Leseprobe
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung/Problemstellung:.
2. Zentrale Erkenntnisse über die indirekte Messung von Einstellungen:..
3. Eingrenzung und Vorstellung des Themas „Indirekte Messung von Einstellung zur Fremdenfeindlichkeit in Deutschland:.
4. Vorschlag einer Messmethodik:..
4.1 Test: Fragebogen.
4.2 kreativer Part
4.3 IAT
4.4 Befragung nach „Bogus-Pipeline“-Modell
4.5 Ermittlung der Ergebnisse.
5. Einschätzung der Machbarkeit:
6. Quellen- / Literaturverzeichnis:
1. Einleitung/Problemstellung
Das Thema Fremdenfeindlichkeit in Deutschland stellt vor allem in Zeiten der Globalisierung und Internationalisierung ein erhebliches gesellschaftliches Problem dar. Das Erbe des Nationalsozialismus ist auch fast 70 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs und der Verbrechen unter Adolf Hitler eine schwere Last auf den Schultern der Deutschen. Im Jahr 2012 wurde im Vergleich zum Vorjahr, laut Bundesinnenminister Friedrich (CDU), ein Anstieg rechtsmotivierter Strafdelikte von ca. 4% auf rund 17.600 Straftaten festgestellt (Der Tagesspiegel vom 23.03.13, Jansen & Tretbar). Einen der vermutlich schrecklichsten Fälle von rechtsextremer Gewalt in der Nachkriegsgeschichte stellen die sogenannten NSU-Morde dar, die aktuell die Gerichte beschäftigten.
Die Deutschen haben aufgrund Ihrer Geschichte scheinbar eine Kollektivschuld zu tragen, die allerdings in den letzten Jahren deutlich abgelegt wurde (Der Tagesspiegel vom 08.05.09, Schlicht). Um einen Hinweis darauf zu bekommen, „wie fremdenfeindlich“ Deutschlands Bevölkerung wirklich ist, um entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten, ist es sinnvoll die Einstellung zu diesem Merkmal zu erfassen.
Eine fremdenfeindliche Einstellung wird in der deutschen Öffentlichkeit in der Regel negativ ausgelegt, daher lässt sich die Einstellung zur Fremdenfeindlichkeit kaum offensichtlich (direkt) messen, ohne Gefahr zu laufen, verfälschte Daten zu erheben. Die Befragten könnten, aufgrund der sozialen Erwünschtheit, dazu neigen ihre wahren Einstellungen zu unterdrücken.
Eine Option der Datenerhebung stellen indirekte Messverfahren dar, welche zwei wesentliche Bedingungen erfüllen (MWER 3/H, Felser):
1. Die Methodik schafft einen Rahmen, in dem die fremdenfeindliche Einstellung durch Indikatoren „ sichtbar “ gemacht wird …
2. … ohne das die Probanden explizit merken nach welchen Einstellungen oder Assoziationen gefragt wird.
Diese Methodik nutzt den „Umweg“ über Indikatoren, die auf die Einstellung zur Fremdenfeindlichkeit schließen lassen. Durch die Verschleierung des wahren Themas können die Probanden keine bewusste Steuerung Ihre Antworten in einem sozial erwünschten Sinne vornehmen.
2. Zentrale Erkenntnisse über die indirekte/implizierte Messung von Einstellungen
Bevor auf die zentralen Erkenntnisse der indirekten Messung von Einstellungen eingegangen werden soll, sollte zuerst die Begrifflichkeit indirekt (oder auch impliziert) geklärt werden. Die Bezeichnung indirekte Messung wird in der verbreiteten Praxis auch implizierte Messung bezeichnet (Wittenbrink & Schwarz, 2007; vgl. MWER 3/H, Felser), was allerdings rein sachlich nicht korrekt ist, da eine Messmethode selbst eine Sammlung von Anwendungsregeln darstellt, die nicht impliziert sein können (De Houwer, 2007; vgl. MWER 3/H, Felser). Daher ist die Bezeichnung der indirekten Messung zu verwenden, da Sie in der Lage ist implizite Einstellungen zu erfassen. Eine Eigenschaft ist dann impliziert, wenn sie nicht bewusst reflektiert wird, sondern unbewusst ist. Eine bewusste Kontrolle durch den Probanden kann dazu führen, dass gezeigtes Verhalten zum Beispiel bei sozialer Erwünschtheit verfälscht werden kann.
In der Definition (MWER 3/H, Felser) heißt es, dass es in einer indirekten Messung darum geht, „ dass das Maß(a) eine Möglichkeit bildet, dass sich die Einstellung darin niederschlägt und (b) nicht explizit nach Einstellungen oder Assoziationen gefragt wird “ .
Doch wie genau kann ein Messverfahren gewährleisten, dass bei zu testenden Probanden tatsächlich implizite Einstellungen gemessen werden können? Die Bedingungen für die Verhaltenswirksamkeit implizierter Assoziationen und Einstellung sind, dass den Probanden die Möglichkeit genommen wird, mit vergleichsweise vielen kognitiven Ressourcen reflektiert und absichtsvoll zu arbeiten. Es wird angenommen (Strack und Deutsch, 2004), das Verhalten durch zwei Systeme beeinflusst werden kann:
1. Reflektives System:
bewusste Informationsverarbeitung, erfordert ausreichend kognitive Ressourcen; besonders bedeutsam bei Überlegungen
2. Impulsives System:
unbewusste Informationsverarbeitung; automatische Aktivierung bei z.B. Zeitdruck, Anspannung, Stress); bei begrenzten kognitiven Ressourcen
In der Forschung zu diesem Thema gibt es verschiedene Ansätze und Methoden, mit deren Hilfe die unbewussten Einstellungen messbar gemacht werden sollen. Eine weit verbreitete Methode ist der „Implizierte Assoziationstest“ (IAT, Greenwald, McGhee & Schwartz, 1998). Der IAT funktioniert auf Basis von Reaktionszeitvarianzen. Hier werden unter Zeitdruck Kategorisierungsaufgaben (grundsätzlich zwei Kategorien zeitgleich) durch den Probanden gelöst. Zu der ersten Kategorie könnten Marken- und No-Name-Produkte zählen, während die zweite Kategorie positive und negative Adjektive aufführen könnte. Im laufenden Experiment werden mehrfach die Achsen einer Kategorie vertauscht, was zu Veränderungen der Reaktionszeit führt. Je nachdem wie stark eine implizierte Einstellung ausgerichtet ist, wird die Reaktionszeit in einer der Anordnungsformen der Kategorien eher störend bzw. erleichternd empfunden, was sich durch die relative Reaktionszeiten abbilden lässt.
Weitere bekannte Messverfahren für implizierte Einstellungen sind:
- Extrinsic Affective Task (EAST; De Houwer, 2003)
- Evaluative Movement Assessment (EMA; Brendl, Markman & Messner,2005)
- Affektives Priming (Fazio, Jackson, Dunton & Williams, 1995)
- Affect Misattribution Procedure (Payne, Cheng, Govorun & Stewart,2005)
Der IAT-Effekt erfährt durch sein relatives Maß allerdings auch Kritik, da nicht hinreichend gesichert werden kann, woher der Effekt genau stammt. Auf Hinweise, dass der IAT-Effekt auch ohne Assoziationen auftreten kann, sind Mierke & Klauer (2003) gestoßen: „ Wenn assoziative Verknüpfungen nur hinreichend, nicht aber notwendig für das
Auftreten der Effekte sind, kann nicht vom Auftreten eines IAT-Effekts auf das Vorliegen bestimmter Assoziationen geschlossen werden. “
Auch die Grundannahme des IAT, dass die Varianz der Reaktionszeiten durch eine Assoziation zwischen kognitiven Konzepten erklärt werden kann, sollte hinterfragt werden, da auch Figur-Grund-Asymmetrien und dadurch resultierende Salianz-Unterschiede eine Erklärung für den IATEffekt sein können (Rothermund & Wendura, 2004).
3. Eingrenzung des Themas „(indirekte) Messung von Einstellungen zur Fremdenfeindlichkeit in Deutschland“
Da Forschungsbefunde aus verschiedenen Regionen gezeigt haben, dass die Determinantenstruktur von Einstellungen gegenüber Migranten stark „ von räumlichen, zeitlichen und sozialen Randbedingungen “ (Stolz, 2000) abhängt, ist es notwendig eine Eingrenzung vorzunehmen. In der vorliegenden Arbeit gilt das Jahr 2013 als Betrachtungszeitraum und Deutschland als Betrachtungsobjekt, wobei sich die Einstellung der Fremdenfeindlichkeit auf Personen mit Migrationshintergrund beziehen soll. Der Autor dieser Arbeit möchte Fremdenfeindlichkeit als intra- und interpersonelles Verhalten gegenüber Migranten verstehen, wobei eine negative Verhaltensausrichtung ab einem gewissen Schwellenwert als „Fremdenfeindlichkeit“ angesehen werden kann. Wo diese Grenze exakt liegt, kann aufgrund der relativen und individuellen Ausprägung nicht verallgemeinert werden. Die indirekte Messung von Einstellungen zur Fremdenfeindlichkeit soll hierbei die zentrale Methoden zur Datenerhebung darstellen, da eine indirekte Methode in der Lage ist, Hinweise auf implizite (unbewusst gezeigte) Einstellungen der Probanden zu geben.
[...]