Einführung strategischer Personalentwicklung in Theorie und Bankpraxis


Diplomarbeit, 2004

86 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsdefinition

3 Unternehmenskultur und Personalentwicklung
3.1 Ableitung der Personalentwicklung aus der Unternehmenskultur
3.2 Kulturgestaltung durch Personalentwicklung
3.3 Unternehmens-Leitbild
3.3.1 Vision
3.3.2 Unternehmensziele
3.3.3 Unternehmensphilosophie
3.3.4 Praktische Beispiele im Bankbereich
3.4 Zusammenfassung

4 Entwicklung einer Personalentwicklungs-Strategie
4.1 Marktorientierte vs. ressourcenorientierte Personalentwicklung
4.2 Einführende Bemerkungen zur Erarbeitung einer Personalentwicklungs- Strategie
4.3 Strategische Analyse
4.3.1 Erstellen von Anforderungsprofilen
4.3.2 Profilvergleich
4.3.3 Ermittlung des Eignungsprofils der Mitarbeiter
4.3.3.1 Mitarbeiterbeurteilungssysteme
4.3.3.2 Strukturiertes Mitarbeitergespräch als Fazit
4.3.3.3 Assessment Center (AC)
4.3.4 Profilvergleich vs. Personalportfolio
4.4 Zieldefinition
4.5 Entwicklungsbedarf
4.5.1 Entwicklungsgespräch
4.5.2 Nachfolgeplanung
4.5.3 Modellentwicklungswege
4.6 Personalentwicklungsmaßnahmen
4.6.1 Überblick über Personalentwicklungsmaßnahmen
4.6.2 Übungsfirma
4.6.2.1 Übungsfirma mit simuliertem Geschäftsbetrieb
4.6.2.2 Übungsfirma mit realem Geschäftsbetrieb
4.6.3 Coaching durch Führungskräfte
4.7 Implementierung
4.7.1 Handlungsdruck
4.7.2 Personalentwicklung ist Managementaufgabe
4.7.3 Beteiligung und Information der Mitarbeiter
4.7.4 Ständige Impulse
4.7.5 Abbau autoritärer Führungsstrukturen
4.7.6 Integration
4.8 Kontrolle
4.8.1 Kostenkontrolle
4.8.2 Erfolgskontrolle
4.8.3 Transfersicherung

5 Strategische Personalentwicklung in der genossenschaftlichen Bankpraxis
5.1 GenoPE
5.2 Regelkreis der Personalentwicklung
5.2.1 Situationsanalyse und Ziele setzen
5.2.2 Strategische Analyse
5.2.3 Maßnahmen planen und umsetzen
5.2.4 Erfolgskontrolle
5.2.5 Checkliste zur Einführung strategischer Personalentwicklung

6 Anhang
6.1 Kurztest zur Personalentwicklung:
6.2 Abbildungsverzeichnis
6.3 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Erst in den letzten Jahren beginnt man in der genossenschaftlichen Bankengruppe, sich Gedanken über strategische Personalentwicklung zu machen. Inzwischen existiert mit dem Personalentwicklungssystem „GenoPE“ ein strategisch sehr fortschrittliches Konzept. Als Mitarbeiter einer mittelgroßen Genossenschaftsbank bin ich jedoch Augenzeuge der oft mangelhaften Umsetzung in den Geschäftsbanken. Ziel- und wahllos werden Maßnahmen angeboten und durchgeführt, die dem Mitarbeiter zwar das Gefühl geben mögen, dass das Unternehmen noch auf ihn setzt, die aber oft weder betriebswirtschaftlich durchdacht noch Ergebnis strategischer Planung sind. Der Nutzen für Bank und Unternehmen ist eingeschränkt und wird in vielen Fällen auch gar nicht überprüft.

Persönliche Motivation

Nachdem ich selbst Teilnehmer einer gescheiterten Personalentwicklungsstrategie in meiner Bank geworden bin, motivierte mich der gerade im siebten Semester des Studiengangs Bankmanagement immer klarer werdende Eindruck der Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis im Bereich Personalentwicklung dazu, eine praxisnahe Arbeit zum Thema „Einführung strategischer Personalentwicklung“ für den Bankbereich zu schreiben.

Gesamtüberblick

Die Arbeit ist zweigeteilt gestaltet. Der wesentlich umfangreichere erste Teil (Kapitel 2 bis 4) befasst sich mit der Theorie strategischer Einführung von Personalentwicklung, und zwar reduziert auf die aus meiner Sicht für den Bankbereich wesentlichen Elemente. Kapitel 2 macht den Versuch, den Begriff Personalentwicklung zu definieren. Kapitel 3 zeigt, wie Personalentwicklung in den Prozess der Unternehmenskulturgestaltung eingebunden werden muss. Diese Problematik ist nicht unwesentlich, da in dem durch harten Wettbewerb gekennzeichneten Bankenmarkt die Etablierung einer eigenen Unternehmensidentität ein nicht zu vernachlässigendes Alleinstellungsmerkmal sein kann. In Kapitel 4 geht es dann um den eigentlichen Entwicklungsprozess der Personalentwicklungsstrategie. Unter Berücksichtigung der Merkmale strategischer Planung wird für die Bankpraxis ein Schema entwickelt, dass als Hilfestellung bei der Strategieeinführung genutzt werden kann. Dabei wird der Schwerpunkt nicht auf eine Zusammenfassung aller möglichen theoretischen Modelle gelegt, sondern auf Voraussetzungen, Methoden, Maßnahmen und Möglichkeiten, die für den Bankpraktiker wirklich nützlich sind. Abbildung 1 zeigt grafisch den strukturellen Aufbau der Kapitel 3 und 4, an den ich mich relativ streng gehalten habe:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Struktur der Strategieentwicklung (Überblick über die Kap. 3 u. 4)

Der zweite Teil (Kapitel 5) skizziert, wie die Einführung strategischer Personalentwicklung in der genossenschaftlichen Bank aussehen könnte. Der Teil fällt relativ kurz aus und ist auch nur beispielhaft und nicht abschließend zu verstehen, da schon im ersten Teil der Arbeit immer wieder Tipps für die Praxis gegeben werden.

Zweck

Wenn klar wird, wie die Einführung einer strategischen Personalentwicklung ablaufen sollte und welche Aspekte in der Bankpraxis berücksichtigt werden müssen, dann hat diese Arbeit ihren Zweck erreicht.

Ich widme diese Arbeit meiner Verlobten, Dorothea Werkshage, die während der Dauer der Erstellung immer wieder auf meine Gesellschaft verzichten musste.

Marco Leßmann, März 2004

2 Begriffsdefinition

Definitions-ansätze

Beschäftigt man sich mit dem Thema Personalentwicklung, so ist es zunächst notwendig zu beschreiben, was man genau unter diesem Begriff versteht. In der wissenschaftlichen Literatur vermisst man je­doch die Homogenität der Begriffsdefinitionen. Dies ist vor allem auf unterschiedliche Schwerpunkte oder Blickwinkel zurückzuführen. Ex­emplarisch seien hier nur zielorientierte und maßnahmenorientierte Definitionsan­sätze erwähnt. Während die zielorientierten Ansätze Ziele, wie Verbes­serung des Leistungspotentials der Mitarbeiter, Erhaltung der Wettbe­werbsfähigkeit des Unternehmens oder Verbesserung der Innovati­onsfähigkeit thematisieren, legen maßnahmenorientierte Ansätze den Schwerpunkt auf Methoden, wie Bildung, Förderung oder Organisati­onsentwicklung.

Personalentwicklung gleich Entwicklung von Rollenverhalten

Im Folgenden soll Personalentwicklung verstanden werden als die Entwicklung von Rollenverhalten im Unternehmen.[1] Diese Defini­tion hat den Vorteil der ehrlichen Aussage, dass Personalentwicklung zunächst die Steuerung und Förderung personeller Ressourcen im Sinne der Unternehmensphilosophie und Unternehmensziele und nicht in erster Linie die Förderung des Mitarbeiters als Mensch zum Inhalt hat. Selbst die Unternehmen, die meinen, der Mensch stehe im Mittel­punkt ihrer Personalentwicklung, müssen sich die Frage gefallen las­sen, ob bei ihnen das Menschliche des Mitarbeiters oder seine Leistung beurteilt und vergütet wird. Wenn also der Rollenträger Objekt der Per­sonalentwicklung ist, so versteht man unter Rolle die Summe der er­warteten Verhaltensweisen in einer Position. Die Erwartungen an Ver­haltensweisen des Rollenträgers ergeben sich aus den Unternehmens­zielen sowie aus den konkreten Aufgabenbeschreibungen der jeweili­gen Position.

Weiterentwicklung der Rolle

Es liegt jedoch auf der Hand, dass Personalentwicklung sich nicht nur mit den Verhaltensweisen des Rollenträgers, sondern auch mit der Weiterentwicklung der Rolle selbst auseinandersetzen muss, denn mit ständig sich ändernden Anforderungen ändern sich auch die erwarteten Verhaltensweisen. Personalentwicklung kann dann als erfolgreich bewertet werden, wenn der Rollenträger nicht „aus der Rolle fällt“, d.h. wenn er den erwarteten Verhaltensweisen voll ent­spricht und wenn die Rolle selbst den Anforderungen der Unternehmensumwelt angepasst bleibt.

3 Unternehmenskultur und Personalentwicklung

Bankdienstleistungen sind homogen

Wenn eine Bank oder Bankengruppe sich im wettbewerblichen Umfeld behaupten will, ist es eine der schwierigsten Aufgaben, langfris­tige Wettbewerbsvorteile gegenüber den Mitbewerbern zu schaffen und zu erhalten. Die Homogenität der Dienstleistungen und die mittlerweile für jedermann zugänglichen Informationen per Internet über Preis- und Produktgestaltung im Bankenbereich machen es den Banken nahezu unmöglich, sich über Produktdifferenzierung oder Konditionsgestaltung von der Konkurrenz abzusetzen. Auch ein integriertes Marketing-Konzept ist nur bedingt oder zumindest allenfalls kurzfristig dazu in der Lage, das Interesse der Kunden an das Unternehmen zu binden.

Bedeutung der Unternehmenskultur

Daher gewinnt der Begriff Unternehmenskultur als Abgrenzungskriterium immer stärker an Bedeutung. Dabei soll Unternehmenskultur als von allen Führungskräften und Mitarbeitern gelebtes Wertesystem verstanden werden. Oder ganz einfach ausgedrückt: Kultur ist, wie der Mensch lebt, Unternehmenskultur ist, wie das Unternehmen lebt. Eine einmalige, ganzheitliche und von allen Beteiligten verinnerlichte Unternehmenskultur kann zu einem wesentlichen Garant des Unternehmenserfolgs werden, da sie unverwechselbare Leistungen mit nachahmungsresistentem Nutzen erzeugt. Personalentwicklung muss dabei einerseits aus der Unternehmenskultur abgeleitet werden und andererseits unternehmenskulturbildend wirken. Diese beiden Aspekte sollen in den folgenden beiden Kapiteln näher erläutert werden.

3.1 Ableitung der Personalentwicklung aus der Unternehmenskultur

Informationsquellen für Unternehmenskultur

Durch Personalentwicklung lernen die Mitarbeiter die typischen Denk- und Handlungsweisen des Unternehmens kennen. Dazu ist es notwendig, dass die verantwortlichen Führungskräfte die Wertvorstellungen des Unternehmens kennen. Zur Beurteilung des Status quo der Unternehmenskultur können u.a. folgende Informationsquellen zu Rate gezogen werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Beobachtungsbereiche Unternehmenskultur[2]

In jeder einzelnen Personalentwicklungsmaßnahme sollten sich die Unternehmenswerte widerspiegeln. Verfolgt z.B. ein Unternehmen bei der Besetzung von Führungspositionen erfolgreich ein strenges Senioritätsprinzip, so ist es wenig sinnvoll, junge Mitarbeiter für solche Positionen zu qualifizieren. Dies würde lediglich zu deren Frustration führen, da sie ständig den Eindruck haben, nicht entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt zu werden.

Verknüpfung Personalentwicklung und Unternehmenswerte

Bisher war Personalentwicklung in der Praxis überwiegend Vermittlung und Aneignung von Fachkenntnissen. Dies kann jedoch dazu führen, dass die Bildung und Förderung der Mitarbeiter völlig losgelöst ist von dem Selbstverständnis des Unternehmens. Das andere Extrem wäre eine vollständige Homogenisierung der Wertvorstellungen des Unternehmens mit denen des Mitarbeiters, was auch nicht sinnvoll ist, da die eigene Wertgestaltung, zumindest, was private Werte angeht, in der Freiheit der Persönlichkeit des Mitarbeiters verbleiben muss.

3.2 Kulturgestaltung durch Personalentwicklung

Voraussetzungen

Wenn also eine einzigartige Unternehmenskultur der entscheidende Wettbewerbsvorteil des Unternehmens werden soll, so muss erstens die Kultur gestaltbar sein. Zweitens muss bekannt sein, in welche Richtung die Unternehmenskultur gestaltet werden soll.

Gestaltbarkeit

Um die Gestaltbarkeit der Unternehmenskultur überprüfen zu können, müssen die Einflussfaktoren der Unternehmenskultur bekannt sein. Eine Übersicht über die Einflussfaktoren der Unternehmenskultur bietet Abbildung 3:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Einflussfaktoren der Unternehmenskultur

Aus der Abbildung wird ersichtlich, dass nicht „die Unternehmenskultur“ durch Personalentwicklung direkt verändert werden kann. Personalentwicklung ist definitionsgemäß Verhaltensentwicklung. Die Beeinflussung der Unternehmenskultur findet daher indirekt durch die Entwicklung des Verhaltens der Mitarbeiter statt. So können zum Beispiel insbesondere die Persönlichkeitsprofile der Führungskräfte durch Personalentwicklung verändert werden, was sich dann gestaltend auf die Unternehmenskultur auswirkt.

Entwicklungsrichtung

Zur Festlegung der Entwicklungsrichtung sollte nach der Bestandsaufnahme der Wertvorstellungen des Unternehmens (Ist-Zustand) ermittelt werden, wo sich das Unternehmen in der Zukunft sieht (Vision), was erreicht werden soll (Ziele) und wie, d.h. nach welchen Regeln etwas erreicht werden soll (Philosophie). Die letztgenannten drei Teilbereiche sollen zusammengefasst werden unter dem Begriff Unternehmens-Leitbild (Soll-Zustand). Die Entwicklung der Unternehmenskultur in Richtung des Leitbilds ist wichtige Aufgabe der Personalentwicklung. „In einer Zeit des Wandels und hoher Wettbewerbsintensität besitzt jenes Unternehmen Vorteile, das begeisterte, mündige Mitarbeiter hat, die aus einer eigenen unternehmerischen Verantwortung heraus handeln.“[3]

3.3 Unternehmens-Leitbild

Betrachtet man das Leitbild eines Unternehmens als Leitfaden oder „Kompass“ für die strategische und organisatorische Ausrichtung, so müssen alle Strategien bereits vom Grundgedanken her im Leitbild verankert sein und sich immer wieder an den Prinzipien des Leitbilds messen lassen. Dies gilt auch für die strategische Personalentwicklung.

Aufbau des Banken-Leitbilds

Der Aufbau des Leitbilds einer Bank kann prinzipiell frei gestaltet werden, sollte aber Aussagen enthalten:[4]

- zum Auftrag des Unternehmens,
- zu den Kunden,
- zu den Mitgliedern,
- zum Management und Führungsverhalten,
- zur Umweltpolitik,
- zu den Mitarbeitern.

Die oben genannte Unterteilung des Leitbilds in Vision, Philosophie und Ziele ist lediglich ein Gestaltungsvorschlag, dem aber im Weiteren gefolgt werden soll.

3.3.1 Vision

Wozu eine Vision?

„Wer nicht weiß, wohin er will, muss sich nicht wundern, wenn er ganz woanders ankommt!“ Diese Weisheit unbekannter Herkunft deutet an, wie existenziell wichtig es für ein Unternehmen ist, die Marschrichtung und die Vision der Unternehmensführung zu kennen. Oft reichen wenige, klar formulierte Leitsätze aus, um die Mitarbeiter auf die Unternehmensvision einzuschwören. Dabei ist die genossenschaftliche Bankengruppe mit ihrem Slogan „Wir machen den Weg frei“ sicherlich gut positioniert. Sie muss sich immer wieder von ihren Kunden und sonstigen Geschäftspartnern an diesem Leitsatz messen lassen, insbesondere was die Problemlösungsorientierung im Kundeninteresse und die Bereitschaft, innovative Wege einzuschlagen, angeht. Die Vision stellt einen für alle Beteiligten nachvollziehbaren und erstrebenswerten zukünftigen Zustand des Unternehmens dar. Alle Unternehmensziele sind auf diese Vision ausgerichtet. Ein eindrucksvolles Beispiel für eine Vision zeigt Saint-Exupéry in seinem bekannten Beispiel für den Bau eines Schiffes: „Wenn du ein Schiff bauen willst (Ziel), so trommle nicht Männer zusammen, die Holz beschaffen, Werkzeuge vorbereiten, Holz bearbeiten und zusammenfügen (Aufgabe), sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten Meer (Vision).[5]

Vision der KfW

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau liefert in ihrem „Kompass“ ein Beispiel für eine Vision aus dem Bankbereich: „Fördern ist unser Auftrag. Förderung zielt auf nachhaltige Entwicklungen. Nachhaltigkeit bedeutet ein Wirtschaften, das Lebensgrundlagen und Lebensqualität der kommenden Generation sichert. Darüber hinaus bedeutet Nachhaltigkeit für uns aber auch den Aufbau zukunftsfähiger, selbsttragender Wirtschaftsstrukturen.“[6]

3.3.2 Unternehmensziele

Wozu Unternehmensziele?

Aufgabe der Unternehmenszielsetzung ist es, die Vision des Unternehmens in akzeptierte, erreichbare, messbare, klar definierte und zeitlich bestimmte Größen zu transformieren. Ziele sind wichtigstes Führungs- und Planungsinstrument des Unternehmens. Dabei können die Ziele im Leitbild durchaus noch etwas globaler formuliert sein, wie z.B. Marktwachstum, Gewinnoptimierung, Marktpräsenz, Wahrung der unternehmerischen Selbstständigkeit oder Kompetenzverbesserung. Die Formulierung ist jedoch so zu wählen, dass sich für einzelne Teilbereiche klare, messbare Ziele ableiten lassen.

Ziele müssen bekannt sein

Personalentwicklung kann nur im Sinne der Unternehmensziele eingeführt werden, wenn diese bekannt sind. Erst die Kenntnis der Unternehmensziele ermöglicht es den Menschen im Unternehmen, „Mit-Arbeiter“ im eigentlichen Sinne des Wortes zu sein. Dabei kann bereits bei der Formulierung von Unternehmenszielen die Personalentwicklung thematisiert werden.

Praxisbeispiel BVR

Ein Beispiel aus der Praxis liefert dafür der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken mit seiner am 13. Juni 2001 verabschiedeten Studie „Bündelung der Kräfte“. Unter der Rubrik „Qualifikation von Führungskräften und Mitarbeitern“ werden folgende fünf Ziele formuliert:[7]

- Schaffung der Voraussetzungen für ein ganzheitliches Personalentwicklungssystem in den Ortsbanken
- Realisierung eines bundesweiten Management-Entwicklungs-Konzeptes
- Regelmäßige und systematische Fortbildung der Vorstände und Führungskräfte
- Einheitliche Definition und Fortschreibung der Kernaufgaben und Anforderungsprofile für die Mitarbeiter in den jeweiligen Ortsbanken
- Ausbau der Plattform „VR-Karriere“ als einheitliches Produkt für Stellenangebote und -gesuche im Internet

Auf die Problematik der Ableitung von Personalentwicklungszielen aus den Unternehmenszielen sowie auf den Abgleich zwischen Unterneh­mens- und Mitarbeiterzielen im Bereich Personalentwicklung wird später genauer eingegangen.

3.3.3 Unternehmensphilosophie

Wozu eine Philosophie?

Während die Unternehmensziele definieren, was erreicht werden soll, trifft die Unternehmensphilosophie Aussagen darüber, wie, d.h. nach welchen Regeln etwas er­reicht werden soll. Die Unternehmensphilosophie beschreibt vor allem die formulierten Werte und Normen eines Unternehmens sowie die Verhaltensweise nach außen und untereinander. Die im Unternehmen erlebte Unter­nehmenskultur (d.h. das gelebte Wertesystem, vgl. Kap. 3) muss immer wieder mit dem formulierten Wertesystem der Unternehmensphilosophie abgeglichen werden. Ergeben sich Dis­krepanzen, so muss entweder die Philosophie der Realität stärker an­gepasst werden, oder es müssen Maßnahmen ergriffen werden, mit denen die Unternehmenskultur in Richtung Philosophie entwickelt wer­den kann. Wie bereits erwähnt, kommt hier der Personalentwicklung die entscheidende Rolle zu.

Praxisbeispiel

Personalentwicklung kann und sollte aber auch in der Unternehmensphilosophie verankert sein. Ein Beispiel dafür liefert die Firma Weinmann + Co Stahlhandel in Zweibrücken:

„5.

Alle Mitarbeiter sind zur ständigen Fortbildung und persönlichen Weiterbildung verpflichtet.

6.

Jeder Mitarbeiter kann im Unternehmen aufsteigen. Freie Stellen werden mit eigenen Nachwuchskräften besetzt.“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Auszug aus den Firmengrundsätzen der Firma Weinmann + Co[8]

3.3.4 Praktische Beispiele im Bankbereich

Personalentwicklung in Banken-Leitbildern

Die Verankerung der Personalentwicklung im Leitbild ist durchaus schon von manchen Banken umgesetzt worden. Die Commerzbank AG widmet beispielsweise ungefähr ein Drittel Ihres Leitbilds den Mitarbeitern. Abbildung 5 zeigt einen Ausschnitt aus dem Commerzbank-Leitbild.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Auszug aus dem Leitbild des Commerzbank-Konzerns[9]

Auch die KfW äußert sich in ihrem „Kompass“ ähnlich ausführlich über ihre Mitarbeiter. Sie betont dabei noch stärker die Verantwortung der Führungskräfte.

„Unsere Führungskräfte haben die Aufgabe, das Potenzial ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter systematisch zu erkennen. Die KfW bietet allen Angestellten die Möglichkeit, sich entsprechend ihren Interessen und Potenzialen weiterzuentwickeln.“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Auszug aus dem „Kompass“ der KfW[10]

Im genossenschaftlichen Bankbereich muss man jedoch schon etwas intensiver nach einer Erwähnung der Mitarbeiter in den Leitsätzen der Bank suchen. Die Westdeutsche Genossenschafts-Zentralbank eG (WGZ) beispielsweise verpflichtet ihre Mitarbeiter zu mehr Einsatz: „Wir setzen uns ein. […] Wir arbeiten aus Überzeugung für die WGZ-Bank.“[11] Ein Bekenntnis zur Personalentwicklung vermisst man jedoch im Unternehmensleitbild.

3.4 Zusammenfassung

Wettbewerbsvorteil Unternehmensidentität

Aufgrund der Homogenität der Bankdienstleistungen ist der Bankenwettbewerb weniger durch Produktkonkurrenz als vielmehr durch Institutskonkurrenz gekennzeichnet. Das Thema „Unternehmensidentität“ gewinnt daher heute zunehmend an Bedeutung. Die Banken müssen eine eigene Unternehmenspersönlichkeit entwickeln und kommunizieren. Nur so können sie eine langfristige Kundenbindung erreichen. Strategische Personalentwicklung hat dabei einerseits den Auftrag, die Ist-Kultur des Unternehmens zu den Mitarbeitern zu transportieren, aber andererseits auch, die Ist-Kultur in Richtung der Soll-Kultur zu entwickeln, wenn dies erforderlich wird. Auf Dauer kann eine Unternehmenspersönlichkeit nur erreicht werden und erhalten bleiben, wenn die Wertvorstellungen der Mitarbeiter mit den Wertvorstellungen des Unternehmens in Einklang gebracht werden.[12]

Einführende Fragen

Vor Einführung einer Personalentwicklungsstrategie sollten in einer Bank deshalb die folgenden Fragen beantwortet werden:

- Welche Image-Anforderungen stellt der Markt, der Wettbewerb, der Kunde an die Bank, oder: Mit welchen unternehmenskulturellen Spezifika sollen langfristige Wettbewerbsvorteile erzielt werden?
- Welche unternehmenskulturellen Spezifika existieren bereits und welche sollen noch entwickelt werden?
- Wird die bestehende oder geforderte Unternehmensidentität nach innen und außen kommuniziert?
- Wird die kommunizierte Unternehmensidentität von den Führungskräften (vor)gelebt?
- Welche Personalentwicklungs-Strategie passt zur bestehenden Unternehmenskultur?
- Wie kann Personalentwicklung zur Erreichung der geforderten Unternehmensidentität eingesetzt werden?

Abschließend soll die Bedeutung der Personalentwicklung im Gestaltungsprozess einer Unternehmenskultur grafisch veranschaulicht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Personalentwicklung im Gestaltungsprozess einer Unternehmenskultur

4 Entwicklung einer Personalentwicklungs-Strategie

PE: Strategie oder Handlanger?

Im vorigen Kapitel wurde festgestellt, dass jede Bankstrategie vom Grundsatz her im Bankenleitbild verankert sein muss. Im Bankenleitbild wird auch die Einstellung des Unternehmens zum Thema Personalentwicklung formuliert. Ist Personalentwicklung bereits explizites Thema im Bankenleitbild (wie bei der Commerzbank AG), so kann man davon ausgehen, dass für diese Bank Personalentwicklung Unternehmensstrategie ist. Werden Mitarbeiter nur im Zusammenhang mit der Umsetzung anderer Strategien erwähnt (wie bei der WGZ-Bank), so ist anzunehmen, dass Personalmanagement für diese Bank lediglich als „Erfüllungsgehilfe“ der Bankstrategien angesehen wird. Dieses Kapitel soll zunächst zwei Alternativen aufzeigen, wie die Personalentwicklungs-Strategie in die Bankstrategie eingebunden werden kann. Im Anschluss daran wird ein Überblick über die strukturierte Entwicklung und Einführung einer Personalentwicklungsstrategie gegeben.

4.1 Marktorientierte vs. ressourcenorientierte Personalentwicklung

Als Grundpfeiler strategischer Unternehmensführung können die Analyse der Umweltsituation und die Analyse der unternehmensinternen Möglichkeiten und Grenzen bezeichnet werden. Daraus lassen sich zwei strategische Ansätze ableiten.

Marktorientierter Ansatz

Im marktorientierten Ansatz werden zunächst Chancen und Risiken der Unternehmensumwelt analysiert. Daraus werden marktorientierte Bankstrategien entwickelt. Die Personalentwicklung dient hier der Anpassung der Fähigkeiten der Mitarbeiter an die Chancen und Risiken des Marktes.[13] Dabei muss die Bank festlegen, ob in den einzelnen strategischen Geschäftsfeldern (SGF)[14] eine Strategie der Kostenführerschaft oder der Differenzierung verfolgt werden soll und ob sie in den SGF Expansions-, Verteidigungs- oder Rückzugsstrategien verwenden will.[15] Aus diesen Grundstrategien wird dann der Handlungsbedarf für die Personalentwicklung abgeleitet. Abbildung 8 gibt einen beispielhaften Überblick über Handlungsempfehlungen für die Personalentwicklung bei unterschiedlichen Bankstrategien.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Marktorientierte Strategieauswahl

Ressourcenorientierter Ansatz

Der ressourcenorientierte Ansatz trägt der Erkenntnis Rechnung, dass Humanpotenzial nicht beliebig und vor allem nicht kurzfristig an die aus den Chancen und Risiken des Marktes abgeleiteten Bankstrategien angepasst werden kann. Durch Ressourcenorientierung werden die Bankstrategien in Abhängigkeit vom Leistungspotenzial der Mitarbeiter ausgewählt. Die Bank wird nicht als Portfolio strategischer Geschäftsfelder sondern als Reservoir von Ressourcen und Fähigkeiten betrachtet. Dabei liegt der Fokus eher auf den Kernkompetenzen des Unternehmens als auf den Kernbedürfnissen der Kunden.

Integrierter Ansatz

Die beiden strategischen Ansätze sollten jedoch nicht isoliert sondern kombiniert betrachtet werden. Ausgehend von dem Stärken-/Schwächen-Profil des bankinternen Personalbestands sollten die personellen Ressourcen auf langfristig erfolgversprechende Aktionsfelder ausgerichtet werden, die sich aus dem Chancen-/Risiken-Profil der Bankumwelt ergeben. Dabei leiten sich aus der Stärken-/Schwächen-Analyse des Humanpotenzials Schlüsselqualifikationen ab, die durch die Personalentwicklung vermittelt werden müssen. Aus der Chancen-/Risiken-Analyse des Unternehmensumfelds ergeben sich Schlüsselpersonen und Schlüsselabteilungen, die entwickelt werden müssen.

Dimensionen im integrierten Ansatz

Ziel eines integrierten markt- und ressourcenorientierten Strategieansatzes ist es, die folgenden zwei Dimensionen, die für eine erfolgreiche Personalentwicklung elementar wichtig sind, abzudecken:

1. Bedarfsorientierung

„Strategische Personalentwicklung in kleinen und mittleren Banken heißt nicht, dass möglichst viele Mitarbeiter auf möglichst viele und neue Seminare geschickt werden“[16], sondern dass sich Personalentwicklung auf solche Problemfelder konzentriert, in denen die Entwicklung der Humanressourcen im Sinne der langfristigen und an Kundenbedürfnissen ausgerichteten Unternehmensziele notwendig und sinnvoll ist.

2. Erfolgsorientierung

Personalentwicklung soll sich auf die Aktionsfelder beziehen, die langfristig erfolgversprechend sind. Eine völlig von der Marktorientierung losgelöste Personalentwicklung kann zwar die Kompetenzen der Mitarbeiter maximieren. Wenn dies jedoch nicht mit einer konsequenten Ausrichtung auf Wettbewerbsvorteile einhergeht, findet sich die Bank eventuell zukünftig mit einem hochqualifizierten Mitarbeiterstamm in einem Marktsegment ohne nennenswertes Erfolgspotenzial wieder.

[...]


[1] Rückle/Mutafoff/Riekehof 1994, S.18

[2] Rückle/Mutafoff/Riekehof 1994, S.101f (auszugsweise)

[3] Becker 2002, S.55

[4] vgl. Strombach 1992, S. 12

[5] Rückle/Mutafoff/Riekehof 1994, S.32

[6] KfW (www.kfw.de)

[7] zitiert nach Hamm 2003, S.19

[8] Weinmann + Co (www.weinmann-co.de)

[9] Commerzbank AG (Geschäftsbericht 1999, siehe www.commerzbank.de)

[10] KfW (www.kfw.de)

[11] WGZ (www.wgz-bank.de)

[12] vgl. Grote 2000, S.153-155

[13] vgl. Schindler/Brunn 2003, S.17

[14] Zur Bildung von strategischen Geschäftsfeldern vgl. Söhnchen 2003, S.13ff sowie Meier 1992, S.36,41ff

[15] vgl. Krautwurst 2000, S.123

[16] Meier 1992, S. 16

Ende der Leseprobe aus 86 Seiten

Details

Titel
Einführung strategischer Personalentwicklung in Theorie und Bankpraxis
Hochschule
Fachhochschule Kaiserslautern Standort Zweibrücken
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
86
Katalognummer
V27607
ISBN (eBook)
9783638296113
Dateigröße
772 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einführung, Personalentwicklung, Theorie, Bankpraxis, Thema Personalentwicklung
Arbeit zitieren
Marco Leßmann (Autor:in), 2004, Einführung strategischer Personalentwicklung in Theorie und Bankpraxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27607

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