Die Nutzung erneuerbarer Energien in Südbaden. Wirklichkeit, Möglichkeiten und Grenzen

Eine Sachanalyse mit Überlegungen zur Thematisierung im Unterricht


Examensarbeit, 2004

223 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

I. Vorüberlegungen

II. Fachwissenschaftlicher Teil
1. Energetische Grundlagen
1.1. Energiebegriff
1.2. Das Energiepotential
1.3. Energieressourcen
1.4. Primärenergieverbrauch (PEV)
2. Das Energieangebot der Erde
2.1. Struktur des Primärenergieverbrauchs und der Stromerzeugung…
2.1.1. …weltweit
2.1.2. …in Deutschland
2.2. Ökobilanzen verschiedener Energieträger
2.3. Fossile Energieträger
2.3.1. Definition
2.3.2. Heutige Nutzung und Ausblick
2.4. Erneuerbare Energieträger
2.4.1. Definition
2.4.2. Heutige Nutzung erneuerbarer Energieträger
3. Erneuerbare Energien in Südbaden
3.1. Die Wasserkraft
3.1.1. Physisch-geographische Grundlagen
3.1.2. Technische Voraussetzungen und Ausblick
3.1.3. Die momentane Nutzung der Wasserkraft
3.1.3.1. Überblick
3.1.3.2. Die Nutzung der Wasserkraft in Südbaden
3.1.4. Möglichkeiten für die Wasserkraftnutzung in der Zukunft
3.1.4.1. Weltweites Potential
3.1.4.2. Potential in Deutschland
3.1.4.3. Zukünftige Chancen für Südbaden
3.1.5. Vor- und Nachteile der Nutzung der Wasserkraft
3.2. Die Windenergie
3.2.1. Physisch-geographische Grundlagen
3.2.2. Technische Voraussetzungen
3.2.3. Ausblick
3.2.4. Die momentane Nutzung der Windenergie
3.2.4.1. Überblick
3.2.4.2. Die Nutzung der Windenergie in Südbaden
3.2.5. Möglichkeiten für die Windenergienutzung in der Zukunft
3.2.5.1. Weltweites Potential
3.2.5.2. Potential in Deutschland
3.2.5.3. Zukünftige Chancen für Südbaden
3.2.6. Vor- und Nachteile der Windenergie
3.3. Die Solarenergie
3.3.1. Physisch-geographische Voraussetzungen
3.3.2. Photovoltaische Energieerzeugung
3.3.2.1. Technische Voraussetzungen
3.3.2.2. Ausblick
3.3.2.3. Die momentane Nutzung der Photovoltaik
3.3.2.4. Vor- und Nachteile der photovoltaischen Energiegewinnung
3.3.3. Solarthermische Energieerzeugung
3.3.3.1. Solarthermische Warmwasser- und Raumwärmegewinnung
3.3.3.2. Solarthermische Stromerzeugung
3.3.4. Möglichkeiten für die Solarenergienutzung in der Zukunft
3.3.4.1. Weltweites Potential
3.3.4.2. Potential in Deutschland
3.3.4.3. Zukünftige Chancen für Südbaden
3.4. Die Energie der Biomasse
3.4.1. Biologische Voraussetzungen
3.4.2. Energiegewinnung aus biogenen Festbrennstoffen
3.4.2.1. Technische Voraussetzungen
3.4.2.2. Ausblick
3.4.2.3. Die momentane Nutzung biogener Festbrennstoffe
3.4.3. Energiegewinnung aus Biogas
3.4.3.1. Technische Voraussetzungen
3.4.3.2. Ausblick
3.4.3.3. Die momentane Nutzung von Biogas
3.4.4. Energiegewinnung aus Biokraftstoffen
3.4.4.1. Technische Voraussetzungen und Ausblick
3.4.4.2. Die momentane Nutzung von Biokraftstoffen
3.4.5. Möglichkeiten der energetischen Nutzung von Biomasse in der Zukunft
3.4.5.1. Weltweites Potential
3.4.5.2. Potential in Deutschland
3.4.5.3. Chancen der energetischen Biomassenutzung in Südbaden
3.4.6. Vor- und Nachteile der energetischen Nutzung von Biomasse
3.4.7. Exkurs: Klär- und Deponiegasnutzung
3.5. Die Geothermie
3.5.1. Physisch-geographische Voraussetzungen
3.5.2. Technische Voraussetzungen
3.5.2.1. Oberflächennahe Geothermie
3.5.2.2. Erdwärmenutzung mit tiefen Erdwärmesonden
3.5.2.3. Hydrothermale Systeme mit hohem Temperaturangebot
3.5.2.4. Hydrothermale Systeme mit niedrigem Temperaturangebot
3.5.2.5. Hot-Dry-Rock-Verfahren
3.5.3. Ausblick
3.5.4. Die momentane Nutzung der Geothermie
3.5.4.1. Überblick
3.5.4.2. Die Nutzung der Geothermie in Südbaden
3.5.5. Möglichkeiten für die Nutzung der Geothermie in der Zukunft
3.5.5.1. Weltweites Potential
3.5.5.2. Potential in Deutschland
3.5.5.3. Zukünftige Chancen für Südbaden
3.5.6. Vor- und Nachteile der geothermischen Energiegewinnung
3.6. Weitere erneuerbare Energien
3.7. Energieeinsparung
4. Gesamte Nutzung erneuerbarer Energien in Südbaden
5. Gesamtpotential der erneuerbaren Energieträger in Südbaden
6. Grenzen der Nutzung in Südbaden
6.1. Wirtschaftliche Grenzen
6.2. Politische Grenzen
6.3. Strukturelle Grenzen
6.4. Grenzen aufgrund von Informations- und Kommunikationsdefiziten
6.5. Konklusion
7. Erneuerbare Energien in Südbaden – Ein Fazit

III. Didaktische Überlegungen
1. Oberziele des Fächerverbundes Erdkunde – Wirtschaftskunde – Gemeinschaftskunde
2. Das Thema im Neuen Bildungsplan
2.1. Das Thema im Fächerverbund EWG
2.2. Das Thema im Fächerverbund NWA
2.3. Das Thema in anderen Fächern
3. Auswahl des Themas
4. Die Umsetzung des Themas im Rahmen des Projektunterrichts
4.1. Geschichte des Projektunterrichts
4.2. Grundlagen
4.2.1. Komponente 1: Projektinitiative
4.2.2. Komponente 2: Auseinandersetzung mit der Projektinitiative in einem vorher vereinbarten Rahmen
4.2.3. Komponente 3: Entwicklung der Projektinitiative zum Bestätigungsgebiet
4.2.4. Komponente 4: (Verstärkte) Aktivität im Betätigungsgebiet –
Projektdurchführung
4.2.5. Komponente 5: Beendigung eines Projekts
4.2.6. Komponente 6: Fixpunkt
4.2.7. Komponente 7: Metainteraktion / Zwischengespräch
4.2.8. Fazit
4.3. Tatsächliche Umsetzung
4.3.1. Zielsetzung und Ablauf des Projekts
4.3.2. Auftretende Probleme innerhalb des Projekts
4.3.3. Vergleich zwischen Theorie und Praxis
4.4. Weitere Möglichkeiten der Umsetzung
5. Fazit

IV. Schlussbetrachtung

V. Literaturverzeichnis

VI. Anhang
A. Zusätzliche Materialien
B. Exkurs: Der Energiemarkt in Südbaden
C. Geschichte der Nutzung erneuerbarer Energien
D. Weiterführende technische Aspekte zu erneuerbaren Energien
E. Andere Erneuerbare Energieträger im Überblick
F. Erklärung

I. Vorüberlegungen

Wind, Wasser, Sonne, Biomasse und Erdwärme – erneuerbare Energien, denen nachgesagt wird, gewaltige Potentiale für den Klimaschutz und den Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung in sich zu bergen. Ist dem wirklich so? Wie stellt sich die heutige Situation dar? Warum werden sie bisher nur in solch geringem Umfang genutzt? Diesen und anderen Fragen soll auf den nächsten Seiten nachgegangen werden, wobei der Schwerpunkt eindeutig auf die Region Südbaden gelegt wird.

Ein Gebiet, das eigentlich prädestiniert ist, für die nachhaltige Energiegewinnung, denn in nur wenig anderen Teilen Deutschlands können die verschiedenen Techniken auf solch einem engen Raum umfassend genutzt werden. Der Schwarzwald garantiert für ausreichende Winde und ein stetig gleich bleibendes Angebot an Biomasse. Am Hochrhein können große Wasserkraftwerke betrieben werden, und der Rheingraben ist ideal zur Nutzung der Erdwärme geeignet. Dazu herrscht eine für hiesige Breiten hohe Globalstrahlung der Sonne vor, die für solare Energiesysteme von entscheidender Bedeutung ist.

Alles Faktoren, die eine Behandlung genau dieser Thematik interessant machen. Auch aus diesem Grund wird eine neutrale Ausleuchtung durchgeführt, da erneuerbare Energien in einigen Jahren bzw. Jahrzehnten viel zu wichtig sein werden, als dass darüber nur mit Halbwissen und ungeprüften Vorurteilen (sowohl auf Seiten der Befürworter wie auch der Gegner) gesprochen werden dürfte. Der Atomausstieg in Deutschland ist (zumindest vorerst) beschlossene Sache, weshalb innerhalb von zwei Jahrzehnten rund ein Drittel der erzeugten Strommenge (etwa 500 TWh) aus anderen Quellen gewonnen werden muss. Um die CO2-Ziele des Kyoto-Protokolls nicht zu verfehlen, kann die zu erzeugende Menge nicht nur aus Öl-, Kohle- und Erdgaskraftwerken stammen – auch in Südbaden nicht.

Die Relevanz für eine Umsetzung im Unterricht wäre also gegeben. Bisher werden die erneuerbaren Energien allerdings – mit Ausnahmen – meist nur in einem geringen Umfang in der Schule angesprochen. Das muss sich im Hinblick auf die Zukunft ändern, was auch die Landesregierung erkannt hat, die mit dem neuen Bildungsplan daher die Vorraussetzungen für eine forcierte Behandlung der Thematik geschaffen hat. Ein mögliches Konzept dafür wird im zweiten Teil der Arbeit aufgezeigt, der die didaktischen Überlegungen beinhaltet. Dabei steht die praxisnahe Erarbeitung unter Verwendung der Unterrichtsform des Projektunterrichts im Vordergrund, wobei auch der neue Bildungsplan betrachtet wird.

Im ersten Teil werden zunächst die verschiedenen Techniken zur Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien untersucht, wie diese bisher in Südbaden genutzt werden, und welche Chancen sich für die Zukunft anbieten. Dazu gehört aber auch auf die die Region betreffenden Hemmnisse einzugehen, die eine verstärkte Nutzung verhindern bzw. verlangsamen könnten.

Anmerkungen

Zum Zwecke der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit auf Doppelnennungen wie z. B. ‚Lehrer und Lehrerin’ verzichtet. Die jeweilig verwendete Form steht somit für beide Geschlechter.

Der § 107 der bereits als amtlich bezeichneten Regelung der neuen deutschen Rechtschreibung besagt, dass „auch ein einzelner Vokal am Wortanfang abgetrennt werden kann.“ (vlg. Duden, 2002, S. 909). Da diese Option von der automatischen Silbentrennung des Programms Microsoft Word wahrgenommen wird, kann es zu etwas unschönen Trennungen kommen, die so leider nicht zu vermeiden sind.

II. Fachwissenschaftlicher Teil

1. Energetische Grundlagen

1.1. Energiebegriff

Obwohl der Energiebegriff an sich eher mit dem physikalischen oder technischen Fachbereich verbunden wird, ist er doch auch für die Geographie sehr bedeutend. Insbesondere in der Wirtschafts- und Sozialgeographie spielt er, wenn es etwa um die Energieversorgung der Bevölkerung geht, eine gewichtige Rolle. Da auch die regenerativen Energien zu diesem Sektor gehören, muss man, um überhaupt in der Lage zu sein, das Thema zu behandeln, zunächst einmal den allgemeinen physikalischen Energiebegriff klären. Wird dazu in einem handelsüblichen Lexikon nachgeschlagen, erhält man als Antwort in etwa einen Satz wie: „Energie, Fähigkeit eines physikalischen oder technischen Systems, Arbeit zu verrichten“ (MS Encarta 2003, Suchstichwort ‚Energie’). Das physikalische oder technische System kann dabei einem sehr weitläufigen Feld entstammen, denn sowohl Materie (in Form potentieller oder kinetischer Energie), als auch elektromagnetische Strahlung (in Form elektromagnetische Energie beim Auftreffen oder Abstrahlen auf und von Materie) können Energie in sich beinhalten, um nur zwei Beispiele zu nennen.[1]

Zusammengesetzt wird die Energie aus Exergie und Anergie, wobei die Exergie die physikalische Arbeitsfähigkeit eines Systems angibt. Es verfügt dabei nur über soviel Energie, „wie sein Zustand vom Umgebungszustand abweicht.“ (Winje, 1991. S. 33). Der Anteil, der die Menschheit nicht in den Genuss eines Perpetuum Mobile kommen lässt, wird Anergie genannt und kann „auch bei günstigster Prozeßführung nicht in technische Arbeit“ (ebd.) umgewandelt werden. Nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik (Energiesatz) geht aber auch dieser Energieanteil an sich nicht verloren, da Energie weder entstehen noch vernichtet werden kann, sondern lediglich von einem Körper auf den anderen übergeht oder ihre Erscheinungsform ändert. Er ist einfach nur nicht vom Menschen nutzbar.

Für das Fachgebiet der Geographie ist an sich der Zustand bzw. die Funktion der Energie – speziell der Energieträger[2] – wichtig. Unterschieden wird dabei in Primär-, Sekundär-, End- oder Nutzenergie sowie in Primär-, Sekundär- und Endenergieträger. Abb. 1 zeigt eine Übersicht der verschiedenen in der Energiewirtschaft verwendeten Begriffe sowie zugehörige Beispiele.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Definitionen von Energie (vgl. ebd. S. 35)

Die Primärenergie besagt, in welcher Form der Energieträger ursprünglich vorliegt, wobei im Allgemeinen zwischen erneuerbaren und nicht erneuerbaren unterschieden wird. Verwendet werden können diese entweder direkt als Nutzenergie (‚Wasserkraft’ als in Wasser gespeicherte potentielle Energie kann per Turbine und Generator in Strom ungewandelt werden), oder sie werden als Zwischenstufe zunächst in Sekundärenergieträger transformiert (Erdöl zu Benzin), um dann nach einer weiteren Umwandlung (etwa Verbrennung) Endenergie bereitstellen zu können.

Umso mehr Umwandlungen es von der Primärenergie hin zur Bereitstellung der Nutzenergie gibt, desto größer werden die gesamten Verluste der einzelnen Transformationsschritte. Weiterhin müssen noch die Verluste, die durch Bereitstellung von Nutzenergie zur Erstellung einer Energiedienstleistung[3] anfallen, berücksichtigt werden. Entscheidend ist auf jeden Fall, wie viel Prozent der Primärenergie am Ende wirklich zur Erbringung der Dienstleistungen genutzt werden kann – prägnant ausgedrückt der Umwandlungswirkungsgrad (vgl. Kaltschmitt, 1997. S. 2).

1.2. Das Energiepotential

Da im Verlaufe der Abhandlung immer wieder der Begriff des Potentials in Bezug auf die einzelnen Energieträger fallen wird, soll dies im Folgenden geklärt werden.

Im Allgemeinen wird das Potential als die Gesamtheit aller für einen bestimmten Zweck zur Verfügung stehenden Mitteln definiert. Wird diese Definition ohne Einschränkungen auf den Energiebereich angewendet, würde das gesamt zur Verfügung stehende Angebot berücksichtigt werden, ohne Differenzierung, ob es überhaupt technisch nutzbar wäre, oder ob es ökonomisch Sinn macht, das Angebot auszunutzen. Daher wird das energetische Potential in ein theoretisches, ein technisches, ein wirtschaftliches und ein erschließbares (in anderen Quellen: Erwartungs-) Potential unterschieden (vgl. im Folgenden Kaltschmitt, 2001, S. 10f).

Unter dem theoretischen Potential wird das in einer Region innerhalb eines bestimmten Zeitraumes theoretisch physikalisch nutzbare Energieangebot (z. B. die gesamte auf die Fläche der BRD einfallende solare Strahlung) verstanden. Es markiert damit die physikalische Obergrenze des realisierbaren Beitrags, kann aber wegen unüberwindbarer technischer, ökologischer, struktureller und administrativer Schranken meist nur zu sehr geringen Teilen erschlossen werden – egal ob regenerativer oder fossiler Art.

Das technische Potential beschreibt den Teil des theoretischen Potentials, der unter der Berücksichtigung der momentanen technischen Restriktionen nutzbar ist. Zusätzlich dazu werden die gegebenen strukturellen und gesetzlichen Vorgaben berücksichtigt, da sie letztlich auch – ähnlich den technisch bedingten Eingrenzungen – ‚unüberwindbar’ sind. Es beschreibt damit den zeit- und ortsabhängigen (primär aus technischer Sicht) möglichen Beitrag eines Energieträgers zur Deckung der Nachfrage (Als Beispiel kann hier herangezogen werden, dass nur ein kleiner Teil der Landfläche der BRD wegen anderweitiger Nutzung mit Sonnenkollektoren belegt werden kann).

Wird dazu noch der zeit- und ortsabhängige Anteil des technischen Potentials berücksichtigt, der unter den jeweils betrachteten Randbedingungen wirtschaftlich erschlossen werden kann, spricht man vom wirtschaftlichen Potential. Da es sehr unterschiedliche Möglichkeiten gibt, die Wirtschaftlichkeit einer Option zur Deckung der Energienachfrage zu bestimmen, existieren immer eine Vielzahl unterschiedlicher wirtschaftlicher Potentiale. Zusätzlich dazu kommen noch sich laufend ändernde ökonomische Rahmenbedingungen hinzu (Beispielsweise Ölpreisänderungen, Veränderungen der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten, Steuern etc.).

Aus diesem Grund wurde für diejenigen Systeme, die nach allgemeiner Ansicht eine Chance haben mittelfristig vermehrt eingesetzt zu werden, der Begriff des Erwatungspotentials geprägt. Dieses berücksichtigt unter anderem Faktoren wie Markteinführungsschwierigkeiten und stellt so „die erwartete Ausschöpfung des wirtschaftlichen Potentials dar, die sich unter der Voraussetzung einstellen würde, dass die Systeme innerhalb des betrachteten Zeitraums wirtschaftlich konkurrenzfähig sind.“ (Kleemann, 1993. S. 19). Deshalb ist das erschließbare Potential im Regelfall kleiner als das wirtschaftliche Potential. Es kann dann größer sein, wenn durch administrative Maßnahmen (z. B. Förderprogramme) eine Möglichkeit zur Nutzung eines speziellen Energieträgers finanziell unterstützt wird.

Eine Abgrenzung unterschiedlicher Potentiale ist notwendig, da es ansonsten bei Größenberechnungen leicht zu gravierenden Abweichungen kommen kann. Unterschiedliche Werte können zwar auch so nicht vermieden werden, da ein Potential nie ganz genau bestimmt werden kann, und sich auch die Voraussetzungen fortlaufend verändern, es hilft jedoch die Unterschiede in Grenzen zu halten und eine gewisse Vergleichbarkeit zu ermöglichen.

1.3. Energieressourcen

Obwohl sich der Ressourcenbegriff eigentlich aus dem des Potentials ableitet, soll er doch kurz beleuchtet werden, denn insbesondere in der Geologie wird eher von möglichen Ressourcen eines (insbesondere fossilen) Energieträges, als von einem bestimmten Potential gesprochen. Allgemein werden darunter „die gesamten Vorkommen an Energieträgern.“ (Winje, 1991. S. 7) verstanden.

Da nicht alle Ressourcen zur Energienutzung genutzt werden können, werden sie in unterschiedliche Klassen unterteilt, deren Grenzen aus der Abbauwürdigkeit resultieren. Dies verdeutlicht auch das McKelvey -Diagramm, in dem die gesamten Ressourcen durch verschiedene Klassifikationen unterteilt wurden. Dabei beschreiben Reserven solche Ressourcen, die sowohl bereits nachgewiesen sind, als auch zum derzeitigen Zeitpunkt wirtschaftlich abbaubar sind. Aufgrund von immer wieder gemachten Neuentdeckungen und neuen Fördertechniken verschieben sich die Grenzen jedoch fortlaufend, was zur Folge hat, dass Größenordnungen von Ressourcen und Reserven immer nur Näherungswerte sein können, die zu einem bestimmten Zeitpunkt gelten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diagramm 1: Klassifikation von Ressourcen und Reserven (vgl. Winje, 1991. S. 7)

Diese Entwicklungen wird im Diagramm durch die Unterteilung der unwirtschaftlichen Abbauwürdigkeit in paramarginal und submarginal ausgedrückt. „Unter paramarginale Ressourcen fallen solche, die an der Schwelle zum Gewinn stehen und bei relativ geringen Änderungen wirtschaftlicher, technischer oder politischer Rahmenbedingungen mit Gewinn abgebaut werden können.“ (ebd., S. 8). Deswegen werden sie genauso wie die vermuteten Ressourcen zu den Grenzreserven gezählt. Im Gegensatz dazu werden als submarginal solche betrachtet, die nur bei größten Änderungen der Rahmenbedingungen mit Gewinn abgebaut werden können.

Aus diesen Gründen ist zu vermuten, dass die fossilen Energieträger an sich noch länger vorhalten, als es durch die momentane Bestandsaufnahme erscheint, da es bei einer Verknappung der Rohstoffe automatisch lohnenswert wird, neue Lagerstätten abzubauen, die vorher nicht in Erwägung gezogen wurden – was natürlich zu höheren Energiekosten führt.

1.4. Primärenergieverbrauch (PEV)

Unter diesem Begriff wird im Prinzip die gesamte einer Volkswirtschaft zugeführte Energie verstanden, also sowohl die Energie aus dem im Land selbst gewonnenen und verbrauchten Primärenergieträger, als auch die zugeführte Primär- und Sekundärenergie. Dabei spielt es keine Rolle zu welchem Zweck die Energieträger verbraucht wurden (Wärmebereitstellung, Stromerzeugung oder Verbrauch im Verkehr). Dieser Wert wird häufig zum Vergleich des Energieverbrauchs verschiedener Volkswirtschaften oder bei der Bestimmung von Potentialen herangezogen – kann allerdings auch regional bezogen betrachtet werden.

Als Einheit üblich sind kg SKE (Steinkohleinheiten), kg RÖE (Rohöleinheiten), J (Joule), m³ EE (Erdgaseinheiten) und Wh (Wattstunden), deren jeweiliger Energiewert zueinander in bestimmten Verhältnissen stehen. Zur besseren Verständlichkeit soll untenstehende Umrechnungstabelle dienen.[4]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2. Das Energieangebot der Erde

Das Energieangebot, das dem Menschen auf der Erde zur Verfügung gestellt wird, ist (an sich) unendlich groß. Komplett technisch und wirtschaftlich nutzen kann er es jedoch nicht, und so tritt der Fall auf, dass die gesamte Erdbevölkerung im Moment eigentlich mehr Energie verbraucht, als es ökonomisch und ökologisch zu verantworten wäre. Dies resultiert aus der Tatsache, dass momentan der PEV überwiegend durch fossile Energieträger gedeckt wird, die allerdings nur in solch großen Zeiträumen nachwachsen, dass sie für mehrere Millionen Jahre verloren sind. Diesen gegenüber stehen die regenerativen Energieträger, die bei nachhaltigem Gebrauch unerschöpflich sind, im Moment allerdings nur eine kleine Rolle in der Energieversorgung spielen.

In den folgenden Kapiteln soll daher auf die beiden Primärenergieträgerarten eingegangen werden, wobei der Schwerpunkt auf die erneuerbaren Energieträger gelegt wird. Zunächst soll allerdings der heutige Energieverbrauch betrachtet, und ein Versuch einer Ökobilanzierung der verschiedenen Energiegewinnungsformen unternommen werden.

2.1. Struktur des Primärenergieverbrauchs und der Stromerzeugung…

Damit überhaupt der momentane Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix analysiert werden kann, bedarf es einer kurzen Übersicht der jährlich erzeugten Energie – sowohl welt- als auch deutschlandweit.[5]

2.1.1. …weltweit

Der weltweite PEV betrug im Jahr 2002, nach Berechnungen von BP, etwa 9.500 Mio. t RÖE (398 EJ), womit sich der Bedarf in den letzten 30 Jahren in etwa verdoppelt hat. Bei der Deckung spielt dabei global gesehen (noch) noch kein erneuerbarer Energieträger, bis auf die Wasserkraft, eine große Rolle, und daher werden lediglich etwa 10 % der Energie regenerativ erzeugt. Angemerkt werden muss aber, dass der Verbrauch der biogenen Brennstoffe nicht aufgeführt ist, obwohl Holz gerade in ärmeren Ländern immer noch einen großen Anteil an der Energieversorgung leistet und dort bis zu 18 % des PEV abdeckt. Global gesehen fällt dies allerdings nicht ganz so stark ins Gewicht, da die Industriestaaten mit ihrem riesigen Energieverbrauch, der vorrangig aus fossilen Energieträgern gedeckt wird, alles überstrahlen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diagramm 2: Die Entwicklung des Primärenergieverbrauchs von 1965-2002, aufgesplittet nach den einzelnen Energieträgern (vgl. BP, 2003. http://production.investis.com/bp/ia/stat/ 23.10.2003. Dabei handelt es sich um ein Charting-Tool des Energieunternehmens BP mit dem man sich die verschiedensten Energie-Statistiken für alle Regionen der Welt anzeigen lassen kann. Im Folgenden wird die Quelle nur noch als BP angegeben).

Aus dem Diagramm kann errechnet, dass jeder Erdenbürger den Energiewert von 2,3 t SKE pro Jahr verbraucht. Allerdings sind hier die Industrienationen führend. Ein Einwohner der USA benötigt beispielsweise pro Jahr etwa den Energiewert von 11,4 t SKE, während ein Einwohner des armen Staats Bangladesh lediglich den Energiewert von 0,1 t SKE verbraucht. Allen Faktoren, die für dieses Ergebnis verantwortlich sind, auf die Spur zu gehen würde den Umfang dieser Arbeit sprengen und wird daher nicht weiter verfolgt.

Von großem Interesse ist auch die weltweite Stromerzeugung, da hier schon für die nahe Zukunft große Zuwachsraten der erneuerbaren Energieträger erwartet werden, und sie – obwohl quantitativ nicht größter Energieverbraucher – doch ein Gradmesser der menschlichen Entwicklung und Technisierung ist. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die weltweite Stromerzeugung in den letzten Jahren schneller gestiegen ist als der PEV. In Zahlen bedeutet dies, dass im Jahr 2002 weltweit bereits etwa 15.500 TWh elektrischer Strom generiert wurden, wobei erneuerbare Energien einen Anteil von etwa 18 % leisteten (98 % davon wurden allerdings alleine durch die Wasserkraft gedeckt). Einen etwas geringeren Anteil steuerten mit 17 % die Kernkraftwerke bei. Die restlichen 65 % wurden durch die übrigen fossilen Brennstoffe Erdöl, Kohle und Erdgas abgedeckt.

2.1.2. …in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit einem PEV von 14.320 PJ[6] war Deutschland 2002 nach den USA, China, Russland und Japan der fünftgrößte Energiemarkt der Welt. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Energie betrug dabei knapp 6,0 t SKE, was mehr als das Doppelte des weltweiten Durchschnitts (2,3 t SKE) ist. Wird allerdings das Verhältnis der erwirtschafteten Güter und Dienstleistungen im Vergleich zum Energieverbrauch betrachtet, zeigt sich, dass in Deutschland Energie verhältnismäßig effizient genutzt wird, was der relativ geringe Einsatz von 240 kg SKE für 1.000 € BIP in 2001 verdeutlicht. Im weltweiten Durchschnitt ist dieser spezifische Wert rund doppelt so hoch.

Wie aus dem Diagramm zu entnehmen ist, basiert auch die Energieversorgung Deutschlands zum größten Teil auf fossilen Energieträgern. Gerade einmal knapp 3 % wurden im Jahr 2002 durch erneuerbare Energien gedeckt. Dies ist durchaus problematisch, wenn bedacht wird, dass man bei den fossilen Energieträgern vorrangig auf Importe angewiesen ist. Insbesondere Mineralöle und Erdgas müssen größtenteils aus Russland, dem europäischen Ausland, dem Nahen Osten und Nordafrika eingeführt werden. Damit nicht wieder eine Situation wie während der Ölkrise 1973[7] auftreten kann, wird mittlerweile zwar darauf hingearbeitet diese Abhängigkeiten auf mehrere Länder zu verteilen, ganz ausgeschlossen werden kann sie aber dennoch nicht.

Bei der Steinkohle stellt sich die Situation etwas anders dar, aber auch hier wird der Verbrauch von 65 Mio. t SKE mehr als zur Hälfte durch Importe aus (vor allem) Polen, Südafrika, Kolumbien und Australien gedeckt. Ein gänzlich anderes Bild zeigt sich bei der Braunkohle, denn das gesamte im Jahr 2002 verbrauchte Aufkommen in Höhe von 175 Mio. t (54,9 Mio. t SKE) wurde in Deutschland gefördert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2. Ökobilanzen verschiedener Energieträger

Zur besseren Vergleichbarkeit der noch zu behandelnden verschiedenen Energieträger wird zunächst der Versuch einer Ökobilanzierung vorangestellt. In dieser werden die verschiedenen Arten der Energiegewinnung nach einzelnen Arten der Umweltschädigung bewertet. Typischerweis erleidet die Umwelt durch ein Elektrizitätskraftwerk (egal welcher Bauart) mehrere hundert dieser Schädigungen, weshalb mehrere Belastungsarten der Übersichtlichkeit halber zusammengefasst wurden (Beispielsweise werden die treibhauseffektiven Gase meist zu CO2-Aquivalenten[8] zusammengefasst). Diese sog. Auswirkungsklassen können etwas besser zu einem Vergleich herangezogen werden.[9]

Doch auch mithilfe dieser Einteilung ist es schwierig die Umweltbelastung, die durch einen bestimmte Energieträger entsteht, zu bewerten, und es existiert deshalb „bis heute keine allgemein anerkannte Methode zur vergleichenden Bewertung verschiedener Umweltbelastungen“ (Wokaun, 1999. S. 30). Das liegt auch daran, dass für jede Anlage eine eigene Ökobilanz erstellt werden müsste, denn – als Beispiel – jedes Wasserkraftwerk ist anders in seiner Bauweise, geographischen Lage und auch tatsächlichen Funktion. Jeder Versuch eines Komplettvergleichs endet also in einer Verallgemeinerung.

Dennoch gibt es so etwas wie einen allgemeinen Trend der verschiedenen Statistiken, denn obwohl in der Literatur nicht überall die gleichen Werte angegeben werden, zeigen sich doch Übereinstimmungen bei der Frage, welche Kraftwerke eher umweltfreundlich und welche eher umweltschädlich Energie produzieren. Dazu werden im Folgenden verschiedene Statistiken angeboten, die in etwa einen Durchschnitt repräsentieren. Sie entstammen einer Studie der ecoconcept AG, die sich auf die Ökobilanzierung der Energiegewinnung im deutschsprachigen Raum konzentriert und den Forschungsstand im Jahre 2000 repräsentiert. Für ein anderes Land könnten andere Wert gültig sein, da dort z. B. andere Filtervorschriften für die fossilen Kraftwerke bestehen oder ähnliches. Außerdem spielt auch die betrachtete Zeit eine Rolle, da es immer neue technologische Entwicklungen gibt, die einen gewissen Einfluss auf die betrachteten Anlagen haben können.

Diagramm 6: Vergleich der Luftbelastung verschiedener Stromproduktionssysteme am Beispiel der vier wichtigsten Luftschadstoffklassen

Es zeigt sich, dass die Systeme mit fossilen Energieträgern für alle Schadstoffe mit Abstand die größten Belastungen hervorrufen. Eine Ausnahme ist Strom aus modernen Gaskombianlagen. Für die erneuerbaren Energien (v. a. PVA und WEA) und Elektrizität aus Kernenergie wird, da der Betrieb selber praktisch keine Luftschadstoffe verursacht, der Einfluss der vorgelagerten Prozesse sichtbar (vgl. Dettli, 2000. S. 27).

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Diagramm 7: Beitrag verschiedener Stromproduktionssysteme zur Klimaveränderung, ausgedrückt in kg CO2-Äquivalenten pro kWh Im Vergleich der Global Warming Potentials bilden die fossilen Systeme eine Klasse für sich. Durch vorgelagerte Prozesse (z.B. den Bau der Anlagen) sind auch die übrigen Stromproduktionssysteme mit Treibhausgasemissionen verbunden. Wasserkraftwerke können jedoch annähernd als CO2-neutral bezeichnet werden. Solarstrom führt (noch) zu rund sieben Mal höheren, Windstrom zu rund doppelt so hohen Emissionen wie Strom aus Kernkraftwerken (vgl. ebd., S. 29).

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Bei der Berechnung der Auswirkungen auf die Atmosphäre wurden die Herstellung der Kraftwerke, der Betrieb, sowie die Entsorgung der Rückstände berücksichtigt. Neben diesen Auswirkungen ist natürlich auch interessant wie lange eine Anlage benötigt, um sich energetisch wieder zu amortisieren. Also wie lange sie tatsächlich unter Volllast betrieben werden muss, um die Energie die für die Herstellung, den Betrieb und die Entsorgung aufgewendet wurden oder noch werden, wieder einzuspielen. Auch hier kommt es natürlich darauf an, wo etwa eine Windenergieanlage (WEA), eine Photovoltaikanlage (PVA) oder ein Wasserkraftwerk installiert werden. Trotzdem kann es eine kleine Hilfe in der momentanen Debatte sein, in der immer wieder die Frage auftaucht, ob sich denn etwa eine neue Anlage in Bezug auf den Luftschadstoffausstoß bei der Produktion überhaupt rechnet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geht dabei von folgenden Werten aus:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Zeitdauer nach der sich Strom und Wärme erzeugende Kraftwerke und Kessel energetisch amortisiert haben (vgl. Dürrschmitdt, 2002. S. 92)

Anlagen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, rechnen sich während des Betriebs energetisch nie, da zur Energiegewinnung immer wieder erschöpfliche Energieträger nachgeführt werden müssen, und somit immer mehr verbraucht wird, als Nutzenergie erzeugt wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob elektrischer Strom oder Wärme erzeugt werden soll.

Teilweise wird auch der Versuch unternommen, die Umweltbelastungen der einzelnen Energieträger mittels eines Punktesystems zu ermitteln, dass den verschiedenen Wirkungsklassen ein Wertungssystem zuordnet. Dazu gehört auch die Studie ÖBU 1998, die den in den ‚Ökoinventaren für Energiesysteme’ (vgl. Dettli, 2000. S. 33) ermittelten Umweltbelastungen Punkte zuordnet und damit den Vergleich der Systeme mittels Umweltbelastungspunkten (UBP) erlaubt.

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Diagramm 8 : Umweltbelastungspunkte der untersuchten Stromproduktionssysteme.

Hierbei wurden nach den oben genannten Auswirkungsklassen Punkte verteilt, wobei man sich an Grenzwerten, Expertenmeinungen und Zielvorgaben orientiert. Dabei geht es allerdings nur um unmittelbare Umweltbelastungen bei Installation, Betrieb und Entsorgung. Aufgrund der Entsorgungslage schneidet auch die Kernenergie so schlecht ab, obwohl sie in Bezug auf die ausgestoßenen Schadstoffe immer gut abschneidet.

Risiken oder der Landschaftsverbrauch werden nicht berücksichtigt. (vgl. Dettli, 2000. S. 34. Umso mehr Punkte, desto umweltschädlicher).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch bei dieser Bilanz ergibt sich das Problem, dass nicht gewiss ist, wie jeder einzelne Umweltbelastungsfaktor gewichtet wurde, denn eine Studie, die der Abbau- oder Entsorgungsproblematik wesentlich weniger Bedeutung zumessen würde, käme auf gänzlich andere Werte, und die Kernenergie etwa würde wesentlich weniger UBP aufweisen. Daher sollten Statistiken zum Thema erneuerbare Energie ganz besonders nach dem ‚Churchillschen’ -Prinzip[10] betrachtet werden, denn eigentlich arbeitet jeder Artikel, jedes Buch und auch jede Homepage zum Thema mit Tabellen und Diagrammen, um die zukünftigen Möglichkeiten der erneuerbaren Energien besonders positiv darzustellen oder auch in der Luft zu zerreißen. Die Seriosität der Quellen bleibt dabei teilweise im Dunkeln, was eine genaue Differenzierung erfordert.

Um auch die reinen Auswirkungen auf die Landschaft, sowie Flora und Fauna zu berücksichtigen, könnte eine Analyse der Auswirkungen einzelner Kraftwerksanlagen auf die Natur durchgeführt werden. Problematisch dabei ist, dass die Werte sehr subjektiv vergeben werden können. Trotzdem kann eine solche Analyse eine partielle Entscheidungsgrundlage sein, wenn sie innerhalb einer Diskussion um eine neu zu erstellende Anlage geführt wird. Es sollte gemeinsam auf den Flächenverbrauch, die optische Veränderung des Landschaftsbildes und die Auswirkungen auf Flora und Fauna eingegangen werden. Eventuell können so Ungereimtheiten im Voraus entdeckt werden und für die Zukunft vermieden werden.

Die verschiedenen Statistiken können trotz ihrer vermeintlich hohen Aussagekraft letztlich nur einen Durchschnitt repräsentieren und dienen daher auch lediglich als Überblick. Wie bereits erwähnt, müsste eigentlich jede Anlage einzeln überprüft werden, was leider illusorisch ist und immer wieder durch Fehlkonstruktionen – beispielsweise die WEA an ungeeigneten Standorten – bestätigt wird. Das Befriedigen verschiedener Lobbyisten, und die zu erwartenden geldwerten Vorteile stehen leider oft über umweltschutztechnischen und/oder ökonomischen Gesichtspunkten, sowohl auf der Seite der Verfechter der regenerativen Energien, als auch auf der Seite der Befürworter der fossilen Energiegewinnung.

2.3. Fossile Energieträger

2.3.1. Definition

Wie erwähnt sind die momentan vorrangig genutzten Energieträger fossiler Art, womit in erster Linie die Energierohstoffe bezeichnet werden, die bergmännisch gefördert werden und nicht erneuerbar sind, da sie „in geologisch weit zurückliegenden Zeiten entstanden [sind]“ (Billwitz, 2002. S. 245). Zu diesen werden die fossil-biogen entstandenen Energieträger (Stein- und Braunkohle, Torf, Erdöl [inkl. Ölsande und Ölschiefer] und Erdgas) genauso gezählt wie die fossil-mineralischen – hier insbesondere Uran und Thorium (vgl. Winje, 1991. S. 9).

2.3.2. Heutige Nutzung und Ausblick

Wie aus Kapitel 2.1 deutlich wurde, sind die fossilen Energieträger momentan die wichtigsten Energielieferanten für die Erdbevölkerung. Ob dies auch in Zukunft noch so sein wird bzw. kann, wird sich zeigen, da ihr Vorkommen endlich ist. Würde ein weltweit stabil bleibender PEV angenommen, könnten die meisten fossilen Energieträger keine 100 Jahre mehr im wirtschaftlichen Rahmen genutzt werden, was untenstehende Grafik verdeutlicht. Steigende Preise wären die Folge, was Auswirkungen auf die ganze Weltwirtschaft hätte, aber auch die Politik stark beeinflussen würde.

Diese Problematik lässt also nur den Schluss zu, dass eine ökonomischere Verwendung der vorhandenen Reserven notwendig ist – sei es durch neue Technologien, die den Verbrauch senken oder durch ökonomischere Fördertechniken. Beides würde den Zeitpunkt des Erlöschens allerdings nur hinauszögern, weshalb ein Umschwung hin zu neuen Energieerzeugungstechniken in nicht allzu ferner Zukunft vonstatten gehen muss. Spätestens wenn fossile Energieträger teurer werden, und gleichzeitig erneuerbare Energieträger günstigere Gestehungskosten erreichen, könnten diese neuen Technologien regenerativer Art sein.

Wie lange halten die fossilen Energieträger vor (Stand 2000)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diagramm 9: Das Diagramm verdeutlicht, bis in welches Jahr die Vorräte an fossilen Energieträgern bei gleich bleibendem Energieverbrauch und gleich bleibender Nutzung vorhalten würden. Nicht berücksichtigt ist, dass die nicht mehr vorhandenen Energieträger durch andere ersetzt werden müssten. (Auswahl der Zahlengrundlagen: Fischedick, 2000. S. 20. Billwitz, 2002. S. 346. Bayrisches Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie. http://www.stmwvt.bayern.de/index.html?target=/energie/bescheidwissen/strukturdaten.html. 04.08.2003. u a.)

2.4. Erneuerbare Energieträger

2.4.1. Definition

Regenerative Energien – ein Wortpaar, das genauso wie die Eindeutschung Erneuerbare Energien seit dem Ölschock 1973 und der Kernschmelze Tschernobyls 1986 vermehrt durch die Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland geistert. Doch für was stehen diese Worte eigentlich? Das Internet Lexikon wissen.de definiert sie als „die Energiequellen, die ohne Einsatz fossiler Rohstoffe erschlossen und (…) gefördert werden können“ (Wissen.de. http://www.wissen.de. Suchstichwort ‚Erneuerbare Energien’. 01.08.2003). An anderer Stelle heißt es: „Erneuerbar bzw. regenerativ nennt man Energiequellen und -träger, die sich laufend ergänzen“ (Weber, 1995. S. 88). Übereinstimmend werden dazu vor allem „Biomasse [teilweise einschl. Müll], Erdwärme, Gezeitenenergie, Sonnenenergie, Wasserkraft und Windenergie“ (ebd.) mit allen ihren Unterarten[11] gezählt.

Fast allen gemein ist, dass sie aus ein und derselben Energiequelle entstammen, denn bis auf die Erdwärme (Isotopenverfall im Erdinnern) und die Gezeitenenergie (Gravitation der Planenten) gehen sie auf die Einstrahlung der Sonne zurück. Direkt genutzt werden kann diese in Form von Solarkollektoren und Solarzellen zur Strom- und Wärmeerzeugung. Indirekt, indem die Sonnenergie das Wetter antreibt und so für Wind und Niederschlag verantwortlich ist, was in Verbindung mit der Gravitationskraft die Nutzung von Wind- und Wasserkraft ermöglicht. Aber auch Biomasse wird mit Hilfe der Sonneneinstrahlung aufgebaut und dient neben ihrem Zweck als Nahrungslieferant auch als Energierohstoff.

2.4.2. Heutige Nutzung erneuerbarer Energieträger

Heutzutage werden, nachdem erneuerbare Energieträger jahrhundertelang die einzige Energiequelle waren, nur noch etwa 10 % des weltweiten PEV nachhaltig bereitgestellt (würde die komplette Biomasseverbrennung nachhaltig vonstatten gehen, wäre es etwas mehr). Ein erschreckend kleiner Anteil, wenn berücksichtigt wird, dass auf fossile Energieträger in nicht allzu ferner Zukunft verzichtet werden könnte. Dies zeigt die Tatsache, dass „die auf die Kontinente eingestrahlte Energie, die Energien von Wasser und Wind, die stetig nachwachsende Biomasse und die geothermische Energie (…) jährlich rund das 3.000-fache des derzeitigen Weltenergieverbrauchs in Form unerschöpflicher Energieströme an[bieten].“ (Nitsch, 1999. S. 19). Natürlich kann nicht das gesamte Angebot genutzt werden, aber schon durch die in Anspruchnahme von einem Promille des gesamten Angebots wäre die Menschheit in der Lage die dreifache Menge des tatsächlichen Energiebedarfs herzustellen. In anderen Quellen ist die Rede davon, dass selbst bei vorsichtigen Berechnungen tatsächlich sogar knapp die sechsfache Menge des heutigen Energiebedarfs durch regenerative Energien zur Verfügung gestellt werden könnte (vgl. Fischedick, 2000. S. 18). Inwieweit dies für Südbaden zutrifft, und wie viel seines PEV aus erneuerbaren Energieträgern gedeckt wird, kommt in den folgenden Kapiteln zur Sprache.

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Abb. 2: Alle Erneuerbare Energien im Überblick (Eigenerstellung nach Pelte, 2002. http://energie1.physik.uni-heidelberg.de/vrlsg/data/kap5/einf3.htm, 05.08.2003)

3. Erneuerbare Energien in Südbaden

Energie kann also tatsächlich aus den unterschiedlichsten Energieträgern gewonnen werden. Welche verschiedenen Arten zur Nutzung erneuerbaren Energieträger wirklich möglich sind, und welche sich darüber hinaus für die Region Südbaden lohnen, wird im Folgenden genauso gezeigt wie eine mögliche zukünftige Nutzung. Zunächst muss jedoch der zu behandelnde Raum näher betrachtet werden.

Südbaden ist an sich eine weithin geläufige Raumbezeichnung für eine Region im äußersten Südwesten Deutschlands. Würde allerdings gefragt werden, wo die Grenzen zu ziehen seien, könnte dies zu größeren Problemen führen, da diese politisch nicht festgelegt sind.

Welches Gebiet wird dann aber in den Köpfen der Menschen mit Südbaden verbunden? Im Normalfall dürfte es sich dabei um – ohne es zu wissen – den badischen Anteil der nach dem II. Weltkrieg bestehenden französischen Besatzungszone handeln, die von Rastatt bis Meersburg und von Weil am Rhein bis Villingen reichte.

Diese Eingrenzung trifft heute allerdings nicht mehr vollständig zu, weshalb im Folgenden das administrativ festgelegte Gebiet herangezogen werden muss, das am ehesten mit diesem Bereich übereinstimmt – der Regierungsbezirk Freiburg. Dieser beinhaltet zwar seit den Verwaltungs- und Gebietsreformen der 70er Jahre auch ursprünglich schwäbische Kommunen, musste im Gegenzug aber auch ursprünglich badische abgeben.

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Abb. 3: Die heutige Verwaltungsregelung Baden-Württembergs. Vier Regierungsbezirke, die wiederum in mehrere Landkreise aufgesplittet sind, stellen das Grundgerüst. Der ungefähre Verlauf der alten badischen Grenze wurde per Hand rot eingezeichnet – die blaue Linie entspricht dabei der von den Franzosen festgelegten Grenze zu Nordbaden (vgl. Landkreise Baden-Württemberg. 2003. http://www.landkreise-bw.de/landkreise/landkreise/landkreise_baden-wuerttemberg _grafik.htm. 07.10.2003, verändert)

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Heutzutage besteht der Regierungsbezirk aus neun Landkreisen und dem Stadtkreis Freiburg. Diese erstrecken sich zusammen über eine Fläche von 9.357 km², was etwas mehr als einem Viertel Baden-Württembergs entspricht. Vom gesamten Gebiet werden 920 km² durch Siedlungsfläche beansprucht. Die restliche Fläche wird vor allem durch Wald (4.260 km²) und landwirtschaftliche Nutzfläche abgedeckt (3.939 km²).

Über 2 Mio. Menschen leben momentan im untersuchten Regierungsbezirk (219 Personen/km²), was trotz der großen Fläche weniger als einem Fünftel der Landesbevölkerung (10,9 Mio. bei 298 Personen/km²) entspricht. An den ‚Grenzen’ schließen sich im Norden der Regierungsbezirk Karlsruhe, im Osten der Regierungsbezirk Tübingen, im Süden die Schweiz und im Westen Frankreich an. (vgl. Regierungspräsidium Freiburg, 2003. http://www.rp.baden-wuerttemberg.de/freiburg/index.htm. 31.10.2003).

3.1. Die Wasserkraft

Bereits seit Jahrtausenden wird die Wasserkraft durch den Menschen zur Energiegewinnung und somit Arbeitserleichterung genutzt. Wann dies zum ersten Mal geschah kann aufgrund der Quellenlage jedoch nicht genau ermittelt werden.[12] Eine neue Ära begann vor etwa 100 Jahren, als nach jahrhunderterlanger Verrichtung mechanischer Arbeit die Wasserkraft auch erstmals zur Stromerzeugung genutzt wurde. In diesem Gebiet ist sie auch bis heute der wichtigste der erneuerbaren Energieträger.

3.1.1. Physisch-geographische Grundlagen

Das gesamte Angebot des Wassers auf der Erde ist nicht, wie eventuell zu vermuten wäre, Schwankungen ausgesetzt, sondern kann als konstant angesehen werden. Die gesamten Vorräte, die in allen drei Aggregatszuständen anzutreffen sind,[13] belaufen sich – je nachdem welchem Autor man Glauben schenken mag – zwischen 0,4 und 1,4 Mrd. km³, wobei der weitaus größte Anteil (96,5 %) in den Meeren der Erde als Salzwasser gespeichert ist. Also sind lediglich 3,5 % als Süßwasser hinterlegt, wovon wiederum die Hälfte in Form von Eis gebunden ist. Im süßen Grundwasser und den Süßwasserseen ist ein weiteres Prozent hinterlegt, und obwohl sein Anteil nur 0,001 % beträgt, muss auch das Wasser genannt werden, welches innerhalb des Kreislaufs als Dampf in der Atmosphäre auftritt und so die Niederschläge beeinflusst (vgl. Nübler. In: Nolzen, 1989. S. 18f).

Da der Mensch auf Süßwasser angewiesen ist und auch Gebrauch davon macht, wären die Vorräte bald erschöpft, wenn es nicht einen von der Natur gesteuerten Prozess geben würde, der garantiert, dass immer wieder neues Süßwasser entsteht – der globale Wasserkreislauf. „Er wird im Wesentlichen durch eine Verdunstung aus den Weltmeeren und u. a. den Pflanzen und den Gewässern auf den Kontinenten gespeist.“ (Kaltschmitt, 1997. S. 78). Daher spielt, obwohl immer nur gerade eine sehr kleiner Anteil des Gesamtangebots beinhaltend, der Wasserdampf in der Atmosphäre doch eine sehr wichtige Rolle. Er wird mit den globalen und regionalen Luftmassen mittransportiert und schlägt sich anschließend als Niederschlag wieder ab, wobei auf dem Meer etwas weniger Wasser abgeht, als dort verdunstet. Wie aus der untenstehenden Abbildung zu entnehmen ist, wird die Bilanz jedoch durch das von den Kontinenten ins Meer abfließende Wasser wieder ausgeglichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 : Wasserkreislaufschema für die Erde mit Mengenangaben (Marcinek, 1976. In: Nolzen, 1989. S. 20).

Ein Teil dieses Ausgleichs ist es auch, der die im Wasser gespeicherte Energie für den Menschen nutzbar macht, denn die daraus resultierenden Niederschläge, lassen, wenn die Niederschläge nicht auf Meereshöhe fallen, ein großes Potential an Lageenergie entstehen. Europa etwa liegt durchschnittlich 300 m über NN, Nordamerika 700 m und Asien sogar 940 m. Gepaart mit ergiebigen regionalen Niederschlägen und den entsprechenden Wassermassen ergeben sich aus diesen Höhenunterschieden zum Meer hin gewaltige Energiemengen, die sich zwar nicht komplett nutzen lassen, aber doch durchaus einen gewichtigen Anteil an der Energieversorgung zu leisten vermögen würden. (vgl. Pelte, 2002. http://energie1.physik.uni-heidelberg.de/vrlsg/ data/kap5/kraft_w.htm. 28.10.2003).

3.1.2. Technische Voraussetzungen und Ausblick

Die Nutzung der im Wasser gespeicherten Energie zur Umwandlung in Elektrizität, ist aber mit einem gewissen technischen Aufwand verbunden, wobei das Prinzip mehr oder minder immer gleich ist. „Aus einem Stau strömt Wasser zu einer oder mehreren Wasserturbinen, die (…) je einen Generator an[treiben].“ (Weber, 1995. S. 336). Der Stau dient zur Aufrechterhaltung eines konstanten Wasserstandes, damit das Wasser durch Druckrohrleitungen zu den Turbinen geleitet werden kann. Ventile und Schützen steuern dabei die Durchflussmenge so, dass sie immer dem Bedarf entspricht.[14]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Schematischer Querschnitt eines Wasserkraftwerkes (vgl. Microsoft Encarta 2003. Suchstichwort Wasserkraft)

Dabei sind die Wasserturbinen dafür verantwortlich, dass die potentielle und kinetische Energie des Wassers in mechanische Rotationsenergie umgewandelt wird. Diese wiederum treibt Generatoren an, die die Umwandlung in elektrischen Strom vollziehen und direkt über oder neben den Turbinen auf senkrechten oder waagrechten Wellten montiert sind. In seltenen Fällen werden auch direkt Maschinen angetrieben (vgl. Fischedick, 2000. S. 47).

Da die hydrographischen Verhältnisse nicht überall gleich sind, bedarf es unterschiedlicher Wasserkraftwerksarten, die an die verschiedensten Verhältnisse und Einsatzgebiete angepasst werden können. Allen gemein ist die technische Ausgereiftheit und der hohe Wirkungsgrad von 80 – 95 %.

An großen Flüssen, die im Normalfall ein natürliches oder künstliches, aber relativ niedriges Gefälle aufweisen sowie große Durchflussmengen haben, werden im Allgemeinen Laufwasserkraftwerke gebaut. Das strömende Wasser treibt eine Turbine –im Normalfall werden Kaplan-Turbinen eingesetzt – mitsamt Generator an. Damit kann dank des fortlaufend strömenden Wassers jederzeit Energie produziert werden, was der Sicherung eines Teils der Grundlast im Stromnetz dient.

Im Gegensatz zu Laufwasserkraftwerken nutzen Speicherkraftwerke die potentielle Wasserkraft aus einem hochgelegenen natürlichen oder künstlichen (Stau)see, der einen natürlichen Zufluss besitzt. Über Rohrleitungen wird das Wasser den tiefer gelegenen Turbinen – meist Francis- oder Peltonturbinen – zugeführt, wo die potentielle Energie des Wassers in den Turbinen in Rotationsenergie umgewandelt wird, womit wiederum Generatoren zur Stromerzeugung betrieben werden können. Meist werden diese Kraftwerke relativ kurzfristig in Betrieb genommen, um auftretende Spitzen im Stromnetz abzudecken. Daraus resultiert auch der Name, denn das zufließende Wasser wird im Normalfall so lange gespeichert, bis die Energie wirklich benötigt wird. Bei einem Überangebot an Wasser durch den natürlichen Zufluss arbeiten die Turbinen natürlich die ganze Zeit.

Die dritte Kraftwerksart ist das Pumpspeicherkraftwerk, das aus einem (oft künstlichen) Oberbecken und einem Unterbecken (ein natürlicher See oder ein großer Fluss) bestehen. Es dient dazu Leistungsspitzen im Stromnetz zu decken. Zu diesem Zweck wird in einer Zeit, in der wenig Energie benötigt wird, Wasser vom Unterbecken in das Oberbecken gepumpt. Wenn wiederum eine große Menge Energie benötigt wird, kann das Wasser aus dem Oberbecken wieder in das Unterbecken geleitet werden. Dabei läuft es wieder durch die zuvor als Pumpe verwendete Turbine, und treibt einen Generator zur Stromerzeugung an. Deshalb handelt es sich bei Pumpspeicherstrom eigentlich auch nicht um regenerativ erzeugte Elektrizität, da zur Erzeugung zunächst Energie eingesetzt werden muss. Aufgrund ihrer Konstruktionsweise werden sie aber meist dennoch zu den erneuerbaren Energien hinzugezählt.

Pumpspeicherkraftwerke haben aber noch eine andere wichtige Funktion, denn nach einem großen Stromausfall können konventionelle Kraftwerke dank des Pumpstroms wieder starten. (Schwarzstartfähigkeit).

Technisch gesehen wird es bei der Nutzung der Wasserkraft nicht mehr allzu viele Änderungen geben, da aktuelle Anlagen technisch ausgereift sind und über einen hohen Wirkungsgrad verfügen. Interessant erscheint allerdings das Aufrüsten von Altanlagen, die im Zuge dessen deutlich mehr Energie produzieren könnten.

Eventuell setzt sich trotz aller ökologischen Bedenken das in Südamerika und China verwirklichte Konzept gigantischer Staudämme auch in anderen Schwellenländern mit großem Wasserangebot durch. Die Rangliste wird bald durch das im Bau befindliche Wasserkraftwerk des Drei-Schluchten-Staudamms am Yang-Tse in China mit ca. 18.000 MW angeführt, das spätestens 2009 unter Volllast laufen und etwa 15 größere Kernreaktoren ersetzen soll. Auch die weiteren Plätze belegen Anlagen in Nord- und Südamerika, Asien oder Afrika.

3.1.3. Die momentane Nutzung der Wasserkraft
3.1.3.1. Überblick

Derzeit werden weltweit etwa 6,25 % (7.000 TWh) des Bedarfs an Primärenergie durch die Wasserkraft gedeckt, was in etwa einem Anteil von etwa 17 % an der weltweiten Bruttostromerzeugung entspricht (vgl. BP). Das nutzbare Potential der Wasserkraft ist jedoch knapp doppelt so groß, so dass Wasserkraftwerke in Zukunft einen noch wichtigeren Beitrag zur Lösung des Weltenergieproblems leisten könnten.

Geographisch sind die potentiellen Kräfte des Wassers allerdings sehr unterschiedlich verteilt: Rund zwei Drittel des auf der Erde nutzbaren Potentials an Wasserkraft liegen in Ländern der dritten Welt und könnten gerade in diesen strukturschwachen Gebieten einen wichtigen Beitrag zur Elektrifizierung dieser Länder leisten.

In Europa, wo die nutzbaren Wasserkräfte fast gänzlich ausgeschöpft sind, bieten die einzelnen Länder ein sehr unterschiedliches Bild: Von Norwegen, das 99 % seines Stroms aus Wasserkraft erzeugt, über Island (94 %), Österreich (72 %), und die Schweiz (58 %), bis hin zu Frankreich (16 %), Deutschland (4 %) und den Niederlanden (0,2 %) (vgl. Weber, 1995. S. 334).

Die für Deutschland genannten 4 % sind auch heute noch aktuell und entsprachen im Jahr 2002 einer Stromproduktion von etwa 23 TWh (teilweise werden auch größere Werte angegeben, dann wird jedoch der Fehler begangen den erzeugten Pumpstrom mit einzubeziehen). Dieser Wert wird seit Jahren mehr oder minder regelmäßig erreicht und schwankt nur, wenn die Niederschläge auf das Jahr gesehen entweder besonders hoch sind oder viel zu niedrig ausfallen. Als Beispiel könnte das Jahr 2003 herangezogen werden, in dem eine Trockenperiode sehr niedrige Flusspegel verursachte, was sich wiederum in der erzeugten Energiemenge niederschlug.

3.1.3.2. Die Nutzung der Wasserkraft in Südbaden

Fast seit Entwicklung der Stromerzeugung aus Wasserkraft wird diese in Südbaden auch zu diesem Zweck genutzt. Möglich machten und machen dies vor allem die guten klimatischen, geographischen und technischen Vorraussetzungen in der Region. Zum einen gibt es einen relativ großen Strom in Form des Rheins, der die Nutzung mithilfe von Laufwasserkraftwerken ermöglicht, und zum anderen gibt es mit dem Schwarzwald ein Mittelgebirge, dank dessen Höhenunterschiede der Einsatz von Speicher- und Pumpspeicherkraftwerken sinnvoll ist. Dazu kommen ausreichende, einigermaßen gleichmäßige Regenfälle (Feldberg etwa 1720 mm/a, Freiburg etwa 940 mm/a), passende Böden und Gesteinsschichten sowie das notwendige technische Know-How. Zu guter Letzt sind in nächster Nähe eine ausreichende Bevölkerung und die Industrie als Abnehmer vorhanden.[15]

Obwohl im gesamten Bundesgebiet aufs Jahr gesehen mittlerweile mehr Strom aus WEA als aus Wasserkraftwerken gewonnen wird (vgl. Heutige Nutzung der Windenergie), ist dieser Trend noch nicht auf Baden-Württemberg übergeschwappt, denn im Jahr 2000 wurde aus der Kraft des Wassers mit 4.611 GWh aus 780 MW installierter Leistung mehr als die vierzigfache Strommenge der Windenergie (105 GWh) produziert.[16] Auch kein sonstiger regenerativer Energieträger kommt in der Stromerzeugung auch nur annähernd an die Wasserkraft heran, die zu diesem Zeitpunkt einen Anteil von 89 % an der Gesamtmenge des durch regenerative Energieträger erzeugten elektrischen Stroms hat. Von den 4.611 GWh im Jahr 2000 wurden „85 % aus 60 Laufwasserkraftwerken über 1 MW Leistung sowie dem natürlichen Zufluss in Speicherwasserkraftwerken“ (Nitsch, 2002. S. 3) bereitgestellt. Der Rest stammt aus etwa 1.500 Kleinwasserkraftwerken mit einer Leistung von weniger als 1 MW.

Obwohl es aus der landesweiten Anzahl der Wasserkraftwerke nicht direkt ersichtlich ist, wird ein verhältnismäßig hoher Anteil der gesamt produzierten Strommenge in den im Regierungsbezirk Freiburg errichteten Anlagen gewonnen. Den größten Anteil daran haben die elf großen Laufwasserkraftwerke, die am Hochrhein ihren Dienst verrichten. Dabei wird das relativ starke Gefälle des Rheins zwischen dem Bodensee und Basel genutzt.

Hinzu kommen die beiden Pumpspeicherkraftwerksgruppen Hotzenwald (2 Kraftwerke) und Schluchsee (3 Kraftwerke), die im Abstieg des Südschwarzwalds zum Rhein hin als Spitzenlastabdeckung fungieren.[17] Ansonsten gibt es nur noch in der Region Mittlerer Oberrhein, am Neckar und mit Abstrichen an Donau und Iller größere Wasserkraftwerke zur Stromgewinnung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Die großen Laufwasserkraftwerke am Hochrhein (Der Kartenausschnitt wurde freundlicherweise von Herrn Richter aus dem RP Freiburg zur Verfügung gestellt)

Werden die reinen Leistungsdaten dieser Kraftwerke betrachtet, wird sofort ersichtlich, dass in einem Jahr mit durchschnittlichen Regenwerten sogar mehr als zwei Fünftel der gesamten baden-württembergischen Jahresstromproduktion aus Wasserkraft in den großen Laufwasserkraftwerken am Hochrhein produziert wurde, was untenstehende Tabelle zeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Große Laufwasser- und Pumpspeicherkraftwerke im Regierungsbezirk Freiburg. Bei den Pumpspeicherkraftwerken darf allerdings nur die Jahresproduktion aus natürlichen Zuflüssen in die Gesamtrechnung miteinbezogen werden, da zur Erzeugung des Pumpstroms zunächst Energie aufgewendet werden muss (vgl. Landkreis Waldshut, 2002. S. 65 und NOK, 2003. http://www.nok.ch/hydraulicenergy/partnerplants/index.asp. Stand: 27.11.2003 )

Nach Miteinbeziehung der hier nicht aufgeführten 433 mittleren und kleineren Wasserkraftwerke der Region (nach Informationen von Herrn Groteklaes, Regierungspräsidium Freiburg), die zusammen etwa eine Leistung von 120 MW erbringen, kann davon ausgegangen werden, dass mehr als die Hälfte (etwa 2.500 GWh/a) der mithilfe des Wassers in Baden-Württemberg erzeugten Energie aus dem Regierungsbezirk Freiburg stammt. Dies entspricht in etwa der gleichen Energiemenge, die das Kernkraftwerk Obrigheim pro Jahr zur Verfügung stellen kann. Anders ausgedrückt können so etwa 555.000 Vierpersonen- oder 1,7 Mio. Einpersonenhaushalte versorgt werden.[18] Ein durchaus imposanter Wert für einen Regierungsbezirk, der etwa einen Viertel der Landesfläche abdeckt und nur knapp einen Fünftel der Einwohner Baden-Württembergs beheimatet.

3.1.4. Möglichkeiten für die Wasserkraftnutzung in der Zukunft

Wie bereits bekannt ist, wird das Potential der Wasserkraft nur dank der solaren Einstrahlung bereitgestellt, wobei davon ausgegangen wird, dass ungefähr 21 % (1,2 Mio. EJ/a) der Energie der Sonne für die Aufrechterhaltung des Wasserkreislaufs in Anspruch genommen werden. Das daraus berechenbare Potential kann allerdings nur genutzt werden, da das Wasser aufgrund der Schwerkraft bergab fließt. Je nach Wassermenge und Steilheit besitzt das Wasser dabei eine bestimmte, voneinander abhängige, potentielle und kinetische Energie.

3.1.4.1. Weltweites Potential

Es wird davon ausgegangen, dass das weltweite theoretische Potential der Wasserkraft etwa 158 EJ/a (44.000 TWh/a) umfasst. Soll allerdings das weltweit technische Potential bestimmt werden, müssen die verschiedenen Leistungsklassen getrennt voneinander betrachtet werden. Durch große Anlagen (> 1 MW) erscheint etwa ein Viertel (39 EJ/a) des gesamten theoretischen Potential als technisch nutzbar. Weitere 1,5 EJ/a könnten durch die kleinen Kraftwerke bereitgestellt werden, woraus folgen würde, dass durch die aus der Wasserkraft gewonnene Energie etwa 13 % des gesamten Primärenergiebedarfs der Erde gedeckt werden könnten (vgl. Kleemann, 1993. S. 11).

Im Gegensatz zu den anderen erneuerbaren Energieträgern wird das Potential der Wasserkraft jedoch schon heute zu einem relativ großen Anteil ausgenutzt. Lediglich in den Entwicklungs- und Schwellenländern schlummern noch größere Potentiale. Der hohe Kapitalbedarf und z. T. schwerwiegende negative Umweltauswirkungen schrecken viele der ärmeren Länder jedoch noch ab, ihr Potential weiter auszuschöpfen.

3.1.4.2. Potential in Deutschland

Wie schon angedeutet, wird die Energie des Wassers in Deutschland schon exzessiv ausgenutzt. In einem durchschnittlichen Wasserjahr besteht in Deutschland für Großanlagen ein technisches Potential zwischen 27 und 33 TWh/a, wovon etwa 90 % schon ausgebaut sind. Das größte Einzelprojekt, das innerhalb einer relativ kurzen Zeit noch in Betrieb genommen werden könnte, ist das Kraftwerk Neu-Rheinfelden am Hochrhein, das insgesamt 380 GWh/a pro Jahr zur Verfügung stellen könnte.[19] (vgl. ebd.). Deutlich höher wäre das Potential, wenn im Versailler Vertrag nicht geregelt worden wäre, dass alleine Frankreich zwischen Basel und Straßburg zur wasserwirtschaftlichen Nutzung berechtigt ist.

Zum Potential, das durch die Großanlagen genutzt werden könnte, kommen zwischen 2 und 4 TWh/a hinzu, die durch Kleinwasserkraftanlagen genutzt werden könnten (vgl. Janzing. In: Badische Zeitung. 13.09.2003).

3.1.4.3. Zukünftige Chancen für Südbaden

Je nachdem welcher Autor die Berechnungen anstellt, kann davon ausgegangen werden, dass in Baden-Württemberg entweder ein relativ geringes Rest-Potential für die Energiegewinnung aus Wasserkraft vorhanden ist, oder aber noch deutliche Steigerungen in der Höhe des doppelten heutigen Werts möglich wären.[20]

So kam etwa das Institut für Wasserbau an der Universität Karlsruhe 1986 zu dem Schluss, dass mit bisher genutzten knapp 5.000 GWh/a das Potential der Wasserkraft, selbst bei Beachtung ökologischer Gesichtspunkte, höchstens zur Hälfte ausgeschöpft sei (vgl. Reitter, 2003. S. 3). Die Arbeitsgemeinschaft Wasserkraft Baden-Württemberg hat daher den Versuch unternommen diesen theoretischen Wert in planbare Anlagen umzusetzen. Demnach sollten folgende Anlagen im Land Baden-Württemberg realisiert werden (vgl. ebd.):

1. Potentiale Kleinanlagen

1.000 Anlagen á 150 kW Ausbauleistung mit je 1 Mio. kWh Jahresarbeit
= 1,0 Mrd. kWh

2. Potentiale mittlere Anlagen

300 Anlagen á 1.000 kW Ausbauleistung mit je 6 Mio. kWh Jahresarbeit
= 1,8 Mrd. kWh

3. Potentiale Großkraftwerke am Rhein

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[21]

Angemerkt werden muss, dass ein Standort am südlichen Oberrhein bis auf die Höhe von Straßburg aufgrund der erwähnten Klausel des Versailler Vertrags nicht in Frage kommt. Ansonsten gibt es teilweise Überschneidungen mit den Berechnungen anderer Autoren, auch wenn diese bei den Großkraftwerken meist nur von einem Kraftwerk am mittleren Oberrhein ausgehen und deshalb lediglich ein Gesamtpotential von 10.000 GWh/a errechnen. Etwas hoch scheinen auch die Potentiale für kleine und mittlere Anlagen angesetzt, denn sie würden mindestens eine Verdopplung des heutigen Werts bedeuten.

Werden diese Zahlen auf den Regierungsbezirk Freiburg bezogen, erscheint es als möglich, dass zur bereits heute produzierten Menge etwa weitere 1.400 GWh/a erzeugt werden könnten, wovon alleine das Wasserkraftwerk Neu-Rheinfelden knapp 400 GWh/a (285 GWh deutscher Anteil) zur Verfügung stellen könnte. Die restliche Menge müsste in den kleineren und mittleren Kraftwerken erzeugt werden, deren südbadischer Anteil mit mindestens einem Drittel der Gesamtmenge angesetzt werden kann, was aufgrund des heutigen Anteils auch als technisch möglich scheint. Darüber hinaus sind die Gesamtvoraussetzungen im Schwarzwald eigentlich auch unter Beachtung nicht die Natur belastender Maßnahmen für kleine Wasserkraftwerke gut geeignet, auch wenn dennoch der Einfluss auf das Gesamtsystem immer ganz genau beachtet werden muss.

Andere Quellen wie der Landtag von Baden-Württemberg gehen hingegen von einem abrufbaren Potential von lediglich 6.300 GWh/a aus (vgl. Landtag Baden-Württemberg, 1996. http:// www3.landtag-bw.de/WP12/Drucksachen/0000/12_0493_D.PDF. 26.11.2003). Das würde bedeuten, dass insgesamt weitere 1.700 GWh/a zum heutigen Bestand zugebaut werden könnten, wobei alleine 570 GWh/a durch Modernisierungen und Erweiterungen von Kraftwerken im Regierungsbezirk Freiburg erreicht werden sollten, was auch untenstehende Tabelle aufzeigt. Insbesondere an Hochrhein bestehen dafür noch größere Ausbau- bzw. Modernisierungskapazitäten. Letztere sind insbesondere darauf zurückzuführen, dass viele der Hochrheinkraftwerke schon knapp 100 Jahre ohne größere Modernisierungsmaßnahmen in Betrieb sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Zusätzliche mögliche Stromerzeugung aus Wasserkraft bei Modernisierung und Erweiterung bestehender Wasserkraftwerke im Regierungsbezirk Freiburg (vgl. Nitsch, 2002. S. 24 und Burger, 2000. S. 135ff, sowie eigene Berechnungen).

Weitere 600 GWh/a könnten durch ein Großkraftwerk südlich von Karlsruhe gewonnen werden, was den Schluss nahe legt, dass noch etwa 600 GWh/a durch neue kleine und mittlere Anlagen im ganzen Land gewonnen werden sollten, wobei es möglich wäre mindestens ein Drittel davon im Regierungsbezirk Freiburg zu produzieren. Das würde ein zusätzlich erschließbares Gesamtpotential von etwa 770 GWh/a für die Region bedeuten. Neue Pumpspeicher- bzw. Speicherkraftwerke mit natürlichem Zufluss sind in den Berechnungen nicht aufgeführt, da für diese Arten heutzutage in einem eher dicht besiedelten Gebiet wie Südbaden, kaum noch Raum vorhanden ist.

Wie viel Energie durch Wasserkraft tatsächlich in Südbaden erzeugt werden kann, wird aufgrund verschiedenstartistger Faktoren wahrscheinlich nie genauestens errechnet werden können. Soll dennoch ein ungefähres Potential genannt werden, scheinen die Annahmen des Landtags bzw. von Nitsch etwas realistischer, als die des Instituts für Wasserbau, da noch zu zeigen sein wird, ob die kleinen und mittleren Anlagen tatsächlich solch ein großes Potential erreichen werden. Wie so oft könnte die Wahrheit aber auch irgendwo in der Mitte der angenommenen Werte liegen, was bedeuten würde, dass in Südbaden zusammen mit den bisherigen Mengen ein Gesamtpotential zwischen 3.370 und 3.900 GWh/a bestehen würde. Es wäre also durchaus im Bereich des Möglichen etwa die eineinhalbfache Menge der bisher durch Wasserkraft versorgten Haushalte mit elektrischem Strom zu versorgen.

3.1.5. Vor- und Nachteile der Nutzung der Wasserkraft

Wie aus Kapitel 2.2 ersichtlich wurde, gibt es in Bezug auf die klimawirksamen Gase keine ‚sauberere’ Energiegewinnungsart als die Wasserkraft. Auch die Abwärme – im Gegensatz zu den Kernkraftwerken – spielt kaum eine Rolle. Hinzu kommt, dass nach der Fertigstellung der Anlage keine fossilen Ressourcen für den gewöhnlichen Betrieb verbraucht werden, und trotzdem ein hoher Wirkungsgrad über eine lange Zeit hinweg erreicht wird.

Im Zusammenspiel mit den sehr niedrigen Wartungs- und Betriebskosten resultieren aus dieser einfachen und bewährten Technologie niedrige Stromgestehungskosten – und das bei einer Lebensdauer, die ihresgleichen sucht. So sind am Hochrhein immer noch Großanlagen am Netz, die aus der Zeit vor dem I. Weltkrieg stammen.

Einen enormen Vorteil kann die Wasserkraft dank der Pumpspeicherkraftwerke zur Verfügung stellen, denn durch diese Technik kann – wenn auch nicht regenerative – Energie gespeichert und zur Deckung der Spitzenlast eingesetzt werden.

Bei größeren Laufwasser- oder Speicherkraftwerken kommt hinzu, dass neben der Stromgewinnung noch eine Mehrzwecknutzung gegeben ist, denn das aufgestaute Wasser kann auch zur Bewässerung herangezogen werden oder die Trinkwasserversorgung unterstützen. Dazu kommt, dass auch der Grundwasserspiegel in der Umgebung des Staus steigt, was sich positiv auf die Landwirtschaft auswirken kann.

Ein weiterer Faktor, der sich wirtschaftlich positiv auswirken kann ist, dass die Schifffahrt von einem gleichmäßigen Wasserspiegel genauso profitiert wie die Anlieger, die dadurch vor Hochwässern geschützt werden. Hinzu kommt ein touristischer Aspekt, denn die vielen Stauseen und Flussstauungen können auch als Naherholungsgebiet genutzt werden.

Der größte Vorteil der Wasserkraft gegenüber anderen erneuerbaren Energieträgern ist sicherlich, dass sie zumindest in einem normalen Wasserjahr grundlastdeckend genutzt werden kann. Selbst in einem sehr niederschlagsarmen Jahr ist allerdings der Planungszeitraum im Normalfall so groß, dass frühzeitig Alternativen herangezogen werden können.

Natürlich hat die Nutzung der Wasserkraft auch gewisse Nachteile. Nicht unbedingt Klima schädigender Art, aber für Mensch, Tier und Natur ist sie doch nicht immer ganz unproblematisch. Insbesondere bei Großanlagen – der Drei-Schluchten-Damm in China kann hier als Beispiel herangezogen werden – kommt man meist nicht umhin viele Menschen umzusiedeln, was zu großen sozialen und emotionalen Problemen führt und ethisch sehr fragwürdig erscheint.

Aber nicht nur die Bevölkerung in der zu überflutenden Region muss sich umstellen, auch die Tierwelt hat vor den heranflutenden Wassermassen zu flüchten. Dieser Effekt wird etwas abgemildert durch die Tatsache, dass in der Folgezeit auch neue Lebensräume für die Tierwelt entstehen und sich Arten ansiedeln, die ansonsten nicht in diesem Bereich leben würden – das natürliche Gleichgewicht im System ist aber gestört.

Neben der Vertreibungsproblematik wird bei Großstauseen auch eine gigantische Landfläche überspült, die neben Acker- und Siedlungsland auch ökologisch wertvolle oder geschichtsträchtige Landschaften und Monumente vernichten kann. Einher geht natürlich auch eine Störung des Geschiebe- und Wasserhaushalts, was sich insbesondere am Nil nach Installation des Assuan-Damms bemerkbar machte. Die bis dato seit Jahrtausenden immer wiederkehrende Schlammflut blieb aus und mit ihr auch neues fruchtbares Ablagerungsmaterial für die kargen Böden der Unterlaufanrainer.

Aber auch kleinere Flusslaufwasserkraftwerke wie die Hochrheinkraftwerke verändern die sie umgebende Natur. Oft werden Wanderungswege für Fischarten unterbrochen, was dazu führt, dass diese nicht mehr ihre Laichplätze erreichen können. Nur durch ambitioniert angelegte Passiermöglichkeiten für die Fische wird dieser Effekt verhindert.

Des Weiteren sind die hohen Investitionskosten (500 – 3.000 €/kW installierter Leistung) zu nennen, die zwar wieder eingespielt werden, zu Beginn aber einen hohen Kapitalbedarf nötig machen. Dieser ist je nach Standort auch deshalb so hoch, weil häufig große Entfernungen zwischen günstigen Wasserkraftstandorten und Verbraucherzentren vorherrschen, und so zunächst neue Stromnetze geschaffen werden müssen. Für arme Volkswirtschaften ist eine Nutzung der Wasserkraft meist aus diesem Grund nicht möglich, denn ein großes Kohle- oder Öl-Kraftwerk ist meist günstiger im Bau.

Aber nicht nur große Wasserkraftanlagen, sondern gerade auch die kleineren sind je nach Standort heftiger Kritik ausgesetzt – und dies trotz ihrer eigentlich kleinen Installationsfläche. Aufgrund ihrer Bauweise und den Standorten an kleinen Flüssen und Bächen haben sie jedoch meist einen relativ größeren Einfluss auf das jeweilige Ökosystem, als die Großkraftwerke. Durch den geringeren Wasserabfluss gehen auch hier plötzlich Laichplätze für Fische und Amphibien verloren, und zudem kann sich der Geschiebehaushalt drastisch ändern.

Aus den genannten Aspekten kann also geschlossen werden, dass bei verantwortungsvollem Bau des Kraftwerks die Nutzung der Energie des Wassers eine insgesamt gesehen umweltschonende Energiegewinnungsart ist, die auch in Zukunft verfolgt werden sollte.

3.2. Die Windenergie

Bereits seit etwa 5.000 Jahren nutzt der Mensch die Kraft des Windes zur Arbeitserleichterung. Zu dieser Zeit wurde zwar nur die darin gespeicherte kinetische Energie zur Fortbewegung der Nil-Segelschiffe genutzt. Dies kam allerdings dennoch einer Revolution in der Schiffstechnik gleich. Neben der Schifffahrt wurde der Wind anhand von Windmühlen vorrangig zur Verrichtung schwerer mechanischer Arbeiten genutzt. Das Mahlen von Getreide ging so genauso einfacher von der Hand, wie das Entwässern der Marschen in den Niederlanden.

Aber was ist überhaupt Wind? Im Allgemeinen wird der Begriff auf natürliche, horizontale Bewegungen der Atmosphäre angewandt, wohingegen Bewegungen in vertikaler (oder nahezu vertikaler) Richtung Strömungen genannt werden. Wie Wind entsteht, und welchen Anteil er einmal am PEV zu leisten vermag, wird in den kommenden Kapiteln genauso behandelt wie die tatsächlichen technischen Voraussetzungen dieser Art der Energiegewinnung und die heutige Nutzung.

3.2.1. Physisch-geographische Grundlagen

Auch wenn Kindern glauben, dass der Wind durch das Pusten der Wolken entsteht, ist doch ein gänzlich anderer Effekt dafür verantwortlich, denn durch

… großflächige Unterschiede in der Strahlungsbilanz der Erdoberfläche [entstehen] Zonen mit unterschiedlichen Lufttemperaturen[22] und unterschiedlichen Luftdrücken. Diese großräumigen Druckunterschiede wirken auf die Luftpartikel beschleunigend und lösen damit die Luftbewegung aus, die man als Wind bezeichnet. (Kleemann, 1993. S. 241).

Dieses System könnte auch mit einem aufgepumpten Fahrradschlauch verglichen werden. Zuerst muss Luft mit Kraft hineindrückt werden, woraufhin im Innern ein größerer Luftdruck als außen herrscht. Wird das Ventil gelöst, strömt die Luft wieder heraus. Sie bewegt sich also vom Gebiet höheren Druckes zum Gebiet tieferen Druckes.

Für die Bewegungsrichtung des Windes ist aber nicht nur die aus dem Druckunterschied erfolgende Kraft[23] verantwortlich, sondern auch die aus der Drehung der Erde resultierende Coriolis-Kraft.[24] Diese lenkt die Druckgradientenkraft in großflächigen Systemen ab bis ein Kräfte-Gleichgewicht entsteht. Der so entstandene ‚geostrophische Wind’ verläuft parallel zu den Isobaren und trägt somit nicht mehr zum Abbau des ihn erzeugenden Druckgegensatzes bei (vgl. Nolzen, 1988. S. 133f).

Beachtet werden muss, dass sich dieses System nur in Höhen oberhalb von 1.000 Metern über der Erdoberfläche einstellen kann, da ansonsten der Effekt eintritt, dass die Reibung bei Windrichtung und -geschwindigkeit Einfluss nimmt. Ihre Kraft ist dabei immer der momentanen Windrichtung entgegengesetzt, und verstärkt so die Ablenkung bei abnehmender Höhe über der Erdoberfläche.[25] Hinzu kommen noch die Eigenschaften der durchströmten Luftmassen. Diese Effekte führen dazu, dass kein ‚geostrophischer Wind’ entsteht, sondern ein Wind, der schräg zu den Isobaren läuft. Er enthält „also eine isobarenparallele Komponente (geostrophische Komponente) und eine Komponente in Richtung des Druckgefälles (ageostrophische Komponente).“ (ebd., S. 134).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Unter diesen Voraussetzungen entstehen sowohl die globalen, als auch die jahreszeitlichen und lokalen Windsysteme. Erstere beruhen auf der Tatsache, dass aufgrund der beschriebenen unterschiedlichen globalen Erwärmung verschiedene Luftdruckgürtel entstehen (vgl. untenstehende Abb.). Ungefähr zwischen dem 10. nördlichen und dem 10. südlichen Breitengrad liegt beispielsweise der Tiefdruckgürtel der Kalmen. Etwa 30 Breitengrade vom Äquator entfernt bilden sich auf beiden Hemisphären die Rossbreiten bzw. subtropischen Hochdruckgürtel, die sich durch Windstille oder nur leichten, veränderlichen Winden auszeichnen. Zwischen diesen Gürteln findet ein großflächiger Luftmassenaustausch statt, der bodennah von den Rossbreiten zum Kalmengürtel weht und als Passat bezeichnet wird. Er ist der vorherrschende Wind der niederen Breiten, und aufgrund der ablenkenden Corioliskraft weht er auf der nördlichen Erdhalbkugel aus Nordost (Nordost-Passat), wohingegen auf der südlichen Erdhalbkugel der Südost-Passat auftritt.

In Richtung der Pole nimmt der atmosphärische Druck wieder ab, woraus die Tiefdruckzonen der mittleren und hohen Breiten resultieren. Die aufgrund dieser Drucksysteme polwärts strömenden Winde werden durch die Erdrotation nach Osten abgelenkt, und es entsteht die sog. Westwindzirkulation. Wandernde zyklonale und antizyklonale Störungen beeinflussen diese Westwinde, wodurch sie ihre tatsächlichen Richtungen von Tag zu Tag ändern. An den Polen selbst herrschen jedoch wieder Hochdruck-Systeme vor, und die von diesen Regionen ausgehenden Winde werden durch die Erdrotation so abgelenkt, dass sie zu polaren Westwinden werden – die Polarzirkulation entsteht. Auf der Südhalbkugel tritt in Form der polaren Ostwinde allerdings der gegenteilige Effekt auf (vgl. Billwitz, 2002. S. 79f, 114ff).

Jahreszeitliche Winde wie der Schirokko oder der Monsun beruhen auf der Tatsache, dass sich Landmassen und große Wasserflächen temperaturtechnisch gesehen jeweils jahreszeitlich gegenläufig verhalten. In den mittleren Breiten der Nordhalbkugel hat dies zur Folge, dass im Sommer über den schneller erhitzten Landmassen Tiefdruckgebiete entstehen, was bedingt, dass der Wind von den kälteren Meeren Richtung Kontinent weht. Im Winter ist es dagegen über dem Land kälter als über dem Meer, und es entstehen Hochdruckgebiete über den Kontinenten. Die Winde wehen also in Richtung der wärmeren Meere.[26]

Lokale Winde entstehen ähnlich wie die jahreszeitlichen Winde, nur in regional eingeschränktem Maße. Verantwortlich dafür kann sein, dass die Temperatur und der Druck nicht nur vom jahreszeitlichen Wechsel abhängig sind, sondern auch von den Unterschieden zwischen Tag und Nacht, was zu Effekten führen kann, die den jahreszeitlichen Windsystemen gleichen (z. B. Seewind, ‚Höllentäler’). Wiederum andere Winde können aufgrund örtlicher Gegebenheiten oder im Zusammenhang mit Gewittern auftreten.

Abb. 9: Vereinfachtes Windzirkulationssystem der Erde (Billwitz, 2002. S. 77)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine genaue Kenntnis der Windentstehung, und der daraus zu erwartenden Windstärken und -richtungen sind unerlässlich für das erfolgreiche Betreiben einer WEA. Entscheidend sind hierbei natürlich die bodennahen Winde, weswegen auch die Oberflächenbeschaffenheit in der Umgebung der WEA eine zentrale Rolle zukommt.

3.2.2. Technische Voraussetzungen

Dass Wind gigantische Energien freisetzen kann, wird einem immer wieder dann bewusst gemacht, wenn ganze Dachkonstruktionen während eines Sturms davonfliegen oder riesige Bäume entwurzelt werden. Wie aber kommt es dazu, dass man mit dieser Energie eine Glühlampe betreiben kann? Einfach eine Lampe in die Luft zu halten reicht bekanntlich nicht aus. Die im Wind gespeicherte kinetische Energie muss also weiter umgewandelt werden. Zu diesem Zweck wird heutzutage ein dreiflügliger Rotor verwendet, der die kinetische Energie des Windes zunächst in mechanische Rotationsenergie transformiert, die wiederum per Generator in elektrische Energie umgewandelt wird. Um dabei einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erzielen, werden heutzutage immer größere Rotoren eingesetzt. Problematisch ist allerdings, dass sich der Generator mit etwa 1.000 bis 3.000 U/min drehen müsste, um direkt Elektrizität produzieren zu können. Schon bei einem relativ kleinen Rotordurchmesser von 43 Metern würde das aber zu einer Rotorblattspitzengeschwindigkeit von mehr als 2.000 km/h führen, was natürlich völlig illusorisch ist. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, muss also ein Getriebe verwendet werden, das die Umdrehungszahl der Rotorwelle an die benötigte Drehzahl des Generators angleicht. Obwohl es mittlerweile auch technisch anders konstruierte getriebelose WEA gibt, sind diese noch deutlich in der Unterzahl. Eine ungefähre Übersicht über das technische Innenleben einer WEA bietet untenstehende Abbildung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 10 : Querschnitt einer typischen WEA mit allen wichtigen Komponenten (vgl. Vestas, 2003. http:// www.vestas.com/produkter/pdf/updates_280403/V52%20DE.pdf. 10.11.2003)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Energiemenge, die durch eine WEA erzeugt werden kann, hängt dabei in erster Linie von drei wichtigen Faktoren ab (vgl. Fischedick, 2000. S. 32f.):

1. Der Windgeschwindigkeit

Die Windgeschwindigkeit ist an sich die wichtigste der drei Komponenten, denn moderne WEA können erst ab einer Windgeschwindigkeit von 3-4 m/s arbeiten, da ansonsten die Trägheit und Reibung der Anlage nicht überwunden werden kann. Ist die Windgeschwindigkeit jedoch höher, steigt die Leistung mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Weht der Wind mit doppelter Kraft, verachtfacht sich die Leistung. Dabei gibt es jedoch Grenzen, denn bei zu großen Windgeschwindigkeiten regelt sich der Rotor ab und muss ab Windstärke 10 sogar ganz aus dem Wind gedreht werden.

2. Der Luftdichte

Die kinetische Energie eines bewegten Körpers ist proportional zu seiner Masse. Die kinetische Energie des Windes hängt also nicht nur von der Geschwindigkeit, sondern auch von der Dichte der Luftatome ab. Je größer die Luftdichte ist, desto mehr Masse befindet in 1 m³ Luft. Mit anderen Worten, die Windanlage kann der Luft umso mehr Energie entnehmen, desto dichter die Luft ist.

3. Dem Rotordurchmesser

Neben den beiden natürlichen Faktoren hängt es vor allem von der Größe des Rotordurchmessers ab, wie viel Energie aus dem Wind geerntet werden kann. Dabei gilt der eigentlich logische Grundsatz: umso größer die Rotorfläche ist, desto mehr Energie kann während des Betriebs gewonnen werden. Würde der Rotordurchmesser verdoppelt werden, käme dies einer Vervierfachung der Rotorfläche gleich. Folglich kann mit einem doppelt so großen Rotor die vierfache Energiemenge gewonnen werden. Es versteht sich jedoch, dass der Größe der WEA technische und wirtschaftliche Grenzen gesetzt sind. Die momentan größte Anlage wird derzeit in Brunsbüttel gebaut und hat bei einer Nabenhöhe von 120 Metern einen Rotordurchmesser von 126,5 Metern. Mit dieser dann über 180 m hohen Anlage kann im Idealfall eine Leistung von 5 MW bereitgestellt werden. Inwieweit diese Anlagen das Ende der Fahnenstange repräsentieren kann noch nicht abgesehen werden.

Ein Punkt, der darüber hinaus oft vergessen wird, ist die Nabenhöhe, obwohl sie nicht unerheblich für den erfolgreichen Betrieb einer WEA ist. Diese wird vor allem deshalb so hoch gewählt da der Windfluss mit steigender Höhe vom Grund ab immer weniger verwirbelt wird und daher stetiger weht.

Sind die Faktoren gut aufeinander abgestimmt, kann eine WEA an guten Küstenstandorten auf knapp 2.500 Volllaststunden kommen, wohingegen im Binnenland oft nur 1.000 bis 1.500 Volllaststunden erreicht werden.[27]

3.2.3. Ausblick

Wird den einschlägigen Experten glauben geschenkt, werden die nächsten Jahrzehnte eine Explosion des Windenergiemarktes mit sich bringen. So postuliert Millais etwa, dass „Windkraft ... schon im Jahre 2020 12 % des weltweiten Strombedarfs decken [kann].“ (Millais, In: BWE, 2003. S. 6). Eine durchaus gewagte Annahme, wenn man sich den momentanen Anteil in Erinnerung ruft. Er geht weiterhin davon aus, dass im Jahr 2010 WEA mit einer Leistung von bereits 233.000 MW installiert sein werden. Natürlich gibt es auch andere Meinungen, wobei allen gemein ist, dass der Windenergie ein steigender Anteil zugebilligt wird. Die Forscher IWR gehen in ihren Studien für die Deutsche Industriebank von einem Szenario aus, dass im Jahre 2010 eine installierte Leistung zwischen 110.000 und 150.000 MW vorsieht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diagramm 10: Verschiedene Prognosen für den weiteren Verlauf der installierten Windenergieleistung. rot: optimistische Annahme; grün: pessimistische Annahme; blau: bisheriger Verlauf. (vgl. BWE, 2002. S. 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einen großen Anteil sollen die für die nähere Zukunft geplanten Offshore-Anlagen beitragen. Bis dato sind aber nur einige wenige große Anlagen in Betrieb, wobei die Anlagen Nysted (10 km südlich von Lolland in der Ostsee) und Horns Rev (15 km vor Esbjerg in der Nordsee) mit jeweils 160 MW installierter Leistung die deutlich größten sind. Weitere Anlagen befinden sich vor Dänemark, Großbritannien und Irland noch im Bau. Noch nicht so weit fortgeschritten sind die vor Deutschlands Küsten geplanten Anlagen.[28] Beantragt sind demnach ungefähr 60.000 MW, wie viel davon aber tatsächlich realisiert werden, steht noch in den Sternen.

Aber nicht nur mehr Anlagen sollen einen Anstieg der Nutzung mit sich bringen, sondern auch technische Neuentwicklungen. Dabei geht es weniger um die Leistung pro WEA, die heutzutage bei beachtlichen 5 MW pro Anlage angekommen ist, sondern vielmehr um die Tatsache, dass sich die Prognose des kurzfristig zu erwartenden Windes stetig verbessert. Dadurch ist es möglich die benötigten Kraftwerksleistungen besser zu verplanen, was vor allem aufgrund der Grundlastproblematik wichtig ist, und insbesondere bei Offshore-Anlagen erhofft man sich dadurch noch mehr Volllaststunden.

Diese könnten noch unwichtiger werden, wenn sich die Wasserstoffelektrolyse als günstiger Energiespeicher durchsetzen sollte. Damit wäre man in der Lage den durch Windenergie erzeugten Strom unabhängig von der Uhrzeit bereitzustellen. Bei Wind würde Wasser in Sauer- und Wasserstoff gespalten und während Windstille könnte aus letzterem wieder Energie gewonnen werden. Ob dieser Wunsch allerdings jemals Realität werden wird, ist noch nicht abzusehen.

Ein Punkt der schon heute verbessert werden könnte ist die Laufzeit der WEA, denn heutzutage stehen viele nicht nur während einer Flaute still, sondern leider zu oft auch wegen technischen Mängeln. Das muss geändert werden.

Sollten mehrere dieser Aussichten eintreffen, würde eventuell auch das wichtigste Kriterium für die Windkraft sprechen – niedrige Energiegestehungskosten. Mit zunehmender Erfahrung könnten diese in Regionen sinken, die eine Förderung überflüssig machen.

Ist dem aber nicht so, könnte der Fall eintreten, dass die Windenergie ein schnelles Ende nimmt. Insbesondere dann, wenn es tatsächlich zu den von den Energiemanagern vorhergesagten Netzzusammenbrüchen durch die inkonstante Energiebereitstellung von WEA kommt.

3.2.4. Die momentane Nutzung der Windenergie
3.2.4.1. Überblick

Auch wenn bei der Erstellung dieser Abhandlung das Jahr 2003 noch nicht abgeschlossen ist, deutet alles darauf hin, dass es für die regenerative Energieerzeugung in Deutschland ein geschichtsträchtiges sein wird. Zum ersten Mal seit der Elektrifizierung wird nicht mehr die Wasserkraft die dominierende Rolle in der deutschen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern spielen, sondern – selbst in einem etwas unterdurchschnittlichen Windjahr – die Windenergie.

In den ersten sechs Monaten diesen Jahres wurden durch die WEA etwa 10 TWh elektrische Energie produziert, wohingegen die Wasserkraft in einem wasserarmen Jahr nur 9 TWh zur Verfügung stellen konnte. Aufs Jahr gesehen wird davon ausgegangen, dass durch die Windkraft zum ersten Mal sogar mehr als 25 TWh Strom hergestellt werden könnten und somit mehr als die Wasserkraftwerke in den letzten Jahren vorweisen konnten. Da das zukünftige Mehr-Potential der Wasserkraft in Deutschland als eher gering eingestuft wird, kann davon ausgegangen werden, dass die Windenergie zukünftig der wichtigste erneuerbare Stromerzeuger sein wird (vgl Janzing. In: Badische Zeitung. 13.09.2003).

Die in 2003 erzeugte Menge würde gegenüber 2002 einem Plus von etwa 8 TWh entsprechen, was gleichzusetzen ist mit einem Anstieg des Windenergieanteils an der der gesamten deutschen Bruttostromerzeugung von 3 auf 4,4 %. Diese 17 TWh wurden von etwa 13.750 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 12.000 MW zur Verfügung gestellt. Ende des Jahres 2003 werden es allerdings bereits 14.000 MW sein, die dann von geschätzten 15.000 Anlagen bereitgestellt werden (siehe Diagramm 11). Inwieweit die Entwicklung in den Folgejahren anhält, kann aufgrund der neuen Förderpolitik im EEG noch nicht genau vorausgesagt werden. Erwähnenswert ist allerdings, dass die durchschnittliche Leistung pro WEA Jahr für Jahr zunimmt. Erstaunlich ist das Tempo der Steigerung, denn seit 1992 stieg die durchschnittliche Größe einer neu installierten Anlage von 170 KW auf 1.395 KW im Jahre 2002, was etwa einer Verachtfachung in diesem kurzen Zeitraum entspricht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diagramm 11: Das rasante Wachstum der Nutzung der Windenergie in Deutschland wird verdeutlicht durch die imposanten Zuwachsraten bei der Entwicklung der Anlagenzahl und der Gesamtleistung (vgl. BWE, 2003. S. 11).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Weltweit gesehen spielt die Windenergie allerdings noch keine Rolle. Im Jahre 2002 wurden lediglich 73,1 TWh Strom durch Windkraft produziert, was gerade einmal 0,35 % des gesamten weltweiten Strombedarfs entsprach. Aus den Zahlen wird ersichtlich, dass alleine ein Viertel dieser Menge von der deutschen Windenergieindustrie zur Verfügung gestellt wurde und wird – momentan setzen also nur eine Handvoll Länder in ähnlichem Maße auf die Windkraft wie Deutschland. Herauszuheben ist hierbei Dänemark, wo Ende 2001 bereits 18 % des Strombedarfs aus Windenergie abgedeckt wurden. Damit liegt das Land weltweit in Führung, was den tatsächlichen Anteil der Windenergie an der Stromproduktion eines Landes betrifft. Absolut berechnet liegen neben Deutschland (etwa 12.000 MW installierte Leistung in 2001) auch noch Spanien (3.300 MW) und die USA (etwa 2.800 MW) vor Dänemark. Daneben gibt es, bezogen auf die Landesstromproduktion, noch in den Niederlanden und Schweden so etwas wie eine erfolgreiche Windpolitik (vgl. GHF, 2002. S. 7).

Unter den Entwicklungs- und Schwellenländern ist Indien Vorreiter im Ausbau der Windkraftnutzung. Dazu wurde ein landesweites Netz von Windmessstationen aufgebaut, um für den geplanten intensiven Ausbau der Anlagen die günstigsten Standorte zu ermitteln. Die Zukunft wird zeigen, ob dieses Projekt Erfolg haben wird, doch im Jahr 2000 war immerhin eine Leistung von 1.200 MW installiert.

3.2.4.2. Die Nutzung der Windenergie in Südbaden

Als Landstrich, der keinerlei Küstenlinie sein Eigen nennen kann, wird Südbaden meist die Tauglichkeit für WEA abgesprochen. Aufgrund des südlichen Teils des Schwarzwalds bzw. dem westlichen Teil der schwäbischen Alb und den daraus resultierenden Berg- und Talwinden, gibt es aber durchaus Standorte, die für eine Nutzung in Frage kommen, und dank der öffentlichen Förderung auch ein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist.

Dennoch waren im Jahr 2000 in Baden-Württemberg lediglich WEA mit einer Gesamtleistung von 61 MW installiert, was zum damaligen Zeitpunkt einem Anteil von nur 1 % der in ganz Deutschland installierten Leistung entsprach. Im gleichen Jahr produzierten diese Anlagen etwa 105 GWh elektrischen Strom, was, wird die Fläche und Bevölkerungszahl Baden-Württembergs mit einkalkuliert, ein sehr niedriger Wert ist – selbst wenn berücksichtigt wird, dass Bundesländer wie Schleswig-Holstein sicherlich bessere naturgegebene Voraussetzungen vorweisen können. Baden-Württemberg nahm (und nimmt) damit unter den Flächenländern den drittletzten Platz hinter dem Saarland und Bayern ein (vgl. BWE, 2002. S. 13).

Doch in Baden-Württemberg gab es in den letzten beiden Jahren, wie in den anderen Bundesländern auch, kräftige Steigerungen – wenn auch von einem niedrigen Niveau ausgehend. Die Leistung der installierten Anlagen kletterte zunächst auf 111 MW im Jahre 2001, um dann auf 186 MW Ende 2002 emporzusteigen. Immerhin eine Verdreifachung innerhalb von zwei Jahren. Dennoch war der der Anteil der Windenergie am baden-württembergischen Gesamtstrommarkt mit nicht einmal 0,5 % (etwa 310 GWh) im Jahr 2002 immer noch sehr gering und weit von den damals bundesweit durchschnittlichen 3 % entfernt (vgl. WMBW, 2003. S. 38f).

Auch im Regierungsbezirk Freiburg sieht die Situation nicht anders aus, wobei sie sich in den verschiedenen Landkreisen völlig unterschiedlich darstellt.[29] Im Landkreis Konstanz stehen beispielsweise erst seit dem Jahr 2003 drei Rotoren, wohingegen im Landkreis Rottweil schon seit Jahren 15 WEA regenerativ Strom erzeugen. Auch im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald (zusammen mit der Stadt Freiburg) standen Ende 2002 lediglich zwei Rotoren, was doch auf eine sehr restriktive Politik von Seiten des Landkreises hindeutet (siehe auch Kapitel 6.2). Eine kleine Wende deutet sich aber auch hier an, denn im Verlauf des Jahres 2003 kamen im Landkreis acht weitere Anlagen hinzu (2 x 1,25 MW zwischen Lenzkirch und Schluchsee; 4 x 1,8 MW am Rosskopf bei Freiburg und 2 x 1,8 MW bei der Holzschlägermatte nahe Freiburg), die zusammen 13,3 MW Leistung bereitstellen können.

Vergleicht man die ganze Region mit dem restlichen Bundesland, fällt auf, dass Ende 2002 mit 58 fertig gestellten Anlagen (53,5 MW Leistung) ein leicht überproportionaler Anteil der 214 im ganzen Land installierten Anlagen vorhanden war. Wird der durchschnittliche Ertrag einer an diesen Standorten aufgestellten WEA hochgerechnet, kann davon ausgegangen werden, dass im Jahr 2002 etwa 91 GWh elektrischer Strom im Regierungsbezirk Freiburg produziert wurden.[30] Rein theoretisch konnten die WEA im Regierungsbezirk also etwa 20.200 durchschnittliche Vierpersonenhaushalte oder 65.000 durchschnittliche Verbraucher mit Strom versorgen (vgl. WMBW, 2003. S. 38f und eigene Berechnungen).

3.2.5. Möglichkeiten für die Windenergienutzung in der Zukunft

Schon seit geraumer Zeit streiten sich Gegner und Befürworter der Windenergie inwieweit die Windkraft die zukünftige Energieversorgung unterstützen kann. Solange die Speicherung von Energie nicht zu einem günstigen Preis möglich ist, und die Windenergie daher nicht als Grundlast deckend angesehen werden kann, sind die folgenden Potentiale noch mit Vorsicht zu genießen.

3.2.5.1. Weltweites Potential

Ohne Berücksichtigungen dieser Einschränkungen wird davon ausgegangen, dass etwa 1 bis 2 % der eingestrahlten Sonnenenergie in Windenergie umgewandelt werden, und der Menschheit dadurch ein theoretisches Potential zwischen 15 und 30 Mio. TWh Energie pro Jahr bereitgestellt wird. Eine Menge, die den heutigen PEV um das 150- bis 300-fache übersteigt (vgl. Kleemann, 1993. S. 12).

Mit den heutigen technischen Möglichkeiten könnten immerhin etwa 53.000 TWh elektrische Energie pro Jahr produziert werden, womit der menschliche PEV zur Hälfte, und der Stromverbrauch zu mehr als 100 % gedeckt werden könnten. Alleine die Offshore Nutzung hätte daran einen Anteil von etwa 37.000 TWh (vgl. Siegfriedsen, 2002. S. 1 und BP).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diagramm 12: Die Potentialstudie des BWE zeigt die in allen Erdteilen schlummernden gewaltigen Potentiale (vgl. BWE, 2003. S. 7)

Die Investitionen, die notwendig wären um das Potential zu nutzen, wären jedoch gigantisch, und es ist noch nicht abzusehen welche Länder außer Deutschland, Dänemark und Spanien in Zukunft auf die Windenergie setzen.

3.2.5.2. Potential in Deutschland

Je nach Berechnungsgrundlage kann für Deutschland ein theoretisches Potential zwischen 13.000 (47 EJ) und 21.000 TWh (76 EJ) pro Jahr angenommen werden, was dem drei- bis fünffachen des aktuellen PEVs entsprechen würde. Wird noch das theoretische Potential der Offshore-Anlagen hinzu berechnet, steigt dieser Wert noch einmal um den Faktor Drei. Natürlich sind auch diese Potentiale aufgrund von mehreren Faktoren nur zu einem kleinen Teil erschließbar (vgl. Kaltschmitt, 1997. S. 281).

Das angenommene technische Potential ist demnach auch deutlich kleiner. Ein regional sehr unterschiedliches Windangebot und ungeeignete Oberflächeneigenschaften (Siedlungs- und Naturschutzgebiete...) sind nur zwei Gründe, die dafür verantwortlich sind. Außerdem müssen die Windräder innerhalb der Windparks in einem bestimmten Abstand zueinander aufgestellt werden, damit es nicht zu Windverwirbelungen untereinander kommt. Berücksichtigt man diese Faktoren, erscheint eine technisch installierbare Leistung von etwa 58,4 bis 87,9 GW realistisch, die sich an Standorten mit der erforderlichen Windgeschwindigkeit von über 4 m/s pro Jahr erreichen lassen würde. Je nach Anlagengrößen könnten damit etwa 104 bis 148 TWh/a erzeugt werden. Bezogen auf die gesamte Bruttostromerzeugung Deutschlands (570 TWh) würde dieses Potential einem Anteil zwischen 18,3 und 26 % entsprechen (vgl. ebd, S. 282 und Dürrschmidt, 2002. S. 89).

Rechnet man das technische Potenzial der Offshore-Anlagen hinzu, könnten sogar drei Viertel der aktuellen Bruttostromerzeugung Deutschlands durch Windenergie gedeckt werden, denn alleine diese haben ein technisches Potential von 237 TWh pro Jahr. Somit könnte die gesamte Windenergie etwa 10 % zum Deutschen PEV beitragen (vgl. Teske, 2000. http://archiv.green­peace.de/GP_DOK_3P/HINTERGR/C04HI22.htm. 12.10.2003).

Die geographischen Voraussetzungen bedingen es aber, dass das Potential in Deutschland vornehmlich an den Küsten der Nord- und Ostsee vorzufinden ist. Weitere nennenswerte Potentiale gibt es noch an den Hängen der Deutschen Mittelgebirge. Damit könnte sich die Windenergie zum passenden Gegenstück für die Sonnenenergie entwickeln, da diese ihr Angebotsmaximum im Süden bereitstellt. Auch jahreszeitlich gesehen verlaufen die Leistungskurven diametral, denn während die Sonnenenergie vor allem in den Sommermonaten ihr Leistungsmaximum erreicht, gilt dies für die Windenergie in den Herbst- und Wintermonaten. Dennoch bleibt zunächst für beide die Problematik der nicht vorhandenen Grundlastdeckung bestehen.

3.2.5.3. Zukünftige Chancen für Südbaden

Die bisher geringe Anzahl an WEA in der Region zeigt, dass das Potential der Windenergie noch lange nicht ausgeschöpft ist. Rein technisch gesehen würde noch sehr viele Standorte in Baden-Württemberg in Frage kommen, ob jedoch jeder Standort auch tatsächlich wahrgenommen werden sollte, bleibt ob des dann doch teilweise betroffenen Landschaftsbildes offen. Dass tatsächlich sehr viele Standorte in Frage kommen, zeigen die nächsten Abschnitte, in denen u. a. die Windverhältnisse im Regierungsbezirk und das tatsächliche Potential untersucht werden.

3.2.5.3.1. Berücksichtigung der durchschnittlichen Windverhältnisse

Das Gebiet des Regierungsbezirks Freiburgs zeichnet sich in Bezug auf die Windpotentiale durch große Unterschiede aus. Mitverantwortlich dafür ist die Geomorphologie der Oberfläche, wobei auch die Bewaldung und Bebauung eine wichtige Rolle spielen (vgl. im Folgenden LfU, 1994. Kapitel ‚Windatlas’), was vor allem im ebenen Rheintal abzulesen ist, wo das Windpotential hauptsächlich durch die Landnutzung bestimmt wird. So werden über größeren Freiflächen Jahresmittelwerte von bis zu 3,0 m/s[31] erreicht. In Richtung Breisgau verringert sich die durchschnittliche Windgeschwindigkeit. Weiter südlich, vor allem entlang der Grenze zur Schweiz bis nach Konstanz verliert das Rheintal immer mehr den Charakter einer weiten, flachen Ebene, was zu einer Verminderung der mittleren Windgeschwindigkeit führt, und auch über den wenigen größeren Freiflächen können nur noch Windgeschwindigkeitswerte von etwa 2,0 m/s erreicht werden.

Auch menschliche Bebauung oder die Bewaldung verringert das allgemeine Windgeschwindigkeitsniveau deutlich, woraus nur noch durchschnittlich 2,2 m/s bis 2,4 m/s resultieren, die lediglich in dicht bebauten Citybereichen noch unterschritten werden.

Im Neckartal ist ähnliches wie im Rheintal zu beobachten, wobei hier die Lage zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb hinzukommt, die zusammen einen gewissen Windschutz gewähren. Vor allem in engen Tallagen können Jahresmittelwerte von unter 1,3 m/s auftreten, und auch ansonsten werden selten höhere Werte als 2,5 m/s gemessen.

Trotz des Reliefs ist das vermeintlich hohe Windgeschwindigkeitsniveau im nördlichen Schwarzwald aufgrund der fast vollständigen Bewaldung recht gering. Erst in wirklichen Höhenlagen über 800 Metern über NN – und hier insbesondere über Kamm- und Gipfellagen – kann die durchschnittliche Windgeschwindigkeit auf über 4,0 m/s steigen, wohingegen sie in geschützten Tälern auf gerade einmal 1,5 m/s absinkt.

Anders sieht die Situation im Südschwarzwald aus, der durch deutlich höhere Jahresmittelwerte geprägt ist. Dafür ist allerdings nicht alleine die größere Höhenlage verantwortlich, sondern auch der in den Gipfellagen höhere Freiflächenanteil. Deshalb werden im Gipfelbereich des Feldbergs mittlere Windgeschwindigkeiten von bis zu 7,1 m/s erreicht. Vor allem zum Rheintal hin sinken allerdings auch hier die Werte rapide ab.

Die geschilderten Werte werden durch die unten stehende Übersichtskarte noch einmal besser verdeutlicht. Schön herauszulesen ist unter anderem der unterschiedliche Charakter von Nord- und Südschwarzwald, aber auch die windschwachen Täler und Citylagen, sowie das windarme Gebiet an der Schweizer Grenze sind sehr gut zu erkennen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 11: Mittlere Windgeschwindigkeit im Regierungsbezirk Freiburg, 10 m über Grund. (ebd.).

3.2.5.3.2. Beachtung der Windverhältnisse an Einzelstandorten

Durch Windpotentialkarten wird eine auch für lokale Gegebenheiten hohe Aussagekraft suggeriert, da die Windgeschwindigkeiten flächendeckend angegeben werden. Für obige Karte wurden allerdings lediglich 255 Windmessstationen herangezogen, woraus deutlich wird, dass diese Aussagekraft nur bedingt gilt. Die dazwischen liegenden Flächen werden mithilfe eines mathematischen Modells berechnet, damit auch dort Werte eingetragen werden können. Deshalb kann es auch durchaus sein, dass ein zunächst unattraktiv erscheinender Standort sich doch für den Einsatz einer WEA eignen kann oder andersherum. Als Beispiel könnte hier der Standort Rosskopf herangezogen werden, der laut Karte (Standort in etwa beim weißen Punkt) höchstens eine mittlere Windgeschwindigkeit von 2 m/s aufweisen kann. Mehreren Studien kommen jedoch zu dem Schluss, dass dort mindestens 5 m/s zur Verfügung stehen, die wiederum ausreichen um die vier vor kurzem in Betrieb genommenen WEA gewinnbringend anzutreiben.

[...]


[1] Weitere Erscheinungs- bzw. Wirkungsformen von Energie sind auf der einen Seite Gravitationsenergie, chemische Bindungsenergie, Wärmeenergie, Kernbindungsenergie sowie mechanische (potentielle und kinetische) Energie und auf der anderen Seite elektrische Energie, elektromagnetische Energie sowie elektrostatische Energie (vgl. Winje, 1991. S. 33)

[2] Die physikalische Erscheinungsformen und Stoffe aus denen [oder nach deren Umwandlung] Nutzenergie gewonnen werden kann

[3] Beispielsweise Netzverluste in Fernwärmenetzen zur Bereitstellung der Dienstleistung m³ beheizter Raum oder nicht gewollte Erzeugung von Wärme bei der Bereitstellung der Dienstleistung m2 beleuchtete Fläche durch eine Glühbirne mittels Strom

[4] Im weiteren Verlauf werden die notwendigen Umrechnungen anhand der Energiewerte dieser Tabelle unternommen.

[5] Dies ist auch für den weiteren Verlauf der Arbeit von zentraler Bedeutung, da immer wieder mit dem momentanen Energieverbrauch verglichen werden muss, damit die Potentiale und tatsächlichen Leistungen überhaupt verstehbar sind.

[6] Da im weiteren Verlauf der Arbeit sehr oft mit verschiedenen Energiewerten und –einheiten gerechnet werden muss, könnte dieser Wert immer dann als Relation herangezogen werden, wenn nicht sowieso mit anderen Werten verglichen wird. 14.320 PJ = 14.320.000 TJ = 14,3 EJ ≈ 4.000 TWh = 4 Mio. GWh = 4 Mrd. MWh

[7] Im Herbst 1973 verwenden die arabischen Staaten das bisher den Industriestaaten vergleichsweise billig verkaufte Erdöl erstmals als politische Waffe. Sie verhängen gegen die Niederlande und die USA ein Embargo wegen ihrer israelfreundlichen Haltung im israelisch-arabischen Jom-Kippur-Krieg und drosseln die Exporte in die übrigen westlichen Industrieländer.

[8] Die Treibhauswirksamkeit der verschiedenen Verbindungen wird relativ zur Wirksamkeit von CO2 durch das Global Warming Potential (GWP), ausgedrückt. Eine CO2-Emission von 11 kg entspricht in ihrer über 100 Jahre akkumulierten Treibhauswirksamkeit einer CH4-Emission von 1 kg. Damit hat CH4 ein GWP100 von 11 CO2-Äquivalenten. N2O hat ein GWP100 von 310 CO2-Äquivalenten.

[9] Ökologische Wirkungsklassen energiebedingter Emissionen nach Frischknecht. Innerhalb jeder Klasse wird die relative Schwere der Auswirkungen einzelner Schadstoffe relativ zu einem charakteristischen Repräsentanten normiert, und die Schadstoffeinträge werden entsprechend normiert (vgl. Frischknecht, 1996).

[10] Winston Churchill prägte den Spruch: „Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast.“

[11] vgl. Abb. 2: Alle Erneuerbaren Energien im Überblick.

[12] Dem interessierten Leser wird im Anhang eine nähere Betrachtung der Geschichte aller erneuerbaren Energien angeboten, die sich intensiv mit der Nutzung in der Vergangenheit befasst.

[13] Wasser ist der einzige Stoff auf der Erde, der unter natürlichen Bedingen in allen drei Aggregatszuständen auftritt.

[14] Da es sich bei dieser Arbeit um eine geographische Abhandlung handelt, werden die technischen Voraussetzungen erneuerbarer Energiegewinnung nur rudimentär behandelt. Bei Interesse kann der Anhang herangezogen werden, der für die meisten Technologien weitere Beschreibungen bereithält.

[15] Aufgrund der schlechten Datenlage über die Nutzung erneuerbarer Energien in Südbaden muss bei fast allen Energieträgern zunächst auf die gesamt-baden-württembergische Energieerzeugung eingegangen werden, um dann wieder auf die Nutzung im Regierungsbezirk Freiburg zurück schließen zu können.

[16] Auch wenn die zugrunde liegenden Daten mittlerweile zwei Jahre alt sind, spricht – wie später noch zu sehen sein wird – das Verhältnis immer noch für die Wasserkraft, da die Stromproduktion bis auf das Jahr 2003 immer ähnlich war.

[17] Werden die beiden Kraftwerksgruppen zusammengenommen handelt es sich hierbei um das größte Pumpspeicherkraftwerk Europas. Das größte einzeln stehende wurde vor wenigen Monaten im thüringischen Goldisthal in Betrieb genommen. Es kann allein eine Leistung von 1.060 MW bereitstellen.

[18] Ein Vierpersonenhaushalt verbraucht laut Badenova etwa 4.500 kWh/a, ein Einpersonenhaushalt nur 1.400 kWh/a.

[19] Mitte Oktober wurde mit den Vorarbeiten des Kraftwerkneubaus begonnen, in deren weiteren Verlauf entschieden werden soll, ob sich der gesamte Neubau lohnt. Nach Fertigstellung könnte der Hochrhein 2 m höher als bisher gestaut werden.

[20] Zu allen auf Südbaden bezogenen Potentialberechnungen muss gesagt werden, dass hier aufgrund der verschiedenen Fördermöglichkeiten durch Bund, Land und Kommunen nicht von dem technischen oder dem wirtschaftlichen Potential ausgegangen werden kann, sondern nur von dem, welches unter den gegebenen Bedingungen als realistisch abrufbar erscheint. Deshalb wären die tatsächlichen technischen Potentiale wahrscheinlich auch merklich höher.

[21] Der deutsche Anteil daran beträgt allerdings nur 285 Mio. kWh, sodass von der Gesamtmenge noch mehr als 100 Mio. kWh abgezogen werden müssen.

[22] Die Aufnahmefähigkeit für die Strahlungsenergie der Sonne ist vom jeweiligen Breitengrad abhängig. Am Äquator treffen die Sonnenstrahlen fast senkrecht auf die Erde und die Erwärmung übersteigt die Wärmeabgabe des Bodens an die Luft, welche sie durch Konvektion abtransportiert. Der Äquatorbereich hat somit hohe Temperaturen. An den Polen wird die Sonnenstrahlung aufgrund des flachen Winkels sehr stark reflektiert und der Wärmeentzug durch Luftkonvektion übersteigt die Erwärmung. Die Pole haben somit niedrige Temperaturen.

[23] Die sog. Gradientenkraft; die immer senkrecht zu den Isobaren verläuft. Umso größer der Druckunterschied, desto höher ist die Windgeschwindigkeit.

[24] Die ablenkende Kraft der Erdrotation, die auf der nördlichen Halbkugel bewirkt, dass die sich bewegenden Luftmassen nach rechts (in Bewegungsrichtung) abgelenkt werden. Auf der Südhalbkugel erfolgt eine Ablenkung in die andere Richtung.

[25] Die Rauheit der Oberfläche kann hierbei auch eine Rolle spielen

[26] Auch hier treten auf der Südhalbkugel natürlich die jeweils gegenteiligen Effekte auf.

[27] Bei einem AKW werden meist ungefähr 7.800 Volllaststunden angenommen.

[28] Karten mit Standorten bisher erstellten Offshore-Windparks und den in Deutschland geplanten befinden sich im Anhang.

[29] Im Anhang befindet sich eine Auflistung aller momentan im Regierungsbezirk installierten WEA in Südbaden .

[30] Obwohl er sicherlich nicht ganz dem tatsächlichen Wert entspricht, kann er doch als Orientierung herangezogen werden.

[31] Die Windgeschwindigkeitsangaben beziehen sich auf eine Höhe von 10 m über der Erdoberfläche

Ende der Leseprobe aus 223 Seiten

Details

Titel
Die Nutzung erneuerbarer Energien in Südbaden. Wirklichkeit, Möglichkeiten und Grenzen
Untertitel
Eine Sachanalyse mit Überlegungen zur Thematisierung im Unterricht
Hochschule
Pädagogische Hochschule Freiburg im Breisgau  (Institut für Biologie, Chemie, Geographie und Physik)
Note
1,5
Autor
Jahr
2004
Seiten
223
Katalognummer
V27706
ISBN (eBook)
9783638296809
ISBN (Buch)
9783638702638
Dateigröße
6050 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Bekam für diese Arbeit einen Preis des Regierungspräsidiums Freiburg. Gab zwar "nur" eine 1,5, was bei den korrigierenden Professoren allerdings extrem gut ist. Interessant für alle, die sich für erneuerbare Energien interessieren. Speziell für solche, die die Nutzung in einem bestimmten Gebiet analysieren wollen.
Schlagworte
Nutzung, Energien, Südbaden, Wirklichkeit, Möglichkeiten, Grenzen
Arbeit zitieren
Phillipp Zürcher (Autor:in), 2004, Die Nutzung erneuerbarer Energien in Südbaden. Wirklichkeit, Möglichkeiten und Grenzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27706

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