Komplexität ist in unserer gegenwärtigen Welterfahrung deutlich spürbar: Im technischen Fortschritt insbesondere innerhalb des Internets, der internationalen Migrationsströme, der Ausbildung transkultureller Identitäten und vielem mehr – kurz: der allgemeinen Zunahme von Informationen, Lebensentwürfen und Wahlmöglichkeiten. Blickt man auf die künstlerischen Ideen im Umfeld dieser Ausdifferenzierungsprozesse, ist die „Postmoderne“ ein Schlüsselbegriff: Literatur wagt sich hier grenzüberschreitend an naturwissenschaftliche Themen heran, das Heterogene soll verbunden werden. Eine adäquate Darstellungsform, die Heterogenes vereint, die Pluralismus und Polyphonie darstellt, bietet in dieser Hinsicht das multiperspektivische Erzählen, welches in der Literatur seit jeher eingesetzt wird und mittlerweile auch im Film zunehmende Verwendung findet.
Da die übliche Forschungsliteratur zu der relativ jungen Darstellungsform des multiperspektivisch erzählten Films mit ihren mannigfaltigen und sich zum Teil widersprechenden Begriffen mehr Verwirrung produziert als beseitigt, steht im Zentrum dieser Arbeit die Analyse zweier Spielfilme (RASHOMON aus dem Jahr 1950 und SYRIANA aus dem Jahr 2005), die beide, auf sehr unterschiedliche Weise, multiperspektivisch erzählen.
Die Verfasserin will anhand dieser beiden Filme die Bandbreite wie die Funktionalisierungen dieses Erzähltypus erkunden, sowie am Rande auf die historischen Hintergründe und Entwicklungen desselben eingehen.
Am Ende steht die Einsicht, dass RASHOMON und SYRIANA sich nicht nur sehr unterschiedlicher Formen multiperspektivischen Erzählens bedienen, welche auf gewisse Weise zwei Extrempunkte auf einer Linie bilden.
Darüber hinaus wird argumentiert, dass multiperspektivisches Erzählen in den beiden Filmen unterschiedlich, ja diametral entgegengesetzt funktionalisiert wird. So wird in RASHOMON multiperspektivisches Erzählen zur Destabilisierung
von Gewissheiten über die Darstellbarkeit der Welt eingesetzt, währenddessen im Fall von SYRIANA multiperspektivisches Erzählen zur Vertrauensbildung in diese Darstellbarkeit fungiert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Multiperspektivität als zeitgemäße Form des Erzählens
- Problemstellung: Die spezifische Komplexität von multiperspektivisch erzählten Filmen
- Zielsetzung: Analyse der Erzählstrategien/ Mittel des Komplexitätsaufbaus
- Konzepte/ Begriffe und Methoden
- Räume, Grenzen und Ereignisse
- Komplexität
- Filmanalyse
- Multiperspektivität in „Rashomon“
- Räume, Grenzen und Ereignisse
- Erzählstrategie und Komplexitätsaufbau
- Wahrheit und Sinn
- Multiperspektivität in „Syriana“
- Räume, Grenzen und Ereignisse
- Erzählstrategie und Komplexitätsaufbau
- Wahrheit und Sinn
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die spezifische Komplexität von multiperspektivisch erzählten Filmen, die im 21. Jahrhundert an Bedeutung gewinnen. Sie analysiert die Erzählstrategien und Mittel, die zur Konstruktion dieser Komplexität beitragen, indem sie die beiden Filme „Rashomon“ und „Syriana“ als Fallbeispiele heranzieht.
- Analyse der Erzählstrategien und Mittel des Komplexitätsaufbaus in multiperspektivisch erzählten Filmen
- Bedeutung von Räumen, Grenzen und Ereignissen in der Konstruktion von Komplexität
- Untersuchung der verschiedenen Formen von Zeitlichkeit und Informationsvielfalt
- Analyse des Schemas von Wahrheit und Sinn in multiperspektivisch erzählten Filmen
- Die Rolle der Relativität der Perspektiven und der Gültigkeit subjektiver Wahrheiten in der Darstellung von Komplexität
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung präsentiert die Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit. Sie erläutert, wie die zunehmende Komplexität der Welt sich in der erzählenden Kunst, insbesondere im Film, widerspiegelt. Multiperspektivisches Erzählen wird als adäquate Form der Darstellung von komplexen Zusammenhängen identifiziert.
Das zweite Kapitel definiert zentrale Konzepte und Begriffe, die für die Filmanalyse relevant sind, wie z.B. die Unterscheidung zwischen topographischen und topologischen Räumen, die Rolle von Grenzen und Ereignissen sowie die Bedeutung von Komplexität.
Im dritten Kapitel werden die beiden Filme „Rashomon“ und „Syriana“ analysiert. Es wird untersucht, wie in beiden Filmen durch das multiperspektivische Erzählen spezifische Elemente von Komplexität aufgebaut werden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Multiperspektivität, Komplexität, Filmanalyse, Erzählstrategien, Räume, Grenzen, Ereignisse, Zeitlichkeit, Informationsvielfalt, Wahrheit, Sinn, „Rashomon“, „Syriana“.
- Arbeit zitieren
- B.A. Bärbel Scherf (Autor:in), 2013, Komplexität in multiperspektivisch erzählten Filmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277399