Leseprobe
Einführung in die germanistische Sprachwissenschaft
Sprache als Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung
Objektsprache vs. Metasprache:
- Alltagssprache: Du musst dein Essen kauen. - „kauen“ wird verwendet und nicht beschrieben
- Objektsprache = Sprache als wissenschaftlicher Untersuchungsgegenstand
„Kauen“ ist ein Verb. – „kauen“ wird nicht verwendet, sondern als Objekt wissenschaftlich beschrieben
- Metasprache = Sprache, mit der man über den Untersuchungsgegenstand „Sprache“ spricht
„Kauen“ist ein Verb. – Sprache wird zur Beschreibung eines Objekts benutzt
- Metasprache ist auch im Alltag zu finden, z. B. Wie meinst du das? Dieses Wort will ich nie wieder hören.
Was ist Sprache?
- keine eindeutige Definition
- häufige Definition: eine ausschließlich dem Menschen eigene Fähigkeit
- Symbolsystem zur Kommunikation (also auch Bildersprache, Tiersprache usw.) (Sapir)
- die Gesamtheit der möglichen Äußerungen in einer Sprachgemeinschaft (Bloomfield)
- eine Menge von Sätzen (Chomsky)
- eine Tätigkeit (Halliday)
Perspektiven und Disziplinen der Sprachwissenschaft:
- Semiotik: allgemeine Zeichenlehre, Wissenschaft zur Erforschung verschiedener Zeichensysteme
- Grammatik: untersucht die Beziehungen von sprachlichen Zeichen
Phonetik: physikalische und physiologische Eigenschaften von Lauten/Lautgebilden
Phonologie: semiotischer Aspekt der Laute, d. h. ihre Funktion im Sprachsystem
Morphologie: Formenbildung, Wortarten, Erfassung und Systematisierung von Wortformen
Lexikologie: Lehre vom Wortschatz einer Sprache (z. B. Wortherkunft)
Syntax: Aufbau von Wortgruppen und Sätzen
- Betrachtungsweisen von Sprache: Grammatik (Sprache als System), Pragmatik (Sprachgebrauch), Semantik (Bedeutung sprachlicher Zeichen)
Was ist ein System?
- System = Menge von Elementen, die in geordneter Beziehung zueinander stehen
- Zeichensystem: Grundinventar minimaler Zeichen, Regeln der Kombination dieser Zeichen
Ebenenmodell des Sprachsystems:
- Morphem – Wort – Satz – Text
kleine Elemente bilden zusammen größere
Sprachbegriffe nach Ferdinand de Saussure:
- langage: Fähigkeit des Menschen, zu sprechen, Oberbegriff für langue und parole
- langue: sprachliches System als für alle Sprachteilhaber verbindliches System von Konventionen
- parole: Realisierung menschlicher Sprache/der langue
Naturalismus vs. Konventionalismus (Platons Kratylos-Dialog)
- Kratylos: jedes Ding hat von Natur aus eine richtige Benennung, die der Natur nachempfunden ist,
Buchstabenbedeutungen geben Beschaffenheit wieder
- Hermogenes: Namen entstehen durch Übereinkunft, Gebrauch und Gewohnheit einer Sprachgemeinschaft,
daher ist jeder beliebige Name der richtige, kann auch durch neuen ersetzt werden
es gibt zwar Onomatopoetika (z. B. platschen, summen, krachen, Tiergeräusche), aber insgesamt entstehen Bezeichnungen durch Übereinkunft einer Sprachgemeinschaft, Beweis: verschiedene Sprachen
Kommunikation
Nachrichtentechnisches Modell (Shannon/Weaver):
- Kommunikation = jede Form von wechselseitiger Übermittlung von Informationen durch Zeichen,
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Probleme und Lücken des Modells:
innere Faktoren:
- keine Worteindeutigkeit (z. B. Flügel) - Kontext wichtig
- Menschen haben verschiedenen Wortschatz, verstehen eventuell nicht jede Kernbedeutung (Denotation)
- je nach Mensch unterschiedliche Assoziation mit Wörtern (Konnotation)
- Betonung kann Bedeutung verändern
- Dinge können je nach Interesse überhört werden
- Mimik, Gestik, Berührung (z. B. Gewalt), Geruch, Geschmack (z. B. beim Küssen)
Einfluss durch optischen, akustischen, taktilen, olphaktorischen, gustatorischen Kanal
- nachrichtentechnisches Modell ist eindimensional, aber menschliche Kommunikation basiert auf Interaktion und Hin und Her, ständiger Rollentausch zwischen Sender und Empfänger
äußere Faktoren:
- verschiedene soziale Rollen je nach Umfeld
- Lärm in der Umgebung
- eventueller Dialekt
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