Während der letzten Jahrzehnte hat die Wasserpolitik sowohl in der Forschung als auch in der Praxis vermehrt für Aufmerksamkeit gesorgt. Viele Gewässer verlaufen über politische Grenzen hinweg und provozieren dadurch Streitigkeiten hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit und Nutzung und – da Wasser eine endliche Ressource ist – auch über mögliche Verteilung(sstrategien) (Dinar 2012). Wasser hat also eindeutig mit Macht und Regierungsführung zu tun und ist so aktuell wie der immer noch andauernde Konflikt zwischen Israel und Palästina. Dieser mag schon mehrfach analysiert, beobachtet, debattiert worden sein, doch Mark Zeitoun konzeptualisiert in seinem Buch den Einfluss der Macht in grenzübergreifenden Wasserkonflikten erstmals systematisch. Das hat bisher in der Forschungsliteratur gefehlt, ebenso wie die Thematisierung der soft power (Dinar 2012), der
Zeitoun eine große Bedeutung beimisst. Auch die Gegenüberstellung von Grund- und Oberflächenwasser nimmt bei ihm großen Raum ein, während viele andere Wissenschaftler sich entweder mit dem einen oder mit dem anderen beschäftigen – erstaunlich genug, da schließlich beide Aspekte zum Konflikt beitragen. In seinem Buch geht er besonders auf die ungleiche Machtverteilung pro-Israel ein und was Palästina noch bleibt, um darauf zu reagieren. Er zeigt, wie Israel seine Macht instrumentalisiert, warum das möglich ist und warum es Palästina nicht möglich ist. Zentraler Aspekt und Schwerpunkt des Buches ist das vom Autor neu entwickelte Konzept der „Wasser-Hegemonie“ und der damit verbundenen asymmetrischen Verteilung von Macht und Einflussmöglichkeiten trotz formaler Gleichstellung, ein Thema, das später auch Warner und Zawahri (2012) aufgreifen. Zeitoun vergleicht zudem den israelischen Wasserverbrauch mit dem palästinensischen, wohingegen sich die Forschung bisher hauptsächlich mit israelischen Konsumschaubildern beschäftigt hat, denen aber Daten über die Gewinnung von Wasser sowie vorhandene Wasserquellen fehlten.
Zeitoun, Mark (2012 2005 ): Power and Water in the Middle East. The Hidden Politics -f the Palestinian-Israeli Water Conflict. London und New York (I.B.Tauris). 214 Seiten. € 21,70. ISBN: 978-1-84885-997-5.
Während der letzten Jahrzehnte hat die Wasserpolitik sowohl in der Forschung als auch in der Praxis vermehrt für Aufmerksamkeit gesorgt. Viele Gewässer verlaufen über politische Grenzen hinweg und provozieren dadurch Streitigkeiten hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit und Nutzung und - da Wasser eine endliche Ressource ist - auch über mögliche Verteilung(sstrategien) (Dinar 2012). Wasser hat also eindeutig mit Macht und Regierungsführung zu tun und ist so aktuell wie der immer noch andauernde Konflikt zwischen Israel und Palästina. Dieser mag schon mehrfach analysiert, beobachtet, debattiert worden sein, doch Mark Zeitoun konzeptualisiert in seinem Buch den Einfluss der Macht in grenzübergreifenden Wasserkonflikten erstmals systematisch. Das hat bisher in der Forschungsliteratur gefehlt, ebenso wie die Thematisierung der soft power (Dinar 2012), der Zeitoun eine große Bedeutung beimisst. Auch die Gegenüberstellung von Grund- und Oberflächenwasser nimmt bei ihm großen Raum ein, während viele andere Wissenschaftler sich entweder mit dem einen oder mit dem anderen beschäftigen - erstaunlich genug, da schließlich beide Aspekte zum Konflikt beitragen. In seinem Buch geht er besonders auf die ungleiche Machtverteilung pro-Israel ein und was Palästina noch bleibt, um darauf zu reagieren. Er zeigt, wie Israel seine Macht instrumentalisiert, warum das möglich ist und warum es Palästina nicht möglich ist. Zentraler Aspekt und Schwerpunkt des Buches ist das vom Autor neu entwickelte Konzept der „Wasser-Hegemonie“ und der damit verbundenen asymmetrischen Verteilung von Macht und Einflussmöglichkeiten trotz formaler Gleichstellung, ein Thema, das später auch Warner und Zawahri (2012) aufgreifen. Zeitoun vergleicht zudem den israelischen Wasserverbrauch mit dem palästinensischen, wohingegen sich die Forschung bisher hauptsächlich mit israelischen Konsumschaubildern beschäftigt hat, denen aber Daten über die Gewinnung von Wasser sowie vorhandene Wasserquellen fehlten.
Das Buch ist logisch aufgebaut, d.h. es beginnt mit einer allgemein gehaltenen Einführung in die Bereiche Macht - Wasser - Konflikte und wie diese miteinander zusammenhängen. Im anschließenden theoretischen Teil stellt der Autor Modelle der Machtausübung vor, von denen er ausgewählte in den späteren Kapiteln anhand von Beispielen erläutert. Auf die starke Machtasymmetrie zwischen den beiden Staaten geht er separat ein, wie auch auf die historische Entwicklung des Konfliktes. In drei Kapiteln widmet er sich schließlich jeweils den Konzepten hard power, bargaining power und ideational power, bevor er abschließend einen Überblick über die Gewinnung und den Verbrauch von Grund- und Oberflächenwasser gibt. Im letzten Kapitel zieht er ein Fazit und erläutert, wie seiner Ansicht nach die Zukunft in diesem Konflikt aussieht.
In Kapitel 1 führt Mark Zeitoun in das Thema ein. Er stellt dabei klar, dass die Konflikte um Wasser, so groß sie auch sein mögen, entgegen verbreiteter Vorstellungen nicht zu Kriegen im eigentlichen Sinn ausarten, in denen etwa Kampfflugzeuge über Flüssen patrouillieren und die Staatssicherheit gewährleisten. Wasser dient dabei bestenfalls als Waffe. Nichtsdestotrotz wird - zumindest auf dem Papier - auch von Kooperation gesprochen, wobei der Begriff „Kooperation“ im Konflikt zwischen Israel und Palästina darüber hinwegtäuscht, dass es eine klare israelische Dominanz gegenüber dem schwächeren Palästina gibt. Dies beschreibt Zeitoun im Verlauf des Buches anhand mehrerer Beispiele. Schließlich zeigt er die Bedeutung der Macht und ihren Einfluss in grenzübergreifenden Wasserkonflikten auf - auch das Konzept der Hegemonie ist auf fundamentale Weise mit der Machttheorie verbunden, worauf er später genauer eingeht. Im Fall von Israel und Palästina besteht eine extreme Machtasymmetrie zugunsten Israels, die bedacht werden muss, will man den Konflikt, seine Wurzeln und seinen bisherigen Verlauf verstehen.
Da das Erforschen der Wasserpolitik notwendigerweise auch einen Blick auf die Geopolitik erfordert, widmet sich Zeitoun in Kapitel 2 speziell theoretischen Konzepten von Macht und wendet sie später am konkreten Konflikt an. Er vertritt die Position, dass geographischer Determinismus (also die Rolle der Topographie, durch die manche Staaten bevorzugt, andere benachteiligt sind) nicht haltbar ist, da er als Erklärung für Konflikte zu einfach ist und wichtigere Faktoren außer Acht lässt. Zwar bemängelt der Autor die fehlende Existenz ausreichender theoretischer Literatur hierzu, führt aber dennoch einige Konzepte an, wie bspw. das der securitisation, das die Sicherheitstheorie mit grenzübergreifenden Konflikten um Wasser zusammenführt. Leider geht er darauf im weiteren Verlauf des Buches kaum ein, obwohl sich dazu sicherlich zahlreiche Debatten anschließen ließen, wie etwa die, bei der es um den Zusammenhang zwischen Sicherheit, Klimawandel und Wasserressourcen geht (Feitelson et al. 2012). Was hingegen später noch eingehend beschrieben wird, sind die drei Dimensionen von Macht: hard power (die Möglichkeit einer Interessengruppe, mit materiellen Mitteln die Zustimmung der anderen zu erwirken, z.B. durch das Mobilisieren militärischer Macht), bargaining power (Einfluss durch Autorität und Legitimität) und ideational power (abstrakteste, aber effektivste Form der Macht - mit dem Ziel, dass die Schwächeren ihre Rolle im aktuellen Zustand als gegeben akzeptieren und für sich am besten empfinden). Die letzten beiden Dimensionen gelten als soft power und werden oft kombiniert.
Zentral in der Analyse des Autors sind die versteckten Wege, über die die palästinensische Befolgung israelischer Ziele im Wasserkonflikt sichergestellt wird, sowie der Begriff der Hegemonie und die damit verbundene Machtasymmetrie, der auch Warner und Zawahri (2012) große Bedeutung in „Wasserfragen“ beimessen. In einer Hegemonie herrscht ein Zustand der formalen Gleichheit, wie es auch bei Israel/Palästina der Fall ist, die jedoch praktisch nicht wirklich umgesetzt wird.
In Kapitel 3 schließlich geht der Autor auf die starke bestehende Asymmetrie zwischen Israel und Palästina ein: Wer bekommt Wasser, wann, wo und wie? Dazu gibt er zu Beginn einen guten Überblick über die grenzüberschreitenden Wasserströme, ihre Verteilung und die Kontrolle darüber im Westjordanland. Bei wachsender Bevölkerung herrscht im gesamten Gebiet physische Wasserknappheit, zudem ist der Wasserverbrauch im landwirtschaftlichen Sektor enorm. Wichtigste grenzübergreifende Ressource an Oberflächengewässern ist der Jordan, wobei den Palästinensern durch den zweiten Osloer Friedensprozess 1995 jeglicher Zugang dazu verwehrt wurde. Deutlich mehr Wasser findet sich in den Grundwasservorräten, doch auch hier wurde Israel unverhältnismäßig mehr zugeteilt. Die Verteilung der grenzübergreifenden Wasserressourcen entspricht 6:1 für Israel, also hängt der Konflikt um Wasser offensichtlich weniger von der geographischen Lage eines Staates ab als von dessen Regierungsführung und Umgang mit Macht. Da die physische Wasserknappheit theoretisch durch abstrakte und technologische Maßnahmen kompensiert werden könnte, liegen die Erklärungen für den hier behandelten Konflikt somit in Ideologie und Politik.
Ein historischer Überblick über den Wasserkonflikt leitet Kapitel 4 ein, das sich konkreter mit der Wasserpolitik von Israel und Palästina beschäftigt. 1948 begann mit der Gründung des Staates Israel eine der turbulentesten Perioden in der Geschichte des Wasserkonflikts - Israel entwickelte seine Grundwassergewinnung schnell weiter, Palästina dagegen nur minimal, was letztendlich zur Übermacht Israels bezüglich Wasserfragen führte. Die israelische Fertigstellung des Nationalen Wassertransports 1964 wurde von den arabischen Nachbarn als w ater grab gesehen, weshalb die palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) ihren ersten Angriff startete und so quasi den 6-Tage-Krieg 1967 auslöste. Dieser markiert inzwischen den Beginn der israelischen Herrschaft über das Gebiet. Die Verhandlungen mit Palästina im Osloer Friedensprozess stellen einen historischen Wendepunkt dar, da in Oslo II 1995 mit der Palestinian Water Authority (PWA) und dem Joint Water Committee (JWC) formale Gleichberechtigung erreicht wurde und sich somit Israels Kontrolle über die grenzübergreifenden Wasserströme von einer Herrschaft zur Hegemonie wandelte.
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- Corinna Mailänder (Author), 2013, Rezension zu Mark Zeitouns "Power and Water in the Middle East. The Hidden Politics of the Palestinian-Israeli Water Conflict", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277954
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