Angeln mit Kindern


Skript, 2014

15 Seiten


Leseprobe


Vorwort

Ich, Reiner Meiworm bin 38 Jahre alt, Vater von zwei Kindern und von Beruf staatlich anerkannter Erzieher. Wie fast jeder angelnde Vater habe auch ich schon früh versucht, meine Kinder mit dem Virus Angeln zu infizieren. Ich bin dabei oft an Grenzen gestoßen, seien es Pädagogische, Rechtliche oder Moralische, und habe mir als ausgebildeter Erzieher daraufhin Gedanken gemacht, was diese Grenzen, bzw. deren Überwindung für erzieherische Konsequenzen mit sich bringen. In mir reifte die Idee, Angeln als erlebnispädagogisches Element in den Berufsalltag mit einfließen zu lassen und entwickelte erste Ideen, die bald zu einem Konzept wurden.

Mit diesem Konzept in der Hand wandte ich mich an Hersteller, Einzelhändler, Presse und Interessenverbände und warb um Unterstützung und Sachspenden.

Kapitel 1: Grundlagen

Das Pädagogische Handeln der Einrichtungen stationärer Kinder- und Jugendhilfe orientiert sich grundsätzlich an Leitlinien, Leitbildern und Konzeptionen. Diese Grundlagendokumente beschreiben im Groben die Motivation und die Methodik des pädagogischen Handelns. Oftmals werden die Ziele der Pädagogik wie folgt beschrieben:

„Wir verstehen uns als Schonraum, in dem Kinder und Jugendliche ihr Verhalten neu definieren, ausprobieren und üben dürfen, um langfristig zu einem gesellschaftlich und sozial anerkannten Verhalten zu finden. Wir wollen die Teilhabe am Leben und in der Gesellschaft für alle jungen Menschen fördern und ihnen den Zugang zu sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Möglichkeiten eröffnen. Dabei orientieren wir uns an den Bedürfnissen des Einzelnen und gewähren so wenig Einflussnahme wie möglich, aber so viel wie nötig, um ihnen einen entwicklungsförderlichen Lebensraum und wertvolle lebensbejahende Erfahrungen zu ermöglichen. Im Sinne des Inklusionsgedanken passen wir unser pädagogisches Konzept und Alltagsstrukturen den Entwicklungserfordernissen der Kinder und Jugendlichen an. Wo immer das Wohlergehen des Kindes es erlaubt, wird die familiäre Zugehörigkeit als Identität und Beziehung stiftender Ort gestärkt, und somit die Familie als zentraler Bezug erhalten oder wieder hergestellt. (…) Wir gehen davon aus, dass die seelischen Behinderungen, emotionalen Störungen und allgemeinen Entwicklungsschwierigkeiten der Kinder und Jugendlichen durch unsere Hilfe, in Zusammenarbeit mit allen Erziehungsträgern, positiv beeinflusst werden können.“ (Beispiel einer Konzeption)

In erster Linie geht es in dem Pädagogischen Angelprojekt natürlich um den Spaß. Wenn das Angeln den Kindern und Jugendlichen keinen Spaß machen würde, würden sie es auch nicht tun. Keiner muss bei dem Projekt mitmachen, jeder darf jederzeit ein- oder aussteigen. Freizeitprojekte, wie dieses Angelprojekt, sollten auf freiwilliger Basis angelegt sein, damit sie keinen Leistungsdruck erzeugen. Gemeinsam wird aber auf ein Ziel hingearbeitet. Ziele können beispielsweise sein:

- Der Erwerb des Fischereischeins
- Ein Angelurlaub/Angelwochenende
- Der Fang eines besonderen Fisches

Warum nun ausgerechnet angeln?

Die Antwort ist eine Reise in die Vergangenheit

Die Jagd, zu der im engsten Sinne auch die Fischerei gehört, zählt seit Urzeiten zu den essentiellen Anforderungen der Menschheit. In der Frühzeit hatten die Menschen unter anderem dadurch eine sehr enge Bindung und Beziehung zu der Natur. Es wurde der Natur nur entnommen, was zum Überleben notwendig war. Der Mensch war angewiesen auf den Jagderfolg und gesellschaftlich geachtet, wenn sich dieser einstellte. Es war etwas Besonderes, wenn es Fleisch oder Fisch gab, nichts Alltägliches und somit war man dankbar, dem Jäger gegenüber, aber auch der Natur gegenüber. Bei Naturvölkern gehörte früher, und teils auch noch heute, die Einführung in die Jagd zum Erwachsenwerden, sie ist Teil eines so genannten Initiationsritus, bei dem das Kind lernt, Kompetenzen zur Ernährung seiner eigenen Familie zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen. Die Initiation bildet den Übergang von der Kindheit in die Erwachsenenwelt. Das Konstrukt der Jugend kennen Naturvölker nicht. Wer kein Kind mehr ist, ist erwachsen. Und das mit allen Rechten und Pflichten. Initiationsriten sind oftmals Prüfungen von Geschicklichkeit und Mut, Verantwortungsübernahme und Entschlossenheit. Sind diese Prüfungen zur Zufriedenheit der Erwachsenen erledigt, gilt der Prüfling als erwachsen. Mit der erfolgreichen Jagd beweist der junge Mensch, dass er in der Lage ist, selbst eine Familie zu ernähren und dies unmittelbar und direkt. Nicht, indem er in der Lage ist, Geld zu verdienen, um damit Lebensmittel zu kaufen, wie es in unserem Kulturkreis üblich ist, sondern ganz pragmatisch dadurch, dass er beweist, dass er in der Lage ist, mit seinen Händen ein Tier zu töten und damit seine Familie zu ernähren.

Vielen Menschen im westlichen Kulturkreis fehlt dieser Blick auf Fleisch und Fisch und die Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten, diese zu beschaffen. Es ist einfach geworden, für das Überleben zu sorgen. Ein tägliches Konsumgut. Die Jagd beschränkt sich auf das völlig ungefährliche, ja sogar langweilige Einkaufen im Supermarkt. Die Fische sind zumeist schon paniert und in handliche Stäbchenform gebracht worden. Es sind keine Innereien oder gar die unsäglichen, lebensgefährlichen Gräten zu entfernen. Der Mensch ist nicht mehr in einer Beziehung mit der Natur, sondern höchstens noch mit dem Supermarkt und den dafür benötigten fiskalischen Mitteln. Der Zusammenhang zwischen der körperlichen Anforderung (Anstrengung, Geschicklichkeit, etc.) in Form von Arbeit und dem damit verbundenen Lohn, in Form von Lebensmittel ist abstrakt geworden. Was ebenfalls auf der Strecke geblieben ist, ist dieser vorgenannte Initiationsritus, der eine nicht zu unterschätzende Selbsterfahrung beinhaltet und auch direktes Feedback über den inneren Reifungsprozess gibt.

Die Notwendigkeit des Feedbacks

Dieses Feedback ist das, was Jugendliche benötigen, um eine gewisse Selbststeuerungsfähigkeit zu erhalten und das Gefühl zu haben, die eigene Entwicklung in der Hand zu haben. Fehlt Feedback in der Entwicklung, neigt der oder die Jugendliche dazu, zum Beispiel durch regelwidriges Verhalten eine Reaktion zu provozieren und dadurch ständig die eigene Moralinstitution zu überprüfen. Die Pubertät ist bestimmt durch ständige Aktion und Reaktion, dabei lernt der/die Jugendliche überwiegend aus der Reaktion, dem Feedback, des Umfelds.

Was lernen nun die Kinder und Jugendlichen durch das Angeln?

Diese Frage umfassend zu beantworten ist nahezu unmöglich. Es können hier nur einzelne, wesentliche Aspekte angesprochen werden. Zum Teil sind diese Vorteile natürlich in ihren Einzelaspekten ganz pragmatischer Natur. In der Gesamtheit genommen zeigt sich dann allerdings im Zusammenspiel der Einzelaspekte das Ausmaß der Auswirkungen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Angeln mit Kindern
Autor
Jahr
2014
Seiten
15
Katalognummer
V276205
ISBN (eBook)
9783656704942
ISBN (Buch)
9783656706366
Dateigröße
458 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
angeln, kindern
Arbeit zitieren
Reiner Meiworm (Autor:in), 2014, Angeln mit Kindern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/276205

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