In vielen Teilen Europas gibt es seit einiger Zeit Diskussionen und hitzige Debatten um islamische Symbole im öffentlichen Raum. Ob es das Kopftuch, eine Moschee oder ein Minarett ist, diese Konflikte belasten das Zusammenleben von Muslimen und andersdenkenden Einheimischen. Muslimische Einwanderer drängen mehr und mehr in die Öffentlichkeit und fordern ihr Recht auf freie Religionsausübung. Gleichzeitig treten immer mehr rechtspopulistische Parteien und Politiker in den Vordergrund um diesen Ruf zu unterdrücken und die Vorurteile, die in einigen Teilen der Bevölkerung existieren, weiter auszubauen. Beschlüsse wie das Minarett-Verbot in der Schweiz werfen Fragen nach der Gerechtigkeit auf und stellen Grundwerte wie die Religionsfreiheit in Frage. Doch was ist gerecht und wie kann man solche Debatten objektiv bewerten?
Im Folgenden wird diese Problematik behandelt werden, es soll ein Überblick über den Minarett-Streit in der Schweiz gegeben werden, wobei vorerst geklärt wird, was ein Minarett ist und welche Bedeutung dieses Bauwerk besitzt. Die Argumente der Befürworter und der Gegner sollen kurz erläutert werden um einen besseren Einblick zu gewähren.
Um der Frage nach der Gerechtigkeit solcher Diskussionen und Entscheidungen auf den Grund zu gehen wird hier ein vielbeachtetes Werk von dem amerikanischen Philosoph John Rawls betrachtet. Sein Werk >>Theory of Justice<< (Eine Theorie der Gerechtigkeit) erschien 1971, stellt sich gegen den Utilitarismus und behandelt ein Konzept einer Grundordnung welches auf dem Prinzip der Gleichheit beruht. Es soll untersucht werden, in wie fern John Rawls Gerechtigkeitstheorien auf das Minarett-Verbot in der Schweiz angewendet werden können.
Zudem soll die These, dass diese Entscheidung nach Rawls Grundsätzen nicht gerecht ist überprüft und belegt werden. Gibt es Möglichkeiten der Freiheitsbeschränkung, wie sieht Rawls den Aspekt der Religionsfreiheit und sollten nicht alle Grundfreiheiten gleich verteilt werden? Mit der Anwendung seiner Theorie soll gleichzeitig versucht werden eine Verwirklichung dieser auf eine aktuelle Situation zu schaffen.
Anhand der Fülle von Informationen kann in dem Rahmen dieser Hausarbeit jedoch kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundlagen zum Schweizer Minarett-Streit
- Analyse des Minarett-Verbots unter Betrachtung der Gerechtigkeitstheorie von John Rawls
- Die Grundsätze
- Religionsfreiheit
- „Toleranz gegenüber der Intoleranz"
- Das Unterschiedsprinzip
- Ungerechte Gesetze
- Mehrheitsentscheidung und ziviler Ungehorsam
- Fazit
- Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit untersucht das Minarett-Verbot in der Schweiz unter der Betrachtung der Gerechtigkeitstheorie von John Rawls. Sie beleuchtet die Hintergründe des Streits, analysiert die Argumente der Befürworter und Gegner des Verbots und bewertet die Entscheidung anhand von Rawls' Gerechtigkeitsgrundsätzen.
- Religionsfreiheit und ihre Einschränkung
- Die Bedeutung des Minaretts als religiöses Symbol
- Rawls' Gerechtigkeitsgrundsätze und ihre Anwendung auf den Minarett-Streit
- Die Rolle der Mehrheitsentscheidung und des zivilen Ungehorsams
- Die Folgen des Minarett-Verbots für die Integration von Muslimen in der Schweiz
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung gibt einen Überblick über den Minarett-Streit in der Schweiz und erläutert die Bedeutung des Minaretts als religiöses Symbol. Sie stellt die Problematik des Minarett-Verbots unter dem Aspekt der Gerechtigkeit dar und führt in die Gerechtigkeitsgrundsätze von John Rawls ein.
Das Kapitel "Grundlagen zum Schweizer Minarett-Streit" beleuchtet die historische Entwicklung des Minarett-Streits in der Schweiz und stellt die Argumente der Befürworter und Gegner des Verbots dar. Es wird die Rolle der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU) bei der Volksinitiative gegen den Bau von Minaretten hervorgehoben.
Das Kapitel "Analyse des Minarett-Verbots unter Betrachtung der Gerechtigkeitstheorie von John Rawls" analysiert die Gerechtigkeitsgrundsätze von John Rawls und untersucht, inwieweit das Minarett-Verbot mit diesen Grundsätzen vereinbar ist. Es wird insbesondere auf den ersten Gerechtigkeitsgrundsatz, der die Gleichheit der Grundfreiheiten für alle fordert, und das Unterschiedsprinzip, das die Verbesserung der Lebenschancen der am wenigsten Begünstigten fordert, eingegangen.
Das Kapitel "Religionsfreiheit" beleuchtet die Argumente, die gegen eine Einschränkung der Religionsfreiheit durch das Minarett-Verbot sprechen. Es wird die Frage aufgeworfen, ob das Verbot von Minaretten das Gesamtsystem der Freiheiten für alle stärkt, und die Bedeutung der Glaubens- und Gewissensfreiheit in der Schweizer Bundesverfassung hervorgehoben.
Das Kapitel "„Toleranz gegenüber der Intoleranz“" diskutiert die Frage, wie mit intoleranten Sekten umgegangen werden soll, die nicht alle Freiheiten anerkennen. Es wird die Frage aufgeworfen, ob die Muslime in der Schweiz die Grundfreiheiten und Gewissensfreiheit anerkennen, und ob das Minarett-Verbot als Unterdrückung intoleranter Sekten gerechtfertigt ist.
Das Kapitel "Das Unterschiedsprinzip" untersucht, ob das Minarett-Verbot den am wenigsten Begünstigten, in diesem Fall den Muslimen in der Schweiz, Nachteile bringt. Es wird die Frage aufgeworfen, ob das Verbot von Minaretten eine größere Ungerechtigkeit verhindert, und die Bedeutung der Selbstachtung für die Integration von Muslimen in der Schweiz hervorgehoben.
Das Kapitel "Ungerechte Gesetze" betrachtet die Frage, ob sich Bürger an ungerechte Gesetze halten müssen. Es wird die Frage aufgeworfen, ob das Minarett-Verbot trotz einer gerechten Verfassung als ungerechtes Gesetz betrachtet werden kann, und die Bedeutung der Stabilität der Gesellschaft für die Akzeptanz ungerechter Gesetze hervorgehoben.
Das Kapitel "Mehrheitsentscheidung und ziviler Ungehorsam" diskutiert die Rolle der Mehrheitsentscheidung im Gesetzgebungsverfahren und die Rechtfertigung des zivilen Ungehorsams als Korrektur zur Mehrheitsregel. Es wird die Frage aufgeworfen, ob das Minarett-Verbot eine Verletzung des ersten Gerechtigkeitsgrundsatzes darstellt und ob ein ziviler Ungehorsam gerechtfertigt ist.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Gerechtigkeitstheorie von John Rawls, das Minarett-Verbot in der Schweiz, Religionsfreiheit, Toleranz gegenüber der Intoleranz, das Unterschiedsprinzip, ungerechte Gesetze, Mehrheitsentscheidung, ziviler Ungehorsam und die Integration von Muslimen in der Schweiz. Die Arbeit analysiert die Entscheidung des Schweizer Volkes, den Bau von Minaretten zu verbieten, unter dem Aspekt der Gerechtigkeit und beleuchtet die Auswirkungen dieser Entscheidung auf die Religionsfreiheit und die Integration von Muslimen in der Schweiz.
- Arbeit zitieren
- Friederike Selle (Autor:in), 2010, Das Minarett-Verbot in der Schweiz unter der Betrachtung der Gerechtigkeitstheorie von John Rawls, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/275346