"Ich bin nicht gemacht wie irgendeiner von denen, die ich bisher sah, und ich wage zu glauben, daß ich auch nicht gemacht bin wie irgendeiner von allen, die leben. Wenn ich nicht besser bin, so bin ich doch wenigstens anders."
Jean-Jacques Rousseau beruft sich in seinen „Bekenntnissen“ auf Einzigartigkeit. Einzigartigkeit nicht nur im Bezug auf die äußere Erscheinung, sondern vor allem auch bezüglich seiner Innerlichkeit. Seine Denkstruktur, seine Gefühle, seine Wünsche, seine Leidenschaften, seine Vorlieben und Ressentiments, all diese machen ihn, gerade in der Art des Zusammenspiels dieser und der jeweiligen “Größen“, in denen sie auftreten, zu einem Individuum, in der Weise, in der wir Individualität heute denken.
Rousseaus „Bekenntnisse“ werden als die erste so umfassende Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbst und der eigenen Persönlichkeit in derart säkularisierter Form beschrieben. Nirgendwo sonst im 18. Jahrhundert findet sich eine ähnlich introvertierte und die eigene Seelenwelt mehr zentrierende Schrift, in der es ausser seinen Empfindungen keine weiteren Wertbestimmungen gibt.
Darzustellen, welchen Weg der Mensch gehen musste um sich selbst und seine eigene Persönlichkeit in diesem Maße thematisieren zu können, wird ebenso Anliegen meiner Hausarbeit sein wie der Versuch, deutlich zu machen, dass Individualität von den verschiedenen Menschen in den geschichtlichen Epochen keinesfalls homogen gedacht werden konnte. © Ralph Paschwitz
Individualität hat sich emanzipiert. Gegenüber ständischer Herrschaft, gegenüber traditionalen Vergemeinschaftungsformen wie bspw. der Familie und inzwischen gegenüber einer Gesellschaft, die scheinbar nur noch aus Individuen besteht. In seiner langen Entwicklungsgeschichte hatte das Individuum noch nie ein so großes gesellschaftliches Gewicht und sah sich dermaßen weiten und vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten ausgesetzt. Sport, Freizeit, Kleidung, Tagesablauf, Arbeit, Arbeitslosigkeit, Mutter- als auch Vaterschaft, Ehe. Alles ist zur Option geworden, die, zwar nicht autonom also generell unabhängig , aber zumindest individuell entschieden werden kann.
Was ist der Grund dafür, dass die sich über Jahrtausende weiter emanzipierende Individualität und die seit mehreren Jahrhunderten von werdenden Individuen geforderte, unterstützte und förmlich umkämpfte Individualisierung in ein negatives Licht gerät? Ist die Individualisierung zu einer Gefährdung für die bestehende Gesellschaftsordnung geworden? © Ralph Paschwitz
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Individualität, Individuum und Individualisierung
- Der lange Weg zur Individualität
- Das Mittelalter
- Reformation und Aufklärung
- Emanzipation der Individualisierung
- Deutungen gesellschaftlicher Wirklichkeit
- Individualisierung als Risiko
- Gefährdete Individualität
- Individualisierung als Gefahr
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit beschäftigt sich mit der Individualisierung als gesellschaftlicher Gefährdung. Es wird untersucht, wie sich die Individualität im Laufe der Geschichte entwickelt hat und welche verschiedenen Deutungen der gesellschaftlichen Wirklichkeit im Kontext von Individualisierung existieren. Dabei wird die Frage gestellt, ob Individualisierung als Segen oder Gefahr für die moderne Gesellschaft anzusehen ist.
- Die historische Entwicklung der Individualität
- Die Rolle der Reformation und Aufklärung
- Die Emanzipation des Individuums
- Verschiedene Deutungen der gesellschaftlichen Wirklichkeit im Kontext von Individualisierung
- Das Spannungsverhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Individualisierung als gesellschaftlicher Gefährdung ein und beleuchtet den historischen Kontext. Sie stellt Jean-Jacques Rousseau und seine „Bekenntnisse“ als Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit Individualität vor.
- Individualität, Individuum und Individualisierung: Dieses Kapitel definiert die Begriffe Individualität, Individuum und Individualisierung und stellt deren Bedeutung im gesellschaftlichen Kontext dar.
- Der lange Weg zur Individualität: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung der Individualität vom Mittelalter über die Reformation und Aufklärung bis zur Emanzipation der Individualisierung.
- Deutungen gesellschaftlicher Wirklichkeit: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit verschiedenen Deutungen der gesellschaftlichen Wirklichkeit im Kontext von Individualisierung. Es analysiert Theorien wie die „Desintegrationstheorie“ von Wilhelm Heitmeyer und die „Risiko- bzw. Bürgergesellschaft“ von Ulrich Beck.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Individualität, Individuum, Individualisierung, gesellschaftliche Gefährdung, historische Entwicklung, Reformation, Aufklärung, Emanzipation, Desintegrationstheorie, Risiko- bzw. Bürgergesellschaft, moderne Gesellschaft, Subjekt und Gesellschaft.
- Quote paper
- Diplom Soziologe Ralph Paschwitz (Author), 2007, Individualisierung als gesellschaftliche Gefährdung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277429