Sterben, Tod und Trauer im Sachunterricht

Das Potential von Kinderliteratur


Hausarbeit, 2013

18 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Vorgehensweise

2 Begriffsdefinitionen von Tod und Trauer
2.1 Tod
2.2 Trauer
2.3 Kindliche Todes- und Trauererfahrungen

3 Sterben, Tod und Trauer - Ein Thema für die Grundschule
3.1 Tabuisierung vs. Enttabuisierung
3.2 Didaktische Legitimierung und Relevanz des Themas für die Grundschule
3.3 Zugänge für den Sachunterricht

4 Kinderliteratur als Zugang zum Thema Sterben, Tod und Trauer im Sachunterricht
4.1 Kinderliteratur als unterstützendes Arbeitsmaterial
4.2 Beispielhafte Kinderbücher und ihr Potential

5 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

1.1 Ausgangssituation und Vorgehensweise

Mit Kindern werden Wachstum und Zukunft verbunden, der Tod hingegen steht für das Ende des Lebens. “ (Jennessen 2007, S. 2).

Diese Meinung ist heutzutage auch noch bei vielen Erwachsenen, Eltern und Lehrkräften vertreten. Kinder sollen sich in ihren jungen Jahren nicht mit solchen Themen auseinandersetzen, sie sollen lieber unbefangen und fröhlich aufwachsen. Dass der Tod und damit einhergehend die Trauer ein bedeutender Bestandteil unseres Lebens sind, ist unumstritten. Jeder wird im Laufe seines Lebens mit diesem Thema konfrontiert, der Eine früher und der Andere etwas später. Aber es ist nicht von der Hand zuweisen, dass dieses Thema nicht nur für die Erwachsenen eine besondere Relevanz hat, sondern auch schon für Kinder. Aus empirischen Arbeiten ist ersichtlich, „ [...] dass bei Kindern zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr die Beschäftigung mit dem Tod einsetzt (vgl. Ramachers 1994). “ (Jennessen 2007, S. 2). Beim Schuleintritt kann man demnach festhalten, dass ein grundlegendes Verständnis vom Tod und der Endlichkeit des Lebens besteht (vgl. Jennessen 2007, S. 2). Kinder haben aufgrund ihrer gemachten Erfahrungen ein Interesse an dem Thema und sie stellen Fragen. Die Erwachsenen haben oftmals bedenken, ob die Kinder das Thema überhaupt erfassen können und ob sie überhaupt etwas über Sterben, Tod und Trauer wissen müssen. Diese schützende Hand und Haltung der Erwachsenen führt zu einer Tabuisierung des Themas und je später ein erstmaliger Kontakt stattfindet, desto schwieriger gestaltet sich die Öffnung und Auseinandersetzung mit dieser schwierigen Thematik. Ein weiteres Hindernis für die direkte Begegnung und Auseinandersetzung mit der Thematik, ist der Ausschluss des Themas aus unserem Alltag. Wenn früher viele Menschen zu Hause gestorben sind, wird dieser Prozess heute in die Altersheime oder Krankenhäuser ausgelagert (vgl. Witt-Loers 2009, S. 13).

Nationalsozialismus, Sterben, Tod und Trauer oder die Sexualerziehung haben, obwohl sie sehr abweichende Inhalte und Themen behandeln, eines gemeinsam. Sie werden gerne als sogenannte Tabu-Themen tituliert, d.h., dass die Komplexität und Schwierigkeit der Inhalte, in Verbindung mit der Aufarbeitung in der Grundschule, werden lieber verdrängt und nicht angesprochen, anstatt sich aktiv im Zusammenspiel mit den Fragen und Kenntnissen der Kinder zu beschäftigen. Kinder haben einen Anspruch auf Antworten, Informationen und Wissen, auch wenn diese in Verbindung mit, aus erwachsener Sicht, unangenehmen und schwierigen Themen stehen. Wenn dieser Prozess der Tabuisierung dennoch im privaten Umfeld der Kinder stattfindet, dann ist es gerade die Aufgabe der Lehrerinnen und Lehrer bzw. der Schule im Allgemeinen diesem Prozess entgegenzusteuern. Kindern wird oftmals nicht zugetraut sich mit einem solch komplexen Thema wie dem Tod zu beschäftigen, geschweige denn es zu verstehen. Selbst wir Erwachsene verstehen den Tod im Ganzen nicht. Wir haben selbst viele Fragen und keine Antworten. Diese Tatsache lässt viele Erwachsene davor zurückschrecken, Sterben, Tod und Trauer zu thematisieren, denn sie fühlen sich unwohl und unsicher und sie können den Kindern oftmals keine exakte Antwort geben. Darum geht es aber auch nicht. Ziel soll es sein, dass man mit den Kindern über diese Materie spricht, mit ihnen ins Gespräch kommt und diskutiert und ihnen verdeutlicht, dass es kein Tabu-Thema ist. Der Tod gehört genauso zu unserem Leben wie die Geburt. Kinder haben das Recht über alle Themen, die sie interessieren und zu denen sie Fragen haben, Wissen und Informationen zu bekommen. Die Grundschule bietet den idealen Einstieg, um schon früh auf die kindlichen Erfahrungen einzugehen, um sie im Prozess der Trauer zu unterstützen und eine Enttabuisierung einzuleiten.

Die vorliegende Hausarbeit setzt sich mit dem Potential der Thematik von Sterben, Tod und Trauer auseinander, in Bezug auf den Sachunterricht der Grundschule. Anhand von Kinderliteratur als didaktisch-methodische Möglichkeit der Auseinandersetzung mit dem Thema, soll die Relevanz aufgezeigt und das Potential dargestellt werden. Im zweiten Kapitel soll zunächst eine allgemeingültige Definition der Begriffe Tod und Trauer gegeben werden, um anschließend auf die kindlichen Todes- und Trauervorstellungen einzugehen. Mit diesem grundlegenden Wissen soll im dritten Kapitel die Bedeutsamkeit der Thematik für die Grundschule gestützt werden. Mithilfe von Kinderliteratur, die sich mit den Themen Tod und Trauer beschäftigt, soll eine mögliche Methode vorgestellt werden, die einen Zugang und eine Unterstützung des Themas für den Sachunterricht darstellen kann. Anhand eines ausgewählten Beispiels soll die Einsatzmöglichkeit im Sachunterricht untersucht, Grenzen und Chancen analysiert und beurteilt werden.

2 Begriffsdefinitionen von Tod und Trauer

2.1 Tod

Wie bereits in der Einleitung beschrieben, ist der Tod ein elementarer Bestandteil unseres Lebens, genauso wie die Geburt. Über die Geburt wird jedoch sehr gerne besprochen, weil damit etwas Wunderbares und Schönes assoziiert wird. Der Tod hingegen wirft viele Fragen auf, ist unheimlich und man verbindet mit ihm Trauer, Angst und Ungewissheit. Der Tod an sich und die Vorstellung des eigenen Todes werden gerne verdrängt und gewissermaßen totgeschwiegen. Kann man aber etwas definieren, was niemand erfassen kann bzw. niemand selbst am eigenen Leib oder mit den eigenen Augen erlebt hat?

Aufgrund der Tatsache, dass der Mensch das Ungewisse nicht akzeptieren kann, versuchen diverse wissenschaftliche Bereiche Antworten bzw. Definitionen zu geben. „ Biologisch ist der Tod ein Vorgang, der den Zeitraum vom Bewusstseinsverlust bis zum Absterben der letzten Zelle des Organismus umfasst […] “ (Brinkmann & Madea 2004, S. 3). Um den genauen Todeszeitpunkt zu bestimmen wird in der Medizin heutzutage das Hirntodkriterium, also der Tod des Gehirns und der irreversible Verlust der gesamten Gehirnaktivität verwendet (vgl. Brinkmann/Madea 2004, S. 3f.). Diese biologisch-medizinische Definition soll bei dieser Ausarbeitung im Fokus stehen, d.h., der Tod als Ende des irdischen und menschlichen Lebens, sowie die Irreversibilität der organischen Funktionen, verbunden mit dem Hirntod.

2.2 Trauer

Trauer ist kein vorübergehender Zustand, sondern ein langer Prozess, der sich wandelt und bei jedem Menschen anders verläuft, so auch bei Kindern. “ (Witt-Loers 2009, S. 18). Trauer kann durch verschiedene Ereignisse ausgelöst werden und auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Verluste, wie z.B. der Verlust des Arbeitsplatzes oder der Tod eines Menschen oder Haustieres, Trennungen, wie z.B. die Scheidung der Eltern, und Abschiede, z.B. von der Grundschule, können Trauer auslösen. Das Trauern, welches ein sehr schmerzvoller und emotionaler Prozess ist, der nicht zeitlich eingegrenzt werden kann, ermöglicht den Menschen, solche Ereignisse mit der Zeit zu verarbeiten, zu verstehen und damit umzugehen (vgl. Witt-Loers 2009, S. 18). Die Gefühle, die mit der Trauer einhergehen, können sich stark von Person zu Person unterscheiden. Trauer kann z.B. zu Wutausbrüchen, Verzweiflung oder Hilflosigkeit führen (vgl. Witt-Loers 2009, S. 20 f.). Nach Witt-Loers können auch weitere Anzeichen wie Kopf- und Gliederschmerzen oder Appetitlosigkeit auftreten (vgl. Witt-Loers 2009, S. 18). Wie oben bereits angesprochen, ist die Trauer bzw. das Trauern ein Prozess, zu dem einige Konzepte entwickelt worden sind. Die Konzepte beinhalten verschiedene Phasen, die jedoch nicht der Reihe nach bzw. auch nicht komplett durchlaufen werden müssen. In der Phase des Nicht-Wahrhaben-Wollens kann der oder die Trauernde den Verlust nicht realisieren. Die Phase der aufbrechenden Emotionen beinhaltet die bereits erwähnten Gefühls- und Stimmungsschwankungen. In der Phase des Suchens und Sich-Trennens setzt sich der bzw. die Trauernde mit dem Verlust der Person auseinander. Die Realisierung der Trennung und die Akzeptanz des Verlusts helfen, wieder zu sich selbst zu finden. Die Phase des neuen Welt- und Selbstbezuges ermöglicht es über den Toten zu sprechen, ohne direkt Schmerz und Trauer zu empfinden. Der Verlust ist akzeptiert und man erinnert sich gern an die Person zurück (vgl. Specht-Tomann/Tropper 2011, S. 35). Der Prozess der Trauer bzw. das Zulassen von Gefühlen ist demnach besonders wichtig, um einen Verlust zu verarbeiten und den Schmerz zu überwinden. Wie unterschiedlich das Verständnis von Trauer und den dazugehörigen Gefühlen und Symptomen sein kann, soll im weiteren Verlauf anhand der kindlichen Todes- und Trauererfahrungen gezeigt werden.

2.3 Kindliche Todes- und Trauererfahrungen

Nach Franz (2008, S. 83) haben Grundschulkinder ein großes Interesse und viele Fragen wenn es um Tod und Trauer geht und zudem können sie uns Erwachsenen auch neue Perspektiven und Blickrichtungen ermöglichen, wie die Aussage eines sechsjährigen Jungen zeigt:

Die Beerdigung heißt Beerdigung, weil der Tote in die Erde gelegt wird. Aber die Seele, die fliegt doch in den Himmel und deshalb wäre es viel schöner, wenn die Beerdigung auch Behimmelung heißen würde, oder?! “ (Franz 2008, S. 83).

Kindern wird aber oftmals leider eine zu eindimensionale Sichtweise auf das Leben vermittelt. „Es fehlt ihnen die Erkenntnis, dass nicht nur Gesundheit, Nehmen, Stärke, Jugend, Freude, sondern auch Krankheit, Geben, Schwäche, Alter, Trauer zum Leben gehören.“ (Franz 2008, S. 44). Kinder sollen ruhig widersprüchliche und gegensätzliche Erfahrungen sammeln, denn für ihre Entwicklung ist es besonders wichtig, nicht nur schöne Erlebnisse zu machen, sondern vielleicht auch mal Traurige und nicht so Schöne. Dadurch erhalten sie einen Blick auf die Realität und leben nicht weiterhin in einer Scheinwelt, die die Eltern für sie aufrechterhalten wollen (vgl. Franz 2008, S. 44 f.). Wie bereits oben schon erwähnt, werden Kinder kaum in direktem Kontakt mit Trauer- oder Todeserfahrungen gebracht. Man versucht sie zu schützen. Dazu kommt noch, dass der Prozess des Todes heutzutage externalisiert wird, d.h., dass dieser in Krankenhäuser und Alters- bzw. Pflegeheime stattfindet und nicht mehr zu Hause. Durch die medizinischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte hat sich zudem die Auseinandersetzung mit Krankheit, Sterben und Tod verändert und diese Tatsache lässt die Komplexität des Themas für (Grundschul-)Kinder nochmals erhöhen. Die technisch-medizinischen Neuerungen ermöglichen ein Hinauszögern des Todes und folglich kann dadurch ein längerer (Todes-)Prozess eingeleitet werden. „Mein Opa ist im Krankenhaus. Aber die Ärzte machen den Opa ganz schnell wieder gesund!“ (Franz 2008, S. 45). Diese Aussage eines fünfjährigen Mädchens unterstützt diese Entwicklung, obwohl man dieser Aussage keine Informationen über die Schwere der Erkrankung entnehmen kann. Dennoch wird deutlich, dass bei Kindern ein positives Bild erzeugt und Zuversicht vermittelt werden soll, wenn Angehörige sich im Krankenhaus befinden. Problematisch ist zudem, dass Rituale des Abschied-Nehmens und die Akzeptanz des Todes beim Sterbenden, sowie bei den Angehörigen, hinausgezögert, schwammiger und emotional behafteter werden (vgl. Franz 2008, S. 45 f.). Kindern wird es in unserer Gesellschaft auch dadurch oft nicht ermöglicht, eine angemessene Sterbe- und Trauerkultur auf- bzw. auszubauen (vgl. Franz 2008, S. 53 ff.). Befindet sich ein Familienmitglied im Sterben oder kommt es sogar zu einem Todesfall und zu einer Beerdigung, dann wird es den Kindern verwehrt und stellenweise von den Erwachsenen auch nicht zugetraut, sich damit aktiv auseinanderzusetzen. Sie werden dann bei Verwandten oder Klassenkameraden oder Klassenkameradinnen „geparkt“, bis das Ereignis vorüber ist.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Sterben, Tod und Trauer im Sachunterricht
Untertitel
Das Potential von Kinderliteratur
Hochschule
Universität Bremen
Note
2,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
18
Katalognummer
V273504
ISBN (eBook)
9783656657132
ISBN (Buch)
9783656657101
Dateigröße
486 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
sterben, trauer, sachunterricht, potential, kinderliteratur
Arbeit zitieren
Julian Cirkovic (Autor:in), 2013, Sterben, Tod und Trauer im Sachunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273504

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