Der Schriftspracherwerb in der öffentlichen Diskussion

Fundierte Aussagen zu einer aktuellen Gemengelage


Hausarbeit (Hauptseminar), 2013

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Phonologische Zugänge zum Schriftspracherwerb
1.1 Definition Schriftspracherwerb
1.2 Der silbenorientierte Zugang zur Schrift
1.3 Der phonographische Zugang zur Schrift
1.4 Der „offene Unterricht“ und die Anlauttabelle

2. Kritik
2.1 Der phonographische Zugang zur Schrift und der offene Unterricht in der fachwissenschaftlichen Diskussion
2.2 Der phonographische Zugang zur Schrift und der offene Unterricht in der öffentlichen Diskussion

3. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die vorliegende Arbeit ist das Ergebnis einer Auseinandersetzung mit den für den Unterricht relevanten Lehr- und Lernmethoden im Anfangsunterricht, bezogen auf den Schriftspracherwerb, vor dem Hintergrund der öffentlich geführten Debatte, um die so genannte Rechtschreibkatastrophe (vgl. von Bredow/ Hackenbroch 2013, S.96-104).

Die durch die mediale Darstellung einseitig geprägte Diskussion, um die Art und Weise wie Kinder Schreiben lernen, bedarf hierbei einer differenzierten Betrachtung.

Vor diesem Hintergrund soll in der vorliegenden Arbeit nicht der Versuch unternommen werden, einen einzigen, respektive richtigen Zugang zu den Kompetenzen des Lesens und Schreibens aufzuzeigen. Vielmehr soll unter Einbezug der öffentlich geführten Debatte die fachliche Auseinandersetzung um den Zugang zur Schriftsprache dargestellt werden, um abschließend die öffentlich geführten Debatte bewerten zu können.

Im ersten Teil meiner Arbeit gehe ich zunächst auf die Definition des so genannten „Schriftspracherwerbs“ ein, um dann im weiteren Verlauf die unterschiedlichen Zugänge zum Wort über den lautorientierten Ansatz und den silbenanalytischen Ansatz aufzuzeigen.

Anschließend stelle ich die pädagogisch- didaktische Grundkonzeption des so genannten „offenen Unterrichts“ vor, um eine Grundlage für die Auseinandersetzung mit der öffentlichen Debatte zu legen.

Möchte man aus einer wissenschaftlichen Perspektive herausstellen, wie Kinder das Lesen, aber vor allem das Schreiben, lernen, welche Zugänge und Hürden es beim Schriftspracherwerb also gibt, so findet man sich schnell wieder in einer Fachdiskussion zwischen der Sprachwissenschaft, der Linguistik, der Psychologie, der Grundschulpädagogik und der Sprachdidaktik, sowie weiteren wissenschaftlichen Forschungsrichtungen, wie der Spracherwerbsforschung (Schründer-Lenzen 2013, S. 9).

Um diesem Umstand ein Stück weit Rechnung zu tragen, aber zeitgleich den Fokus der vorliegenden Arbeit nicht zu weit zu stellen, möchte ich mich auf die für den Unterricht relevante und damit praxisorientierte Diskussion beziehen, und damit vornehmlich auf die Forschung innerhalb der Sprachdidaktik. Dass damit trotzdem eine Art des interdisziplinären Zugangs eröffnet wird, entspricht dem aktuellen Stand sprachdidaktischer Forschung und Praxis (vgl. Schründer-Lenzen 2013).

Im zweiten Teil meiner Arbeit gehe ich auf die fachliche Kritik am didaktischen Konzept des so genannten „offenen Unterrichts“ ein, und der damit verbundenen Nutzung der Anlauttabelle, um mich einer differenzierteren Darstellung innerhalb der Diskussion in einer fachlich entsprechenden Weise anzunähern.

Daran anknüpfend nehme ich Bezug zur öffentlichen Diskussion, welche sich vornehmlich damit beschäftigt, wie Kinder orthographisch korrekt Schreiben lernen sollten. Ausgangspunkt hierfür bildet der SPIEGEL- Artikel aus dem Monat Juni, in 2013, der die Debatte maßgeblich angestoßen hat (vgl. von Bredow/ Hackenbroch 2013).

1. Phonologische Zugänge zum Schriftspracherwerb

1.1 Definition Schriftspracherwerb

Unter der Begrifflichkeit des so genannten Schriftspracherwerbs, ein Begriff der seit den 1970er Jahren zunehmend Verwendung fand, versteht sich ursprünglich eine Absage an den bis dato durchgeführten Unterricht in Form von motorischen Schreibübungen, dem Abschreiben von Buchstaben und Wörtern, sowie dem Auswendiglernen von Rechtschreibregeln.

(Schründer-Lenzen 2013, S. 12). Hinter den sich daraus ergebenden Forderungen, die Unterrichtspraxis zu verändern, steht ein konstruktivistisches Lehr – und Lernverständnis, welches davon ausgeht, dass anknüpfend an die Vorerfahrungen eines Menschen neue Erfahrungen verarbeitet werden. Neues Wissen wird demnach im Austausch mit der Umwelt und in jedem Menschen individuell konstruiert, und dies gilt auch für den Erwerb von Schrift. Damit wurden Fibel und ihr lehrgangsorientierter Weg zunehmend in Frage gestellt (ebd. 2013, S. 173).

Unabhängig von der Definition und den Annahmen die hinter dem Schriftspracherwerb stehen, und den didaktischen Konsequenzen für die Unterrichtspraxis, lässt sich festhalten, dass Kinder, mit dem Eintritt in die Schule, den Umgang mit der Schriftlichkeit in produktiver und rezeptiver Form lernen. Sie lernen Lesen und Schreiben, um an der kulturell geprägten Sprachgemeinschaft teilzuhaben. Die Schrift selbst ist dabei das Medium, als auch der Gegenstand des Sprachunterrichts ( Steinig/ Betzel/ Geider/ Herbold 2009, S. 11).

Die Kinder begegnen im Unterricht allerdings einer anderen Form der Sprache, einer standardisierten Sprache, die sich referenziell auch außerhalb des Alltäglichen bewegt und damit eine neue Dimension der sprachlichen Praxis aufzeigt (Bredel/ Furhop/ Noack 2001, S. 3).

Die Kinder kommen zudem nicht ohne Vorstellungen von Schriftlichkeit in die Schule, sondern haben bereits unterschiedliche Erfahrungen mit Buchstaben und Schrift gesammelt (ebd. 2001, S. 12). Der Eintritt in die Schule bildet somit nicht den Anfang des Schriftspracherwerbs (Brügelmann/Richter in: Bezirksregierung Arnsberg, 2014, o.S.).

Die erste Hürde, und für den Unterricht den erste Ansatzpunkt, bildet der Übergang vom Mündlichen hin zum Schriftlichen, wobei im Bezug auf den Schreibprozess auf die kleineste lautliche Einheit der Sprache, die so genannten Phoneme Bezug genommen wird, oder auf die größere Einheit, die Silbe. Im Folgenden gehe ich nun auf diese zwei unterschiedlichen Zugriffsweisen auf das Wort ein, um eine Grundlage für die weiteren Ausführungen zu legen.

1.2 Der silbenorientierte Zugang zur Schrift

Der silbenorientierte Zugang zur Schrift ist erst seit einigen Jahren in den Fokus der Forschung gerückt, vor allem im Hinblick auf eine orthographisch richtige Schreibung. Für den Leseerwerb wurde der Zugriff auf das Wort über die Silbenstruktur bereits in älteren Fibeln aufgegriffen (Schründer-Lenzen 2013, S. 147). Für einen silbenorientierten Zugang zum Wort wird folglich plädiert, da über die Silbenstruktur nicht nur die Sprechweise eines Wortes festgelegt ist, sondern ebenso die Annäherung an die orthographisch richtige Schreibung (ebd. 2013, S. 33).

So zeigen unbetonte Silben, abgesehen von einigen Ausnahmen, häufig Flexionen an und Flexionen selbst werden zum überwiegenden Teil durch unbetonbare Silben deutlich gemacht (Bredel/ Furhop/ Noack 2001, S. 38).

Für die Schreibung ist ferner zu sagen, dass Silben in ihrem Kern immer einen Vokal oder einen Diphthong tragen, ebenso in der Reduktionssilbe, auch wenn man diesen Vokal akustisch nicht wahrnimmt (Röber- Siekmeyer/Tophinke 2002, S. 61). So wird beispielsweise das „e“ in den Reduktionssilben nicht artikuliert, allerdings wird es verschriftlicht (Schründer-Lenzen 2013, S. 33).

Erwähnenswert ist auch, dass Silbenkerne von Reduktionssilben nicht durch Doppelkonsonanten oder Dehungsschreibungen gekennzeichnet werden. Wiederum zeigen Dehnungs- und Schärfungsschreibungen im überwiegenden Maße eine betonte Silbe (Röber- Siekmeyer/Tophinke 2002, S. 61). Gleichermaßen deutet der visuelle Aufbau in einer trochäischen Schreibung, durch eine Haupt- und eine Reduktionssilbe gekennzeichnet, die Morphologie des Wortes an: in Vollsilben stecken lexikalische- und in Reduktionssilben grammatische Informationen (Bredel/ Furhop/ Noack 2001, S. 44 ff). Für den Leseprozess haben Silben demnach ebenfalls eine Relevanz, u.a. dadurch, dass sie das Worterkennen erleichtern und beispielsweise über die optische Markierung der Silben in den Unterrichtsmaterialien, durch so genannte Silbenbögen oder farbliche Markierungen, das lautsprachliche Zusammenschleifen von Einzellauten anhand der Silbenstruktur ermöglichen (Schründer-Lenzen 2013, S. 36 ff).

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Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der Schriftspracherwerb in der öffentlichen Diskussion
Untertitel
Fundierte Aussagen zu einer aktuellen Gemengelage
Hochschule
Universität Siegen
Note
2,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
15
Katalognummer
V274683
ISBN (eBook)
9783656676034
ISBN (Buch)
9783656676027
Dateigröße
430 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Brügelmann, Schründer-Lenzen, Steinig, offener Unterricht, Schriftspracherwerb, silbenorientierte Zugang, phonographischer Zugang
Arbeit zitieren
Stephan Schubert (Autor:in), 2013, Der Schriftspracherwerb in der öffentlichen Diskussion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274683

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