Bis zu ihrem Ende 1990 sah sich die DDR in ihrem Selbstverständnis als der positive Gegenentwurf zum westlichen Teil Deutschlands. Gegenüber dem kapitalistischen Deutschland stand die sozialistische DDR, ein antifaschistischer Staat in marxistisch-leninistischer Lesart, der Vorbildcharakter haben sollte. Vorbildcharakter, weil hier nicht nur das bessere staatliche Gebilde entstehen sollte, sondern auch, weil dieser Staat sich ganz und gar seiner nationalsozialistischen und faschistischen Vergangenheit entledigen würde. Diese Reinheit sollte dem Anspruch der KPD/SED-Führung nach von Beginn an in allen gesellschaftlichen Bereichen erreicht werden, so auch beim Aufbau von Strukturen, die für die öffentlichen Verwaltung und Sicherheit notwendig waren. Der vorliegende Aufsatz will sich diesem Aufbau vor allem hinsichtlich der Polizei- und den aus ihr
hervorgehenden Bereitschaften, Vorläufer der im Jahre 1956 gegründeten NVA, nähern und sich dabei u.a. mit der Frage auseinandersetzen, ob es der SED-Führung gelungen war, dem sich aufgetragenen antifaschistischen und antimilitaristischen Ideal zu entsprechen. Die Arbeit wird dazu in zwei Teile gegliedert, von denen sich der erste mit der Frage nach dem Verlauf des Aufbaus der Sicherheitsorgane in der SBZ/DDR vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen zwischen
1945 und 1949 beschäftigen wird. Im zweiten Teil wird konkret nach den Lösungsansätzen für die virulent werdenden Personalfragen insbesondere für die höheren Führungsebenen gefragt. Zur Veranschaulichung der beiden Teile werden zwei Portraits ehemaliger Wehrmachtangehöriger vorgestellt, die verdeutlichen, dass die Aufnahme für Angehörige dieses Personenkreises in die ab 1948 neu entstehenden militärischen Sicherheitsorgane nicht nur möglich war, sondern auch eine
große Karriere bedeuten konnte. Im abschließenden Resümee werden die wesentlichen Beobachtungen zusammengefasst und beurteilt. Für die Arbeit wurde primär auf folgende Literatur zurückgegriffen: die Dissertation „Das feldgraue Erbe von Daniel Niemetz“; Aufsätze aus dem Band „Volksarmee schaffen – Ohne Geschrei“ von Bruno Thoß (Hrsg.) und sehr aufschlussreiche und zum Weiterlesen einladende Portraits von Generalen der DDR im Band „Genosse General“ von Hans Ehlert und Armin Wagner (Hrsg.).
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung – Zielstellung und Struktur der Arbeit
- 2. Neuanfang bei der deutschen Polizei nach 1945 – ein Überblick
- 3. Die „Verschärfung des Klassenkampfes“ und seine Folgen für die sicherheits- und militärischen Planungen in der SBZ bis zur Gründung der DDR
- 4. Das Entstehen der Bereitschaften und ihre Entwicklung bis zur Gründung der DDR im Oktober 1949
- 5. Woher die Kader nehmen? Aspekte der Personalbeschaffung für die neuen Sicherheitsorgane in der SBZ
- 5.1 „Bewährte Antifaschisten“ Kader der ersten Stunde – die glückliche Rückkehr ehemaliger Generale und Offiziere in die SBZ
- 5.2 Militärische Qualifikation und verwaltungstechnisches Wissen als Eintrittskarte für ehemalige Wehrmachtangehörige.
- 6. Einmal Uniform, immer Uniform? Von Kontinuitäten und Brüchen – zwei ehemalige Wehrmachtangehörige auf der Karriereleiter in der SBZ/DDR
- 6.1 Vincenz Müller
- 6.2 Fritz Streletz
- 7. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit analysiert den Aufbau der Polizei- und Bereitschaftsstrukturen in der SBZ/DDR von 1945 bis 1949. Das Hauptziel ist es, zu untersuchen, inwieweit die SED-Führung dem Anspruch der antifaschistischen und antimilitaristischen Ideologie gerecht werden konnte. Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie die Sicherheitsorgane im Kontext der politischen Entwicklungen aufgebaut wurden, und konzentriert sich auf die Herausforderungen der Personalbeschaffung, insbesondere für Führungspositionen.
- Die Entwicklung der Sicherheitsorgane in der SBZ/DDR im Spannungsfeld der politischen Entwicklungen zwischen 1945 und 1949.
- Die Herausforderungen der Entnazifizierung und Entmilitarisierung im Bereich der Polizei und der Bereitschaften.
- Die Rolle der „bewährten Antifaschisten“ bei der Besetzung von Schlüsselpositionen.
- Die Bedeutung der militärischen Qualifikation für die Aufnahme in die Sicherheitsorgane.
- Die Frage der Kontinuität und des Bruchs zwischen der Wehrmacht und den neuen Sicherheitsorganen.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Zielsetzung und Struktur der Arbeit. Kapitel 2 stellt die Neuanfänge bei der deutschen Polizei nach 1945 im Kontext der politischen Neuorganisation Deutschlands dar. Dabei wird auf die Entnazifizierungsbestrebungen und die Herausforderungen der Polizeireform in den verschiedenen Besatzungszonen eingegangen. Kapitel 3 untersucht die „Verschärfung des Klassenkampfes“ und seine Auswirkungen auf die sicherheits- und militärpolitischen Planungen in der SBZ. Kapitel 4 behandelt das Entstehen der Bereitschaften und deren Entwicklung bis zur Gründung der DDR.
Kapitel 5 fokussiert sich auf die Personalbeschaffung für die neuen Sicherheitsorgane und beleuchtet die Rolle der „bewährten Antifaschisten“ sowie die Relevanz militärischer Qualifikation. Kapitel 6 analysiert anhand zweier Biografien ehemaliger Wehrmachtangehöriger die Kontinuitäten und Brüche zwischen der Wehrmacht und den neuen Sicherheitsorganen der SBZ/DDR.
Schlüsselwörter
Diese Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der Entnazifizierung, Entmilitarisierung, antifaschistischer Ideologie, Sicherheitsorgane, Polizei, Bereitschaften, Personalbeschaffung, Wehrmachtangehörige und die politischen Entwicklungen in der SBZ/DDR zwischen 1945 und 1949. Besondere Aufmerksamkeit wird den „bewährten Antifaschisten“ als Schlüsselfiguren im Aufbau der Sicherheitsorgane geschenkt. Die Arbeit analysiert auch die Frage, ob es der SED-Führung tatsächlich gelungen war, einen Bruch mit der Vergangenheit herzustellen oder ob Kontinuitäten aus der Wehrmacht bestehen blieben.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2013, Vom Aufbau der „antifaschistischen Arbeiter- und Bauernarmee“ der SBZDDR in der Zeit von 1945 bis 1949, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/275437