Die theoretische Auseinandersetzung mit dem Gegenstand des Staates brachte in mehreren wissenschaftlichen Disziplinen unterschiedlichste Staatsbegriffe hervor, die im Wesentlichen mit deren jeweiligem Erkenntnisinteresse in Zusammenhang standen. Dabei wurde teils die schon in der Antike diskutierte Frage nach gerechter Herrschaft reflektiert, teils stand auch schlicht das Interesse an der Form und Entwicklung des Staates oder seiner Funktionsweise im Vordergrund. Man entwickelte diesbezüglich einen jeweils eigenständigen Analysefokus, abhängig des eigenen Forschungsschwerpunktes. An der jüngeren staatstheoretischen Diskussion wird jedoch bemängelt, dass der Staat dabei nicht mehr als gesellschaftliches Verhältnis in Betracht gezogen wird. Diese analytische Isolation des Staates von Politik und Gesellschaft wird als Problematisch betrachtet: Es habe sich ein Verständnis des Staates als eines autonomen Akteurs etabliert, in dessen Folge die Handlungsspielräume des Staates systematisch über- oder unterschätzt würden. Außerdem sollte eine kritische Auseinandersetzung mit dem Staat über eine Begriffsdefinition allein hinausgehen. In der Staatstheorie seit Hegel stellt sich die Frage, welches Verhältnis zwischen dem Staat und gesellschaftlichen sowie partikularen Interessen besteht. Hier spielen Begriffe wie „Macht“ und „Herrschaft“ eine Rolle, sowie die Frage danach, wie sich bestimmte Herrschaftsverhältnisse ergeben und verfestigen. Schließlich sollte eine kritische Perspektive auf den Staat nicht versäumen, jene Machtbeziehungen zu analysieren, die innerhalb des Staates, auf und über den Staat wirken.
Im Folgenden wird zu diskutieren sein, inwiefern die Theorie Foucaults dem Anspruch gerecht werden kann, die Komplexität staatlicher Regierung zu erfassen und dabei eine kritische Perspektive zu wahren. Ich möchte meine Aufmerksamkeit also darauf legen, ob es Foucault möglich war, über zentrale Unterscheidungen der Kritischen Theorie wie etwa den „Klassencharakter“ von Systemen hinwegzusehen und dennoch ein kritisches Verständnis von Staat, Macht und Herrschaft zu entwickeln. Daher werde ich darstellen,wie es Foucault gelingt, die historischen Bedingungen von Staatlichkeit und Macht herauszuheben und sich gleichzeitig von gängigen Kategorisierungen, wie etwa ökonomisch/neoliberalen oder marxistischen, zu distanzieren.
Inhaltsverzeichnis
- Foucault und die Schule der Kritische Theorie
- „Die Verarmung der Staatstheorie“
- Theoretischer Zugang: Der (Post-)Strukturalismus
- Strukturalismus
- Poststrukturalismus
- Foucaults Theorie des Staates
- Der Staat aus der Perspektive der Gouvernementalität
- Die Analytik der Macht
- Foucault aus der „klassischen“ Perspektive kritischer Staatstheorie
- Macht und Herrschaft
- Staatstheorie
- Reflexion: Wie kritisch ist Foucaults Theorie nun?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text befasst sich mit der Kritik von Michel Foucault an der Kritischen Theorie und der Rolle des Staates in der Geschichte. Er analysiert Foucaults Theorie der Gouvernementalität und untersucht, inwiefern diese eine kritische Perspektive auf den Staat ermöglichen kann.
- Foucaults Kritik an der traditionellen Kritischen Theorie
- Die Gouvernementalität als Konzept der Staatsanalyse
- Foucaults Analyse von Macht und Herrschaft
- Die Beziehung zwischen Staat und Gesellschaft
- Die Frage nach der Kritikfähigkeit von Foucaults Theorie
Zusammenfassung der Kapitel
- 1. Foucault und die Schule der Kritische Theorie: Dieses Kapitel setzt die Kritik Foucaults an der Kritischen Theorie in den Kontext des historischen und wissenschaftlichen Umfelds. Es beleuchtet Foucaults Kritik an der traditionellen Theorie des Staates und seiner historischen Entwicklung.
- 2. „Die Verarmung der Staatstheorie“: Dieses Kapitel diskutiert die Kritik an der traditionellen Staatstheorie, die den Staat als isolierten Akteur betrachtet. Es beleuchtet die Notwendigkeit, den Staat als gesellschaftliches Verhältnis zu verstehen und die Wechselwirkung zwischen Macht, Herrschaft und Gesellschaft zu analysieren.
- 3. Theoretischer Zugang: Der (Post-)Strukturalismus: Dieses Kapitel stellt den theoretischen Hintergrund von Foucaults Analyse vor und erklärt die zentralen Konzepte des Strukturalismus und Poststrukturalismus. Es betont die Bedeutung des historischen Kontextes und die Rolle von Machtbeziehungen in der Gestaltung von Wissen und Wirklichkeit.
- 4. Foucaults Theorie des Staates: Dieses Kapitel stellt die zentralen Elemente von Foucaults Staatsanalyse vor, insbesondere die Gouvernementalität und die Analytik der Macht. Es zeigt auf, wie Foucault die Machtverhältnisse in modernen Gesellschaften analysiert und wie diese mit der Regierung der Menschen verbunden sind.
- 5. Foucault aus der „klassischen“ Perspektive kritischer Staatstheorie: Dieses Kapitel untersucht Foucaults Theorie des Staates aus der Perspektive der traditionellen kritischen Staatstheorie. Es stellt die Frage, inwiefern Foucaults Ansatz mit klassischen Konzepten wie Macht, Herrschaft und dem Klassencharakter von Gesellschaften kompatibel ist.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieses Textes sind: Kritische Theorie, Gouvernementalität, Staat, Macht, Herrschaft, Poststrukturalismus, Genealogie, Kritikfähigkeit.
- Quote paper
- Robin Ostrowski (Author), 2013, Die Geschichte der Gouvernementalität. Genealogie als Staatskritik?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273239