Seit dem Zusammenbruch der kommunistischen Staaten Europas im Jahre 1989 besteht ein großes wissenschaftliches Interesse an der Erfassung und Aufarbeitung der diversen Ausformungen und Auswirkungen der kommunistischen Politik. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Folgen des Kommunismus für die jeweilige Bevölkerung, unter anderem im Hinblick auf bevölkerungspolitische Maßnahmen. Die besonders restriktive pronatalistische Bevölkerungspolitik Rumäniens unter Nicolae Ceausescu, der das Land von 1965 bis zu seinem Sturz im Jahre 1989 regierte, ist in diesem Kontext ein besonders aufschlussreiches Beispiel.
Die Bevölkerungsthematik ist auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein sehr aktuelles und viel diskutiertes Problemfeld. Begriffe wie Bevölkerungsexplosion und Überbevölkerung auf der einen und Überalterung und Aussterben von Gesellschaften auf der anderen Seite prägen die politischen und öffentlichen Debatten in vielen Ländern dieser Welt. Vor dem Hintergrund dieser aktuellen Bevölkerungsdiskurse haben sich zahlreiche Forschungszweige mit Ceausescus Familienpolitik und deren Auswirkungen beschäftigt. In den meisten Fällen liegt der Fokus hierbei auf der Bedeutung des Abtreibungsverbotes für die rumänischen Frauen und die so genannten Dekretkinder, die aus Ceausescus pronatalistischer, das heißt die Fortpflanzung befürwortenden, Politik hervorgingen. Die amerikanischen Kulturwissenschaftlerinnen Gail Kligman und Susan Gal befassen sich aus einer eher anthropologischen Perspektive mit den Folgen von Ceausescus Familienpolitik für rumänische Frauen. Sie untersuchen vor allem auch die Langzeitfolgen dieser Politik nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft in Rumänien. In ihren Studien ergründen Kligman und Gail, wie Fortpflanzung und Geschlechterrollen durch die Regierung unter Ceausescu politisiert und so zu Gender Politics und Politics of Reproduction wurden. Kligman versucht zudem, aus den Ereignissen in Rumänien Lehren für die heutige Familienpolitik, besonders die Abtreibung betreffend, in den USA zu ziehen. Katherine Verdery beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen nationalistischem Denken und der rumänischen Bevölkerungspolitik , während Thomas Keil und Viviana Andreescu die Folgen des Dekrets 770 aus einer demographischen Perspektive betrachten. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Bedeutung von Bevölkerung in Wissenschaft und Politik
- 2.1 Bevölkerungswissenschaft und -politik
- 2.2 Eugenik
- 3. Bevölkerungspolitik im kommunistischen Rumänien
- 3.1 Rumäniens Bevölkerungspolitik bis zur Herrschaft Ceausescus (1891-1965)
- 3.2 Rumäniens Bevölkerungspolitik unter Nicolae Ceausescu (1966-1989)
- 3.2.1 Bevölkerungspolitische Maßnahmen
- 3.2.2 Eugenische Maßnahmen
- 4. Kontextualisierung des rumänischen Pronatalismus
- 4.1 Ceausescus Bevölkerungspolitik im bevölkerungswissenschaftlichen Kontext
- 4.2 Ceausescus Bevölkerungspolitik im Kontext der Bevölkerungspolitik und der Eugenik
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die pronatalistische Bevölkerungspolitik Nicolae Ceausescus im Kontext der Bevölkerungswissenschaft und -politik des 19. und 20. Jahrhunderts. Ziel ist es, Ceausescus Maßnahmen im Lichte gängiger Bevölkerungstheorien und eugenischer Konzepte einzuordnen und deren Begründungen zu analysieren. Die Arbeit geht über die bisherige Forschung hinaus, indem sie eine qualitative Einordnung der Familienpolitik vornimmt und weniger auf die Folgen des Abtreibungsverbots, sondern auf die theoretischen Grundlagen fokussiert.
- Entwicklung der Bevölkerungswissenschaft und -politik
- Die Rolle der Eugenik in der Bevölkerungspolitik
- Rumäniens Bevölkerungspolitik vor und unter Ceausescu
- Analyse von Ceausescus pronatalistischen Maßnahmen
- Vergleich des rumänischen Pronatalismus mit internationalen Beispielen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der kommunistischen Bevölkerungspolitik in Rumänien unter Nicolae Ceausescu ein. Sie hebt die Bedeutung der restriktiven pronatalistischen Politik hervor und benennt Forschungslücken hinsichtlich der wissenschaftlichen und qualitativen Einordnung dieser Politik. Die Arbeit kündigt an, Ceausescus Maßnahmen im Kontext der Bevölkerungstheorien und eugenischer Konzepte zu untersuchen, um neue Begründungen für sein Vorgehen zu finden. Die Einleitung betont die Aktualität der Bevölkerungsthematik und verweist auf vorherige Forschungsarbeiten, die sich vor allem mit den Folgen des Abtreibungsverbotes befasst haben.
2. Die Bedeutung von Bevölkerung in Wissenschaft und Politik: Dieses Kapitel bietet einen Überblick über die Entwicklung der Bevölkerungswissenschaft und -politik sowie der Eugenik. Es beleuchtet die Definition bevölkerungspolitischer Maßnahmen, die die Fruchtbarkeit, Sterblichkeit und Migration beeinflussen, und grenzt diese von eugenischen Maßnahmen ab, die auf die qualitative Zusammensetzung der Bevölkerung abzielen. Der Abschnitt legt den Grundstein für die spätere Analyse von Ceausescus Politik, indem er die relevanten theoretischen und begrifflichen Grundlagen erläutert und die Überschneidungen und Unterscheidungen zwischen den verschiedenen Konzepten aufzeigt.
3. Bevölkerungspolitik im kommunistischen Rumänien: Dieses Kapitel beschreibt die rumänische Bevölkerungspolitik vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Herrschaft Ceausescus, um den historischen Kontext für seine Politik zu schaffen. Es analysiert die bevölkerungspolitischen und eugenischen Maßnahmen Ceausescus, inklusive des Vorgehens gegenüber Minderheitengruppen. Der Fokus liegt auf der Entwicklung der rumänischen Bevölkerungspolitik, um den Übergang von früheren Strategien zu Ceausescus restriktiver Politik zu verstehen. Die Kapitelteile 3.1 und 3.2 bilden den historischen Kontext für die Analyse von Ceausescus Maßnahmen im späteren Verlauf der Arbeit.
4. Kontextualisierung des rumänischen Pronatalismus: Dieses Kapitel kontextualisiert Ceausescus pronatalistische Politik innerhalb der Bevölkerungswissenschaft und Eugenik. Es untersucht, inwieweit sich Aspekte der rumänischen Bevölkerungspolitik von 1965 bis 1989 aus gängigen Bevölkerungstheorien ableiten oder auf etablierte eugenische und bevölkerungspolitische Konzepte zurückführen lassen. Das Kapitel stellt Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem rumänischen Pronatalismus und internationalen Beispielen heraus, um Ceausescus Politik in einen umfassenderen internationalen Vergleich zu setzen und bestehende Erklärungen zu erweitern.
Schlüsselwörter
Pronatalismus, Nicolae Ceausescu, Rumänien, Bevölkerungspolitik, Eugenik, Bevölkerungswissenschaft, Kommunismus, Dekret 770, Abtreibungsverbot, Familienpolitik, Gender Politics, Politics of Reproduction, Nationalismus.
Häufig gestellte Fragen zur Arbeit: "Bevölkerungspolitik im kommunistischen Rumänien unter Nicolae Ceaușescu"
Was ist der Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit?
Die Arbeit untersucht die pronatalistische Bevölkerungspolitik Nicolae Ceaușescus im kommunistischen Rumänien. Sie analysiert Ceaușescus Maßnahmen im Kontext der Bevölkerungswissenschaft und -politik des 19. und 20. Jahrhunderts, unter Berücksichtigung gängiger Bevölkerungstheorien und eugenischer Konzepte. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den theoretischen Grundlagen der Politik, weniger auf den Folgen des Abtreibungsverbots.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entwicklung der Bevölkerungswissenschaft und -politik, die Rolle der Eugenik in der Bevölkerungspolitik, Rumäniens Bevölkerungspolitik vor und unter Ceaușescu, eine detaillierte Analyse von Ceaușescus pronatalistischen Maßnahmen und einen Vergleich des rumänischen Pronatalismus mit internationalen Beispielen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem Kapitel?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Kapitel 1 (Einleitung) führt in die Thematik ein und benennt Forschungslücken. Kapitel 2 (Bedeutung von Bevölkerung in Wissenschaft und Politik) bietet einen Überblick über die Entwicklung der Bevölkerungswissenschaft, -politik und Eugenik. Kapitel 3 (Bevölkerungspolitik im kommunistischen Rumänien) beschreibt die rumänische Bevölkerungspolitik vor und unter Ceaușescu. Kapitel 4 (Kontextualisierung des rumänischen Pronatalismus) kontextualisiert Ceaușescus Politik im Kontext der Bevölkerungswissenschaft und Eugenik und vergleicht sie mit internationalen Beispielen. Kapitel 5 (Fazit) fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Ziel der Arbeit ist es, Ceaușescus Maßnahmen im Lichte gängiger Bevölkerungstheorien und eugenischer Konzepte einzuordnen und deren Begründungen zu analysieren. Sie geht über bisherige Forschung hinaus, indem sie eine qualitative Einordnung der Familienpolitik vornimmt und sich weniger auf die Folgen des Abtreibungsverbots konzentriert.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Pronatalismus, Nicolae Ceaușescu, Rumänien, Bevölkerungspolitik, Eugenik, Bevölkerungswissenschaft, Kommunismus, Dekret 770, Abtreibungsverbot, Familienpolitik, Gender Politics, Politics of Reproduction, Nationalismus.
Welche Forschungslücke schließt die Arbeit?
Die Arbeit schließt eine Forschungslücke hinsichtlich der wissenschaftlichen und qualitativen Einordnung von Ceaușescus pronatalistischer Politik. Bisherige Forschungen konzentrierten sich vorwiegend auf die Folgen des Abtreibungsverbots, während diese Arbeit die theoretischen Grundlagen und die Einordnung in den Kontext der Bevölkerungstheorien und der Eugenik in den Vordergrund stellt.
Wie ist der Aufbau der Arbeit?
Die Arbeit enthält ein Inhaltsverzeichnis, eine Einleitung, Kapitel zu den oben genannten Themen, eine Zusammenfassung der Kapitel und abschließend Schlüsselwörter. Sie bietet einen umfassenden Überblick über das Thema und analysiert die pronatalistische Politik Ceaușescus aus verschiedenen Perspektiven.
- Arbeit zitieren
- Anna Poppen (Autor:in), 2011, Die pronatalistische Bevölkerungspolitik des Nicolae Ceausescu im bevölkerungswissenschaftlichen und -politischen Kontext, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274672