In der vorliegenden Arbeit soll Johann Wolfgang von Goethes „Faust“ mit Paul Valérys „Mein Faust“ verglichen werden. In Anbetracht des engen Rahmens einer Hausarbeit werden zentrale Aspekte der Werke oft nur gestreift oder gänzlich ausgespart, wodurch aber eine Vertiefung bestimmter Schwerpunkte möglich wird. Als solche hat sich die Verfasserin den Vergleich der Hauptfiguren J.W. v. Goethes und P. Valérys zur Aufgabe gemacht. Abschließend sollen die Begriffe „Höchster Augenblick“ versus „Lebendiger Augenblick“ erläutert werden.
Bei allen Arbeitsteilen wird sich vorwiegend die werkimmanente Methode und die vergleichende Gegenüberstellung aufschlussreicher Passagen zu bewähren haben. Ein Bruchteil der Fülle an Sekundärliteratur zu Goethes Faust soll in erster Linie zur Erhärtung der eigenen Thesen herangezogen werden, um bloßer Wissensreproduktion produktiv entgegenzuwirken
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung
- Die Figuren Faust und Mephistopheles
- Goethes Faust
- Goethes Mephistopheles
- Valérys Faust im Vergleich mit Goethes Faust
- Valérys Mephistopheles im Vergleich mit Goethes Mephistopheles
- Höchster Augenblick versus Lebendiger Augenblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit einem Vergleich von Johann Wolfgang von Goethes „Faust“ und Paul Valérys „Mein Faust“. Im Zentrum stehen die Figuren Faust und Mephistopheles in beiden Werken sowie die Reflexion der Begriffe „Höchster Augenblick“ und „Lebendiger Augenblick“.
- Vergleich der Figuren Faust und Mephistopheles in Goethes „Faust“ und Valérys „Mein Faust“
- Analyse der Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Figuren
- Untersuchung des Konzepts von „höchstem Augenblick“ und „lebendigem Augenblick“ in den Werken
- Bedeutung der beiden Konzepte für das Verständnis der Werke
- Zusammenhang zwischen den Figuren und den beiden Konzepten
Zusammenfassung der Kapitel
Vorbemerkung
In der vorliegenden Arbeit wird ein Vergleich zwischen Goethes „Faust“ und Valérys „Mein Faust“ vorgenommen. Aufgrund des begrenzten Rahmens einer Hausarbeit werden zentrale Aspekte der Werke nur gestreift oder gänzlich ausgespart, wodurch jedoch eine Vertiefung bestimmter Schwerpunkte möglich wird. Die Autorin konzentriert sich auf den Vergleich der Hauptfiguren von Goethe und Valéry. Abschließend werden die Begriffe „Höchster Augenblick“ versus „Lebendiger Augenblick“ erläutert. Die werkimmanente Methode und die vergleichende Gegenüberstellung aufschlussreicher Passagen stehen im Vordergrund. Sekundärliteratur zu Goethes Faust dient zur Erhärtung der eigenen Thesen, um bloßer Wissensreproduktion entgegenzuwirken.
Die Figuren Faust und Mephistopheles
Goethes Faust
Der erste Teil von Goethes Tragödie liefert zahlreiche Informationen über die Biographie, Denkweise und Problematik von Faust. Es handelt sich bei Faust nicht um einen „individuellen Charakter“, sondern um den Typus des „neuzeitlichen Menschen“. Vor dem Hintergrund der Aufklärung und der damit verbundenen Forschungsfreiheit und Förderung der Wissenschaften, erfindet Goethe auf der Basis der mittelalterlichen Volksbuchsage vom Dr. Faustus (gedruckt bei Johann Spieß in Frankfurt am Main 1587), einen Typus des Wissenschaftlers, ohne ihm jedoch die detaillierte Ausformung eines Charakters zu verleihen. Diese Reduktion ist notwendig, damit das Beispiel des Dr. Faust, gewissermaßen als menschliche Parabel, übertragbar bleibt. Faust sagt in seinem ersten Monolog des Faust I von sich, dass er die vier Disziplinen des mittelalterlichen Gelehrten: Philosophie, Jura, Medizin und Theologie intensiv studiert hat und seine Schüler nun schon seit Jahren selbst „an der Nase herumführt“. Die konventionellen Wissenschaften hat er als Erkenntnisquelle zu dem „,was die Welt im Innersten zusammenhält“ längst verworfen und ist, trotz des eifrigen Studiums, das ein Leben lang gedauert hat, nach eigenen Aussagen, „so klug als wie zuvor“. Die einzige Disziplin, die er bisher gemieden hat, ist die der schwarzen Magie; eine okkulte und verbotene Geheimwissenschaft, die ihm bei der Erforschung der letzten Gründe helfen soll:
FAUST.
„[...] Es möchte kein Hund so länger leben!
Drum hab' ich mich der Magie ergeben,
Ob mir durch Geistes Kraft und Mund
Nicht manch Geheimnis würde kund; [...]“2
Der Leser begegnet Faust also an einem Wendepunkt seines bisherigen Lebens, nämlich auf der Höhe seiner Lebens- und Wissenschaftskrise, welcher der von Selbstzweifeln und Lebensmüdigkeit gezeichnete Forscher ein Ende setzen will. An dieser Stelle sei erwähnt, dass Ulrich Gaier im Kapitel „Magie“ einen ausführlichen Bericht zu diesem Leitthema Goethes liefert und im Kapitel „Geschichte des Faust-Stoffs“ davon ausgeht, dass Faust eine Entwicklung vom klassischen Gelehrten, über den Meister der weißen Magie, hin zum Schwarzmagier erlebt, ein den dunklen Mächten Zugewandter wird, der sich, im Gegensatz zu dem im Sinne der Natur wirkenden Weißmagier, Dämonen für seine egoistischen und gottfernen Zwecke dienstbar macht.
„Fausts Weg von der reinen Betrachtung des Makrokosmos-Zeichens bis zum
Teufelspakt (in Faust I) zeigt die Schritte des Übergangs von der weißen zur
schwarzen Magie als konsequenten Weg.“3
Der am Sinn seiner Existenz zweifelnde Faust fordert das Schicksal heraus, da er anstatt des Lohns für seine Mühen, den er in der Offenbarung höherer Zusammenhänge vermutet, bisher nichts als Entbehrung und Zweifel spürt. Die Beschwörung des Erdgeists, den er vergeblich versucht zu bannen, ist ein Indiz dafür, dass Faust nicht stark genug ist, sich mit den höchsten Geistern einzulassen.
GEIST.
Du gleichst dem Geist, den du begreifst,
Nicht mir! Verschwindet.
FAUST zusammenstürzend. Nicht dir?
Wem denn?
Ich Ebenbild der Gottheit!
Und nicht einmal dir!4
Aufgrund dieser Tatsache ist Faust um so entschlossener sich zu töten, da er einerseits weiß für Höheres bestimmt zu sein, andererseits aber der Ausführung solcher Beschwörungstaten nicht gewachsen scheint. Er droht gewissermaßen den überirdischen Mächten mit seinem eigenen Tod, wenn ihm nicht unmittelbar ein Zeichen, sei es guter
Schlüsselwörter
Goethes Faust, Mephistopheles, Paul Valéry, Mein Faust, Höchster Augenblick, Lebendiger Augenblick, Figurenvergleich, Literaturvergleich, Dramatische Dichtung, Neuzeitlicher Mensch, Wissenschaftskrise, Schwarze Magie, Teufelspakt, Erdgeist, Selbstzweifel, Lebensmüdigkeit.
- Arbeit zitieren
- Magistra artium Yvonne Rudolph (Autor:in), 2002, Faust und Mephisto - Ein Figurenvergleich von Goethes "Faust I und II" und Paul Valérys "Mein Faust" und "höchster Augenblick" versus "lebendiger Augenblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27428