„Selbst auf der Ebene der Schulaufsicht, die in der Regel eher mangelnde Veränderungsbereitschaft zeigte, gab es für Reformen zugängliche Einzelpersonen“ (Hüwe/ Roebke, 2006).
Inhaltlich betrachtet birgt das o. g. Zitat, welches sich auf Vorgänge im Zusammenhang mit der Entstehung erster Integrationsklassen in der Bundesrepublik Deutschland in den neunzehnhundertsiebziger Jahren bezieht, eine übersichtliche und verständliche Aussage. Soziologisch allerdings impliziert sie trotz ihrer Kürze und Einfachheit eine nicht nur beachtliche Anzahl, sondern auch eine umfangreiche Verflechtung gesellschaftlicher Steuerungsaspekte.
Da gibt es die Ebene der Schulaufsicht, auf der möglicherweise nicht viel verändert werden soll, was aber nicht heißen muss, dass durch sie nicht gesteuert wird. Weiterhin die Gruppe der Eltern, also sowohl Einzelner als auch Elterninitiativen/Organisationen, die sich eben für die oben angeführten Reformen aussprechen. Schließlich sind da noch die genannten Einzelpersonen. Letztere nehmen eine sehr interessante Position ein, wenn man bedenkt, dass sie als individuelle Akteure innerhalb eines bildungspolitischen Teilsystems Entscheidungen treffen könnten, die potenziell nicht mit ihrer Bereichskompetenz korrespondieren.
Unter der Annahme einer funktional differenzierten Gesellschaft haben wir es hier also mit steuernden Einzelakteuren, Organisationen und Teilsystemen zu tun. Die subjektiven Akteure handeln innerhalb korporativer Systeme und beeinflussen mutmaßlich die in ihnen festgelegten Zielsetzungen. Aber auch von den Organisationen und gesellschaftlichen Teilsystemen gehen Steuerungsversuche aus. Kann man auch hier von handlungsfähigen Akteuren sprechen?
In dieser Arbeit möchte ich zeigen, wie vielfältig sich der Bereich der gesellschaftlichen Steuerung/Selbststeuerung darstellen kann. Nachdem ich die Herkunft des Steuerungsbegriffs und seine möglichen modalen Verwendungszusammenhänge aufgezeigt habe, lässt sich dieser aus systemtheoretischer und akteurtheoretischer Sicht genauer ausleuchten. Ein Blick auf verschiedene Kombinationsmöglichkeiten zwischen System und Akteur schließt sich an, um abschließend Ansätze einer aktiven Gesellschaftssteuerung zu betrachten, die sich mit der Handlungsfähigkeit korporativer Akteure beschäftigt.
INHALTSVERZEICHNIS
1 Einleitung
2 Differenzierung des Begriffs der gesellschaftlichen Steuerung/Selbststeuerung
2.1 Entwicklung und Bedeutung des Steuerungsbegriffs
2.2 Wirk-Modi und Akteurtypen
3 Systemtheoretische Gesichtspunkte gesellschaftlicher Steuerung/Selbststeuerung
3.1 Kybernetik und Differenzminderung
3.2 Selbststeuerung autopoietischer Systeme
3.3 Strukturelle Kopplung
4 Akteurtheoretische Überlegungen zur Begrifflichkeit der gesellschaftlichen Steuerung/Selbststeuerung
4.1 Steuerungsfähigkeit des Handelns
4.2 Orientierungsgeprägtes Steuerungshandeln
5 Assoziation systemtheoretischer und akteurtheoretischer Ansätze gesellschaftlicher Steuerung/Selbststeuerung
5.1 Der absente Akteur
5.2 Rekonstituierung des Akteurs im Rahmen systemtheoretischer Präsumtion
5.3 Organisationen und Teilsysteme als Handlungseinheiten
5.3.1 Kollektive individueller Akteure
5.3.2 Systemischer Status der Organisation als handelnder Akteur
5.3.3 Akteursysteme
6 Korporative Systeme als aktiv steuernde Akteure
7 Fazit
Obwohl es vom ersten Auftauchen des Steuerungsbegriffs in der sozialwissenschaftlichen Literatur im Jahr 1970 bis 1984 und das ohne wirtschaftssoziologische und nur unvollständig erfasste politikwissenschaftliche Publikationen zu berücksichtigen, 43 Veröffentlichungen zu verzeichnen gebe, die den Begriff Steuerung im Titel führen, scheine „Der Begriff der Steuerung […] vielen offenbar nicht definitions bedürftig “ (Mayntz, 1987, S. 91; Hervorh. im Orig.).
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