Obama und Twitter: Der US-amerikanische Wahlkampf

Einsatz von neuen Medien im US-Wahlkampf 2008 durch Barack Obama – Revolution oder Evolution?


Seminararbeit, 2014

23 Seiten, Note: 2


Leseprobe


INHALTSVERZECHNIS

1 Einleitung

2 Überblick über die Geschichte und Entwicklung der Nutzung von neuen Medien im US-Wahlkampf

3 Theoretische Fundierung: Zwei-Stufen-Fluss der Kommunikation

4 Top-down oder Bottom-up?
4.1 Top-down-Ansatz
4.2 Bottom-up-Ansatz
4.3 Kombinierter Ansatz

5 Instrumente der Online-Kampagne von Obama
5.1 Kampagnenblog
5.2 Microblog
5.3 Videoblog
5.4 Unabhängiges Blog
5.5 Unterstützerblog
5.6 Mobile Campaigning
5.7 E-Mail Kommunikation

6 Fazit

7 Mangelnde Demokratisierung durch das Internet

8 Literaturverzeichnis

9 Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

Die Durchdringung der Lebenswelten durch die neuen Medien hat sich in den letzten Jahren massiv gesteigert. Dabei macht sie vor keinem Bereich halt - auch nicht vor der Politik. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von einer „Medialisierung“ (vgl. Jäckel 2011: 156). Dabei werden im Bereich Politikmarketing und Kampagnenführung Social-Media-Kenntnisse immer relevanter. Der Trend geht von einer inhaltsfokussierten Auseinandersetzung mit den Wahlkampfinhalten zu einer Imagebildung und -darstellung der Kandidaten, was des Öfteren auch bemängelt wird (vgl. Jäckel 2011: 127). Hierbei gilt die USA als Vorreiter der Anwendung von neuen Medien in der Politik. Besonders viel Aufmerksamkeit ist dem US-Wahlkampf 2008 von Barack Obama dabei zu schenken, der als Revolution in der Anwendung von neuen Technologien bei einer Wahlkampagne in die Politikgeschichte eingegangen ist (vgl. McKinney/ Banwart 2011: 5). Doch ist das im Hinblick auf den Einsatz der neuen Medien wie Facebook, Twitter & Co. wirklich ausnahmslos zu bestätigen? Deswegen soll in der vorliegenden Arbeit die Frage geklärt werden, inwiefern der Einsatz der neuen Medien im US-Wahlkampf 2008 durch Obama eine Revolution im Politikmarketing darstellte.

Gesellschaftlich relevant ist dieses Thema deshalb, weil es einen Einblick hinter die Kulissen einer Wahlkampagne bietet und so das Verständnis des einzelnen Bürgers für die Mechanismen in diesem, besonders den Einsatz von Wahlkampfstrategien fördert. Diese Aufklärung fördert das Demokratieverständnis und die politische Partizipation der Bürger.

Auf der anderen Seite ist das Thema wissenschaftlich interessant, weil es nicht unreflektiert die strategischen Leistungen von Obama und seinem Team im Wahlkampf hervorhebt, sondern kritisch die Auseinandersetzung mit dem „wie“ des Einsatzes der neuen Medien sucht. Das kann auch für die Adaption von Strategien in folgende Wahlkämpfe hilfreich sein, besonders in Deutschland könnte noch viel mehr Potenzial in der Nutzung von Social-Media im Wahlkampf ausgeschöpft und Wählerstimmen könnten so mobilisiert werden (vgl. Kraski 2012: 188).

Im Folgenden soll nun zunächst ein Überblick über die Geschichte und Entwicklung der Nutzung der neuen Medien im US-Wahlkampf erfolgen, der als Basis für die Beurteilung der Forschungsfrage dient. Anschließend wird der hierbei relevante theoretische Hintergrund, nämlich der Zwei-Stufen-Fluss der Kommunikation behandelt und danach wird auf grundlegende Fragen der Kampagnenführung eingegangen, wobei in diesem Fall der Kombinierte Ansatz mit Verbindung von „Top-down“- und „Bottom.up“-Elementen eine wichtige Rolle spielt. Schließlich wird auf die einzelnen Instrumente der Obama-Kampagne eingegangen, wie das Kampagnenblog, das Unterstützerblog, das unabhängige Blog, das Videoblog, das Mobile-Blog, Online-Campaigning und die E-Mail-Kommunikation. Schließlich soll im Fazit die anfangs gestellte Forschungsfrage beantwortet werden und im Schlussteil eine Reflexion der Auswirkungen des Wahlkampfes für die demokratische Partizipation der Bürger erfolgen. Der Übersichtlichkeit halber wird in vorliegender Arbeit die männliche Form der Gender verwendet. Natürlich ist die weibliche dieser gleichgestellt.

2 Überblick über die Geschichte und Entwicklung der Nutzung der neuen Medien im US-Wahlkampf

Als erstes muss festgehalten werden, dass die USA als „Prototyp der medienzentrierten Demokratie“ (Filzmaier/ Plasser 2001: 37, zit. n. Kraski 2012: 37) gilt. Das heißt, dass der Vermittlung von politischen Botschaften durch die Medien eine ganz zentrale Rolle zukommt, besonders im Wahlkampf. So soll nun die Einbindung der neuen Medien betrachtet werden. Dafür ist zunächst einmal begrifflich festzuhalten, was unter den neuen Medien verstanden wird. Gleichzusetzen ist der Begriff der neuen Medien mit dem Web 2.0:

„Unter dem Begriff Web 2.0 wird keine grundlegend neue Art von Technologien oder Anwendungen verstanden, sondern der Begriff beschreibt eine in soziotechnischer Hinsicht veränderte Nutzung des Internets, bei der dessen Möglichkeiten konsequent genutzt und weiterentwickelt werden. Es stellt eine Evolutionsstufe hinsichtlich des Angebotes und der Nutzung des World Wide Web dar, bei der nicht mehr die reine Verbreitung von Informationen bzw. der Produktverkauf durch Websitebetreiber, sondern die Beteiligung der Nutzer am Web und die Generierung weiteren Zusatznutzens im Vordergrund stehen.“ (Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Web 2.0)

Im Zusammenhang mit dem US-Wahlkampf sind dabei besonders die Social-Media- Netzwerke interessant, von denen Facebook und Twitter die bekanntesten Vertreter sind und auf deren genauen Einsatz im weiteren Verlauf noch eingegangen wird. Dabei wurde das Internet erst kurz vor der Jahrtausendwende verstärkt eingesetzt, davor hatte sich das Fernsehen als Leitmedium in der Verbreitung von politischen Beiträgen etabliert, was auch noch bis zum Wahlkampf 2008 als hauptsächliches Medium angesehen werden kann (vgl. Kraski 2012: 40). Im Wahlkampf 1996 zwischen dem demokratischen Kandidaten Bill Clinton und dessen republikanischen Gegner Bob Dole wurde das Internet erstmals verstärkt eingesetzt. Denn die Kandidaten hatten erstmals eigene Web-Auftritte (vgl ebd.). Einen noch verstärkteren Einsatz erfuhr das Internet bei der Wahl 2000 zwischen Al Gore (Demokratische Partei) und George W. Bush (Republikanische Partei). Hierbei hat es besonders John McCain im Verlauf den Vorwahlkampfes der Republikaner in geschickter Weise für sich genutzt. Er ließ eine Datenbank mit E-Mail-Adressen von Anhängern zum gezielten Fundraising und der Mobilisierung von Sympathisanten anfertigen. Es ist beachtlich, welchen Anteil bei ihm die Online-Spenden von der gesamten Spendensumme ausmachten, nämlich 25 Prozent; der Vergleichswert bei den anderen Kandidaten lag wesentlich geringer (vgl. Kraski 2012: 41). Spendensummen sind im Wahlkampf von zentraler Bedeutung und können den Ausgang einer Wahl massiv beeinflussen, dennoch nicht endgültig entscheiden. So wird McCain als „Pionier des Internetfundraising“ (Ceaser/ Busch 2004:73, zit. n. Kraski 2012:41) bezeichnet, auch wenn er im Vorwahlkampf gegen George W. Bush nicht gewinnen konnte. Allerdings war die Kommunikation hierbei noch sehr einseitig, folgte also noch der Funktionslogik des Web 1.0. Die Vermittlung war noch sehr kandidatenzentriert und Vorzüge des Web 2.0 wie „Responsivität“ und „Interaktivität“ waren noch nicht von Bedeutung (vgl. Kraski 2012: 41). Das änderte sich 2004. In diesem Jahr haben besonders die demokratischen Kandidaten Howard Dean und John Kerry im Vorwahlkampf das Internet innovativ einsetzen können. Beide konnten ebenfalls große Summen von Spenden über das Internet sammeln (vgl. ebd.). Des Weiteren nutzte Howard Dean sogenannte „meet-ups“ zur Vernetzung mit Unterstützern, bei denen sie sich gegenseitig als auch mit Dean austauschen konnten (vgl. ebd.). Dadurch wurde Dean zum „Pionier eines ,cyber movements‘, das einen demokratischen Stil und eine starke Direktheit pflegte, und dabei die Interaktion seiner Anhänger untereinander und die Interaktivität des Interneteinsatzes stark betonte. […] Al Gore drückte Dean dafür seine Bewunderung aus und kam zu dem Schluss, dass Dean sich aufgrund seiner innovativen Web-Strategie zum Erneuerer der Demokratischen Parte gemacht habe.“ (Kraski 2012: 41). Hier lassen sich bereits erste Tendenzen des Einsatzes der neuen Medien durch die Demokraten erkennen, die auf Interaktivität der Unterstützer untereinander bauen. Obama schließlich baute dies Konzept weiter aus. Im Wahlkampf 2008 galt das Internet als Leitmedium des Wahlkampfes; 46% aller Amerikaner gaben an, sich via Internet über den Wahlkampf zu informieren (vgl. McKinney/ Banwart 2008: 3).

3 Theoretische Fundierung: Zwei-Stufen-Fluss der Kommunikation in Netzwerken

Für die Untersuchung des Einflusses der neuen Medien auf die Wähler soll der Zwei- Stufen-Fluss der Kommunikation herangezogen werden. Dieser wurde hauptsächlich von Paul Felix Lazarsfeld geprägt (vgl. Jäckel 2011: 125). Es kann gesagt werden, dass er seine theoretischen Annahmen hierzu in Folge einer eher zufälligen Entdeckung machte. 1944 führte er mit Berelson und Gaudet eine Untersuchung zur politischen Meinungsbildung der Bürger im vorangegangen US-Wahlkampf 1940 durch, die unter dem Namen „The People’s Choice“ bekannt ist. Dabei gingen sie zunächst von den zu der Zeit dominierenden Vorstellungen eines direkten Einflusses der Massenmedien auf die Rezipienten aus im Sinne eines „Stimulus-Response“- Ansatzes (vgl. Jäckel 2011:126). Bald stellten sie aber im Laufe der Untersuchung fest, dass viele Leute ihre politische Meinung im Austausch mit anderen Personen entwickelten und konzipierten das Zwei-Stufen-Modell, dass die Bürger in „Meinungsführer“ und „Nichtmeinungsführer“ unterteilt (sh. Abb. 1). In Bezug auf den Informationsprozess gingen sie von folgenden Annahmen aus (Klingemann 1986: 388).

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Abb. 1: Der Zwei- Stufen-Fluss der Kommunikation

1. Meinungsführer, definiert als Personen, die in aktiver Weise versuchen politischen Einfluss zu nehmen, oder die in politischen Dingen von anderen Personen um Rat gefragt werden, werden von den politischen Botschaften der Massenmedien in höherem Maße erreicht als Nichtmeinungsführer.
2. Die politischen Botschaften der Massenmedien werden von den Meinungsführern für wichtiger gehalten, als die politischen Botschaften aus dem Bereich der interpersonalen Kommunikation.
3. Die Meinungsführer beteiligen sich in höherem Maße als die Nichtmeinungsführer an der interpersonalen politischen Kommunikation.

Im Hinblick auf den Beeinflussungsprozess kamen sie zu folgenden Schlüssen (Klingemann 1986: 389):

1. Personen, die von den politischen Botschaften der Massenmedien am besten erreicht werden, insbesondere auch die Meinungsführer, zeichnen sich durch eine Kombination sozialstruktureller Merkmale aus, die ihre Parteipräferenz in starker Weise vorprägen,
2. Diese Personen neigen dazu, nach dem Prinzip der selektiven Wahrnehmung, in erster Linie die politischen Botschaften der Massenmedien aufzunehmen, die ihre Präferenz stützen.
3. Personen, die von den politischen Botschaften der Massenmedien am wenigsten erreicht werden, weisen am ehesten sozialstrukturelle Merkmalskombinationen auf, die eine Veränderung ihrer Parteipräferenz wahrscheinlich machen.
4. Wenn solche Personen ihre politischen Einstellungen und Verhaltensweisen ändern, dann geschieht das in der Regel als Folge des politischen Gesprächs mit den Meinungsführern.

Als Verdeutlichung sei hier ein Zitat eines Befragten wiederzugeben: „Ich bin immer ein Demokrat gewesen, aber neulich habe ich von so vielen Demokraten gehört, dass sie republikanisch wählen werden, daß ich dasselbe tun könnte. Vier von fünf mir bekannten Demokraten machen das.“ (Lazarsfeld u.a. 1969: S. 146).

In Anlehnung an dieses Modell gibt es zahlreiche Weiterentwicklungen, so auch eines, das konkret den Informationsfluss in einem sozialen Netzwerk untersucht von Granovetter (1973) und Weimann (1982) (sh. Abb. 2). Dieses Modell nimmt eher Bezug zu der Bildung von Meinungen in Gruppen und nicht beim einzelnen Wähler, und ist daher sowohl f ür die Offline- als auch für die Online-Kommunikation relevant, da der politische Austausch häufiger innerhalb von Gruppen erfolgt, als nur zwischen einem Meinungsführer und einer einzelnen Person. Es gleicht im Kern den Vorstellungen von Lazarsfeld und nimmt dabei an, dass mehrere Mitglieder innerhalb einer Gruppe von einem Meinungsführer beeinflusst werden (vgl. Jäckel 2011: 152), fügt aber eine weitere Gruppe hinzu, nämlich die der „Marginalen“. Diese sind eher randständige Personen, die nicht vollkommen zur Gruppe gehören und ihnen

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Abb. 2: Der Informationsfluss in sozialen wird der Austausch zwischen den Netzwerken

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Gruppen zugeschrieben (vgl. ebd.).

Dadurch ist auch ein Austausch zwischen den verschiedenen Gruppen möglich. Meinungsführer tauschen sich hingegen untereinander eher weniger aus, weil sie ja bereits einer festen Überzeugung sind (vgl. ebd.). Der Austausch zwischen den Gruppen hat den Effekt, dass der Einflussbereich eines Meinungsführers sich vergrößert und es auch zu einer Verfestigung der Meinung bei den Nichtmeinungsführern (= übrige Mitglieder) und zu einer Meinungsbildung bei den Marginalen kommt, wenn Gruppen aufeinandertreffen, die in gleicher Weise von den Meinungsführern beeinflusst werden.

Bezogen auf den Wahlkampf von Obama bietet die Theorie das Grundgerüst, um zu verstehen, warum Obama so viele Leute mobilisieren konnte. Schließlich machte die Art und Weise, in der er die neuen Medien einsetzte, einen Großteil seines Erfolges aus (vgl. Kraski 2012: 37), was an späterer Stelle noch genauer analysiert wird.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Obama und Twitter: Der US-amerikanische Wahlkampf
Untertitel
Einsatz von neuen Medien im US-Wahlkampf 2008 durch Barack Obama – Revolution oder Evolution?
Hochschule
Universität Salzburg
Note
2
Autor
Jahr
2014
Seiten
23
Katalognummer
V272511
ISBN (eBook)
9783656647270
ISBN (Buch)
9783656647249
Dateigröße
849 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Obama, Twiiter, WEB 2.0, Wahlkampf, US-Wahlkampf, mybarackobama.com, meet-up, Hillary Clinton, Howard Dean
Arbeit zitieren
Laura Vaida (Autor:in), 2014, Obama und Twitter: Der US-amerikanische Wahlkampf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272511

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