In den letzten Jahren hat das allgemeine Interesse an Diskursen über Erinnerung und Gedächtnis signifikant zugenommen. [...]Durch „[…] das Streben nach Dezentralisierung, das Ende autoritären staatlichen Handelns, die starke Präsenz von Einwanderern […]“ , kehren wir uns von einer linearen Nationalgeschichte und Gesellschaft ab, die auf traditionellen und generationellen Konzepten basierte. [...] Unser Leben ist gekennzeichnet von Brüchen, „[…] so dass eine fortwährende Vergewisserung der Vergangenheit erforderlich ist.“ In einer solchen Zeit, in welcher wir Orte zur Erinnerung benötigen, erlischt das eigentliche Gedächtnis, das sich nun über die Geschichte rekonstruiert. Maurice Halbwachs erkannte, dass „[…] das gesellschaftliche Denken wesentlich ein Gedächtnis ist, dessen ganzer Inhalt nur aus kollektiven Erinnerungen besteht, […] aber nur diejenigen von ihnen und nur das an ihnen bleibt, was die Gesellschaft in jeder Epoche mit ihren gegenwärtigen Bezugsrahmen rekonstruieren kann.“ In diesem Kontext erklärt sich das Festhalten an Orten, welche einen Rahmen für unser Gedächtnis bilden und es uns ermöglichen, an solchen Erinnerungsstätten das kollektive Gedächtnis einer Gruppe zu festigen. [...]
In Duisburg, das mit anderen Städten des Ruhrgebiets, im Jahr 2010 zur Kulturhauptstadt Europas erklärt wurde, existiert ein über 200 Hektar großes Gelände eines ehemaligen Hüttenwerks. Der drohende Abriss konnte unter breiter Unterstützung der Bevölkerung verhindert werden. Aktiv entschied man sich hier also dazu, einen Erinnerungsort zu konstituieren, der einen beispielhaften Rahmen der Hochindustrialisierung als auch des Strukturwandels des Ruhrgebiets darstellt. [...]
Aufgabe dieser Hausarbeit soll es sein, den Landschaftspark in Duisburg als ein herausragendes Beispiel für einen Gedächtnis- und Erinnerungsort im Ruhrgebiet begreifen zu können. In einem ersten Schritt werden so die verschiedenen Formen des Gedächtnisses herangezogen. Anhand der Metapher des ‚Kristallisationspunktes‘ findet außerdem eine erste Hinleitung zum Landschaftspark als Erinnerungs- und Gedächtnisort statt. Anschließend wird Pierre Noras Terminus des Erinnerungsortes beleuchtet, um herauszufinden, was genau ein solcher Ort eigentlich ist. Im weiteren Verlauf wird der Landschaftspark Duisburg-Nord in einem kurzen Überblick vorgestellt. Auch auf seine Bedeutung für die Region soll dabei eingegangen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kategorien des Gedächtnisses
- individuelles Gedächtnis
- soziales Gedächtnis
- kollektives Gedächtnis
- kulturelles Gedächtnis
- Pierre Noras Konzept der Erinnerungsorte/ Lieux de mémoire
- Was ist ein Erinnerungsort?
- Geschichte des Landschaftsparks Duisburg-Nord
- Errichtung und Betrieb der Anlage
- Stilllegung 1985 oder von der Industriebrache zum Landschaftspark
- Der Landschaftspark als Erinnerungs- und Gedächtnisort
- Eine Industrieruine als Denkmal
- Das Hüttenwerk als Landschaftspark
- Umfrage
- Tagung – Erinnerungsorte Ruhr
- Abschließende Gedanken
- Literaturverzeichnis
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Landschaftspark Duisburg-Nord als einem Beispiel für einen Erinnerungs- und Gedächtnisort im Ruhrgebiet. Ziel ist es, den Park als einen Ort zu verstehen, der die Geschichte der Industrialisierung und des Strukturwandels im Ruhrgebiet widerspiegelt und gleichzeitig einen Raum für die Erinnerung an diese Vergangenheit bietet. Die Arbeit untersucht die verschiedenen Formen des Gedächtnisses und beleuchtet Pierre Noras Konzept der Erinnerungsorte.
- Die verschiedenen Formen des Gedächtnisses (individuelles, soziales, kollektives, kulturelles Gedächtnis)
- Pierre Noras Konzept der Erinnerungsorte
- Die Geschichte des Landschaftsparks Duisburg-Nord
- Der Landschaftspark als Erinnerungs- und Gedächtnisort
- Die Bedeutung des Landschaftsparks für die Region
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Erinnerung und des Gedächtnisses ein und stellt die Relevanz von Erinnerungsorten in der heutigen Zeit heraus. Sie erläutert die zentrale Rolle des Landschaftsparks Duisburg-Nord als Beispiel für einen solchen Ort.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den verschiedenen Kategorien des Gedächtnisses, darunter das individuelle, soziale, kollektive und kulturelle Gedächtnis. Es wird die enge Verknüpfung von Gedächtnis und Erinnerung sowie die soziale Bedingtheit von Erinnerungsprozessen hervorgehoben.
Im dritten Kapitel wird Pierre Noras Konzept der Erinnerungsorte vorgestellt. Es wird erläutert, was einen Erinnerungsort ausmacht und welche Voraussetzungen für seine Entstehung notwendig sind.
Das vierte Kapitel gibt einen Überblick über die Geschichte des Landschaftsparks Duisburg-Nord. Es werden die Errichtung und der Betrieb der Anlage sowie die Stilllegung im Jahr 1985 und die anschließende Umwandlung in einen Landschaftspark beleuchtet.
Das fünfte Kapitel analysiert den Landschaftspark als Erinnerungs- und Gedächtnisort. Es wird die Bedeutung der Industrieruine als Denkmal und die Rolle des Hüttenwerks als Landschaftspark untersucht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Landschaftspark Duisburg-Nord, Erinnerungsorte, Gedächtnis, Industrialisierung, Strukturwandel, Ruhrgebiet, Pierre Nora, kollektives Gedächtnis, Kulturhauptstadt Europas.
- Arbeit zitieren
- Anika Richmann (Autor:in), 2014, Erinnerungsorte als Medien des kollektiven Gedächtnisses. Der Landschaftspark Duisburg-Nord, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277338