Die Konditionierungsfaktoren der Fugenelemente in N+N-Komposita im Deutschen und Schwedischen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

18 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Fugenelemente Allgemein

2 Inventar der Fugenelemente im Deutschen und Schwedischen

3 Konditionierung der Fugenelemente
3.1 Die Deklinationsklasse als Konditionierungsfaktor für Fugenelemente
3.2 Semantische Konditionierung
3.3 Phonologische Konditionierung
3.4 Konditionierung durch morphologische Komplexität

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Es sind die Fugenelemente, die die Wortbildung der germanischen Sprachen prägen, weshalb angenommen werden kann, dass Fugenelemente ähnliche Distributionen in dieser Sprachzone besitzen. Weitgehend innerhalb der Literatur (vgl. Fuhrhop u. a. 1996) und Kürschner 2010) wird angenommen, dass Fugenelemente synchron nicht der Kasus- und Numerusmarkierung dienen, aber umstritten sind die Funktionen von Fugen, also ob sie die Artikulation erleichtern, eine optimale Silbenstruktur erzeugen, Konstituenten kompositionsfähig machen, Konstituentengrenzen markieren und so als Interpretationshilfe dienen. Aufgrund der Tatsache, dass sich Fugenelemente innerhalb der germanischen Sprachen stark verbreitet haben, was mit der Entwicklung der Kompositionsfreudigkeit zu tun hat, kann davon ausgegangen werden, dass sich Parallelen im germanischen Sprachbereich finden. Die Arbeit wird sich deshalb mit der Bildung von N+N-Komposita im Deutschen und Schwedischen befassen. Das bedeutet zugleich, die Wortbildung mit adjektivischen und verbalen Erstgliedern bleibt in dieser Arbeit unberücksichtigt. Auch die Komposita mit der Nullfuge bleiben weitgehend außen vor. Für die Bildung, mit Fugenelemente, von N+N-Komposita spielen besonders die Konditionierungsfaktoren, auf die hier näher eingegangen werden soll, eine große Rolle. Außerdem wird der Frage nachgegangen, inwiefern sich die s-Fuge in den beiden Sprachen etabliert hat, und ob sie im Deutschen als auch im Schwedischen die gleiche(n) Funktion(en) verfolgt, die aufmerksam bei der morphologischen Komplexität aufgezeigt werden soll(en).

1 Fugenelemente Allgemein

Ein Fugenelement ist als morphologischer Grenzfall[1] zu betrachten, das zwischen einem Erst- und Zweitglied eines Kompositums steht oder um Kürschner (2010, S. 828) zu zitieren: „Fugenelemente (FE) sind Einheiten, die bei Wortbildungsprodukten in der Fuge zwischen Erst- und Zweitglied von Komposita (dt. Staat-s-macht) bzw. Stamm und Derivationsaffix auftreten […] [wie z.B. verantwortung-s-los].“

Zunächst lässt sich erwähnen, dass die Fugenelemente weder eindeutig systematisch distribuiert zu sein scheinen, noch lassen sich direkte und einheitliche Funktionen innerhalb der Wortbildung ableiten (vgl. ebd.). Obwohl Fugenelemente historisch gesehen aus den Flexionsmorphemen hervorzugehen scheinen, wie Nübling/Szczepaniak (2009, S. 197) betonen und „formal fast immer mit Flexionssuffixen übereinstimmen“ (Kürschner 2010, S. 828), verfolgen sie nicht die Systematik der Flexive und haben überdies auch eine andere Funktion[2] als Flexionsmorpheme. Als offensichtliches Beispiel kann hier die Verwendung von -s als Fuge gesehen werden (vgl. Versicherung-s-gesellschaft), denn die deutsche s-Fuge tritt auch -neben Maskulina und Neutra- bei Feminina auf, während das Genitiv-s nicht bei femininen Substantiven auftritt (vgl. *der Versicherungs). Des Weiteren werden Erstglieder nicht konstant, durch die Fuge, in einer Kasus- ((1a)) oder Numerusrelation ((1b)) in ihrem Verhältnis zum Zweitglied spezifiziert (vgl. ebd.).

(1) a. Bischof-s-konferenz (Konferenz von Bischöfen, nicht Konferenz des Bischofs),
Handel-s-korrespondenz-> Korrespondenz über Handel)
b. Kind-er-wagen, Hund-e-hütte

2 Inventar der Fugenelemente im Deutschen und Schwedischen

Um einen Überblick zu bekommen, was für Fugenelemente[3] im Deutschen und Schwedischen vorkommen und zudem hoch produktiv und frequent sind, übernehme ich hier die Liste 1 „Inventar der Fugenelemente“ aus Kürschner (2010, S. 831):

Deutsch:

- frequent und hoch produktiv: -s (Sicherheit-s-), -en (Mensch-en-), -n (Kruste-n-)
- weitere FE: -e (Gerät-e-), -er (Kind-er-) (beide auch mit UL: Ständ-e-versammlung, Wört-er-buch), -(e)ns (Herz-ens-, Name-ns-), -es (Land-es-verrat), -nen (Embryo-nen-forschung), reine Stammalternation (Mütter-Ø-genesung-s-werk) etc.

Schwedisch:

- frequent und hoch produktiv: -s (säkerhet-s- ‘Sicherheits-’)
- weitere FE: -e (kolgruv-e-arbetare ‘Kohlengrubenarbeiter’ zu kolgruva), -o (veck-o-slut ‘Wochenende’ zu vecka), -u (gat-u-barn ‘Straßenkind’ zu gata), -on (ög-on-flört ‘Augenflirt’ zu öga) etc.

Die s-Fuge ist in beiden Sprachen -im Schwedischen noch deutlicher- die produktivste nach der Nullfuge. Außerdem wird die (e)n-Fuge häufig im Deutschen genutzt, welche stark an die Flexions- bzw. Pluralmorpheme erinnern. Die silbische e-Fuge im Schwedischen wird allerdings kaum genutzt. Am unproduktivsten sind dort die o-Fuge, welche immer die Tilgung des auslautenden [a] beim Erstglied verlangt sowie die a- und u-Fuge, die als „historische Fugenelemente“ (Busch 2010, S. 18) gesehen werden, weil sie bei der heutigen Wortbildung keine Rolle mehr spielen und immer mehr zurückgedrängt werden, da die Null- als auch die s-Fuge die „Verbindungsstücke“ der neuen Komposita des Schwedischen darstellen.

3 Konditionierung der Fugenelemente

3.1 Die Deklinationsklasse als Konditionierungsfaktor für Fugenelemente

Das heutige Schwedische besitzt im Gegensatz zum Deutschen -und auch zum Altschwedischen (Aschw.)- weder ein komplexes Kasussystem (da nur noch Grundform und Genitiv vorhanden sind), noch werden Feminina und Maskulina differenziert, stattdessen werden sie unter dem Begriff „Utrum“ zusammengefasst und stellen mit „Neutrum“ die beiden Genera dar. Das Schwedische besitzt sechs Deklinationsklassen, von denen zwei das Merkmal „Stammflexion“ aufweisen, sprich „der Stamm dieser Substantive tritt nie selbstständig auf“, stattdessen folgt eine Suffigierung im Singular (Sg.) als auch im Plural (Pl.) (Kürschner 2010, S. 837). Kürschner (ebd.) nennt hierfür die Beispiele drak-e – drak-ar (dt. Drache) und pizz-a – pizz-or (dt. Pizza). Zurückzuführen lässt sich dies auf die schwache Deklination, „wobei die Substantive auf -e die früheren schwachen Maskulina, die auf -a schwachen Feminina darstellen“ (ebd., H. i. O.). Kürschner (ebd.) betont aber: „Im heutigen System lässt sich die Genusunterscheidung jedoch nicht mehr vollziehen, da Maskulinum und Femininum wie im Niederländischen und Dänischen zum Genus commune zusammengefallen sind.“ Bei der Bildung von Kompositionsstammformen dieser beiden schwedischen Klassen lässt sich ähnliches erkennen, denn „als Erstglied im Kompositum finden sich die früheren schwachen Maskulina häufig in Form des Stammes mit Nullfuge […] [dazu siehe hier Anmerkung 4(i)]“ (ebd. H. d. V.).[4] Während ein analoges Verhalten bei den früheren schwachen Feminina erkennbar ist, da auch dort der Stamm zahlreich ohne Fuge und Singularmarker in der Kompositionsstammform auftritt (Anmerkung 4(ii)), wird bei den Movierungssuffixen[5] -inna und -erska als auch bei Derivaten auf -ja das -a getilgt und durch -e ersetzt (Anmerkung 4(iii)) (vgl. Thorell 1984, S. 34, zit. n. Kürschner 2010, S. 837). Interessant ist jedoch, dass neuere Kompositionsstammformen zumeist die Form besitzen, die auch der Singularform entspricht (Anmerkung 4(iv)) (vgl. Teleman 1999, S. 52, zit. n. Kürschner 2010, S. 837).

[...]


[1] Fugenelemente stellen zwar einen morphologischen Grenzfall innerhalb der Linguistik dar, dennoch kommen sie zur Bildung von Komposita in vielen germanischen Sprachen vor. Das Englische ist hier besonders hervorzuheben, denn unter den germanischen Sprachen ist es die einzige Ausnahme, die keine Fugenelemente, sofern man Relikte, wie z.B. sport-s-man, state-s-man, lamb-s-wool unberücksichtigt lässt, bereithält (vgl. Kürschner 2010, S. 828).

[2] Neef/Borgwaldt (2012) gehen gar davon aus, dass die Fugenelemente funktionslos seien, was von mir jedoch nicht geteilt wird. Ich richte mich nach Fuhrhop (u.a. 2000), Szczepaniak (u.a. 2009) und Nübling (u.a. 2010) für das Deutsche sowie für das Schwedische Kürschner (2010) und Busch (2010), die zumindest der s-Fuge Funktionshaftigkeit zuschreiben.

[3] Es sei erwähnt, dass die Nullfuge im Inventar nicht berücksichtigt wurde, weil sie nicht eine Veränderung der phonologischen Struktur erzeugt.

[4] Die Beispiele sind aus Kürschner (2010, S. 837, H. i. O.) entnommen:

(i) stolp-Ø-skott ‘Pfostenschuss’ zu stolp-e – stolp-ar
(ii) lamp-Ø-fot ‘Lampenfuß’ zu lamp-a – lamp-or
(iii) värdinn-e-plikt ‘Wirtinnenpflicht’ zu värdinna
skötersk-e-elev ‘Krankenschwesternschüler/in’ zu sköterska
vilj-e-kraft ‘Willenskraft’ zu vilja
(iv) mamma-klänning ‘Umstandskleid’ zu mamm-a – mamm-or ‘Mutter’

[5] Ein Movierungssuffix dient zur Bildung männlicher bzw. weiblicher Formen. Die Wortart bleibt zwar erhalten, jedoch ändert sich das Genus. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist Lehrer zu Lehrer-in, dessen Movierungssuffix -in ist.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Konditionierungsfaktoren der Fugenelemente in N+N-Komposita im Deutschen und Schwedischen
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Veranstaltung
Zielsprache Deutsch
Note
2,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
18
Katalognummer
V275650
ISBN (eBook)
9783656685401
ISBN (Buch)
9783656685388
Dateigröße
436 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kontrastiv, Fugenelemente, Fuge, Fugen, Systematik, Schwedisch, Deutsch, Linguistik, Grammatik, Wortbildung, Komposita, Nominale, Nomen, Substantive, Vergleich, Konditionierungsfaktoren, Konditionierung, Zielsprache
Arbeit zitieren
Marc-André Seemann (Autor:in), 2014, Die Konditionierungsfaktoren der Fugenelemente in N+N-Komposita im Deutschen und Schwedischen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/275650

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