Spätestens seit Walter Benjamins Essay „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ wissen wir: Jedes Kunstwerk lebt von, dank und durch seine Aura . Ob nun in Form von bildender Kunst, Fotographie, Musik oder Literatur ist die Aura ein Phänomen, welches die spezifische Einmaligkeit eines Kunstwerks im Bezug auf dessen Geschichte und Ortsgebundenheit charakterisiert. Dieses eine implizite Punktum einer Fotographie, das nicht nur jeglichen Assoziationsmechanismus außer Kraft setzt, sondern die Aufmerksamkeit des Betrachters auf undefinierbare Weise auf dem Bild hält, dabei alleine für sich spricht und in seiner Anziehungskraft nicht zu verbalisieren ist . Die Anziehungskraft eines Musikstücks, das uns unsere Umgebung für kurze Zeit vergessen lässt. Die Sogwirkung einer literarischen Geschichte, das Charisma eines Autors, die Attraktivität eines Schreibstils und Faszination eines fiktiven Universums, dass wir uns lesend einverleiben und in dem wir (teilweise über den reinen Leseprozess hinaus) träumerisch verweilen.
Doch, genau wie wir um den Bedeutungsgehalt der Aura im Bezug auf Kunstwerke sämtlicher Art wissen, so wissen wir auch um die potentielle Vergänglichkeit dieser flüchtigen Anziehungskraft. Im „Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ ist es ein Leichtes, Kunstwerke zu entaurartisieren bzw. ihre Aura abzuschwächen. Es gilt nur das Original als auratisch, nur das originäre Kunstwerk, autonom und ursprünglich, besitzt eine Aura, jegliche Adaption, Reproduktion oder Erweiterung schwächt sie ab oder eliminiert sie völlig. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Stimmen, die im Vorgang der Reproduktion eine Chance sehen. Die Chance, eine Aura nachträglich nicht nur zu erweitern, sondern gar erst zu erzeugen.
Diese Debatte besitzt auch im Bezug auf „Literaturausstellungen“ eine diskursive Qualität, die regelmäßig bei der Frage nach Für und Wider derartiger Einrichtungen aufkommt. In diesem Essay werde ich der Frage nachgehen: „Soll man Literatur in einem Museum ausstellen? Und wenn ja, was kann eine Literaturausstellung über den Text hinaus leisten?“
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Typen des Literaturmuseums
- Schriftstellerhäuser bzw. literarische Memorials
- Literaturarchive bzw. literarisch-historische Museum
- Literarische Originalschauplätze bzw. Nachbauten
- Plädoyer für einen offeneren Literaturbegriff
- Fazit: Das Potential von Literaturausstellungen
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay untersucht die Frage, ob und wie man Literatur im Museum ausstellen sollte. Er analysiert das Potential von Literaturausstellungen, die über den reinen Text hinausgehen und die Aura der Literatur erweitern können. Dabei werden verschiedene Typen von Literaturmuseen vorgestellt und die Möglichkeiten des Ausstellens von Literatur in einem breiteren Kontext beleuchtet.
- Die Aura von Literatur und ihre potentielle Vergänglichkeit im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit
- Die verschiedenen Typen von Literaturmuseen und ihre spezifischen Funktionen
- Die Bedeutung eines offeneren Literaturbegriffs, der den Entstehungsprozess und die Hintergründe der Literatur einbezieht
- Das Potential von Literaturausstellungen, den Leseprozess anzuregen und die Aura der Literatur zu erweitern
- Die Herausforderungen und Möglichkeiten der Ausstellbarkeit von Literatur im Museum
Zusammenfassung der Kapitel
Im ersten Kapitel wird die Debatte um die Aura von Kunstwerken im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit aufgegriffen und auf den Kontext von Literaturausstellungen übertragen. Der Essay stellt die Frage nach dem Wert und der Notwendigkeit von Literaturausstellungen und stellt die These auf, dass diese über den Text hinausgehen und die Aura der Literatur erweitern können.
Das zweite Kapitel behandelt die verschiedenen Typen von Literaturmuseen, darunter Schriftstellerhäuser, Literaturarchive und literarische Originalschauplätze. Es werden die Vor- und Nachteile dieser Einrichtungen im Hinblick auf die Ausstellbarkeit von Literatur diskutiert.
Im dritten Kapitel wird ein Plädoyer für einen offeneren Literaturbegriff abgegeben, der den schöpferischen Entstehungsprozess und die Hintergründe der Literatur einbezieht. Dies ermöglicht es, Literatur in einem breiteren Kontext zu betrachten und neue Möglichkeiten für die Ausstellbarkeit zu erschließen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Aura von Literatur, die Ausstellbarkeit von Literatur, verschiedene Typen von Literaturmuseen, die Bedeutung eines offeneren Literaturbegriffs, das Potential von Literaturausstellungen und die Herausforderungen der Ausstellbarkeit von Literatur im Museum. Der Essay beschäftigt sich mit der Frage, wie man Literatur über den Text hinaus erfahrbar machen kann und welche Chancen und Grenzen sich im Kontext von Literaturausstellungen ergeben.
- Quote paper
- Lukas Lohmer (Author), 2014, Literaturausstellung im Museum und was sie über den Text hinaus leistet, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273204