Schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden in Deutschland Lehrstühle für Policeywissenschaft eingerichtet. Thematisch waren die universitären Arbeiten auf die „gute Ordnung“ des Gemeinwesens sowie deren Aufrechterhaltung ausgerichtet. Diese Policeywissenschaft vereinigte die Volkswirtschaftslehre, Gesetzgebungslehre und die Verwaltungswissenschaften. „Objekt der Polizeiwissenschaft ist die Verwaltung, und ihre systematische Frage zielt auf die Form der durch Verwaltung zu sichernden guten Ordnung (= Polizei) des Gemeinwesens ab“. Diese Aussage zeigt, dass sich diese Disziplin schon in den Anfängen mit der Behandlung und systematischen Fortschreibung einer wissenschaftlichen Fragestellung befasste.
1. Geschichtliche Entwicklung der Polizeiwissenschaft in Deutschland
Schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden in Deutschland Lehrstühle für Policeywissenschaft eingerichtet1. Thematisch waren die universitären Arbeiten auf die „gute Ordnung“ des Gemeinwesens sowie deren Aufrechterhaltung ausgerichtet2. Diese Policeywissenschaft vereinigte die Volkswirtschaftslehre, Gesetzgebungslehre und die Ver- waltungswissenschaften. „Objekt der Polizeiwissenschaft ist die Verwaltung, und ihre syste- matische Frage zielt auf die Form der durch Verwaltung zu sichernden guten Ordnung (= Po- lizei) des Gemeinwesens ab“3. Diese Aussage zeigt, dass sich diese Disziplin schon in den Anfängen mit der Behandlung und systematischen Fortschreibung einer wissenschaftlichen Fragestellung befasste.
Die gewandelte Auffassung des Polizeibegriffs im 19. Jahrhundert trug dazu bei, dass die Policeywissenschaft an Bedeutung verlor. Die Polizei war nicht mehr für das Gemeinwohl sondern für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit zuständig4.
Auch eine Modernisierung der Polizei in der Weimarer Republik bildete zunächst keine neue eigenständige Polizeiwissenschaft an den Universitäten aus, obwohl die Idee einer wissenschaftlichen Fundierung der Polizeiarbeit entstand5. Die Führungskräfte wurden an polizeiinternen Schulen ausgebildet. Polizeiwissenschaften spielten nur innerhalb der Rechtswisse n- schaften eine untergeordnete Rolle.
In der Folgezeit konnte sich erneut keine eigenständige Polizeiwissenschaft an den Universi- täten ausbilden. Dafür etablierte sich in Deutschland in den 1970er Jahren zum einen die Po- lizeiforschung, zum anderen auch die Polizeisoziologie. Feest grenzt die Polizeiwissenschaft, welche zumeist polizeiinterne und polizeinahe Forschung betreibt von der Polizeisoziologie ab, welche sich mit den Prozessen innerhalb der Polizeiorganisation im Kontext der Gesellschaft befasst6.
Die erste nennenswerte polizeiliche Forschung wurde in den 90er Jahren unter dem Begriff der „empirischen Polizeiforschung“ betrieben.
Die eigentliche Etablierung der Polizeiwissenschaft sollte mit der Gründung der „Deutschen Hochschule der Polizei“ in Hiltrup erfolgen. An diesem Standort sollte die polizeiwisse n- schaftliche Lehre und Forschung kontinuierlich betrieben und weiterentwickelt werden. A l- lerdings muss man festhalten, dass es sich hierbei um eine polizeiinterne Institution handelt, an welcher diese Forschung betrieben werden soll. Dadurch ist diese natürlich abhängig von dem Wohlwollen der Institution Polizei und somit nicht frei in Forschung und Lehre. Weite r- hin ist zu bezweifeln, ob eine Forschung über die Polizei und die Wirkzusammenhänge des Handelns von Polizeibeamten aus der Institution Polizei selbst erfolgen kann oder ob eine solche Forschung nicht extern erfolgen muss.
Weitere Etablierung erfuhr die Polizeiwissenschaft durch die unabhängigen Masterstudie n- gänge in Bochum, Witten-Herdecke sowie in Hamburg.
2. Gegenstand der Polizeiwissenschaft in der polizeilichen Ausbildung
Der Forschungsschwerpunkt der Polizeiwissenschaft liegt in der Herausarbeitung neuer Ve r- fahren und Handlungsanweisungen, um Probleme innerhalb der Gesellschaft zu analysieren, auf Konflikte angemessen reagieren zu können und dabei die Auswirkungen auf die Gesellschaft zu überschauen (in Anlehnung an Feltes 2007, S.12. aus Mokros 2013).
In den Anfängen der Polizeiwissenschaft an den (Fach-)Hochschulen der Polizei wurde das Augenmerk jedoch ausschließlich auf die Anwendung von Wissen zur Vermittlung von Hand- lungsleitlinien gelegt. Eine kritische Reflexion des eigenen Handelns sowie der Rolle der Po- lizeiorganisation innerhalb der Gesellschaft fand hier nicht statt7. Das Studium an diesen Hochschulen der Polizei war hauptsächlich auf die Ausbildung eines funktionierenden Poli- zeibeamten und nicht auf die Reflexion eigenen polizeilichen Handelns im Kontext der Ge- sellschaft ausgelegt. Zwar wurde unter anderem in Leitbildern (vgl. Le itbild der Polizei Hes- sen, 1998) proklamiert, dass eigenverantwortliche, selbstdenkende Beamte ausgebildet we r- den sollen, jedoch erfolgte in der Zeit des Studiums eine kritische Diskussion über das Selbs t- verständnis der Polizei nur in geringem Ausmaß.
Zwar wurde die Notwendigkeit erkannt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse die Basis für modernes polizeiliches Handeln bilden, dies jedoch nur insoweit auch verinnerlicht, als das überwiegend nur gewonnene Erkenntnisse vermittelt werden, die in den Augen der Polizeior- ganisation zu einer gesteigerten Handlungssicherheit der auszubildenden Beamten im tägli- chen Dienst beiträgt, welche sich auf die durch die Organisation gewünschten Verhaltenswe i- sen beschränken.
Ein Mehrwert an polizeilicher Forschung wird nur in Bereichen gesehen, welche die Institution Polizei als gewinnbringend betrachtet. Durch diese Denkweise werden andere Bereiche, welche einen wichtigen Beitrag für die Ausbildung eines kritisch reflektierenden Beamten leisten könnten, fast gänzlich ausgeblendet.
3. Schwierigkeiten der Polizeiwissenschaft an polizeilichen Hochschulen
Der Polizeiwissenschaft wird ihre Berechtigung an den Hochschulen der Polizei einzig durch die „Bündelung aller einschlägigen Wissenschaften, die für die Polizeiarbeit von Bedeutung sind“ zugesprochen8. Dieser Gedanke verfolgt eigentlich das Ziel der Bündelung von diversen Erkenntnissen der unterschiedlichsten Disziplinen zur Erzeugung neuen Wissens auf dem Sektor der polizeilichen Arbeit. Als positive Beispiele für solche Bündelungswissenschaften führt Mokros in seinem Vortrag vom 02.01.2014 die Verwaltungs- sowie die Sozialarbeits- wissenschaft an.
Die Generierung neuen Wissens durch Bündelung vorhandener Erkenntnisse wird aus meiner Sicht an den Hochschulen der Polizei jedoch nur unzureichend betrieben. Der Versuch durch neue Erkenntnisse eine veränderte Wahrnehmung gesellschaftlicher Prozesse bei den Studie- renden zu erzeugen unterbleibt fast in Gänze. Dies resultiert womöglich daraus, dass die übri- gen Fachbereiche (Soziologie, Psychologie, Politikwissenschaften etc.) sich nicht in das Vo r- haben einer Polizeiwissenschaft als Bündelungswissenschaft einbinden lassen. Vielmehr her r- schen hier reger Egoismus und die Angst vor Kompetenzverlust durch eine solche Bündelung.
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1 Iseli 2009, S.27. aus Mokros 2013
2 Knemeyer 1978, S.876. aus Mokros 2013
3 Maier 1966, S.47. aus Mokros 2013
4 Mokros 2013, S.9
5 Neidhardt 2006, S.243. aus Mokros 2013
6 Feest 1974, S.249. aus Mokros 2013
7 Mokros 2013, S.23
8 Weiss 2007, S.37. aus Mokros 2013
- Arbeit zitieren
- Benjamin Fawkes (Autor:in), 2014, Zukunft der Polizeiwissenschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272490