Die Not der Weiber. Gebären als Schicksal in der frühen Neuzeit

Geschichte der Geburt und des geburtshilflichen Wissens in der frühen Neuzeit (ca. 16.-19. Jht.)


Hausarbeit, 2012

16 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Analyse der Quellen.

3. Bedeutung der Niederkunft für die Frau in der frühen Neuzeit
3.1 Schmerzen
3.2 Tod

4. Niederkunft und gebärende Frau aus Sicht der Gesell-schaft
4.1 Schmerzdeutung

5. Fazit

6. Bibliographie

1. Einführung

Leben zu schenken und Kinder zu gebären - man kann es als das Schicksal der Frau bezeichnen. Es ist der wohl wesentlichste und offensichtlichste Unterschied zwischen Mann und Frau. Doch das heute oft gewünschte Ereignis und das freudige Entgegensehen des Zeitpunktes der Geburt waren nicht immer Bestandteil auf dem Weg zur Entstehung neuen Lebens. In dieser Arbeit, die den Titel „Die Not der Weiber – Gebären als Schicksal“ trägt, soll untersucht werden, was die Geburt eines Kindes für eine Frau in der frühen Neuzeit bedeutete und wie die Rolle der Frau bei der Geburt von der Gesellschaft gesehen wurde.

Dazu soll zunächst auf die Empfindungswelt rund um die Geburt auf physischer Ebene eingegangen werden, indem die Risiken von Krankheit, Schmerz und Tod beleuchtet werden, um dann auch auf die psychische Ebene eingehen zu können. Im Weiteren dann, die Sicht der Gesellschaft auf die Frau geschildert und die Wertung der Rolle der Frau und der Geburt ergründet werden. Abschließend soll der Zusammenhang von Geburt, Gesellschaft und Empfindung der Frau geklärt werden.

Edward Shorters „Der weibliche Körper als Schicksal“ dient dabei hauptsächlich zum Erkennen von Risiken bei der Geburt. Um die weibliche Empfindungswelt und die Betrachtungen der Gesellschaft zu untersuchen sind vor allem Eva Labouvies „Andere Umstände“ und „Rituale der Geburt“ von Jürgen Schlumbohm, Barbara Duden und Jacques Gelis von zentraler Bedeutung.

2. Analyse der Quellen

Wie aus der angegebenen Literatur hervorgeht, werden die eigenen Geburtserfahrungen der Frauen wie folgt überliefert. Es gab keinen eindeutigen Nachweis für eine Schwangerschaft. Mittel der Frau war es, bestimmte Zeichen zu erkennen, die auf eine Schwangerschaft hindeuten konnten, die aber auch für jede Frau unterschiedlich sein konnten. Das Bemerken des Ausbleibens der Monatsblutung gehörte dazu, führte allein aber nicht zu „größerer Beunruhigung oder Freude“(1), weil es für die meisten Frauen üblich war, dass sie nicht nur regelmäßig kam. Auch andere Veränderungen am eigenen Körper, wie „sichtbares Aufschwellen des Leibes, Übelkeit, Schwächeanfälle, größere Brüste oder gar Milch darin“(2) führten nicht dazu, dass Frauen annahmen, schwanger zu sein und sich untersuchen zu lassen oder Vorkehrungen zu treffen. Erst Kindsregungen konnten für Frauen ein eindeutiger Beweis für ihren Umstand sein, oder auch nicht- denn Erstgebärende interpretierten sie „oft auch als Koliken oder Blähungen“(3).

Der Beginn des Geburtsvorganges überraschte Frauen dann häufig, auch während der Verrichtung alltäglicher Arbeiten, und verlief schnell bis sturzartig. Zudem sei die Niederkunft ohne Schmerzen über die Frauen ereilt.

Der erste Teil dieser Schilderungen wirkt nachvollziehbar. Die Geburtsbeschreibungen der Gebärenden jedoch scheinen absurd, angesichts der Tatsache, dass Geburten selbst heutzutage nicht so einfach verlaufen. Die Begründung dafür, dass detaillierte Berichte der Frauen über ihre Niederkunft so ähnlich lauten, ist, dass überwiegend Geburts-beschreibungen „von des Kindsmordes Verdächtigten überliefert“ (4) sind. Diese stimmen zwar in den genannten Schilderungen grundsätzlich überein, aufgrund der Position der Frauen, sich vor Anklage und Gericht wehren zu müssen und der eigenen Situation, denn die Frauen waren meist ledig, als auch der drohenden Schande und der Verachtung der Gesellschaft(5), kann diesen Schilderungen wenig Glauben geschenkt werden. Auch trotz dessen, dass die Aussagen von der Justiz amtlich dokumentiert wurden.

Realistische Darstellungen von Geburtserfahrungen sind auch in Tagebüchern von Frauen, die verheiratet waren und eine ehrenvolle Stellung in der Gesellschaft hatten, zu finden. Vielmehr aber durch Dritte überliefert.

In der angegebenen Literatur wird berücksichtigt, dass die zwar unter Eid und vor Zeugen und Gericht gemachten Aussagen von Frauen eine verfälschte Realität zeigen. So wird in „Rituale der Geburt“ von den Autoren auf Tagebucheinträge von Ehemännern(S.39), Nachbarsleuten, besonders –frauen, und Bediensteten(S.40) zurückgegriffen. Hinzu kommen Schilderungen und Berichte von den bei der Geburt anwesenden Hebammen(S.38), die häufiger aber „in Fällen, in denen besondere Komplikationen vorgestellt oder Hebammen Kunstfehler vorgeworfen wurden“(6), gemacht wurden.

Da in Edward Shorters Text das „Schicksal“ bereits im Titel benannt wird, was hier erst untersucht werden soll, und er sich hauptsächlich auf physische Gegebenheit konzentriert, soll für die Untersuchung der Empfindungswelt der Frau und des gesellschaftlichen Einflusses hauptsächlich Eva Labouvies Text herangezogen werden.

3. Die Bedeutung der Niederkunft für die Frau in der frühen Neuzeit

Eine einheitliche Wahrnehmung der Niederkunft von den Frauen der frühen Neuzeit lässt sich verständlicherweise nicht unterstellen. So konnten je nach Situation der Frau und Vorhandensein des Kinderwunsches oder nicht, die Wahrnehmungen um das Gebären sehr unterschiedlich sein (7).

Im Allgemeinen stellte die Geburt eines Kindes ein außerordentlich besonderes Ereignis sowohl für die Familie, als auch die benachbarten oder befreundeten Frauen, dar. Stand eine Geburt bevor, holten der Ehemann und männliche Bedienstete oder Nachbarn sämtliche Frauen: Helferinnen, Nachbarinnen, Freundinnen ins Haus der Gebärenden; da ohne Unterstützung der Frauen die Niederkunft als eine „traurige Angelegenheit“(8) gegolten hätte.

Für eine geraume Zeit übernahmen die gebärende Frau und ihre Hebamme die Befehlsgewalt im Haus, kommandierten, baten diejenigen um Dienste, denen sie sonst dienten(…)und holten sich Aufmerksamkeit als Preis für ihre Schmerzen.“(9)

Denn bis auf die sehr widersprüchlichen Aussagen von angeklagten Kindsmörderinnen und Abtreiberinnen gibt es Faktoren, die die Empfindungen der Frauen einheitlich beeinflussten, nämlich Risiken durch Schmerzen und der Tod im Kinderbett.

Schmerzen

„Allen Geburten war das Erlebnis des Schmerzes gemeinsam“(10). Und so wusste jede Frau, die bereits ein Mal entbunden hatte, was ihr bevor stand. Aber selbst Erstgebärende konnten erahnen, was auf sie zu kommen würde, wenn sie zuvor die Schreie einer Gebärenden, möglicherweise der Nachbarin, einmal vernommen hatten. Von den Frauen, die bereits Kinder zur Welt gebracht hatten, würde sie allerdings wohl kaum etwas erfahren, denn zwar gab es einen „internen Austausch“ der Frauen über „Schmerzen, Leiden und Ängste“, aber nur „im geschlossenen Raum“(11) und zwischen solchen, die die Erfahrung des Gebärens bereits selbst gemacht hatten. Ansonsten war Verschwiegenheit eine „Selbstverständlichkeit“ und das Plaudern außerhalb des Kreises galt als „Verrat“(11).

Der Trierer Geburtshelfer Anton Fritz schildert die entstehenden Schmerzen durch die Geburt eines Kindes wie folgt: während der Schwangerschaft drohen bereits „Krampfmäßige Bewegungen der Gebärmutter, Blutüberschuss, Beschwerden beim Wasserlassen, Verstopfungen durch Blutstau, Früh-und Fehlgeburten, die Krämpfe und frühzeitige Wehen auslösten“.

Die Ursachen für Geburtsschmerzen im engeren Sinne können „eine verschobene Gebärmutter, richtige und falsche Wehen, Verletzungen des Muttermundes, eine falsche Lage und besondere Größe des Kindes,gewaltsames Herausziehen des Neugeborenen oder der Nachgeburt, Entzündungen aufgrund des Rückstandes von Nachgeburtsteilen, von inneren Verletzungen und `geklotztem Blute`“ sein.(12).

[...]


(1) Maren Lorenz: „als ob ihr ein Stein aus dem Leibe kollerte…“ Schwanger- schaftswahrnehmungen und Geburtserfahrungen von Frauen im 18.Jahrhundert (22.11.2005). In Goethezeitportal. URL: < http://www.goethezeitportal.de/ fileadmin/PDF/db/wiss/epoche/lorenz_schwangerschaft.pdf(05.03.2012) S.102f.

(2) Buchholz Beiträge, Bd.1,83-93; ebd Bd.3 (1790), 24-34.

(3) etwa Metzger, Schriften, Bd.3, Kap.3, F.12.

(4) Lorenz, Schwangerschaftswahrnehmungen und Geburtserfahrungen() S.115

(5) Eva Labouvie „Andere Umstände. Eine Kulturgeschichte der Geburt“(,2000) S.155

(6) Lorenz, Schwangerschaftswahrnehmungen und Geburtserfahrungen()S.115

(7) Lorenz, Schwangerschaftswahrnehmungen und Geburtserfahrungen()S.119

(8) Schlumbohm, Duden, Gelis, „Rituale der Geburt“ (,) S.42

(9) Schlumbohm, Duden, Gelis Rituale der Geburt S. 40

(10) Labouvie, Andere Umstände, S.137

(11) Labouvie, Andere Umstände, S.141

(12) Labouvie, Andere Umstände, S.139

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Not der Weiber. Gebären als Schicksal in der frühen Neuzeit
Untertitel
Geschichte der Geburt und des geburtshilflichen Wissens in der frühen Neuzeit (ca. 16.-19. Jht.)
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
16
Katalognummer
V274048
ISBN (eBook)
9783656662051
ISBN (Buch)
9783656662037
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geschichte, Hebammen, Geburt, Frühe Neuzeit, Gebähren, Geburtshilfliches Wissen, Frau, Frauen, Schicksal
Arbeit zitieren
Jaqueline Radloff (Autor:in), 2012, Die Not der Weiber. Gebären als Schicksal in der frühen Neuzeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274048

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