Antisemitismus an Universitäten der Weimarer Republik


Hausarbeit, 2014

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition Antisemitismus

3. Antisemitismus am Anfang der Weimarer Republik

4. Antisemitismus an den Universitäten

5. Professoren an den Universitäten

6. Fall Gumbel

7. Studentischer Antisemitismus

8. Studentischer Antisemitismus am Beispiel der Burschenschaft

9. Fazit

10. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Ü berfremdung der deutschen Hochschulen durch j ü dische Lehrkr ä fte und

Studierende ist ein Riegel vorzuschieben. Weitere Lehrer j ü discher Abstammung sind nicht mehr zu berufen.“1

Mit diesem Aufruf wird deutlich, dass bereits zu Zeiten der Weimarer Republik im akademischen Leben eine tendenziell judenfeindliche Haltung zu bemerken war. Zu dieser Beobachtung kommt man auch, wenn man verschiedene Umstände, die das Leben in Deutschland zu dieser Zeit prägten, und unterschiedliche Forschungsstände miteinander vergleicht. So soll in der Hausarbeit zunächst dargestellt werden, um was es sich bei dem Begriff „ Antisemitismus“ handelt und wie er sich in der Weimarer Republik entwickelte. Dem schließt sich die Darstellung an, wie sich Antisemitismus im universitären Alltag und im Verhalten der Professoren widerspiegelte. Diese Beobachtungen sollen am Beispiel des „Fall Gumbels“ verdeutlicht werden. Abschließend wird die judenfeindliche Gesinnung unter den Studenten und Burschenschaften analysiert.

Sucht man für die Geschichte des Antisemitismus im bildungsbürgerlichen Leben Weimars nach Quellen, so empfiehlt es sich, den Blick auf Zeitzeugenaussagen zu richten. Hierfür lohnt sich im Besonderen die Auseinandersetzung mit Tagebüchern und themenspezifischen Fallbeispielen. Mit Fokus auf den Forschungsstand ist es auffällig, dass über dem Antisemitismus in der betreffenden Epoche eine Vielzahl von Fachliteratur ab dem 1980er Jahren veröffentlicht wurde, zum Beispiel von Gabrielle Michalski und Notker Hammerstein. Aber auch aus dem 21. Jahrhundert ist Literatur zu dem Thema auffindbar, wie bei Dietmar Sturzbecher und Ronald Freytag.

2. Definition Antisemitismus

Antisemitismus lässt sich als Feindseligkeit und Abneigung gegenüber Juden darlegen, dabei ist nicht die Gesamtheit aller semitischen Ethnien gemeint.2 Anfänglich richtete sich die Feindseligkeit an die soziale und religiöse Abgliederung der Juden. Man unterscheidet zwischen dieser traditionellen Judenfeindlichkeit, auch Antijudaismus genannt, und der modernen Judenfeindlichkeit. Diese Feindschaft richtet sich vor allem gegen die Judenemanzipation, die durch die gesellschaftliche und rechtliche Gleichsetzung der Juden seit dem 18. und 19. Jahrhundert beruhte. Sie wurde hauptsächlich politisch und wirtschaftlich fundiert und benutzt. Seit dem Ende des 19. Jahrhundert nahm der rassistische Antisemitismus vor allem in Österreich-Ungarn und in Deutschland eine größere Machtposition ein. Nach dem 1. Weltkrieg diente dieser in Deutschland als Ablenkung der Volksmassen von der politischen und sozialen Strukturkrise. Dieser gewalttätige Antisemitismus führte durch die nationalsozialistischen Ideologien zu einer steigernden Judenverfolgung, die bei der Ermordung von etwa 6 Millionen Juden während des 2. Weltkrieges ihren Höhepunkt fand.3

3. Antisemitismus am Anfang der Weimarer Republik

Schon im 19. Jahrhundert entwickelte sich der traditionelle Antisemitismus, der vor allem auf politische und christliche Vorurteile beruhte, durch die nationale-patriotische Bewegung in Deutschland und bedingt durch die aufkommende Judenemanzipation einer modernen Judenfeindlichkeit. Obwohl auch Emanzipation Assimilation und gelegentlich Konvertierung zum Christentum bedeutete.4 Taufe war jedoch allenfalls eine Scheinlösung. Die sogenannte „ Judenfrage“ kam auf. Seit der Novemberrevolution 1918 nahm die Anzahl der Juden, die nun Staatsämter ausführten, aufgrund der Gleichberechtigung zu, was jedoch den militanten Antisemitismus verschärfte.5 Gewisse Stereotype des Juden wurden mit negativen Rassen- und Charaktereigenschaften assoziiert und waren in den Köpfen der deutschen Bevölkerung verankert. Dieser moderne Antisemitismus betonte vor allem die Fremdartigkeit der Juden und beruhte vorwiegend auf dem Rassengedanken, welche höhere und niedrigere Menschenrasse miteinander paragoniert.

Um den antisemitischen Parolen entgegenzuwirken und ihren Patriotismus für die deutsche Gesellschaft zu betonen, zogen viele Juden mit Enthusiasmus in den 1. Weltkrieg.6 1/10 der jüdischen Kriegsteilnehmer kämpften freiwillig im Krieg und unter den 93 Intellektuellen, die die Kriegserklärung unterzeichneten, befanden sich einige jüdische Akademiker. Sowie auch der ehemalige jüdische Professor Emil Julius Gumbel. Die sogenannte „Judenzählung“ von 1916 wurde nie veröffentlicht.7 In dieser wurden die Juden, die im 1. Weltkrieg gekämpft hatten und gestorben sind, gezählt.8 Dieser Vorgang verdeutlicht, dass dem Mitkämpfen der Juden im Ersten Weltkrieg keine Bedeutung beigemessen wurde und dass die Antisemiten sie nie als ebenbürtig akzeptieren würden. Allerdings erkannten nur wenig Juden diese Haltung gegenüber ihnen, die dies erkannten.9 Nach dem 1. Weltkrieg kursierte das Gerücht der jüdischen Weltverschwörung in den Köpfen der Menschen und vermischte sich mit dem Fama, dass die Juden die „arische Rasse“ unterminieren wollten.10

Der verlorene Weltkrieg, der mit Hass betrachtete Versailler Vertrag, die damit zusammenhängenden Reparationszahlungen, die aufgezwungene Kriegsschuld und Gebietsabtrennungen, sowie auch die Weltwirtschaftskrise radikalisierten die Haltung gegenüber den Juden noch mehr. Vor allem in der Mittelschicht summierten sich die antisemitischen Ressentiments aufgrund der schlechten sozialen Lage, als auch durch die Einwanderung der nicht erwünschten Ostjuden und ließen diverse Verschwörungstheorien aufleben.

Hauptsächlich in den Jahren zwischen 1919 bis 1923 und 1930 bis 1932 nahm der latente Antisemitismus zu, da diese Jahre sehr stark von der wirtschaftlichen und politischen Krise geprägt waren.

Die jüdische Minderheit, die hauptsächlich in größeren Städten lebten, war 1925 mit einer schwindenden Menge von knapp über 600 000 Juden in Deutschland vertreten, dies entsprach 0,93% der deutschen Gesamtbevölkerung.11 Nicht des doch trotz manifestierte sich der Antisemitismus als Weltbild im deutschen Kleinbürgertum als eine zweckdienliche Ideologie, bei der soziale, ökonomische und politische Probleme automatisch auf den Juden reflektiert wurden.12

Der Historiker Walter Mohrmann unterstreicht den manipulativen Effekt des Antisemitismus. Er vertritt die These, dass der Antisemitismus nur als Ablenkungsmittel zur Stabilisierung und zur Erreichung von Herrschaft fungierte. Zudem ist er der Ansicht, dass der Rassenantisemitismus nur ein latenter Vorwand sei, um von der Realität des Klassenkampfes abzulenken und das Konstrukt des angeblichen Rassenkampfes in den Vordergrund zu rücken. Die These bestätigte Hitler, indem er den Juden als integrierendes Element nutzte, um die Massen zu verbinden und soziale Unterschiede der Gesellschaft zu überspringen. Aufgrund der Wahlerfolge der NSDAP folgten andere Parteien diesem Exempel und tolerierten den Antisemitismus in ihren Parteien.

Somit war Judenfeindlichkeit in vielen Parteien schon präsent, wie beispielsweise in der DNVP. Diese bekannten sich bereits 1919 dazu, dass sie gegen die „ Vorherrschaft von Judentum“ vorgehen wolle.13

So kam es nicht selten zu antisemitischen Ausschreitungen gegenüber Juden, die bereits 1919 ihr erstes Opfer, Rosa Luxemburg, forderten. Dies spiegelte sich auch in der Zeitspanne von 1923 bis 1933 wieder, in der es zu unzähligen Synagogen- und Friedhofsschändungen kam.14

4. Antisemitismus an den Universitäten

„ Wie herrlich war Deutschland, wie stark und m ä chtig. Es war einmal. Wie elend ist Deutschland, wie tief gedem ü tigt “15

Viele Professoren, die die Nostalgie für das Kaiserreich verband, teilten diese Meinung und trauerten der Monarchie und den Glanzzeiten des Kaiserreichs nach, da es nun die bürokratische Schutzmacht des Kaiserreichs nicht mehr gab. Es etablierte sich ein parlamentarisch-demokratisches System.16 Viele Vorteile, wie Förderung ihrer Erfolge, oder auch großzügige Gefälligkeiten gegenüber ihnen und den Universitäten, verbanden die Professoren mit dem Kaiserreich. Zudem galt der Führungsanspruch der Universität als brüchig und unglaubhaft.17 Der Usus an den Universitäten blieb aber meist konservativ und hemmend, anstatt aufgeschlossen.18 Die Mentalität der Professoren, bei der sie glaubten, dass sie durch disziplinierte „wissenschaftliche Objektivität“ und einer „ unpolitischen“ Haltung charakterisiert sei, blieb auch nach dem Inkrafttreten der Reichsverfassung am 11. August 1919 bestehen.19 Selbst den Professoren blieben die wirtschaftlichen Krisen, die mit sozialer Unsicherheit und Ängsten assoziiert wurden, nicht erspart und spätestens mit dem Versailler Vertrag augmentierte die Abneigung gegenüber der Republik.20 Je mehr die Weimarer Republik als Staat abgelehnt wurde, desto mehr wurde eine Typisierung der Juden mit dem ungeliebten Staat dargestellt. Zudem kursierten an fast allen Lehrstühlen Kriegsunschuldslegenden, sowie auch die Dolchstoßlegende.21 Nicht nur in den Hörsälen wurden alte Ansichten vertreten, sondern auch bei nationalen Zelebrierungen der Universitäten, die meist an dem Tag der Reichstagsgründung von 1871 abgehalten wurden. Selten wurde bei den kollektiven Ereignissen der Weimarer Republik Feiern veranstaltet. Es entwickelte sich somit innerhalb der Professorenschaft eine antiliberale, Republik ablehnende, teilweise massiv antidemokratische Haltung.22 Es gab jedoch eine kleine Gruppe, die die Weimarer Verfassung vertraten und somit republiktreu war. Jedoch hielt selbst diese Gruppierung teilweise an der alten Staatsform fest. Diese Minorität schloss sich zu dem sogenannten „ Weimarer Kreis“ zusammen, der allerdings kaum mehr als 10% der Hochschullehrerschaft ausmachte. Die meisten der Professoren waren keine Nationalisten, da nur wenige von ihnen vor der Machtübernahme Hitlers Mitglieder der NSDAP waren.23 Aber ihre Voreingenommenheit projizierten sie auf die Studentenschaft, die diese in die Tat umsetzten.24 Somit beanstandeten sie beispielsweise nicht die Morde an Rosa Luxemburg und anderen Funktionären des linken Flügels, da sie diese nicht als Schmähung der deutschen Kultur betrachteten. Im Gegenteil, die politischen Morde animierten die Studenten den Freikorps beizutreten.25 Die Täter wurden meistens nicht verurteilt, da die „Einäugigkeit der Weimarer Republik„ auch in der Justiz äußerst präsent war.

Die Universitäten verpflichteten sich weiterhin einem seriösen und sachbezogenen Fachverständnis. Fächer, die das antisemitische Gedankengut unterstützten, wie Rassenlehre, wurden an den Universitäten nicht akzeptiert.26 Groben Antisemitismus, sowie offizielle judenfeindliche Hochschulpolitik gab es an den Universitäten nicht, da diese als nicht akademisch galten. Ähnlich ging es dem jüdischen Professor Hermann Fränkel, der 1923 seine Assistenzstelle bekam und 1925 zum Professor ernannt, aber nicht verbeamtet wurde. Er gelangte nie zur Berühmtheit und Anerkennung und ist 1935 zwangsemigriert.

5. Professoren an den Universitäten

Von Seiten der Bürokratie erhielten die jüdischen Gelehrten gebührend Achtung und Förderung. Dies ist auf die Bemühungen der Weimarer Republik wegen ihrer Benachteiligung im Kaiserreich, trotz entsprechender Eignung, zurückzuführen. Für jüdische Dozenten war es meist schwer eine akademische Laufbahn anzustreben. In den Anfangsjahren der Weimarer Republik war dies häufig, entsprechend der demokratischen Prinzipien unter besonderer Berücksichtigung der Berufungen an deutschen Universitäten, realistisch geworden. Allerdings erschwerten alte, dominierende Vorurteilen es den jüdischen Akademikern gegen Ende befördert, oder berufen zu werden, da die Fakultäten,

[...]


1 Hammerstein, Notker: Antisemitismus und deutsche Universitäten 1871-1933, Frankfurt/ Main; New York 1995, S. 89.

2 Göschel, Heinz: Art. „ Antisemitismus“, in: Meyers Neues Lexikon, Bd. 2, Leipzig 1970, S. 368.

3 Weiß, Joachim: „Antisemitismus“, in: Die Zeit. Das Lexikon. Mit dem Besten aus der Zeit, Bd. 1, Hamburg 2005, S. 290.

4 Mosse, George L.: Deutsche Juden und der Liberalismus: Ein Rückblick, in: Jüdisches Leben und jüdische Kultur in Deutschland, S ??? Jahr?

5 Sturzbecher, Dietmar. Freytag, Ronald: Antisemitismus unter Jugendlichen, Göttingen; Bern, Toronto, Seattle 2000, S. 46.

6 Ebd., S.43.

7 Kühner, Thomas: Antisemitismus in Deutschland. Zum Wandel eines Ressentiments im öffentlichen Diskurs, Hamburg 2010, S. 32.

8 Zinke, Peter:„ An allem ist Alljuda schuld“. Antisemitismus während der Weimarer Republik in Franken, Nürnberg 2009, S. 63.

9 Ebd., S. 30.

10 Ebd., S. 17.

11 Michalski, Gabrielle: Der Antisemitismus im deutschen akademischen Leben in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg, Frankfurt am Main 1980, S. 41.

12 Vgl. Sturzbecher, Dietmar. Freytag, Ronald: Antisemitismus unter Jugendlichen, S.39.

13 Ströle - Bühler, Heike: Studentischer Antisemitismus in der Weimarer Republik: Eine Analyse der Burschenschaftlichen Blätter 1918-1933. Frankfurt am Main, New York, Paris 1991, S 21.

14 Walter, Dirk: Antisemitische Kriminalität und Gewalt. Judenfeindschaft in der Weimarer Republik, Bonn 1999, S. 164.

15.Hammerstein, Notker: Antisemitismus und deutsche Universitäten. 1871-1933, Frankfurt/ Main; New York 1995, S. 83. Ernst Lommatzsch über die Verhältnisse in der Weimarer Republik.

16 Ebd. S. 85.

17 Ebd., S. 89.

18 Ebd. S. 92.

19 Tröger, Jörg: Hochschule und Wissenschaft im Dritten Reich, Frankfurt/ Main; New York 1984, S. 11.

20 Jasper, Gotthard: Von Weimar zu Hitler. 1930-1933, Köln; Berlin 1968, S. 27.

21 Vgl. Tröger, Jörg: Hochschule und Wissenschaft im Dritten Reich, S. 20. 6

22 Vgl. Hammerstein, Jörg: Antisemitismus und deutsche Universitäten, S.19.

23 Vgl. Tröger, Jörg: Hochschule und Wissenschaft im Dritten Reich, S.23.

24 Ebd. S.24.

25 Ebd. S. 19.

26 Hammerstein, Jörg: Antisemitismus und deutsche Universitäten, S.93.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Antisemitismus an Universitäten der Weimarer Republik
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Note
1,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
18
Katalognummer
V277395
ISBN (eBook)
9783656711544
ISBN (Buch)
9783656712015
Dateigröße
538 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
antisemitismus, universitäten, weimarer, republik
Arbeit zitieren
Stefanie Fritz (Autor:in), 2014, Antisemitismus an Universitäten der Weimarer Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277395

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