In der vorliegenden Arbeit soll im Rahmen eines Forschungsüberblicks gezeigt werden, auf welche Weise und mithilfe welcher grammatischer Modelle Herausstellungsstrukturen in der Germanistik und Romanistik bislang beschrieben wurden und welche Schwächen diesen traditionellen Beschreibungsweisen, die allesamt auf einem schriftsprachlich geprägten Bewusstsein basieren, anhaften. Es soll darüber hinaus geklärt werden, wo die Wurzeln dieses an der Schriftsprache orientierten Denkens liegen. Nach der Exposition der Problematik soll aber auch die Frage erörtert werden, wie eine realistische, dem Gegenstand angemessene Beschreibung von Satzrandstrukturen aussehen könnte. Dabei soll der Blick vor allem auf die germanistische Gesprochene-Sprache-Forschung gelenkt werden, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Medialität der Sprache (mündlich vs. schriftlich) nicht auszufiltern, sondern bei der grammatischen Analyse von gesprochensprachlichen Phänomenen die spezifischen Bedingungen, die bei der phonischen Realisierung von Sprache herrschen, stets im Hinterkopf zu behalten. Dieser Forschungszweig betont daher auch die Wichtigkeit der oben angesprochenen Zeitlichkeit gesprochener Sprache und weist darauf hin, dass die Bausteine phonisch realisierter Sprache nicht nur zeitlich nacheinander geäußert werden, sondern auch „online“, also sozusagen „in Echtzeit“, verarbeitet werden. Diese „Online-Emergenz“ bzw. „Online-Verarbeitung“ gesprochener Sprache muss laut den Vertretern der germanistischen Gesprochene-Sprache-Forschung auch bei der grammatischen/syntaktischen Analyse gesprochener Sprache zentral berücksichtigt werden, weshalb in den letzten Jahren versucht wurde, eine „Online-Syntax“ zu entwickeln. Wie eine online-syntaktische Beschreibung von Satzsegmentierungen aussehen könnte und welche Funktionen Satzrandstrukturen aus einer „Echtzeit“-Perspektive haben, soll im letzten Teil der Arbeit gezeigt werden. Um einen Anknüpfungspunkt zu haben, wird zunächst aber versucht, die Satzsegmentierung auf allgemeine, traditionelle Weise zu definieren, die unterschiedlichen Erscheinungsformen dieses syntaktischen Phänomens zu klassifizieren und die Funktionen segmentierter Sätze im Hinblick auf die Wortfolge und Mitteilungsperspektive zu erläutern.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- HAUPTTEIL
- Einführung
- Allgemeine Definition und Realisierung der Satzsegmentierung
- Die Satzsegmentierung unter dem Gesichtspunkt der Wortfolge
- Die Satzsegmentierung aus Sicht der funktionalen Grammatik
- Forschungsüberblick
- Die Satzsegmentierung in der germanistischen Forschung
- Hans Altmann
- Margret Selting
- Die Satzsegmentierung in der romanistischen Forschung
- Lucien Tesnière
- Elisabeth Gülich
- Eva Honnigfort
- Eva Larsson
- Dieter Seelbach
- Die Satzsegmentierung in der germanistischen Forschung
- Kritik an den traditionellen Beschreibungsweisen der Satzsegmentierung
- Entzeitlichung und Produktorientiertheit
- Written Language Bias / Skriptizismus
- Langue-/Kompetenzzentriertheit
- Der Syntaxbegriff der modernen Gesprochene-Sprache-Forschung
- Das Sprachverständnis der modernen Gesprochene-Sprache-Forschung
- Situations- und Kontextgebundenheit
- Zeitlichkeit
- Syntax als Prozess: Grundoperationen einer On-line-Syntax
- Projektion
- Expansion
- Retraktion
- Das Sprachverständnis der modernen Gesprochene-Sprache-Forschung
- Das Phänomen der Satzsegmentierung aus on-line-syntaktischer Sicht
- Konstruktionen am rechten Satzrand
- Konstruktionen am linken Satzrand
- Einführung
- SCHLUSS
- BIBLIOGRAPHIE
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Satzsegmentierung aus der Perspektive der modernen Gesprochene-Sprache-Forschung. Ziel ist es, die traditionellen Beschreibungsweisen der Satzsegmentierung in der Germanistik und Romanistik zu beleuchten und deren Schwächen aufzuzeigen, die auf einem schriftsprachlich geprägten Bewusstsein beruhen. Darüber hinaus soll erörtert werden, wie eine realistische, dem Gegenstand angemessene Beschreibung von Satzrandstrukturen aussehen könnte, indem die spezifischen Bedingungen der phonischen Realisierung von Sprache berücksichtigt werden.
- Kritik an traditionellen Beschreibungsweisen der Satzsegmentierung
- Das Sprachverständnis der modernen Gesprochene-Sprache-Forschung
- Die Bedeutung der Zeitlichkeit und On-line-Verarbeitung in der gesprochenen Sprache
- Entwicklung einer On-line-Syntax für die Analyse von Satzsegmentierungen
- Funktionen von Satzrandstrukturen in der kommunikativen Interaktion
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Satzsegmentierung ein und beleuchtet die kritische Einstellung zur gesprochenen Sprache, die in der Vergangenheit und auch heute noch weit verbreitet ist. Sie stellt die Bedeutung der Gesprochene-Sprache-Forschung heraus, die sich seit den 1960er Jahren mit der Erforschung der gesprochenen Sprache beschäftigt und neue Erkenntnisse über sprachliche Phänomene gewonnen hat, die zuvor als fehlerhafte Abweichungen von der Norm betrachtet wurden.
Der Forschungsüberblick beleuchtet die verschiedenen Ansätze zur Beschreibung der Satzsegmentierung in der Germanistik und Romanistik. Er stellt die wichtigsten Vertreter dieser Forschungsrichtungen vor, darunter Hans Altmann, Margret Selting, Lucien Tesnière, Elisabeth Gülich, Eva Honnigfort, Eva Larsson und Dieter Seelbach. Die verschiedenen Ansätze werden kritisch betrachtet und ihre Stärken und Schwächen werden herausgestellt.
Die Kritik an den traditionellen Beschreibungsweisen der Satzsegmentierung zeigt die Grenzen der schriftsprachlich geprägten Ansätze auf. Es wird deutlich, dass die Betrachtung der Satzsegmentierung aus der Perspektive der Schriftlichkeit zu einer Verzerrung des Untersuchungsgegenstandes führt und die spezifischen Charakteristika der gesprochenen Sprache ausblendet.
Der Syntaxbegriff der modernen Gesprochene-Sprache-Forschung stellt die Bedeutung der Situations- und Kontextgebundenheit sowie der Zeitlichkeit der gesprochenen Sprache heraus. Es wird deutlich, dass Syntax als ein dynamischer Prozess verstanden werden muss, der in Echtzeit abläuft und durch die spezifischen Bedingungen der phonischen Realisierung von Sprache geprägt ist.
Das Kapitel über das Phänomen der Satzsegmentierung aus on-line-syntaktischer Sicht beleuchtet die verschiedenen Konstruktionen am rechten und linken Satzrand und zeigt auf, wie diese Strukturen im Rahmen einer On-line-Syntax analysiert werden können. Es werden die Funktionen dieser Strukturen in der kommunikativen Interaktion zwischen Gesprächspartnern erläutert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Satzsegmentierung, die Gesprochene-Sprache-Forschung, die On-line-Syntax, die Zeitlichkeit der Sprache, die Funktionen von Satzrandstrukturen, die Kritik an traditionellen Beschreibungsweisen, die Germanistik und die Romanistik.
- Arbeit zitieren
- Michael Brendel (Autor:in), 2011, Die Satzsegmentierung aus Sicht der modernen Gesprochene-Sprache-Forschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277975