Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gem. § 50 II BetrVG


Seminararbeit, 2003

17 Seiten, Note: 11


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gemäß § 50 Abs. 2

Literaturverzeichnis

A. Gründung des Gesamtbetriebsrats
I. Errichtung gemäß § 47 BetrVG
1. Unternehmen und mehrere Betriebsräte
a) Unternehmen
b) Mehrere Betriebsräte
2. Entsendung von Mitgliedern
3. Stimmen der Mitglieder

B. Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gemäß § 50 Abs. 2 – Zuständigkeit kraft Auftrags
I. Zuständigkeit gemäß § 50 Abs. 1 – Zuständigkeit kraft Gesetzes
II. Zweck der Norm – § 50 Abs. 2
III. Formelle Wirksamkeitsvoraussetzungen der Beauftragung
1. Beschluss
2. Schriftformerfordernis
IV. Materielle Voraussetzungen
V. Pflicht zur Übernahme der Angelegenheit
1. Keine Verpflichtung zur Übernahme
2. Verpflichtung zur Übernahme (h.M.)
3. Stellungnahme und Entscheidung für Ansicht 2.
VI. Recht des Einzelbetriebsrates zur Richtlinienvorgabe
1. Richtlinienvorgabe nicht möglich (h.M.)
2. Richtlinienvorgabe möglich
3. Stellungnahme und Entscheidung für Ansicht 2.

C. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG – Zuständigkeit kraft Auftrag

A. Gründung des Gesamtbetriebsrats

I. Errichtung gemäß § 47 BetrVG

Gemäß § 47 Abs. 1 ist es zwingend vorgeschrieben, in einem Unternehmen mit mehreren Betriebsräten einen Gesamtbetriebsrat zu errichten. Hat ein Unternehmen also nur einen Betrieb, wirkt sich die Unterscheidung von Unternehmen und Betrieb in der Betriebsverfassung nicht aus. Der Gesamtbetriebsrat wird für alle Betriebe des Unternehmens gebildet. Dabei ist es gleichgültig, wo die einzelnen Betriebe liegen und welche technischen Aufgaben sie haben[2].[1]

Der Wortlaut setzt somit voraus, dass dem Unternehmen mehrere Betriebe angehören, da jeder Betrieb im Sinne des Gesetzes nur einen Betriebsrat haben kann[3] ; genauer heißt das, dass mehrere selbständige Betriebe mit Betriebsräten unter einer organisatorisch einheitlichen Unternehmensleitung vorhanden sind[4]. Das schließt aus, dass Betriebsräte verschiedener Rechtsträger einen gemeinsamen Gesamtbetriebsrat bilden[5], selbst dann, wenn die Rechtsträger wirtschaftlich miteinander verflochten sind oder eine personengleiche Geschäftsführung besteht[6].

1. Unternehmen und mehrere selbständige Betriebe

Während der Betrieb einen arbeitstechnischen Zweck verfolgt, dient das Unternehmen dagegen einem übergreifenden wirtschaftlichen oder ideellen Zweck[7].

a) Unternehmen

Der Begriff des Unternehmens wir in § 50 als gegeben vorausgesetzt[8]. In der Betriebsverfassung knüpft er zunächst an den Rechtsbegriff des Unternehmens an[9], stellt allerdings nach der Zweckbestimmung im Betriebsverfassungsgesetz zusätzlich die Repräsentationsstufe für die Bildung einer Arbeitnehmervertretung dar[10].

Unternehmenskennzeichnend ist die Einheit des Rechtsträgers[11]. So müssen alle Betriebe vom gleichen Unternehmen betrieben werden. Dabei kann es sich beim Unternehmen um eine natürliche Person, um eine Personengesamtheit (z.B. OHG, KG) oder um eine juristische Person (z.B. AG, GmbH) handeln[12]. Eine rechtliche Einheit kann auch vorliegen, wenn sich mehrere Unternehmen zur Verfolgung bestimmter Aufgaben zusammenschließen und dadurch ein weiteres Unternehmen bilden. Dabei bleiben die beteiligten Unternehmen jedoch für sich weiter selbständig[13]. Solche Fälle können zum Beispiel vorliegen, wenn mehrere Unternehmen ihre Forschung zusammen legen.

b) Mehrere Betriebsräte

Wie bereits oben erwähnt, bedarf es als Voraussetzung mehrerer Betriebsräte. Da das Gesetz von Betriebsräten und nicht von Betrieben spricht, spielt eine fehlerhafte Betriebsabgrenzung keine Rolle, solange eben für die „fehlerhaften“ Betriebe jeweils ein Betriebsrat besteht[14]. Es genügt auch, wenn ein Betriebsrat nur ein Mitglied hat (vgl. § 9 S. 1), solange in zwei Betrieben ein Betriebsrat besteht[15]. Der betriebsratslose Betrieb ist dagegen im Gesamtbetriebsrat nicht vertreten[16].

2. Entsendung von Mitgliedern

Gebildet wird der Gesamtbetriebsrat gemäß § 47 Abs. 2 S. 1 grundsätzlich durch Entsendung von Mitgliedern der Einzelbetriebsräte mit mindestens 3 Mitgliedern. Hat ein Betriebsrat 3 Mitglieder, dann entsendet er 1 Mitglied, hat er mehr als 3 Mitglieder entsendet er 2 Mitglieder in den Gesamtbetriebsrat. Davon sind gemäß § 47 Abs. 4 durch Tarifvertrag oder durch Betriebsvereinbarungen Abweichungen zulässig, wovon jedoch selten Gebrauch gemacht wird[17].

3. Stimmen der Mitglieder

Bei Abstimmungen im Gesamtbetriebsrat gilt das Prinzip der Stimmengewichtung, wonach gemäß § 47 Abs. 7 S. 1 jedes Mitglied so viele Stimmen hat, wie in dem Betrieb, in dem es gewählt wurde. Sind mehr Mitglieder entsandt worden, dann werden die Stimmen gemäß § 47 Abs. 7 S. 2 anteilig auf die einzelnen Vertreter verteilt. Dadurch wird gewährleistet, dass die Interessen der größeren Betriebe im Unternehmen hinreichend gewahrt bleiben[18].

B. Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gemäß § 50 Abs. 2 – Zuständigkeit kraft Auftrags

I. Zuständigkeit gemäß § 50 Abs. 1 – Zuständigkeit kraft Gesetz

Der Gesamtbetriebsrat ist gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebe geregelt werden können. Daneben lässt § 50 Abs. 2 BetrVG unter bestimmten Voraussetzungen die Beauftragung des Gesamtbetriebsrates durch die Einzelbetriebsräte zu. Es wird somit eine ad-hoc-Zuständigkeit der Gesamtbetriebsräte begründet[19].

In Anlehnung an die Rechtssprechung zum BetrVG 1952 wird den Betriebsräten damit die Möglichkeit eröffnet, auch in einzelnen Angelegenheiten den Gesamtbetriebsrat einzuschalten, obwohl nach der Abgrenzung im Rahmen des § 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG nicht dieser, sondern der Einzelbetriebsrat zuständig ist.

II. Zweck der Norm - § 50 Abs. 2

Zunächst ist dabei auf den Zweck des § 50 Abs. 2 einzugehen. Dabei sind im wesentlichen zwei zu nennen.

Der erste Zweck betrifft die Verhandlungsmöglichkeiten des Gesamtbetriebsrates. Durch die Delegierung soll den Einzelbetriebsräten die Möglichkeit eröffnet werden, die höheren Verhandlungsmöglichkeiten des Gesamtbetriebsrats zu nutzen[20]. Da dieser im unmittelbaren Kontakt zur Unternehmensleitung steht, können die Betriebsräte durch die Delegierung von Angelegenheiten die Nähe des Gesamtbetriebsrats zum Arbeitgeber nutzen.

Der zweite Grund entspringt einem Zweckmäßigkeitsgedanken. Es macht unter Umständen Sinn, dass für alle Betriebe oder mehrere Betriebe des Unternehmens einheitliche Regelungen geschaffen werden[21]. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Regelungen erforderlich sind, da dies eine Frage der originären Zuständigkeit gemäß § 50 Abs. 1 ist[22]. Im Vordergrund steht die Zweckmäßigkeit solcher Regelungen, über die nicht der Gesamtbetriebsrat, sondern der Einzelbetriebsrat mit der Delegierung entscheidet[23]. Durch die Delegierung kann der Gesamtbetriebsrat dann solche zweckmäßigen Regelungen treffen, die auch für eben diese Betriebe gelten, obwohl er seine originäre Zuständigkeit überschreitet.

III. Formelle Wirksamkeitsvoraussetzungen der Beauftragung

Die Frage ist nun zunächst, wann eine wirksame Beauftragung vorliegt. Auf der formellen Seite steht die Frage, ob

1. ein Beschluss des Betriebsrats besteht und
2. die Schriftform gewahrt ist.

1. Beschluss

Die Beauftragung ist erst dann wirksam, wenn der Betriebsrat die Beauftragung gemäß § 50 Abs. 2 S. 1 mit einer absoluten Mehrheit beschlossen hat. Das bedeutet nach § 33 Abs. 1 BetrVG mit der Mehrheit aller Betriebsratsmitglieder. Es würde somit nicht genügen, wenn die Mehrheit der Anwesenden oder spezieller die Mehrheit der an der Abstimmung beteiligenden Mitglieder vorläge[24].

2. Schriftformerfordernis

Weiter bedarf es gemäß § 50 Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 27 Abs. 2 S. 3 noch der Schriftform. Dabei genügt es nicht, wenn das Ergebnis des Beschlusses lediglich schriftlich im Sitzungsprotokoll niedergeschrieben ist, sondern darüber hinaus muss der Auftrag dem Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats schriftlich mitgeteilt werden[25]. Erst mit der Mitteilung wird die Beauftragung wirksam.

[...]


[1] §§ ohne nähere Gesetzesangaben verstehen sich als solche des BetrVG.

[2] Richardi- Annuß, § 47 Rn. 18.

[3] Richardi- Annuß, § 47 Rn. 4.

[4] BAG 5.12.1975, DB 76, 587 (588).

[5] v. Hoyningen-Huene, § 6 II. 1.

[6] Richardi- Annuß, § 47 Rn. 6; BAG 29.11.1989, AP Nr. 3 zu § 10 ArbGG 79.

[7] Junker, Rn. 673; G/H/Z- Halberstadt, S. 5.

[8] Richardi- Annuß, § 47 Rn. 5.

[9] Richardi, § 1 Rn. 11.

[10] Joost, S. 208 ff.; Richardi, § 1 Rn. 52.

[11] GK- Kreutz, § 47 Rn. 13; Richardi- Annuß, § 47 Rn. 6.

[12] FKHE, § 47 Rn. 8.

[13] FKHE, § 47 Rn. 8.

[14] GK- Kreutz, § 47 Rn. 3; Richardi- Annuß, § 47 Rn. 16.

[15] Richardi- Annuß, § 47 Rn. 16.

[16] Richardi- Annuß, § 47 Rn. 17.

[17] v. Hoyningen-Huene, § 6 II 1.

[18] v. Hoyningen-Huene, § 6 II 1.

[19] FKHE, § 50 Rn. 45.

[20] FKHE, § 50 Rn. 45; Richardi- Annuß, § 50 Rn. 53.

[21] FKHE, § 50 Rn. 45; Ehrich ArbuR 93, 68 (69).

[22] BAG 23.9.75 ArbuR 76, 88 (88f).

[23] Richardi- Annuß, § 50 Rn. 53.

[24] FKHE, § 50 Rn. 46.

[25] GK- Kreutz, § 50 Rn. 51; Richardi- Annuß, § 50 Rn. 44.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gem. § 50 II BetrVG
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Bürgerliches Recht)
Veranstaltung
Seminar zum BetrVG
Note
11
Autor
Jahr
2003
Seiten
17
Katalognummer
V27358
ISBN (eBook)
9783638294300
Dateigröße
546 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Zuständigkeit, § 50 BetrVG, § 50 II BetrVG, Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat, Zuständigkeitsprobleme, Zuständigkeitsabgrenzung
Schlagworte
Zuständigkeit, Gesamtbetriebsrats, BetrVG, Seminar, BetrVG
Arbeit zitieren
Patrick Wüchner (Autor:in), 2003, Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gem. § 50 II BetrVG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27358

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