Gruppenentscheidungen innerhalb der Beobachterkonferenz des Assessment Centers

Gefahr von Fehlurteilen


Hausarbeit, 2013

33 Seiten, Note: 2,2


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Begriffserklärungen „Assessment Center“ und „Beobachterkonferenz“
1.1 Definition „Assessment Center“
1.2 Definition „Beobachterkonferenz“

2. Erkenntnisse über die Güte von Gruppenentscheidungen
2.1 Gruppenentscheidungen allgemein
2.2 Definition „Gruppe“, „Rollen“ und „Normen“
2.3 Effekt des gemeinsamen Wissens
2.4 Gruppendenken

3. Gefahr von Fehlurteilen im Assessment Center durch Gruppenentscheidungen
3.1 Ausgangssituation
3.2 Fallbeispiel „Effekt des gemeinsamen Wissens“
3.3 Fallbeispiel „Gruppendenken“
3.4 Auswirkungen von Rekrutierfehlern

4. Handlungsempfehlungen für die Durchführung der Beobachterkonferenz zur Vermeidung der jeweiligen Gruppeneffekte
4.1 Vorbereitende Maßnahmen
4.2 Zur Vermeidung des „Effekts des gemeinsamen Wissens“
4.3 Zur Vermeidung des „Gruppendenkens“

5. Stellungnahme

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1 Beispielhafte Übungen innerhalb eines AC (eigene Darstellung nach Myers, 2008)

Abb. 2.1 Kriterien einer Gruppe (eigene Darstellung nach König & Schattenhofer, 2012)

Abb. 3.1 Folgen von Rekrutierfehlern (eigene Darstellung nach König, 2013)

Abb. 4.1 Beurteilungsfehler (Dincher & Mosters, 2011, S. 7)

Abb. 4.2 Fazit (Kleinmann, 2013, S. 66)

Abb. 4.3 Symptome des Gruppendenkens (eigene Darstellung nach Janis, 1982)

Abb. 4.4 Teilschritte bei der Beobachtung (Kleinmann, 2013, S. 56)

Abb. 4.5 Übung-Kriterienmatrix (eigene Darstellung nach Schuler, 1996)

Einleitung

„Ein kleiner Irrtum am Anfang wird am Ende ein großer“ (zugeschrieben: Aristoteles).

„Der demografische Wandel unserer alternden Gesellschaft […]“ (Dincher & Mosters, 2011, S. V), die zunehmende Internationalisierung und Dynamisierung der Märkte (von der Au, 2009) zwingt die Unternehmen mehr denn je noch mehr Augenmerk auf ihre Personalauswahl zu richten.

Die Personalauswahl soll nach den Kriterien der Eignung mit Hilfe bestimmter Auswahlverfahren den passendsten Bewerber für die Unternehmung finden - den Bewerber mit dem optimalen Person-Environment-Fit[1]. Nicht unbedingt der beste Bewerber passt auf die vakante Stelle sondern der für das Unternehmen dauerhaft erfolgreichste. Die Vorhersagefähigkeit eines Auswahlverfahrens hängt im höchsten Maße von den Gütekriterien Objektivität[2], Reliabilität[3] und Validität[4] ab.

Einem Auswahlverfahren wird eine besonders hohe Validität zugesprochen: dem Assessment Center (nachfolgend AC). Mit steigender Beliebtheit wird es gerade in Bezug auf die Rekrutierung hochrangiger Positionen und Nachwuchskräfte häufig eingesetzt (Kleinmann, 2013). Innerhalb des AC wird die abschließende Eignungsdiagnose final von der sog. Beobachterkonferenz getroffen.

Die Zukunft eines Unternehmens, die eben auch von dem Betriebsfaktor Mitarbeiter abhängt, wird somit maßgeblich durch die Entscheidungen der Beobachterkonferenz beeinflusst. Sie entscheidet als Instrument der Personalauswahl, welcher Kandidat eingestellt wird und welcher nicht. Als Instrument der Personalentwicklung ist sie entscheidend an der weiteren beruflichen Laufbahn bestehender Mitarbeiter beteiligt – legt also auch einen bedeutenden Grundstein der Personalbindung.

Gerade dieser Bedeutung bewusst, müssen Fehlentscheidungen[5] unbedingt vermieden werden – damit aus einem kleinen Irrtum am Anfang kein großer am Ende wird.

Die nachstehenden Überlegungen gelten der Ursachenforschung von Fehlentscheidungen, die durch die Gruppenentscheidungen während der Beobachterkonferenz entstehen können, und den Handlungsempfehlungen zur Vermeidung eben dieser.

1. Begriffserklärungen „Assessment Center“ und „Beobachterkonferenz“

1.1 Definition „Assessment Center“

Der Begriff „Assessment“ leitet sich aus dem Englischen Wort „to assess“ ab, was mit „bewerten, beurteilen oder einschätzen“ übersetzt werden kann. Im Mittelpunkt („Center“) des Verfahrens steht der Beurteilte (Hesse & Schrader, 1994).

Die Anfänge des Assessment Centers gehen bereits auf das Jahr 1915 zurück. Hier führte J. B. Reiffert dieses Verfahren unter dem Namen „Heerespsychotechnik“ ein, um geeignete Offiziersanwärter zu identifizieren (Hesse & Schrader, 1994).

Gemäß Myers (2008) handelt es sich bei einem AC um ein multiples eignungsdiagnostisches Verfahren zur Beurteilung von Bewerbern (Personalauswahl) und darüber hinaus von unternehmensangehörigen Mitarbeitern (Personalentwicklung). Schuler (1996) geht mit dieser Ansicht konform und vertritt die umfassenden Einsatzbereiche als Einschätzung aktueller Kompetenzen und auch als Prognose zukünftiger Leistung. Emrich (2004) teilt das AC den beiden Anwendungsgebieten entsprechend in Selektions-AC und Entwicklungs-AC.

Das AC ist als simulationsorientiertes Testverfahren[6] ein geeignetes Mittel, um das Verhalten des Bewerbers zu messen und zu beurteilen (Schuler, 1996). Asendorpf (2011) fügt hinzu, dass es Aufschluss über insbesondere die sozialen Kompetenzen[7] geben soll. Hierfür stehen innerhalb des AC den Personalfachleuten verschiedenartige eignungsdiagnostischen Instrumente und leistungsrelevante Aufgaben zur Verfügung (Myers, 2008).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.1: Beispielhafte Übungen innerhalb eines AC (eigene Darstellung nach Myers, 2008)

Charakteristisch für ein AC ist, dass mehrere Kandidaten gleichzeitig bei tätigkeitsrelevanten Situationen über einen längeren Zeitraum von mehreren Beobachtern kontrolliert und anschließend bewertet werden (Dincher & Mosters, 2011). Schuler (1996) präzisiert die Anzahl der Kandidaten mit etwa 6 bis 12. Gegenteiliger Meinung sind hingegen Obermann (2013) und Buhrfeind (2001), die auch Einzel-AC für möglich halten. Auch bei der Zeitdauer gibt es unterschiedliche Ansichten. Hesse und Schrader (1994) geben als Regel zwei, in seltenen Fällen drei Tagen an. Wohingegen Rosenstiel und Nerdinger (2011) durchschnittlich 1-2 Tage aber immerhin als gelegentlich sogar 3-4 Tage benennen.

1.2 Definition „Beobachterkonferenz“

Unter dem Begriff „Beobachterkonferenz“ ist die Auswertungsrunde am Ende eines AC-Tages zu verstehen (Buhrfeind, 2001). In dieser werden alle Beobachtungen von unabhängigen und qualifizierten Beobachtern zusammengefasst und gemeinsam beurteilt. „Hier geht es nicht um die mathematische Festlegung eines Mittelwertes, sondern darum, sich in der Beobachtergruppe über jedes einzelne Verhaltensmerkmal auszutauschen und insbesondere bei signifikanten Abweichungen zu einem stimmigen und begründbaren Ergebnis zu kommen“ (Buhrfeind, 2001, S. 139).

Kleinmann (2013) empfiehlt eine Zusammensetzung aus Managern und Psychologen. Obgleich er der Position, dem Alter und dem Geschlecht der Beobachter keine besondere Bedeutung beimisst, benennt er als Beispiel in der Praxis, dass „[…] meist Linienmanager, zwei Heirarchieebenen über der Zielposition“ im Beobachterteam zu finden sind (Kleinmann, 2013, S. 52). Schuler (1996) verkompletiert das Assessorenteam noch zusätzlich mit Mitarbeitern des Personalwesens. Wie Schuler (1996) folgt auch Kleinmann (2013) der Ansicht, dass das Verhältnis 1:2 Beobachter zu Teilnehmer am häufigsten vertreten ist. Dabei beobachtet in der Regel ein Assessor nur ein oder zwei Bewerber gleichzeitig (Dincher & Mosters, 2011). Nach einer Beobachterrotation werden die Kandidaten gewechselt. Varianten, bei denen alle Assessoren alle Teilnehmer gleichzeitig einschätzen, schließt Kleinmann (2013) allerdings auch nicht aus.

2. Erkenntnisse über die Güte von Gruppenentscheidungen

2.1 Gruppenentscheidungen allgemein

„Bedeutsame Urteile und Entscheidungen werden in demokratischen Gesellschaften in zunehmendem Maße von Gruppen getroffen“ (Schulz-Hardt, Greitemeyer, Brodbeck, & Frey, 2002, S. 13). Insbesondere die Aufgaben in der Arbeitswelt sind umfassender geworden, die einer Bearbeitung und Entscheidung in Teams bedürfen (Spieß & Rosenstiel, 2010). Der Mehrwert in Gruppenentscheidungen wird in der breiteren Wissensbasis und in dem psychologischen Nutzen[8] des einzelnen Mitgliedes gesehen (Werth & Knoll, 2013a). Die positiven Aspekte der Gruppentscheidung kann man jedoch weder pauschalisieren noch garantieren. Die Steigerung der Entscheidungsqualität kann durch Fehlentscheidungen, ausgelöst beispielsweise durch den Effekt des gemeinsamen Wissens oder durch das Gruppendenken, ausbleiben.

Bevor ich auf diese beiden Phänomene näher eingehe, erläutere ich vorbereitend einige Begrifflichkeiten.

2.2 Definition „Gruppe“, „Rollen“ und „Normen“

Die Beobachterkonferenz innerhalb des AC gilt als Gruppe. Diese unterliegt aus ihrer Natur heraus gruppendynamischen[9] Prozessen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.1: Kriterien einer Gruppe (eigene Darstellung nach König & Schattenhofer, 2012)

Rollen machen die sozialen Differenzierungen innerhalb einer Gruppe sichtbar.

Normen bezeichnen gruppeninterne Verhaltenserwartungen, die auf Zusammengehörigkeit und gleiches Handeln abzielen. Gruppenmitglieder versuchen diesen Normen gerecht zu werden, um Sanktionen zu vermeiden. Sie beugen sich dem normativen Druck (Werth & Knoll, 2013a).

2.3 Effekt des gemeinsamen Wissens

Der normative Einfluss gilt als ein Grund des Effekts des gemeinsamen Wissens (Deutsch & Gerard, 1955). Dieser stellt sich bei Gruppendiskussionen ein, wenn der Fokus auf dem gemeinsamen, anstatt auf dem ungeteilten Wissen liegt (Stasser & Titus, 1985). Es fließen demnach nur Informationen in die Gruppendiskussion mit ein, die bereits alle Mitglieder kennen. Das ungeteilte, potenziell noch verfügbare Wissen kommt nicht zur Ansprache und erhält somit weniger Aufmerksamkeit (Werth & Mayer, 2008). Folglich kann der Fall eintreten, dass die beste Lösung (im Fall des AC der beste Kandidat) nicht erkannt wird. Dieses Phänomen wird „hidden-profile“ genannt (Stasser, 1988).

Der normative Druck bewirkt demnach, dass sich Mitglieder dem geteilten Wissen anschließen, um positiv und kompetent wahrgenommen zu werden (Wittenbaum, Hubbell, & Zuckermann, 1999) und sich selbst gut zu fühlen (Smith & Mackie, 2007).

Neben dem normativen Druck liegt dieser Effekt in der statistischen Wahrscheinlichkeit begründet. Es ist schlichtweg wahrscheinlicher, dass gemeinsames Wissen eher preisgegeben wird, als Wissen, das nur ein Teilnehmer kennt (Stasser, 1992).

[...]


[1] Positive Entsprechung zwischen persönlichem Profil und Aufgabenanforderungen.

[2] Unabhängigkeit der Ergebnisse.

[3] Grad der Zuverlässigkeit.

[4] Gültigkeit einer Messung.

[5] Die getroffene Entscheidung führt zu einem wesentlich schlechteren Zustand als eigentlich durch die Entscheidung erreicht werden sollte (Schulz-Hardt, 1997).

[6] Konstruktion erfolgskritischer Situationen des zukünftigen beruflichen Alltags.

[7] Fähigkeit, mit Menschen umgehen zu können.

[8] Stolz, Beitrag zur Entscheidungsfindung geliefert zu haben.

[9] Typische Verhaltensweisen und Abläufe einer Gruppe.

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Gruppenentscheidungen innerhalb der Beobachterkonferenz des Assessment Centers
Untertitel
Gefahr von Fehlurteilen
Hochschule
Europäische Fernhochschule Hamburg
Veranstaltung
Grundlagen der Psychologie
Note
2,2
Autor
Jahr
2013
Seiten
33
Katalognummer
V274358
ISBN (eBook)
9783656669265
ISBN (Buch)
9783656669234
Dateigröße
688 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Assessment Center, Assessment, AC, Risiken, Beobachterkonferenz, Gruppenentscheidungen, EURO FH, Wirtschaftspsychologie, Fehlurteile, Gefahr
Arbeit zitieren
Kornelia Köhler (Autor:in), 2013, Gruppenentscheidungen innerhalb der Beobachterkonferenz des Assessment Centers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274358

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