationales Projektmanagement, S. 65.

35 Angemeier. „Virtuelles Projektteam“.

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Interkulturelle Besonderheiten. Deutsche und internationale Unterschiede in Projekten
Hochschule
Technische Hochschule Köln, ehem. Fachhochschule Köln  (Versicherungswesen)
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
66
Katalognummer
V272461
ISBN (eBook)
9783656649199
ISBN (Buch)
9783656649182
Dateigröße
2744 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Projekt, Projektmanagement, Management, Interkulturell, Interkulturalität, Kultur, Japan, Italien, Europa, Projektarbeit
Arbeit zitieren
Christopher Ohst (Autor:in), 2012, Interkulturelle Besonderheiten. Deutsche und internationale Unterschiede in Projekten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272461

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