Entwicklungsländer ohne Entwicklung. Ineffiziente Institutionen als Folge sozialen Konflikts

Warum viele Entwicklungsländer gefangen sind in einer Spirale aus Korruption und Null-Wachstum


Diplomarbeit, 2010

73 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1. Einleitung

2. Institutionen zur Reduktion von Transaktionskosten
2.1. Definitionen: Transaktionkosten und Institutionen
2.2. Der Staat zur Senkung von Transaktionkosten
2.2.1. Der Idealfall: Schaffung von effizienten Institutionen für Wachstum
2.2.2. Durchsetzung von Verträgen und die ambivalente Rolle des Staates
2.3. Der Staat als kritische Determinante der Distribution von Reichtum

3. Entstehen von Ausbeuterstaaten: Die Fähigkeit der Elite kollektiv zu handeln
3.1. Ineffiziente Institutionen: Die Theorie sozialen Konflikts
3.2. Die Elite: Möglichkeit kollektiven Handelns
3.3. Von der Anarchie zum Ausbeuterstaat: Ineffiziente Institutionen a priori
3.4. Pfadabhängigkeit von Institutionen
3.5. Ineffiziente Institutionen: Die Empirie

4. Persistenz von Ausbeuterstaaten: Die Unteilbarkeit von Macht und Effizienz
4.1. Effiziente Institutionen: Das Coase Theorem auf politischer Ebene
4.1.1. Das Glaubwürdigkeitsproblem der Elite im endlichen Spiel
4.1.2. Anreizkompatible Versprechen der Elite im wiederholten Spiel als Substitut für durchsetzbare Verträge
4.1.3. Gültigkeit des politischen Coase-Theorems: Das Modell
4.2. Machterhalt der Elite durch Aufrechterhaltung ineffizienter Institutionen

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Das Glaubwürdigkeitsproblem der Elite.

Abb. 2: Investitionslevel und Steueraufkommen.

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

"The factors we have listed (innovation, economies of scale, education, capital accumulation, etc.) are not causes of growth: they are growth"1.

Neoklassische Wachstumsmodelle können zwar die großen Einkommensunterschiede zwischen den verschiedensten Ländern anhand von Unterschieden in Technologie, Sach- sowie Humankapital erklären. Wie es allerdings zu Investitionen in diese Produktionsfaktoren kommt, können sie nicht erklären. Hierzu muss es tiefere, fundamentalere Gründe geben. Institutionen sind diese Gründe.2 Obwohl wir wissen, dass die großen Einkommensunterschiede zwischen armen und reichen Nationen keine monokausalen Ursachen haben, fokussieren wir uns in dieser Arbeit auf die wohl wichtigste Ursache: Institutionen. Institutionen werden hier verstanden als Regeln, Gesetze, Regulierungen. Diese setzen Anreize und bestimmen somit ob und wie sehr in Technolgie, Sach- sowie Humankapital investiert wird. Denn Individuen investieren nur, wenn sie die Erträge dieser Investition vereinnahmen können. Und Institutionen bestimmen wer wie sehr von seiner Investition profitiert und welche Art von Investitionen lohnend sind.

Ein Beispiel, welches die Relevanz von Institutionen untermauert ist das von Nord- und Südkorea. Während Nord- und Südkorea 1950 in etwa dasselbe Pro-Kopf-Einkommen hatten, war das von Südkorea im Jahre 2000 um das zehnfache größer als das von Nordkorea, obwohl die sonstigen Bedingungen wie kultureller Hintergrund sowie Ausstattung mit natürlichen Ressourcen mehr oder weniger gleich waren.3 Im Gegensatz zu anderen fundamentalen Erklärungen hinsichtlich der Einkommensunterschiede wie Geographie oder Kultur4 liefert die Institutionenhypothese einen optimistischeren Ausblick, da Institutionen die Entscheidungen einer Gesellschaft und somit endogen sind. Institutionen sind im Idealfall Entscheidungen einer ganzen Gesellschaft oder - und dies stellt das Problem dar - einer kleinen Gruppe an der Spitze des Staates, die nur solche Institutionen installiert und aufrechterhält, welche ihren Interessen dienen, zu Lasten der übrigen Gesellschaft. Der Wandel hin zu effizienten Institutionen könnte sich als problematisch herausstellen, wenn damit Verluste für diese Gruppe - die Elite - einhergehen. Entgegengesetzte Interessen gesellschaftlicher Gruppen verhindern effiziente Institutionen, wenn diejenigen, welche den Staat kontrollieren - die Elite - kein Interesse daran haben, die bestehenden Institutionen zum Vorteil der ganzen Gesellschaft zu verändern. Man spricht hier von der Theorie sozialen Konflikts.

Das Ziel dieser Arbeit ist zu erklären, warum ineffziente Institutionen entstehen und warum es nicht zu einer Änderung dieser Institutionen kommt, obwohl vielleicht sogar allen Mitgliedern der Gesellschaft bewusst ist, dass die aktuellen Institutionen nicht effizient sind.5

Bleiben Institutionen bestehen, welche keine Anreize liefern, in Technologie und Kapital zu investieren, sondern nur die Gesellschaft ausbeuten, könnten die großen Einkommensunterschiede zwischen Entwicklungs- und OECD- Ländern erklärt werden. Anstatt von Entwicklungsländern könnte man dann auch von Ausbeuterstaaten sprechen. Die vorliegende Arbeit gliedert sich wie folgt: Im nächsten Kapitel wird der Begriff der Transaktionskosten eingeführt und anhand eines Beispiels erklärt. Dann wird gezeigt, wie der Staat anhand von Institutionen und deren Durchsetzung prinzipiell Transaktionskosten reduzieren und dadurch Wachstum generieren kann und warum der Staat durch die Gewährung von Eigentumsrechten determiniert, wer in einer Gesellschaft profitiert und wer nicht. Ob effiziente Institutionen zustande kommen, hängt von den Interessen des Staates ab. Kapitel 3 analysiert, wie es der Elite dank ihrer Fähigkeit ihr kollektives Handlungsproblem zu lösen, in der Anarchie gelingen kann einen Ausbeuterstaat zu installieren und warum diese Lösung gegenüber einem Staat mit effizienten Institutionen präferiert wird. Einmal installierte Institutionen bleiben wegen der Pfadabhängigkeit von Institutionen über die Zeit erhalten. Die Empirie liefert dafür Beispiele. Kapitel 4 soll zeigen, warum Ausbeuterstaaten über die Zeit bestehen bleiben, bzw. warum die Elite keine effizienten Institutionen installiert und die Gewinne für sich vereinnahmt. Die Unteilbarkeit von Distribution politischer Macht und Effizienz ist hier das entscheidende Problem. Die Elite kann auch im wiederholten Spiel nicht glaubhaft versprechen ihre Macht in Zukunft nicht zu ihrem eigenen Vorteil zu missbrauchen, was ein zu geringes Outputniveau zur Folge hat, weswegen die Elite für ihre Verluste, welche sie durch den Verlust ihrer Privilegien erleiden würde, nicht kompenisert werden kann.6 Dies wird formal anhand eines Modells bewiesen. Danach wird gezeigt, dass die Elite keinen Anreiz hat Entwicklung bzw. effiziente Institutionen zu fördern, da dadurch die Bürger leichter ihr kollektives Handlungsproblem lösen und damit eher politischen Widerstand organisieren können. Um dies zu verhindern wird die Elite jegliche Entwicklung blockieren. Kapitel 5 fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen.

2. Institutionen zur Reduktion von Transaktionskosten

Bevor wir analysieren, welcher Zusammenhang zwischen Transaktionskosten und Institutionen besteht, sollen beide Begriffe zunächst definiert werden.

2.1. Definitionen: Transaktionkosten und Institutionen

Coase war es, der erkannte, dass irgendetwas in der neoklassischen Welt fehlte. Wie sonst ist in einer Welt mit vollständigen Informationen das Entstehen von Firmen zu erklären, wenn doch alle Transaktionen über den Markt ausgeführt werden können? Warum werden manche Transaktionen vom Markt genommen und in einer Firma organisiert?7 Es muss also etwas kosten, Transaktionen am Markt auszuführen. Um eine Markttransaktion auszuführen, muss man wissen "who it is that one wishes to deal with, to inform people that one wishes to to deal and on what terms, to conduct negotiations leading up to a bargain, to draw up the contract, to undertake the inspection needed to make sure that the terms of the contract are being observed, and so on."8 Dieses "fehlende etwas" in der Neoklassik nannte Coase Transaktionskosten. Dies sind die Kosten des Benutzens des Preismechanismus.9 Oder etwas spezifischer: Transaktionskosten sind Such- sowie Informationskosten, Verhandlungs- und Entscheidungskosten genauso wie Kosten der Durchsetzung.10 Die Firma stellt eine alternative Organisationsform gegenüber dem Markt dar. Verhandlungskosten zwischen den kooperierenden Individuen der Produktion können eingespart werden.11 Verhandlungen am Markt werden substituiert durch administrative Entscheidungen des Entrepreneuers. Die Firma entsteht, wenn es billiger ist eine Transaktion innerhalb einer Firma zu organisieren als diese extern über den Markt abzuwickeln.12 Vor allem dort, wo es schwierig und sehr kostspielig ist, vollständige Verträge zu formulieren, dh. wenn es darum geht, was ein Vertragspartner machen darf bzw. nicht machen darf und seine Anstrengungen nicht bzw. nur unter hohen Kosten beobachten und messen kann, hat die Firma gegenüber dem Markt einen relativen Kostenvorteil. Transaktionskosten determinieren also welche Transaktionen über den Markt abgewickelt werden, und welche innerhalb der Firma organisiert werden.13

Die Frage ist nun, wenn man durch das Organisieren von Transaktionen in einer Firma Kosten sparen kann, warum gibt es dann überhaupt noch Markttransaktionen bzw. wieso organisiert man dann nicht die komplette Produktion in einer einzigen Riesenfirma? Die Kosten des Organisierens einer zusätzlichen Transaktion innerhalb einer Firma übersteigen ab einer bestimmten Firmengröße die Transaktionskosten am Markt. Hier ist die natürliche Grenze der Firma erreicht.14

Ein weiteres Argument gegen die Existenz einer Riesenfirma gab Hayek in seinem 1945 erschienenen Artikel "The Use of Knowledge in Society". Hayek sagt, wenn es möglich wäre, alle Informationen zu kennen, und man die Möglichkeit hätte diese Informationen rational verarbeiten zu können, dann bräuchte man keine Märkte und die Planung der gesamten Produktion wäre innerhalb eines Unternehmens bzw. in einer Planwirtschaft möglich. Da dies jedoch nicht der Realität entspricht, ist es besser die Organisation der Produktion den Märkten zu überlassen.15 Durch die dezentrale Struktur des Marktes ist es möglich das spezielle Wissen jedes einzelnen effizient zu nutzen, indem man dem Individuum die Entscheidung über die Allokation von Ressourcen überlässt. Durch das Zusammendenken von Hayek und Coase ergibt sich also ein Wirtschaftsystem, so wie wir es heute kennen, bestehend aus Firmen, welche über die Verwendung von Kapital und Arbeit entscheiden, gleichzeitig aber eingebettet sind in ein großes Ganzes, den Markt, auf dem sie sich nach Preisen richten müssen, um überleben und wachsen zu können. Viele kleine Top-Down Systeme, die sich in einem großen Bottom-Up System befinden.16 Was aber genau ist es, was in Transaktionen so kostspielig ist? Hier bleibt Coase relativ vage. North spezifiziert Coases Definition, wenn er sagt, dass Transaktionskosten "consist of the costs of measuring the valuable attributes of what is being exchanged and the costs of protecting rights and policing and enforcing agreements."17 Die Höhe der Messkosten ist der entscheidende Faktor, weswegen asymmetrische Informationen zwischen den Handelspartnern entstehen, da nicht jeder kostenlos die Attribute eines Gutes beobachten kann. Attribute eines Gutes sind vielfältig und teilweise schwer zu messen.18 Man nehme die Attribute eines Autos. Wenn ich ein Auto kaufe, bekomme ich bestimmte Attribute wie eine bestimmte Farbe, Beschleunigung, Verbrauch, Design. Von jedem Attribut habe ich einen bestimmten Nutzen, der aggregiert den Preis ergibt, den ich bereit bin zu bezahlen. Weil es zu kostspielig ist, manche dieser Attribute zu messen bzw. deren Ausprägungen (wie den Benzinverbrauch) zu beobachten, habe ich ein Informationsdefizit. Mein Gegenüber könnte versuchen anhand seines Informationsvorteils Gewinn aus diesem zu schlagen. Die Anreize für Betrügen und Stehlen sind in einer Welt mit Transaktionskosten

- hier Informationsasymmetrien - für nutzenmaximierende Individuen latent vorhanden.19 Die Kosten, die entstehen, um Informationen über die Ausprägungen der einzelnen Attribute zu bekommen, sind Informationskosten. Und diese Informationskosten sind der Grund, warum Transaktionen kostspielig sind.20 In manchen Fällen sind die Kosten so hoch, dass eine Informationsasymmetrie bestehen bleibt, die zu Unsicherheit führt. Unsicherheit, über die Qualität von Attributen eines Gutes oder einer Dienstleistung. Unsicherheit, ob es im Interesse der anderen Partei ist, den Vertrag zu erfüllen oder nicht. Wie letztere Unsicherheit beseitigt werden kann, ist Thema von Punkt 2.3. Aufgrund der Unsicherheiten über die Qualität von Attributen finden viele Transaktionen nicht statt. Der Markt bricht zusammen.21 Die schon von Adam Smith erwähnten Gewinne aus Spezialisierung und Arbeitsteilung können nicht realisiert werden. Ist dies der Fall kommen Institutionen ins Spiel.

Kostet es mich zudem immens viel einen geeigneten Handelspartner zu finden, der genau mein Gut A gegen sein Gut B tauschen möchte, brauche ich extrem viel Zeit und Geld um diesen einen Tauschpartner zu finden.22 Sind die potenziellen Gewinne des Tausches kleiner als die erwarteten Transaktionskosten, werde ich mich erst gar nicht auf die Suche nach einem Handelspartner begeben. Transaktionkosten determinieren also die Größe des Marktes.

Wie können nun Transaktionskosten reduziert werden, um die Größe des Marktes zu vergrößern, sprich um Wachstum zu schaffen? Wachstum wird hier verstanden als eine Steigerung des aggregierten Outputs einer Volkswirtschaft über die Zeit.23 Dies könnte einerseits gelingen durch neue Technologien.24 Das Internet verringert die Kosten der Suche nach einem geeigneten Handelspartner. Der Markt wächst durch neue Firmen (wie z.B. Ebay), welche die neue Technologie zur Senkung von Transaktionskosten effizient ausnutzen. Eine Reduktion der Transaktionskosten könnte auch über die Einführung von Institutionen geschehen.

Was sind Institutionen ? Einer der Hauptvertreter der Institutionenökonomik, Douglass North, definiert Institutionen als "rules of the game"25 oder etwas spezieller als "...humanly devised constraints that structure human interaction. They are made up of formal constraints (e.g., rules, laws, constitutions), informal constraints (e.g., norms of behavior, conventions, self-imposed codes of conduct), and their enforcement characteristics."26 Zudem sind Institutionen relativ dauerhafte, permanente Beschränkungen.27

Es gibt formale sowie informale Institutionen. Formale Institutionen sind explizit in Form von Gesetzen, Verfassungen aufgeschrieben. Sie sind Produkte der Gesetzgebung. Informale Institutionen sind ungeschrieben, wie Werte, Normen und Tabus. Sie sind Produkte der vorherrschenden Kultur.28 Die greifbarste Definition dieses abstrakten Begriffs der Institution ist vielleicht die von North: Institutionen sind "...perfectly analogous to the rules of the game in a competitive team sport. That is, they consist of formal written rules as well as typically unwritten codes of conduct that underlie and supplement formal rules, such as not deliberately injuring a key player on the opposing team."29

Wie Regeln, welche für alle gelten, ein effizienteres Ergebnis als der Markt bereitstellen können, ist Themas des folgenden Kapitels.

2.2. Der Staat zur Senkung von Transaktionkosten

Der Staat könnte helfen dem sozialen Optimum näher zu kommen, indem er erstens selbst Regeln erlässt, die alle einhalten müssen. Dadurch können die immensen Verhandlungskosten gespart werden, die auftreten, wenn viele Menschen von einer Aktivität betroffen sind. Zweitens könnte er Wachstum generieren, indem er die Unsicherheit, welche aufgrund von Informationsasymmetrien zwischen den Wirtschaftssubjekten über die Ausprägung von verschiedenen Attributen eines Gutes oder einer Dienstleistung bestehen, reduziert. Dies wird erreicht werden, indem er für die Durchsetzung von Verträgen sorgt und Vertragsbrecher bestraft. Damit werden potenziell gewinnbringende Transaktionen durchgeführt, wodurch Wachstum entsteht.

2.2.1. Der Idealfall: Schaffung von effizienten Institutionen für Wachstum

In Coases Artikel "The Problem of Social Cost" geht es um eine Firma, welche die Luft verschmutzt, und damit die Anwohner schädigt. Es entsteht eine Externalität, ein negativer externer Effekt. Die Firma vermindert den Wert eines Gutes, das andere auch nutzen, ohne diese für die Wertminderung zu entschädigen. Um eine effiziente Marktlösung zu erreichen muss dieser negative Effekt in das Kostenkalkül der Firma integriert werden. Man spricht von der Internalisierung des externen Effekts. Könnte die Firma mit allen Personen verhandeln, welche von der Luftverschmutzung betroffen sind, könnte eine effiziente Marktlösung erreicht werden, indem entweder die Firma die Betroffenen entschädigt oder die Betroffenen bezahlen die Firma weniger Schadstoffe zu emittieren. Da jedoch die Zahl der betroffenen Personen sehr hoch ist, und es quasi unmöglich ist, den Schaden jedes einzelnen zu beziffern bzw. dies sehr teuer ist zu messen, sind die Verhandlungskosten sowie die Messkosten - sprich die Transaktionskosten - prohibitiv hoch. Die soziale Wohlfahrt wird nicht maximiert wird, da die sozialen Kosten - die aggregierten Kosten, die alle tragen müssen - größer sind als die privaten Kosten der Firma. Ohne entsprechende Kompensation gewinnt zwar die Firma, da sie niemanden entschädigen muss. Allerdings wird dieser Gewinn von den Nutzeneinbußen der Anwohner, welche aus der schlechten Luft resultieren, überkompensiert. Aufgrund von Transaktionskosten kommt keine effiziente Marktlösung zu Stande.

In einer Welt ohne Transaktionskosten wüsste die Firma genau, wer wie sehr von den Schadstoffen betroffen ist. Jeder externe Effekt wäre messbar und hätte einen Preis. Märkte würden entstehen. In dieser Welt könnte die Firma solange mit den Betroffenen verhandeln, bis eine effiziente Lösung gefunden ist. Dabei spielt es keine Rolle, wer wen entschädigt. Ob die Firma die Anwohner für ihren Schaden bezahlt, oder ob die Anwohner die Firma bezahlt weniger Schadstoffe auszustoßen. Die Eigentumsrechte am Gut "Luft" hätten demnach keinen Einfluss auf das soziale Optimum. Über Verhandlungen können jegliche Konflikte gelöst werden, da jeder externe Effekt über Verhandlungen internalisiert werden kann. 30 Regeln wären irrelevant.

Das Coase-Theorem besagt also, dass das soziale Optimum unabhängig von der Rechtsstruktur erreicht wird, solange der Preismechanismus kostenlos funktioniert.31 Dies ist nur möglich, wenn die Eigentumsrechte für die Attribute eines Gutes bzw. einer Dienstleistung kostenlos definiert und zugeteilt werden können. Jeder Verursacher einer Externalität kann in einer solchen Welt das Eigentumsrecht eines Attributes, welches er durch seine eigene Aktivität beeinflusst, erlangen, wodurch die optimale Allokation erreicht wird.32 In diesem Fall können sie sich das Residuum ihrer Aktivität aneignen, wodurch sie einen Anreiz haben ihr Eigentumsrecht an diesem Attribut dem höchsten Nutzen zuzuführen. Durch Kauf, Aufteilung und Kombination von Eigentumsrechten können die Aktivitäten ausgeführt werden, welchen den höchsten Nutzen erzeugen.33 Wir würden in der effizientesten aller Welten leben.34

In der realen Welt, welche durch asymmetrische Information und damit positive Transaktionskosten gekennzeichnet ist, spielen Institutionen hingegen eine große Rolle. In dieser Welt, in der es nicht kostenlos ist, die Effekte einer Aktivität auf die Attribute eines Gutes zu messen, entstehen Konflikte, da nicht jeder externe Effekt internalisiert werden kann. Die Firma weiß nicht, wer wie sehr von den Schadstoffen betroffen ist, bzw. die Transaktionskosten dies herauszufinden zu hoch sind. Das soziale Optimum wird nicht erreicht, da der Schaden für die Anwohner nicht in den Kosten der Firma berücksichtigt wird. Aufgrund der sehr hohen Mess- und Verhandlungskosten kommt keine Internalisierung über den Markt zu Stande.

Wie könnte ein besseres Ergebnis erreicht werden? Eine Art Superfirma könnte analog zum Entrepreneuer administrativ entscheiden, wie die Ressourcen verwendet werden sollen, so dass der soziale Output maximiert wird. Anstatt mit jedem einzelnen zu verhandeln und herauszufinden, wie stark er betroffen wäre, könnte sich die Superfirma die hohen Verhandlungskosten dieser Marktlösung sparen, indem sie bestimmt, wie hoch der Ausstoß an Schadstoffen sein darf. Diese Superfirma wird im allgemeinen Sprachgebrauch "Staat" genannt.35 Anstatt über teure Verhandlungen über den Markt könnte der Staat per Gesetz den Schadstoffausstoß reglementieren.36 Wie der Staat Unsicherheit, welche aus Transaktionskosten resultiert, senken kann und dadurch näher an das soziale Optimum herankommt, wird im folgenden Beispiel ersichtlich.

2.2.2. Durchsetzung von Verträgen und die ambivalente Rolle des Staates

"Verträge ohne das Schwert sind nur Worte".37 Die Vertragsdurchsetzung wird wichtig, wenn der Tausch zweier Güter zeitlich auseinander fällt. Bei Gleichzeitigkeit der Transaktionen wäre die Durchsetzung trivial.38 Bei Transaktionen deren Erfüllung zeitlich auseinanderfallen, ist es für die Partei immer lohnend den Vertrag nicht zu erfüllen, deren Erfüllung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll. Termingeschäfte und vor allem die Gewährung von Krediten verlangen nach einer dritten Gewalt, welche Verträge durchsetzt, oder um es mit Hobbes Worten zu sagen, "Verlangen nach einem Schwert". Die Dritte Gewalt ist umso wichtiger, je größer die Skala der Produktion ist, d.h. je weniger informale Institutionen wie Werte und Normen das Handeln der Individuen beschränken. Die Bindungskraft dieser Institutionen nimmt ab, je heterogener der kulturelle Hintergrund der Handelspartner ist. Je unpersönlicher der Handel wird, je kulturell diverser, und je weniger Transaktionen ich mit demselben Partner habe umso wichtiger wird der unpersönliche Durchsetzer von Verträgen.39 Die Anreize für das Brechen von Verträgen sind für nutzenmaximierende Individuen in einer Welt zunehmend unpersönlicher Transaktionen latent vorhanden, da die Gewinne aus opportunistischem Verhalten - dem Vertragsbruch - immer lohnender werden.

Eine nicht konsequente Vertragsdurchsetzung und damit eine nicht zwangsweise Bestrafung des Vertragsbrechers schadet dem Handel sehr, da dadurch die Transaktionskosten und damit die Unsicherheit über das Verhalten des Handelspartners steigen, weil mehr Informationen über den Handelspartner beschafft werden müssen. Das Wachstum des Marktes in einem Umfeld schwacher Vertragsdurchsetzung ist stark begrenzt.

Für den Fall, dass Verträge zwischen den Bürgern nicht wirksam durchgesetzt werden können, gibt es für die Bürger Mittel und Wege, die Schwächen der Durchsetzung anderweitig auszumerzen. In kleinen, regionalen Märkten könnten informale Institutionen wie Werte, Normen und Religion die negativen Auswirkungen einer mangelhaften Vertragsdurchsetzung umgehen. Bei wiederholten Transaktionen könnte Reputation ein weiterer Ausweg sein.40 In einem Umfeld, in dem jeder jeden kennt, und in dem weitere Interaktionen sehr wahrscheinlich sind, wird sich keiner das Stigma des unehrenhaften Kaufmanns anhaften wollen.41 Kooperation ist hier anreizkompatibel und deswegen rational. Vertragsdurchsetzung durch den Staat ist hier nicht nötig, da die Sanktionsmöglichkeiten in solch einem Umfeld viel stärker sind als in globalen Märkten. Wie wirkt sich eine mangelhafte Vertragsdurchsetzung in einer globalen Marktwirtschaft aus, in der sich Tausch durch zunehmend unpersönliche Interaktionen zwischen Menschen aus unterschiedlichsten Regionen mit unterschiedlichen Werten vollzieht? Hier verlieren informale Institutionen ihre beschränkende Wirkung. Unsicherheit bezüglich des nächsten Aufeinandertreffens von zwei Händlern lässt die Attraktivität des Vertragsbruchs wachsen, vor allem in Phasen eines wirtschaftlichen Abschwungs, wenn die Gefahr des Ausscheidens eines Spielers aus dem Spiel durch Insolvenz relativ hoch ist. Jeder Spieler, vor allem derjenige, der erwartet, dass der andere in der nächsten Periode nicht mehr am Spiel teilnimmt, hätte einen großen Anreiz den Vertrag nicht zu erfüllen.42 Deswegen macht es Sinn Regeln zu installieren, um dieser Situation vorzubeugen. Dann ist Kooperation immer noch rational, auch wenn die Möglichkeit des Ausscheidens des Gegenübers relativ hoch ist. Regeln, und die aus dem Brechen dersselbigen resultierende Bestrafung machen also Sinn um kooperative Ergebnisse zwischen Individuen zu erreichen.

An einem konkreten Beispiel können die positiven Effekte von Institutionen in einer Welt positiver Transaktionen und globalem, unpersönlichem Handel illustriert werden: Angenommen Sie treffen sich mit einem Fremden um zwei Güter auszutauschen. Geld gegen ein Ding, das aussieht wie ein Fernseher. Angenommen es gibt keine Möglichkeit die Attribute des Geräts vor Abschluss der Transaktion zu untersuchen, d.h. Sie könnten den Fernseher nicht anschließen um zu sehen ob er funktioniert, Sie könnten nicht erkennen, ob er HD ready, HD full oder nur analog ist. Sie könnten nicht erkennen, welche Hertzzahl er hat etc.

Unter welchen Bedingungen wären Sie als Käufer des schwarzen Gehäuses mit Glasplatte dennoch bereit den Handel durchzuführen? Wenn Sie einen Schraubenzieher zur Hand hätten, ein Fernsehelektriker wären und durch bloßes Untersuchen der verbauten Teile im Inneren erkennen könnten, dass der Fernseher funktionieren muss, dann wären sie unter Umständen zu einem Handel bereit. Diese Kontrolle wäre allerdings sehr zeit- und kostenintensiv. Sie müssten sich einen Schraubenzieher anschaffen sowie das Wissen, um überprüfen zu können, ob das Ding funktioniert. Wenn sie kein Fernsehfachmann wären, wenn sie nicht über vollständige Informationen verfügen würden, wäre die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie den Handel unterlassen würden. Es besteht schließlich die Möglichkeit, dass ihr Handelspartner nicht nach hohen moralischen Standards bzw. Kants kategorischem Imperativ handelt. Dann wäre es für ihn unter Umständen lohnenswert, ihnen nur ein Ding, das aussieht wie ein Fernseher, zu verkaufen, und sich dann mit ihrem Geld aus dem Staub zu machen.

Sie wissen, dass der Händler einen großen Anreiz hat, sie übers Ohr zu hauen, da er weiss, dass sie nur ein Tourist auf Durchreise sind, und sie wahrscheinlich so schnell nicht wiederkommen. Nehmen wir an, der Händler hätte zwei Fernseher, die optisch identisch sind. Einer funktioniert, der andere ist nur eine Attrappe. Sie hätten Geld sowie Falschgeld bei sich. Beide wären an einem Tausch - funktionierender Fernseher gegen Nicht- Falschgeld - interessiert und hätten einen Nutzenzuwachs davon. Sie und der Händler sind grundsätzlich an einem Tausch interessiert. Welche Handlung ist in dieser Situation rational? Die Situation lässt sich anhand des Gefangenendilemmas darstellen: Welches Ergebnis kommt zustande, wenn das Ergebnis des Handels nicht nur von meiner Entscheidung abhängt, sondern auch von der meines Gegenübers? Dieses Problem zu untersuchen ist Thema der Spieltheorie.43 Spieler A seien Sie, Spieler B der Händler. In diesem one-shot Spiel44 gibt es für jeden Spieler zwei mögliche Strategien: Kooperiere "K" (Tausche funktionierenden Fernseher bzw. Nicht-Falschgeld) oder kooperiere nicht und defecte "D" (Tausche Fernsehattrape bzw. Falschgeld).45 Die Auszahlungen der möglichen Strategiekombinationen wären:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bemerkung: Die 1. Zahl ist die Auszahung für Spieler A, die 2. für B.

Das soziale Optimum (3,3) würde erreicht werden, wenn beide ihre Strategien K spielen würden. Wie sollte man sich in solch einer Situation verhalten? Angenommen sie sind Spieler A und sie gehen davon aus, dass B kooperiert. Dann würden sie 3 bekommen, wenn sie auch kooperien würden, aber 5 wenn sie defecten würden.

Jetzt nehmen sie an, B kooperiert nicht. Wenn sie kooperieren, bekommen sie die Auszahlung -1, wenn sie nicht kooperieren bekommen sie die Auszahlung 0. Das bedeutet, es ist besser zu defecten, wenn sie erwarten, dass der andere kooperiert und es ist es besser zu defecten, wenn sie erwarten, dass der andere auch defectet. Das gleiche gilt allerdings auch für Spieler B. Individuell rational ist es demnach, Strategie D zu spielen, da jeder dadurch seine Auszahlung maximiert, unabhängig davon was der andere macht. Die Strategie D ist somit dominant. Das Ergebnis ist zudem ein Nash-Gleichgewicht, da kein Spieler einen Anreiz hat von seiner Strategie abzuweichen, unabhängig davon, wie sich der andere entscheidet.46 Die Gleichgewichtslösung des Spiels ist (D,D) mit der Auszahlung (0,0), obwohl es für beide besser wäre, zu kooperieren und die Strategie K zu wählen. Deswegen spricht man von einem Dilemma.47 Individuell rationale Entscheidungen führen zu kollektiv irrationalen Ergebnissen. Aufgrund der Unsicherheit über die Strategie des anderen, ist es rational die Strategie D zu spielen. Defecten entspricht der Logik der Situation. Hätten beide Spieler vollkommene Informationen über die Attribute des Austauschobjekts - gäbe es keine Transaktionskosten - des Gegenübers, wäre kein Defecten möglich. Jeder könnte kostenlos erkennen, ob sein Gegenüber kooperiert oder nicht. Da defecten in dieser Situation nicht lohnt, da der andere den Schwindel sofort erkennen könnte, wäre Kooperation die einzige Lösung.

Wie wirken sich Transaktionskosten noch auf diese Situation aus, wenn es keine Institutionen gibt? Aufgrund von Transaktionskosten kann es sein, dass nicht einmal eine Verhandlung über den Tausch zustande kommt, nämlich dann, wenn der Gewinn aus dem möglichen Tauschgewinn kleiner ist als die entstehenden Transaktionskosten. Wenn ich erst 6 Nutzeneinheiten bezahlen muss, damit ich mich mit Fernsehern auskenne und überprüfen kann ob das auszutauschende Objekt funktionert, aber nur 3 Nutzeneinheiten erhalte, wenn ich dann den Fernseher tatsächlich bekomme, lohnt es sich überhaupt erst nicht in Verhandlungen zu treten. Transaktionskosten verhindern potenzielle Handelsgewinne.

Eine ineffiziente Vertragsdurchsetzung verhindert Wachstum noch auf eine andere Art. Nämlich dann, wenn der Preis für ein Gut teurer ist als wenn Verträge effizient durchgesetzt werden würden. A und B schließen einen Vertrag. A liefert heute, B bezahlt morgen. In Abwesenheit einer effizienten Vertragsdurchsetzung wird A eine Risikoprämie auf den Preis des Gutes aufschlagen, um sich gegen ein potenzielles Defecten von B abzusichern. Die Risikoprämie ergibt sich aus dem Produkt der Wahrscheinlichkeit des Defectens des Handelspartners und dem zu erwarteten Schaden. Wenn der neue Preis dann größer ist als die Zahlungsbereitschaft von B, wird kein Handel zu Stande kommen.

Genauso wenig werde ich einen Handel abschließen wollen, wenn die Kosten der Vertragsdurchsetzung - wenn ich selbst für eine Erfüllung des Vertrages sorgen muss - größer sind als die potenziellen Handelsgewinne. Dann lohnt es sich für meinen Gegenüber zu Defecten, da er weiss, dass es für mich aufgrund der hohen Kosten der Durchsetzung nicht rational ist auf eine Erfüllung des Vertrages zu bestehen. Die Durchsetzung stellt hier eine leere Drohung dar, da die Ausführung der Drohung mich schlechter stellt als wenn ich dies nicht täte. Grundsätzlich wäre es aber möglich, die Vertragsdurchsetzung auf freiwilliger Basis zu regeln.

Würde der Staat diese Aufgabe übernehmen könnte er allerdings die enormen Kostenvorteile, welche sich aus den Skaleneffekten der Vertragsdurchsetzung bzw. des Gewaltmonopols ergeben, voll ausnutzen und dadurch Vertragsdurchsetzung billiger bereitstellen als private Organisationen, wodurch Handel bei niedrigen Transaktionskosten ermöglicht werden würde.48 Die Kosten der Vertragsdurchsetzung wären die Kosten des Etablierens eines Rechtssystems und dessen Aufrechterhaltung durch Polizei, Gerichte, Gefängnisse. Durch die Sicherheit, dass Verträge eingehalten werden, entsteht vermehrt Handel. Der Staat hat somit einen Anreiz für eine Durchsetzung von Verträgen zu sorgen, da die aus dem gestiegenen Handel resultierenden Steuereinnahmen größer sind als die Kosten der Durchsetzung. Der Staat profitiert indirekt durch höhere Steuereinnahmen, die Vertragspartner von der Sicherheit, dass ihre Verträge durchgesetzt werden. Hier liegt aber auch ein Dilemma.

Wenn der Staat anhand seines Gewaltmonopols die Durchsetzung von Verträgen am billigsten bereitstellen kann, wie kann dann sichergestellt werden, dass der Staat diese Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil benutzt? Die Rolle des Staates - nimmt man die Geschichte als Maßstab - ist in diesem Punkt äußerst ambivalent. Es gibt genug Beispiele, in denen der Staat sein Wort gebrochen und das Gewaltmonopol benutzt hat, um zum eigenen Vorteil und gegen das Volk zu handeln, indem er zum Beispiel Investoren oder unliebsame Konkurrenten auf politischer Ebenen enteignet.49

Damit Wachstum entsteht muss der Staat nicht nur die defectenden Bürger bestrafen, sondern er muss sich auch selbst vor eigenem opportunistischem Verhalten schützen. Denn für die Bürger gibt es zwar anhand von wiederholter, persönlicher Interaktion und Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung über den Handelspartner die Option eine schwache Vertragsdurchsetzung seitens des Staates zu umgehen, allerdings gibt es diese Möglichkeiten nicht wenn es um den Staat und sein Verhalten geht. Die betroffene Bevölkerung kann sich opportunistischem Verhalten des Staates nicht entziehen, da der Staat die letzte Instanz, den ultimativen Schiedsrichter hinsichtlich der Sicherheit von Eigentumsrechten darstellt.50 Der Staat kann zwar die Bürger vor Diebstahl durch andere Bürger schützen, allerdings stehen die Bürger dem Diebstahl durch den Staat, sprich einer Enteignung, machtlos gegenüber.

Der Staat muss sich deshalb glaubhaft verpflichten, dass er diese Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil benutzt. Dies kann entweder über Reputation geschehen - Thema von Kapitel 4.1.2. - oder indem er sich Beschränkungen auferlegt - politische Institutionen wie die Demokratie schafft - die er selbst nicht ändern kann. Dadurch kann der Staat glaubhaft versichern seine Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil zu missbrauchen.51 Es ist unschwer zu beweisen, dass der Grad der Sicherheit von Eigentumsrechten das Ausmaß der Investitionen und damit das Wachstums in einer Volkswirtschaft determiniert. Bei hundertprozentiger Enteignung hat der Investor keinen Anreiz überhaupt zu investieren. Bei nullprozentiger Enteignung oder bei nicht zu hoher pauschaler Enteignung, i.e. Pauschalsteuern gehören ihm die Erträge seiner Arbeit bzw. Investition voll und ganz.52 Die first-best Lösung, also das Ergebnis das erreicht werden würde, wenn es keine Transaktionskosten geben würde, wird dann erreicht. Je größer die Enteignungswahrscheinlichkeit umso kleiner die Investitionsquote und damit das Wachstum.53

Zurück zur Interaktion zwischen zwei Bürgern.54 Kann die Situation so verändert werden, dass ein gewinnbringender Handel zwischen Ihnen und dem Händler zu Stande kommt? Hätte sie die Sicherheit, dass ihr Gegenüber ehrlich handelt, weil er zum Beispiel Bestrafung fürchtet, dann könnte sie guten Gewissens auf den Handel eingehen, auch wenn ihnen die Informationen bezüglich der Funktionstüchtigkeit des Fernsehers fehlen. Wenn es eine Regel gibt, die den Händler bestraft, hätte dieser nämlich gar keinen Anreiz ihnen seinen kaputten Fernseher zum Tausch anzubieten,55 denn durch das Bestrafen verändern sich die Payoffs im Gefangenendilemma.56 Angenommen Defecter werden ex post mit 3 Nutzeneinheiten bestraft. Der Payoff, welcher aus defecten resultieren würde, wäre dann nur noch 5-3, also 2. Rationale Individuen würden sich somit für eine Kooperation (Auszahlung 3) entscheiden. Regeln bzw. die Bestrafung, welche aus dem Brechen derselbigen resultieren, verändern die Payoffs der Auszahlung und machen dadurch defecten irrational. Sie könnten ruhigen Gewissens die Transaktion durchführen. Sie könnten sich die Kosten der Informationsbeschaffung sparen. Sie müssten sich nicht mit Fernsehern auskennen, sie könnten sich die Kosten für den Schraubenzieher und die Zeit zur Überprüfung einsparen. Ein gewinnbringender Handel würde stattfinden. Die bloße Existenz von Regeln reicht nicht aus um Wachstum zu generieren. Erst wenn das Brechen der Regeln kostspielig wird, ist Kooperation rational. Regeln im Zusammenhang mit ihrer effektiven Durchsetzung verringern also Transaktionskosten und fördern den Handel.57

Je spezialisierter eine Wirtschaft ist, umso wichtiger wird die Durchsetzung von Verträgen. Denn je spezialisierter eine Wirtschaft ist, umso mehr Transaktionen finden statt.58 Die effiziente Durchsetzung von Institutionen ist demnach ein fundamentaler Baustein für den Reichtum einer Nation. North sagt, dass "the inability of societies to develop effective, low-cost enforcement of contracts is the most important source of both historical stagnation and contemporary underdevelopment in the Third World".59 Institutionen können ihre positive Wirkung also nur voll entfalten, wenn andere gewillt sind, sich an diese Regeln zu halten, oder eben durch Bestrafung gezwungen werden können, dies zu tun. Die Kosten der Vertragsdurchsetzung weisen stark steigende "economies of scale" aus, weshalb die Vertragsdruchsetzung am billigsten vom Staat bereitgestellt werden kann. Allerdings bringt eine strikte, unparteiische Vertragsdurchsetzung wenig, wenn die Institutionen, welche durchgesetzt werden sollen, keine Anreize liefern zu investieren und zu handeln. Dies ist der Fall bei unsicheren Eigentumsrechten. Ob der Staat diese Sicherheit gewährt, dh. nicht selbst diese Eigentumsrechte verletzt, ist demnach entscheidend, ob Wachstum entsteht oder nicht.

Institutionen haben Einfluss auf die Anreize der Individuen und tragen deswegen entscheidend dazu bei, ob Nationen prosperieren oder nicht.60 Coase stimmt Pigou zu, wenn er sagt, dass "if self-interest does promote economic welfare, it is because human institutions have been devised to make it so."61 Coase selbst sagt, dass "[...] for anything approaching perfect competition to exist an intricate system of rules and regulations would normally be needed."62 Durch Regulierung entstehen wettbewerbsorientiere Märkte werden, wodurch das Handelsvolumen steigt.63 In früheren Zeiten sorgten private Organisationen für Orte, an denen sicher Handel getrieben werden konnte. In der heutigen globalen Wirtschaft muss der Staat für diese Sicherheit sorgen.

Manche Institutionen ermutigen Individuen innovativ zu sein, Risiken auf sich zu nehmen, sich zu bilden und zu lernen.64 Und manche eben nicht. Und diese Institutionen kennzeichen eben Staaten, in denen Eliten an der Macht sind und anhand von Monopolen versuchen ihren Reichtum zu maximieren. Eintrittsbarierren werden errichtet. Entrepreneure werden hier entmutigt zu investieren. Und ohne ihre Investitionen ist Wachstum auf breiter Ebene nicht möglich.65 Möchte eine Regierung einen Monopolisten schützen, weil sie selbst der Monopolist ist, oder weil der Monopolist ein wichtiger Unterstützer dieser Regierung ist, so werden in dieser Branche große Eintrittsbarierren errichtet, was die Eigentumsrechte zukünftiger Entrepreneure verletzt. Investitionen und damit Wachstum werden verhindert.

Gibt es sichere Eigentumsrechte für die breite Bevölkerung haben alle einen Anreiz zu investieren und am Handel teilzunehmen. Sichere Eigentumsrechte könnten hier als eine Art positive Netzwerkexternalität gesehen werden, in dem der Nutzen für eine Person dieses Rechts von der Anzahl der Nutzer anderer Eigentümer dieses Rechts steigt.66 Je mehr Leuten sichere Eigentumsrechte gewährt werden, umso eher können positive Netzwerkeffekte aus gestiegener Spezialisierung realisiert werden. Je mehr Leute am Handel teilnehmen, umso größer wird der Effekt anhand Multiplikatoreffekte auf das Wachstum sein. Umgekehrt wird das Wachstum umso kleiner sein, je unsicherer die Eigentumsrechte sind. Hier findet keine Spezialisierung und damit kein Wachstum statt.

2.3. Der Staat als kritische Determinante der Distribution von Reichtum

In einer positiven Transaktionskostenwelt sind nicht alle Eigentumsrechte perfekt verteilt, weil nicht jedes Attribut kostenlos messbar ist. Nicht jeder externe Effekt kann internalisiert werden, weil es sich nicht lohnt bzw es sehr teuer ist, jeden Effekt exakt zu messen und deshalb nicht jeder Konflikt durch Verhandlungen gelöst werden kann. In dieser Welt ist es sehr wohl entscheidend, wer ex ante mit Eigentumsrechten ausgestattet wird, dh. wer das Recht hat etwas zu tun und wer nicht.67 Und wer Eigentumsrechte ex ante bekommt, bestimmt die Gesetzgebung und damit der Staat. In einer positivien Transaktionskostenwelt bestimmt also der Staat durch seine Gesetzgebung, wer für den Schaden haften muss und dadurch, wer davon profitiert. Würde der Staat bestimmen, dass die Firma die Eigentumsrechte am Gut "Luft" hat, müssten die Anwohner die Firma entschädigen. Wohingegen im umgekehrten Fall die Anwohner profitieren würden.

Hier trifft das Gesetz normative Entscheidungen, wer ex ante das Eigentumsrecht an einer bestimmten Sache bekommen soll. Coase nennt als Beispiel die Entdeckung einer Höhle.68 Wer soll Eigentümer dieser Höhle sein und somit das Recht haben die Eigentumsrechte an der Höhle gewinnbringend zu nutzen? Der Entdecker der Höhle, der Eigentümer des Grundstücks, unter dem die Höhle liegt, oder der Eigentümer des Grundstücks, in dem der Eingang zur Höhle ist? Coase macht keine Aussage darüber wie diese Rechte verteilt werden sollen. Er sagt nur dass, wenn es keine Transaktionskosten gibt, das soziale Optimum letzenendes erreicht wird, unabhängig davon wer die Rechte ex ante hält.69 Dies bedeutet im Umkehrschluss dass, wenn es Transaktionskosten gibt, die anfängliche Distribution der Rechte für den Reichtum jedes Einzelnen sehr wohl entscheidend ist. Durch das Gesetz werden die Produktionskosten einer Firma und als Folge davon die Angebotsmenge sowie der Preis des Gutes dieser Firma bestimmt. Hat eine Firma das Recht Schadstoffe zu emittieren, profitiert diese in einer positiven Transaktionskostenwelt mehr als wenn sie dies nicht darf und für jede Einheit Emission bezahlen muss. Wie wir sehen, hat die Distribution von Eigentumsrechten ex ante Auswirkungen auf die Produktionskosten dieser Firma und als Folge des Handels mit anderen Firmen auch auf die Produktionskostenfunktionen dieser Firmen.70 Die herrschenden Gesetze bzw. die von ihnen abgeleiteten Rechte bestimmen die Wirtschaft. Und Gesetze werden von der Politik bzw. den Herrschenden gemacht. Die Politik bestimmt somit indirekt die Kosten der Firmen und durch Regulierung und die Vertragsdurchsetzung die Funktionstüchtigkeit der Wirtschaft allgemein. Oder wie Coase es sagt: "...the legal system will have a profound effect on the working of the economic system and may in certain respects even said to control it."71

Wenn einem bewusst wird, dass das Gesetz durch die Distribution von Rechten entscheidet, wer profitiert und wer bezahlen muss, dann werden auf einmal Fragen wichtig, wie: Wer macht das Gesetz? Wer darf entscheiden, wer welche Rechte bekommt?72 Welche Anreize hat derjenige, der an der Macht ist?

Die Struktur des Staatsaufbaus setzt die Anreize der Herrschenden. Ist der Herrscher von der Wählergunst abhängig und möchte seinen Nutzen dadurch maximieren, indem er effiziente Institutionen installiert und dadurch Wohlstand für alle schafft, wodurch er wiedergewählt wird?73 Oder kann dieser gar nicht abgewählt werden, weshalb er an der Maximierung seines eigenen Nutzens interessiert ist? Nutzenmaximierung könnte stattfinden, indem sich die Elite selbst Monopole errichtet, oder unterstützenden Gruppen Eigentumsrechten an Monopolen gewährt. In beiden Fällen werden die Eigentumsrechte zukünftiger Investoren verletzt. Alle Gruppen außerhalb dieser Regierungskoalition haben keinen Anreiz in Human- bzw. Sachkapital zu investieren, da sich diese Investitionen nicht auszahlen. Ist eine Regierung zum Beispiel Eigentümer des Grundstücks unter dem eine Höhle - oder noch prägnanter - eine Goldmine liegt, wird sicher nicht der Entdecker der Goldmine rechtmäßiger Eigentümer, zumindest nicht in einem diktatorischen, authoritären, oligarchischen - oder etwas allgemeiner - einem Ausbeuterstaat.74 Die Staatsform entscheidet also über die Sicherheit und Distribution von Eigentumsrechten und damit über die Distribution von Reichtum innerhalb einer Gesellschaft.

3. Entstehen von Ausbeuterstaaten: Die Fähigkeit der Elite kollektiv zu handeln

Wenn der Staat über die Distribution von Reichtum innerhalb seines Volkes anhand seiner Gesetzgebung entscheidet, scheint es sinnvoll zu fragen: Wer ist der Staat, bzw. wer ist die Gruppe, die an der Macht ist und den Staat führt, und was sind ihre Interessen und Ziele? Welche Gruppe kann sich als erstes an die Macht setzen und damit den Staat nach Belieben formen? Jene Gruppe, welche als erstes, also quasi bei den Verhandlungen über den Gesellschaftsvertrag an der Macht ist, könnte solche politischen Institutionen installieren, welche ihre Macht über die Zeit sichert, und solche ökonomischen Institutionen installieren, die ihren persönlichen Nutzen maximieren. Politische Institutionen determinieren also die Distribution politischer Macht, während ökonomische Institutionen den Reichtum innerhalb der Gesellschaft determinieren. Wie eine kleine Gruppe an die Macht gelangen kann, welche Institutionen installiert, die nur ihren Interessen dient, kann anhand des Problems kollektiven Handelns sowie der Vertragstheorie erklärt werden.

3.1. Ineffiziente Institutionen: Die Theorie sozialen Konflikts

In der Theorie des sozialen Konflikts wählen Gesellschaften Institutionen, welche sich nicht an der Maximierung des sozialen Outputs orientieren, sondern an den Interessen der Elite. Dies erreicht die Elite am besten durch unsichere Eigentumsrechte, da hier die Bevölkerung jederzeit enteignet und Monopole kreiiert werden können, wenn es der Elite gerade opportun erscheint.

"Pressure ... is always a group phenomenon. It indicates the push and resistance between groups. The balance of this group pressure is the existing state of society".75 Das heißt, dass die stärkste Gruppe bestimmt, in welcher Art von Staat wir leben. Diese Gruppe bestimmt, wer Eigentumsrechte bekommt, und damit wer gewinnt und wer verliert und wie sicher diese sind.

Dass die Gruppen sich in einem Konflikt über die Distribution der Kosten und Vorteile der vom Staat bereitgestellten öffentlichen Güter befinden, kann anhand der Budgetrestriktion des Staates illustiert werden Die kompletten Steuereinnahmen gleichen den kompletten Ausgaben für Subventionen und anderen Transfers. Dies stellt die staatliche Budgetgleichung dar. Das heißt, wenn eine Gruppe, definiert durch Individuen gleichen Einkommens, gleicher Industrie, gleichen Alters oder anderer Charakteristika, sich gut organisieren kann und dadurch ihren politischen Einfluss geltend machen kann, dann kann sie für sich Veränderungen in ihrer Besteuerung bzw. ihren Subventionen erreichen.76 Wegen der Budgetrestriktion heißt dies aber gleichzeitig Veränderungen für andere Gruppen. Es wird ein Nullsummenspiel gespielt.77

Der Gewinn der einen Gruppe ist der Verlust der anderen. Gleichzeitig könnte man sagen, dass verschiedene Gruppen nicht nur über ökonomische Institutionen wie Steuern und Subventionen streiten, sondern auch über politische Institutionen. Demokratie oder Nichtdemokratie. Gewaltenteilung oder unbeschränkte Macht. Verlierer dieses Politikspiels müssen nicht passiv ihr Schicksal akzeptieren, sondern können durch Lobbyarbeit, Drohen, Ungehorsam, Migration etc. versuchen ihren Einfluss zu erhöhen.78 Hier würde eine Gruppe, welche Druck aufbaut, zwar keine politisch legitimierte Macht ausüben, allerdings eine Art faktische Macht. Der Druck, den eine Gruppe aufbauen kann, hängt positiv von ihrer Anzahl ab, und wieviele Ressourcen jeder einzelne in die Produktion von Druck investiert. Je effizienter eine Gruppe im Ausüben von Druck wird - indem sie die Anreize für Freeriding durch Bestrafung von nicht kontributierenden Gruppenmitgliedern bzw. Belohnung von bezahlenden Gruppenmitgliedern abbauen kann

- umso mehr kann sie ihre Steuerbelastung abbauen bzw. ihre Vorteile aus Subventionen ausbauen.79 Nicht das absolute Level der Organisationsfähigkeit ist hier entscheidend, sondern nur relativ gesehen zu anderen Gruppen.

Welche Gruppen sind besonders effizient im Ausüben von Druck und können somit den Staat für sich instrumentalisieren? Aus Olsons Theorie des kollektiven Handelns - welche in Kapitel 3.2. behandelt wird - wissen wir, dass oft kleine Gruppen ihre Ziele eher erreichen als Große. Kleine Gruppen können demnach am effizientesten Druck ausüben und kommen somit an die Macht. Einmal an der Macht wird die kleine Gruppe versuchen die ökonomischen sowie die politischen Institutionen zu ihren Gunsten zu verändern. Dies kann geschehen, indem sie Eigentumsrechte verletzt und sich profitable Firmen aneignet, Monopole kreiiert und gleichzeitig Eintrittsbarierren schafft, um ihre Renten zu schützen. Monopole und damit ineffiziente Märkte sind die Folge.

Gleichzeitig wird sie versuchen, die politischen Institutionen in ihrem Interesse zu verändern. Allerdings muss unterschieden werden, ob diese Gruppe in einem schon etablierten System wie einer Demokratie an die Macht kommt, oder ob ein Politikregime - Demokratie oder Nichtdemokratie - erst noch installiert werden muss. In beiden Regimentypen möchten die Mächtigen ihren Nutzen maximieren. Dies geschieht allerdings auf komplett verschiedene Weise.

In einer Demokratie maximieren die Regierenden ihren eigenen Nutzen, indem sie wiedergewählt werden. Um beim Wähler attraktiv zu erscheinen, werden sie versuchen durch effiziente Institutionen das soziale Optimum zu erreichen. In einer Demokratie ist es auch für die Mächtigen schwierig, die umfassenden Restriktionen, die diese kennzeichnen, aufzuheben.80 In einer Nichtdemokratie haben die Regierenden keinen Anreiz effiziente Institutionen für das Volk zu installieren, da sie nicht abgewählt werden können.81 Sie maximieren ihren Nutzen indem sie die Natur oder ihr Volk ausbeuten. Effiziente Institutionen können und wollen sie nicht installieren, da Distribution und Effizienz unteilbar miteinander verbunden sind. Dazu Mehr in Kapitel 4. Und wenn wir annehmen, dass der Nutzen für die Mächtigen in einer Nichtdemokratie größer ist als in einer Demokratie, werden Gruppen bei den Verhandlungen über den Gesellschaftsvertrag versuchen politische Institutionen im Sinne einer Nichtdemokratie zu installieren.82 Nichtdemokratien werfen aufgrund von Monopolen bzw. Eintrittsbarierren vor allem Anfangs höhere Gewinne für die Eliten ab, während Demokratien Verzerrungen aufgrund höherer Besteuerung und größerer Redistribution hervorrufen. Die verzerrenden Effekte der Redistribution bleiben allerdings über die Zeit konstant, wohin gegen die verzerrenden Effekte von Eintrittsbarierren über die Zeit zu nehmen. Die Vorteile der schöpferischen Zerstörung können in diesen Märkten nicht genutzt werden. Dadurch fallen Ausbeuterstaaten langfristig hinter die Entwicklung von Demokratien zurück. Unterstellen wir den Stärkeren einen hohen Diskontfaktor, ist es für sie rational, sich im Urzustand für einen Ausbeuterstaat zu entscheiden. Hier kommt es zu Institutionen, die die Renten der regierenden Gruppe maximieren zu Lasten der übrigen Gruppen. In dieser Situation wird nicht der Kuchen maximiert, sondern das Stück der Regierenden.83 North sagt, dass die regierende Gruppe Eigentumsrechte wählt, welche ihren Nutzen maximieren, und dass diese aufgrund von Transaktionskosten nicht dem sozialen Optimum entsprechen. Leider konkretisiert er nicht genau, wie diese Transaktionskosten aussehen. Bei North heißt es nur: "... this postulate [...] simply ignores positive transaction costs which is what the game is all about. Even the most casual observation from history and the contemporary world make clear that ’inefficient’ property rights are the rule, not the exception."84 In Kapitel

4.1.1. sehen wir, wie diese Transaktionskosten aussehen könnten.

Demokratien entstanden so gut wie nie ex ante, sondern immer aus ineffizienten politischen Institutionen heraus, wenn irgendeine Form der Elite - ob Militär, Monarch, Diktator etc - an der Macht war.85 Hieraus könnte auch die Form der Kuznet-Kurve erklärt werden, wenn wir annehmen, dass in Staaten, in denen die Elite an der Macht ist, das Einkommen anfänglich sehr ungleich verteilt ist und die Ungleichheit aufgrund von der Gewährung von Monopolen im Zeitverlauf sogar noch ansteigt. Irgendwann allerdings wird der Druck anhand von drohenden Revolutionen auf die Elite zu groß, so dass diese den Bürgern Zugeständnisse eingestehen muss, um ihren Macht erhalt zu sichern. Redistribution von Einkommen hin zu ärmeren Bevölkerungsteilen sowie sicherere Eigentumsrechte für einen größeren Teil der Bevölkerung ist die Folge. Die Redistribution und die sicheren Eigentumsrechte sind nur glaubhaft, wenn politische Institutionen installiert werden, welche die Elite in ihrer Macht beschränken. Und das sind eben demokratische Institutionen.86 Die ursprüngliche Staatsform ist jedoch - in implizierter Übereinstimmung mit der Kuznet-Kurve - der Ausbeuterstaat. Wie ist dies theoretisch zu erklären?

3.2. Die Elite: Möglichkeit kollektiven Handelns

Wie kann es möglich sein, dass eine kleine Gruppe, die Elite, sich gegen eine zahlenmäßige Übermacht durchsetzen und sich an die Spitze des Staates setzen kann? Ist es überhaupt realistisch anzunehmen, dass soziale Gruppen geschlossen handeln und jedes Mitglied das tut, was für die Gruppe am besten ist? Mancur Olson hat 1965 mit seinem Buch "The logic of collective action" sehr viel dazu beigetragen, Licht auf diese Frage zu werfen.

Es ist das Ziel einer jeden Organisation, einer jeden Gruppe, dass sie für ihre Mitglieder einen für alle nutzbaren Vorteil bietet, oder mit anderen Worten: Funktion der Organisation ist es, öffentliche Güter bereitzustellen.87 Eine Gruppe wird hier definiert als eine Ansammlung von Menschen, welche ein gemeinsames Ziel haben und sich zu dessen Förderung zusammenschließen.88 Mit anderen Worten: Das Ziel einer Gruppe fungiert als öffentliches Gut. Wird das Ziel erreicht, profitiert jedes Gruppenmitglied davon, kein Gruppenmitglied kann von dessen Nutzen ausgeschlossen werden.

Institutionen haben den Charakter öffentlicher Güter.89 Auf dieser Annahme basiert die Theorie Olsons. Das Problem bei öffentlichen Gütern, auch Kollektivgüter genannt, ist: Alle wollen sie, aber da keiner von dessen Nutzung bzw. Konsum ausgeschlossen werden kann, will keiner dafür bezahlen. Wenn jeder dieser Gleichgewichtsstrategie folgt, kommt es zu keiner Bereitstellung dieses Gutes bzw. zu einer Unterversorgung mit demselbigen, obwohl es für alle besser wäre zu kontributieren.90 Beispiele für Kollektivgüter, welche allen, also nicht nur einer speziellen Gruppe zugute kommen, sind Landesverteidigung, Luftverschmutzungskontrollen, Polizeischutz, sowie das System von Recht und Ordnung.91

Der Staat löst das Problem der Finanzierung dieser öffentlichen Güter, indem er Zwangszahlungen, i.e. Steuern einführt.92

Wie stellen jedoch Gruppen, welche nicht über staatlichen Zwang verfügen, sicher, dass jedes Mitglied kontributiert bzw. bezahlt, um das gemeinsame Ziel zu erreichen? Die Aussage, die Olson trifft, ist ähnlich pessimistisch wie die des Gefangenendilemmas. Individuell rationale Strategien verhindern kollektiv rationale Ergebnisse. In diesem Fall: Das Erreichen des Gruppenziels. Im Kern dieser zwei Modelle ist das Freerider-Problem. Wann immer eine Person nicht vom Nutzen eines Gutes ausgeschlossen werden kann, welches andere bereitstellen, hat jeder einen Anreiz nichts beizusteuern, sondern zu "freeriden", dh. die Mühen des anderen kostenlos für sich zu nutzen.93 Olson war der erste der den bis dahin stillschweigenden Konsens der Wissenschaft, dass Gruppenmitglieder immer im Interesse der Gruppe handeln, in Frage stellte. Seine Grundaussage war, dass das Rationalitätspostulat des nutzenmaximierenden Individuums dem Gruppeninteresse entgegensteht.94 Er nennt dies das kollektive Handlungsproblem. Olsons Theorie ist aber zum Glück nicht nur pessismistisch.

Ob mittelgroße Gruppen ihr kollektives Handlungsproblem lösen können, hängt nicht von der Zahl der Mitglieder ab, sondern wie stark die Handlung eines Mitgliedes von den anderen gefühlt wird.95 In kleinen Gruppen ist der Effekt des Freeridens bzw. Nichtkooperierens auf die Bezahler bzw. Kooperierer um einiges stärker als in großen Gruppen. Beschließt in einer kleinen Gruppe ein Mitglied seine Zahlungen einzustellen, erhöht dies unmittelbar und vor allem fühlbar die Kosten der anderen Mitglieder, wodurch diese eine geringere Menge des öffentlichen Gutes bereitstellen wollen. Dadurch wird aber auch der Freerider weniger von dem öffentlichen Gut erhalten. Dies veranlasst ihn wieder seine Beiträge zu leisten.96

Aufgrund dieses Sachverhalts wird im Gefangenendilemma - wenn es zwischen Gruppenmitgliedern einer kleinen Gruppe gespielt wird und um das Erreichen des Gruppenziels geht, Kooperation erreicht.97 Aufgrund des Problems kollektiven Handels ist Olson aber pessimistisch, was die Kooperationslösung von großen Gruppen im Gefangenendilemma betrifft. Hier widerspricht Olson dem Coase-Theorem, in dem er sagt, dass - auch wenn die Transaktionkosten gleich Null sind - es nicht zu einem effizienten Ergebnis, d.h. der Bereitstellung eines öffentlichen Gutes kommen wird, da jedes einzelne Gruppenmitglied einen Anreiz zum Freeriden hat.98

Meines Erachtens versteht hier Olson nicht, was Coase mit null Transaktionkosten gemeint hat. In dieser Welt ohne Transaktionskosten gibt es keine öffentlichen Güter. Wenn jeder Effekt auf den Wert eines Gutes kostenlos gemessen werden kann, können dafür Eigentumsrechte spezifiert werden. Es gibt demnach auch kein freeriden. Jede Aktivität hat seinen Preis. Jede Externalität wird internalisiert. Es gibt für Individuen keinen Anreiz sich zu Gruppen zusammenzuschließen, da jedes Ziel über Markttransaktionen erreicht werden kann, weshalb es auch keine Möglichkeit gibt Abkommen durch freeriding zu unterwandern.

Warum können kleine Gruppen ihr kollektives Handlungsproblem lösen, und große Gruppen nicht? Wenn die Relation r von Nutzen und Kosten größer ist als die Anzahl der Personen n, dann kann das Problem kollektiven Handeln gelöst werden. Angenommen eine Einheit eines öffentlichen Gutes kostet 1, der Nutzen wäre 3. Daraus ergibt sich: r=3. Weiterhin nimmt Olson an, dass der Nutzen mit der Nutzerzahl abnimmt.99 In einer kleinen Gruppe von zwei Personen müsste demnach Kooperation entstehen, i.e. beide kontributieren für das öffentliche Gut. Es gibt keinen Anreiz zu freeriden. Dass sich das Problem kollektiven Handels als Gefangenendilemma darstellen lässt, verdanken wir der Erweiterung von Olsons Theorie durch Russell Hardin.100

Die Auszahlungsmatrix im 2-Spieler Fall (kleine Gruppe) wäre: Spieler B

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bemerkung: Die 1. Zahl ist die Auszahung für Spieler A, die 2. für B.

Die Auszahlungsmatrix im 4-Spieler Fall (große Gruppe) wäre:101 Rest der Gruppe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bemerkung: Die 1. Zahl ist die Auszahung für Spieler A, die 2. die Pro-Kopf-Auszahlung für jedes der drei Gruppenmitglieder.

Im ersten Fall ist Kooperation die dominaten Strategie, im zweiten Fall Defecten. Da jedes Gruppenmitglied einer großen Gruppe, welches eine Entscheidung treffen muss, das Spiel aus Sicht des Spielers A sieht, ist es in einer großen Gruppe individuell rational zu freeriden, wodurch ein kollektiv irrationales Ergebnis zu Stande kommt, bzw. kein öffentliches Gut bereitgestellt wird. Die große Gruppe kann ihr Ziel nicht erreichen. Kleine Gruppen hingegen können ihr Ziel erreichen, konträr zur ursprünglichen Aussage des one- shot Gefanenendilemmas.

Indem Olson Bedingungen identifiziert, wann es Gruppen schaffen ihr kollektives Handlungsproblem zu lösen, hat er der politischen Ökonomie ihre Existenzgrundlage geschaffen. Denn wie Ostrom sagt: "...the theory of collective action is the subject of political science."102 Nach Olson ist es umso wahrscheinlicher das freeriding Problem zu lösen, je kleiner die Gruppe, je homogener die Gruppe, je näher sozial und lokal die Gruppenmitglieder sich stehen, je länger sie sich kennen, je ungleicher die Verteilung von Macht und Geld in der Gruppe103 und je größer die Erkenntnis das Nichthandeln Verluste mit sich bringt, ist.104

Die Elite kann also ihr Problem des kollektiven Handelns im Gegensatz zur Bevölkerung lösen. Sie kann sich effizient zusammenschließen und Druck ausüben, indem sie Gewalt anwendet bzw. androht. Die große Gruppe der Bürger kann keinen Widerstand leisten. Jeder möchte Widerstand leisten, aber alle wollen freeriden, wodurch es zu keinem Widerstand kommt. Deshalb kann sie im Gegensatz zur großen Gruppe der Bürger Institutionen installieren, welche nicht den Charakter eines öffentlichen Gutes haben, sondern den eines privaten Gutes. Die Bürger können - wegen des politischen Monopols Steuern zu setzen - vom Nutzen dieser Institution ausgeschlossen werden.105 Die Elite hat demnach relative Vorteile in der Schaffung von Institutionen und deren Wandel. Institutioneller Wandel geht primär von der Elite aus. Wie geht die Elite mit diesem Vorteil um?

3.3. Von der Anarchie zum Ausbeuterstaat: Ineffiziente Institutionen a priori

Könnte die Fähigkeit von kleinen Gruppen sich zu organisieren Folgen haben bei der Entstehung von Eigentumsrechten bzw. der Entstehung des Staates? Wie effiziente Eigentumsrechte bzw. das Rechtssystem aus einem Zustand der Anarchie heraus entstehen, hat unter anderem Buchanan versucht zu erklären. Er zeigte, wie Recht bzw. Eigentumsrechte aus dem Eigeninteresse der Individuen heraus entstehen können, ohne das Postulat der Gleichheit der Menschen vorauszusetzen. In der Vertragstheorie kommt dem Staat die Rolle des Nutzenmaximierers der Gesellschaft zu.106 Hier sind Menschen hinsichtlich ihrer Präferenzen und Fähigkeiten ungleich. Dann gibt es noch die Ausbeutungstheorie des Staates. Hier ist der Staat das Instrument einer bestimmten Klasse oder Gruppe. Diese Gruppe installiert solche Eigentumsrechte, welche den Nutzen dieser Gruppe maximiert ohne Rücksicht auf die Folgen für die übrige Gesellschaft.107

Könnten durch eine Veränderung der Annahmen der Vertragstheorie in Verbindung mit der Theorie des kollektiven Handelns ineffiziente Eigentumsrechte, und damit der Ausbeuterstaat hergeleitet werden? In der Vertragstheorie hat jedes Individuum eine Nutzenfunktion und eine Produktionsfunktion. Was ein Individuum produzieren kann hängt von seinen Fähigkeiten und seiner Umwelt ab. Angenommen zwei Individuen, A und B, befinden sich auf einer Insel. Jede Person wird durch die andere schlechter gestellt, da die knappen Güter jetzt auch noch aufgeteilt werden müssen. Wären sie allein auf dieser Insel hätte sie den vollen Nutzen der Güter "Umwelt" bekommen.

Wie sieht das Gleichgewicht im Falle ohne Regeln, im Falle der Anarchie aus? Wenn die Produktion von Gütern und deren Konsum nicht zeitlich zusammenfällt, wäre es lohnend sich einen Vorrat anzulegen. Dieser müsste allerdings gegen andere verteidigt werden. Die Mühen, welche in die Verteidigung der Güter gesteckt wurden, hätten allerdings auch in die Produktion gesteckt werden können. Abhängig von den individuellen Fähigkeiten könnte sich A oder B auch entscheiden, anstatt in die Produktion in den Raub von Gütern zu investieren. Im Zustand der Anarchie wird sich ein Gleichgewicht entwickeln, indem weder A noch B einen Anreiz hat sein Verhalten zu ändern.108 Ein Nash-Gleichgewicht ist das Ergebnis. In diesem Gleichgewicht halten sich die Angriffs- und Verteidigungsanstrengungen von A und B die Waage, mit den restlichen Mühen investiert in die Produktion.109 Dieser Zustand ist die Basis für Verhandlungen. Hier entsteht auch schon - in engen Grenzen zwar - etwas Ähnliches wie Eigentumsrechte. In diesen eng definierten Grenzen genießt jeder die Früchte seiner Arbeit - im wahrsten Sinne des Wortes. Jeder kann selbst entscheiden, was er mit diesen macht bzw. wie er diese verwendet. Der soziale Output in einer Gesellschaft mit Staat - einer Organisation, welche das Eigentum seiner Mitglieder schützt, ist aufgrund der "economies of scale" dieser Dienstleistung größer als in einer Gesellschaft, in der jeder selbst sein Eigentum beschützt.110

Nachdem sich A und B nun geeinigt haben, dass ein System, in dem Recht und Ordnung herrscht, für beide besser ist, können nun in Abhängigkeit von den Fähigkeiten von A und B zwei Systeme etabiliert werden. Ein Staat mit sicheren Eigentumsrechten oder ein Staat mit unsicheren Eigentumsrechten - der Ausbeuterstaat. In der ersten Alternative kann sich jeder besser stellen, wenn er die Mühen, welche in die Verteidigung investiert wurden, in die Produktion steckt. Der Gegenstand des Grundvertrages könnte ein Waffenverzicht, bzw. eine gegenseitige Abrüstung sein. Beide würden sich verpflichten, ihre eigene Freiheit einzuschränken - die Freiheit den anderen anzugreifen - wenn der andere dazu auch bereit ist.

Die Alternative des "Ausbeuterstaates" - Buchanan spricht von einem Sklavenvertrag111 - kommt der Realität näher, wenn wir die Annahmen dahingehend modifizieren, dass es auf dieser Insel natürliche Ressourcen gibt, welche sich eine Gruppe komplett aneignen kann und es die Möglichkeit gibt mit anderen Inseln Handel zu treiben. Der Stärkere könnte sich dann im Zustand der Anarchie dazu entscheiden, alle Schwächeren zu töten um die Restriktion der Güterknappheit zu lockern. Individuell rational wäre es allerdings, wenn der Stärkere die Schwächeren versklaven würde, und sich einfach die Güter ihrer Produktion aneignet. Der Sklavenvertrag wäre stabil, da beide profitieren würden. Der Sklave würde wenigstens leben, der Starke hätte durch Aneignung der Güter des Sklaven einen höheren Nutzen. Zudem ist die soziale Wohlfahrt höher, da Kosten für Angriffs- sowie Verteidigungsanstrengungen wegfallen. Angenommen A wäre aufgrund seiner Fähigkeiten schlecht im Produzieren, aber gut im Stehlen, dann könnte B versuchen A die Zustimmung zum Gewaltverzicht und damit zur Anerkennung seines Eigentums abzukaufen, indem B A Güter überträgt, bis A über seinem Level an Nutzen ist, welches er im Zustand der Anarchie und im Sklavenvertrag einnehmen würde.112

Ein Problem hinsichtlich dieser Argumentation würde entstehen, wenn man annimmt, dass A und B nicht Individuen darstellen, sondern Gruppen. Angenommen A kann im Gegensatz zu B sein kollektives Handlungsproblem lösen und sich daraufhin die Natur aneignen. Die Natur könnte in diesem Fall eine Ölquelle, fruchtbare Landabschnitte oder Goldminen sein. Um die Natur auszubeuten ist generell kein großes Know-How von Nöten und dies geschieht deshalb relativ effizient. Kann A kollektiv handeln und sich dadurch die Produkte der Natur aneignen, kann er diese an eine andere Insel verkaufen. A hat nun keinen Anreiz mehr effiziente Eigentumsrechte zu installieren, da er alle Produkte, die er braucht um seinen Nutzen zu maximieren, von der anderen Insel erhält. Importe ersetzen also die Produktion im eigenen Land. Der Nutzen für A im Ausbeuterstaat ist höher als im Zustand von effizienten Eigentumsrechten sowie dem Zustand der Anarchie. Er stellt sich durch Handel mit Dritten bzw. Export der Natur besser als im Zustand der Anarchie sowie im Zustand effizienter Institutionen. Aufgrund der Fähigkeit kollektiv rational zu handeln, wird A bzw. die Elite einen Ausbeuterstaat installieren.113 Dieser ist unter anderem stabil, da die Elite aufgrund ihrer externen Einnahmequelle nicht auf Steuereinnahmen angewiesen sind und deswegen kein Wachstum kreiieren muss, was destabilisierende, politische Effekte zur Folge hätte.114 Die Elite kann ihren privilegierten Status Quo zudem sichern, indem sie politische Rivalen entweder durch Gewährung von Monopolen am Gewinn der ineffizienten Institutionen beteiligt, oder indem sie Repression benutzt. Die Elite kann Teilen der Bevölkerung die Zustimmung zum jetzigen System abkaufen.115 Könnte A sich hingegen die Gewinne, welche aus effizienten Eigentumsrechten entstehen würden, aneignen, könnte er sich im Vergleich zum Ausbeuterstaat besserstellen. Warum dies nicht möglich ist, ist Thema von Kapitel 4.1. Effiziente Eigentumsrechte werden obsolet, da B nicht mehr animiert werden muss zu produzieren, da A die Güter, die er von B erhalten würde, nicht mehr benötigt. Die Natur sowie der Handel mit Dritten ist für das Entstehen von politischen Institutionen bzw. der anfänglichen Staatsform sehr entscheidend. Warum einmal etablierte Institutionen über die Zeit fortbestehen, obwohl diese nicht effizient sind, lässt sich unter anderem anhand der Pfadabhängigkeit erklären.

3.4. Pfadabhängigkeit von Institutionen

Institutionen sind von Menschen gemacht und damit im Prinzip veränderbar. Wie ist es dann zu erklären, dass Länder ineffzienten Institutionen behalten? Dieses auf den ersten Blick irrationale Verhalten könnte vergleichbar sein mit der Persistenz inferiorer Technologien. Die Anordnung der Buchstaben auf der Tastatur der Schreibmaschine bzw. heutigen PC-Tastaturen ist ein bekanntes Beispiel. Obwohl es eine effizientere Anordnung der Buchstaben geben würde,116 bleibt das ineffiziente jetztige System bestehen. Dieses wurde anhand zufälliger historischer Ereignisse, welche am Anfang der Entwicklung stattfanden, etabiliert.117 Paul David hat dieses Phänomen in seinem Artikel "Clio and the Economics of QWERTY" (1985) beschrieben und anhand der Pfadabhängigkeit erklärt. Obwohl es hier primär um die Evolution von Technologien geht, könnte dieses Konzept auch für Institutionen und ihren Wandel bzw. Nichtwandel gelten. Zurück zu konkurrierenden Technologien. Können kleine historische Ereignisse, welche am Anfang des Konkurrenzkampfes stattfinden, dazu führen, dass sich die ineffiziente Technologie gegenüber der effizienteren durchsetzt? Falls beide Technologien steigende Skalenerträge besitzen ist dies möglich. Dass eine Technologie mit steigenden Skalenerträgen nach einer gewissen Zeit den Markt beherrscht, sprich ein Monopol darstellt, kann anhand des Urnenbeispiels von Polya gezeigt werden.

Angenommen, vor ihnen steht eine sehr große Urne mit einem weißen und einem roten Ball. Die Farben stehen für die konkurrierenden Technologien. Sie sollen nun eine Kugel blind herausnehmen und diese danach zusammen mit einer Kugel derselben Farbe zurück in die Urne legen, bis die Urne voll ist.118 Dass eine weitere Kugel derselben Farbe mit zurückgelegt werden soll, steht für die Lern- sowie Koordinationseffekte, die aus der Nutzung der Technologie entstehen.119 Wie wird die Distribution der Kugeln aussehen am Ende des Prozesses, wenn die Urne voll ist? Wir wissen zwar nicht, welche Farbkugeln am Ende dominieren werden, d.h. multiple Gleichgewichte sind möglich, jedoch leuchtet es uns ein, dass das Ziehen in einer frühen Phase des Prozesses starken Einfluss auf den Ausgang des Prozesses hat. Während beim ersten Zug die Wahrscheinlichkeit, dass ich eine rote Kugel ziehe bei 50% liegt, liegt sie beim dritten Zug, wenn der erste sowie der zweite Zug zufällig eine rote Kugel ergab, schon bei 75%. Positive Feedback Prozesse bzw. selbstverstärkende Prozesse sind die Folge. Je weiter wir im Prozess sind, umso schwieriger wird es von einem Pfad zu einem anderen zu wechseln. Frühere Ereignisse haben einen größeren Einfluss als spätere und verschiedene Zugabfolgen ergeben verschiedene Endergebnisse. History matters.

Arthur nennt vier Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, dass selbstverstärkende Prozesse einsetzen können.120 Erstens muss die Technologie sehr große Set-up bzw. Fixkosten haben, wodurch der Vorteil fallender Stückkosten mit gesteigertem Output entsteht. Zweitens muss sie Lerneffekte aufweisen. Diese entstehen bei der Nutzung der Technologie, wodurch die Technologie weiter verbessert wird. Wissen, welches beim Gebrauch der neuen Technologie entsteht, sorgt für weiter steigende Skalenerträge in der Zukunft. Je öfter Nutzer die Technologie verwenden, umso effizienter werden sie in dessen Gebrauch und ihre dadurch gewonnen Erfahrungen lassen neue, auf der Technologie basierende Innovationen entstehen, wodurch die Skaleneffekte dieser Technolgoie noch größer werden. Drittens muss es Koordinationseffekte bzw. positive Netzwerkeffekte geben, welche aus Vorteilen mit anderen Nutzern resultieren, welche die gleiche Technologie benutzen. Der Nutzen einer Technologie erhöht sich also mit der Anzahl der Nutzer.121 Viertens muss es adaptive Erwartungen geben. Gesteigerte Marktmacht heute lässt Erwartungen über noch stärkere Marktmacht morgen entstehen.122 Erwartungen über die zukünftige Entwicklung bzw. Verbreitung von Technologien lässt Individuen so handeln, dass diese Erwartungen erfüllt werden. Die Prophezeihungen der Individuen sind "self-fulfilling". Erwarten Individuen, dass sich eine Technologie morgen durchsetzen wird, kaufen sie heute schon die neue Technologie, wodurch ihre Handlungen ihre Erwartungen wahr werden lassen.

Die Konsequenzen dieser selbstverstärkenden Prozesse sind laut Arthur multiple Gleichgewichte. Mehrere Lösungen sind ex ante denkbar, welche jedoch nicht vorhersagbar sind. Mögliche Ineffizienzen können entstehen, wenn die effizientere Technologie aufgrund von Pech keine großen Marktanteile am Beginn des Konkurrenzkampfes erlangen konnte. Lock-in ist eine weitere Folge. Nachdem einmal ein Gleichgewicht erreicht wurde, ist es schwierig dieses wieder zu verlassen. Zudem entscheidet die Reihenfolge von kleinen Ereignissen am Anfang sowie von zufälligen Umständen über den Ausgang des Prozesses. Dieser wird Pfadabhängigkeit genannt. Pfadabhängigkeit verringert die Menge heutiger Entscheidungsmöglichkeiten, indem man sich nur innerhalb des resultierenden Endsystems entscheiden kann.

North versucht nun diese Ergebnisse auf die Evolution von Institutionen anzuwenden. Die Traverse gelingt, indem er sagt, dass der Konkurrenzkampf nicht zwischen Technologien geführt wird, sondern zwischen Organisationen, welche diese Technologien implementieren.123 Organisationen sind - wenn wir wieder zurück zu unserer anfänglichen Analogie kommen, dass Institutionen die Regeln des Spiels sind - die Spieler des Spiels.124 Treffen die vier Bedingungen, welche Arthur als Voraussetzung für selbstverstärkende Prozesse genannt hat, auch auf Institutionen zu? Beim Installieren einer Verfassung sowie eines ganzen Staatsapparates, welches auf die Verfassung und deren Durchsetzung ausgerichtet ist, entstehen immense Anlauf- bzw. Fixkosten. Zudem haben Organisationen, welche innerhalb dieser institutionellen Rahmenbediungungen operieren wollen, große Lerneffekte. Sie werden die Anreize und die Möglichkeiten, welche ihnen die Gesetze geben, lernen auszunutzen und lernen. Sie werden lernen, wie sie am effektivsten ihre Ziele innerhalb des institutionellen Rahmens erreichen. Koordinationseffekte werden realisiert, indem Organisationen direkt Verträge, welche auf denselben Rahmenbedingungen basieren, abschließen. Investitionen werden getätigt, da Unsicherheiten aufgrund von adaptiven Erwartungen über das Fortbestehen von jetztigen und dadurch auch in der Zukunft existierenden Institutionen beseitigt werden. Formale Regeln lassen neue informale Regeln entstehen und vice versa. Kurz gesagt: "the interdependent web of an institutional matrix produces massive increasing returns."125

Welche Institutionen anfangs gewählt werden, hängt von der Diskontrate des Entscheiders ab.126 Arthur spricht zwar im Beispiel nicht von Institutionen. Dies hier aber analog zu tun, lässt interessante Einblicke versprechen. Angenommen es gibt zwei konkurrierende Institutionensysteme, A und B. A liefert Anfangs hohe Erträge. Später flacht der Grenznutzen aber stark ab. B hingegen generiert anfangs geringe Erträge, welche im Zeitverlauf aber nicht so stark abnehmen wie diejenigen von A, wodurch B A, gemessen an den akkumulierten Erträgen, irgendwann überholen wird. Für welches Institutionensystem sich der Staat entscheidet, hängt nun von dessen Diskontrate ab. Ist sie hoch, wird er A wählen. Ist sie niedrig, wird er B wählen.127 Aufgrund von potenziellen Kriegen oder internen Machtkämpfen kann sich die Regierung nie sicher sein, wie lange sie im Amt sein wird. Deswegen lohnt es sich für sie ihre kurzfristigen Interessen zu verfolgen, je wahrscheinlicher es ist, dass sie morgen nicht mehr an der Macht sein wird. Eine hohe Diskontrate ist die Folge. Die Regierung wird sich für das Pareto-inferiore Institutionensystem B entscheiden. Nachdem einmal ein Pfad eingeschlagen wurde, wird diese Entscheidung immer rational bleiben, solange die Kosten des Wechsels größer sind als die abgezinsten, zukünftigen Gewinne der Wechseloption. Dies ist für die Elite immer der Fall, da sie beim Wechsel ihre ganzen Privilegien verliert. Und da die Elite relative Vorteile gegenüber der Bevölkerung hat, Institutionen zu ändern bzw. zu installieren,128 bleibt das ineffiziente Institutionensystem - geht es nach dem Willen der Elite - für immer bestehen.

Hat man nun schon den Pfad von ineffizienten Institutionen eingeschlagen, haben nicht nur die Elite, sondern auch andere Organisationen und Interessengruppen aufgrund von schon getätigten Investitionen in Lerneffekte etc. ein Interesse daran diese Institutionen zu behalten, auch wenn diese Anreize setzen für rent-seeking Verhalten anstatt für produktive Aktivität, für Monopole anstatt für Wettbewerb. Der Wunsch diese ineffizienten Institutionen zu behalten, wird umso größer sein, je größer die Unsicherheit über die eigenen Gewinnchancen im neuen, effizienten Institutionensystem ist.129 Die Organisationen, welche sich in einem inferioren Institutionensystem befinden, werden die wenigen Möglichkeiten effizient nutzen und lernen diese im Zeitablauf noch besser auszunutzen. Dies lässt sie zu Stakeholdern des bestehenden Systems werden, auch wenn sie in einem anderen, effizienteren Institutionensystem langfristig profitieren würden.130 Oder wie North es sagt: "The organisations...will become more efficient - but more efficient at making the society even more unproductive and the basic institutional structure even less conducive to productive activity."131

Je nachdem welche Anreize die Institutionen liefern, versuchen nutzenmaximierende Individuen jeweils die Alternativen zu nutzen, welche den größten Proft bringen. Die entstehenden Organisationen reflektieren die Möglichkeiten, welche die institutionelle Matrix bereitstellt.132 Falls die instituionellen Rahmenbedingungen Piraterie belohnen - ob Seepiraterie oder Produktpiraterie - werden räuberische Organisationen entstehen. Falls produktive Aktivitäten belohnt werden, werden Firmen entstehen. Dies könnte auch anhand Beckers "economic approach" erklärt werden. Wenn sich die relativen Preise aufgrund von institutionellem Wandel ändern, ist es für die Individuen rational, den Weg zu gehen, womit sie das Ziel "Reichtum" am billigsten erreichen können. Müssen sie für eine Einheit Reichtum eine Stunde lang als Dieb auf die Jagd, wohingegen sie für denselben Betrag zwei Stunden zur Arbeit gehen müssen, wird sich jedes rationale Individuum für die Option Diebstahl entscheiden. Was sagt nun die Empirie über den Einfluss der Natur auf die anfängliche Institutionengestaltung? Denn wie wir anhand der Pfadabhängigkeit von Institutionen gesehen haben, ist es berechtigt anzunehmen, dass einmal installierte Institutionen lange Zeit fortbestehen werden, auch wenn die Gründe für ihre Installation heute nicht mehr relevant sind.133

3.5. Ineffiziente Institutionen: Die Empirie

Für Autoren wie Shleifer und seine Kollegen weist die Theorie der "Legal Origins" Merkmale der Pfadabhängigkeit auf, da zufällige Ereignisse am Anfang einer Entwicklung über deren Ende bestimmen. Ein solch zufälliges Ereignis ist die Kolonialisierung von Gesellschaften durch europäische Mächte. Ihre Theorie besagt, dass das vorherrschende Rechtssystem eines Landes die Institutionen bestimmt und damit determiniert ob die Wirtschaft prosperiert oder nicht. Und dieses Rechtssystem war die Folge historischer Ereignisse, welche mehr oder weniger dem Schicksal zuzuschreiben sind. Der "Legal Origin" eines Rechtssystems ist entscheidend. Shleifer nennt als historische Ereignisse die europäische Kolonialisierung als Determinante der verschiedenen Rechtssysteme. Napoleon brachte die französisiche Rechtsideologie nach Spanien und Portugal.134 Somit haben die Länder Lateinamerikas demnach einen "French Legal Origin", wohin gegen britische Kolonien eben einen "British Legal Origin" haben. Franzözische bzw. spanische Kolonien haben demnach Institutionen, welche einen starken Staat fördern, ihm große Eingriffsmöglichkeiten bieten und durch die große Bürkokratie, welche diese Staaten mit sich bringen, längere Wege und einen höheren Grad an Formalität.135 Höhere Transaktionskosten sind die Folge, da in einem französichen Rechtssystem der Staat mehr Mitspracherechte hat. Die dahinterstehenden Ideologien sind grundlegend anders. Länder mit französisch geprägtem Rechtssystem sind stärker reguliert, haben unsicherere Eigentumsrechte, sind wegen der größeren Macht der Beamten korrupter und werden damit weniger effizient regiert. Alle diese Länder haben im Vergleich zu ihren britisch geprägten Ländern einen weniger weit entwickelten Finanzmarkt, was wohl an den unsicheren Eigentumsrechten liegen mag.136

Die Endowment-These sagt, dass die anfängliche Distribution von Reichtum und Menschen während der Kolonialisierung von der natürlichen Ausstattung des Landes abhängt. Die natürliche Ausstattung beeinflusst damit indirekt das Ausmaß an Schutz der Eigentumsrechte, ob das Rechts für alle gilt und wie sehr der Staat in seinem Handeln beschränkt wird.137 Natürliche Faktoren, welche die Distribution von Reichtum und Menschen beeinflussen, sind: Geographie, vorherrschende Krankheiten, Vorkommen von Rohstoffen, die Größe und Verteilung der Urbevölkerung sowie die Anbaumöglichkeiten im Agrarbereich. Anfänglich sehr ungleiche Verteilungen von Reichtum und Menschen machen es schwierig, Eigentum von Individuen vor dem Zugriff des Staates bzw. politischen Eliten zu schützen.

Engerman and Sokoloff fanden heraus, dass die natürlichen Gegebenheiten bezüglich des Anbaus von nachwachsenden Rohstoffen entscheidend waren für die unterschiedliche Entwicklung von Nord- und Südamerika. In Südamerika waren die Voraussetzungen ideal für den Anbau von Zuckerrohr. Dies konnte am effizientesten auf großen Farmen mit dem Einsatz von Sklaven produziert und geerntet werden, um die vollen Größenvorteile der Produktion nutzen zu können. Sklaven waren nötig um ökonomisch produzieren zu können, da der Abbau von Zuckerrohr sehr arbeitsintensiv war. Sinkende Stückkosten waren aufgrund der hohen Setup- bzw. Fixkosten der Fall, da für jede Zuckerrohrfarm eine eigene Mühle gebaut werden musste.138 Um die Privilegien der entstandenen Elite und damit die ineffizienten Institutionen, welche diese gewährten, zu sichern, führten die südamerikanischen Kolonien strenge Einreisevorschriften ein, um den Zustrom von weiteren Siedlern so gering wie möglich zu halten.139

In Nordamerika waren die Voraussetzungen für den Weizenanbau ideal. Weizen konnte am effizientesten auf kleinen Farmen produziert werden, was eine breite Mittelschicht zum Ergebnis hatte. Diese breite Mittelschicht hatte ein Interesse an egalitären Institutionen, welche ökonomische Anreize für alle etablierten, wodurch Wachstum auf breiter Ebene entstand. Die natürliche Ausstattung bestimmte also die Gleichheit bzw. Ungleichheit - gemessen am Reichtum der Individuen - und diese bestimmte dadurch die geschaffenenen Institutionen, welche wiederum das Wachstum beeinflussten.140

Acemoglu, Johnson und Robinson zeigten, dass die Europäer verschiedene Kolonialisierungsstrategien verfolgten. Einerseits gab es sogenannte Siedlerkolonien wie Kanada, Neuseeland, Australien sowie die USA, welche effiziente Institutionen installierten. Andererseits gab es Ausbeutungskolonien wie die Karibik und große Teile Südamerikas, in denen die Siedler versuchten diese Kolonien so weit wie möglich auszubeuten, indem sie Gold, Silber und Sklaven für sich beanspruchten. Institutionen, welche nur den Interessen der Elite dienten und sie beschützten waren die Folge. Faktoren, welche die Wahl der Kolonialisierungsstrategie beeinflussten, waren die Sterblichkeitsrate der Siedler und die Bevölkerungsdichte der Ureinwohner der Kolonien. In Gegenden in denen die Sterblichkeitsrate hoch war, siedelten nur wenigen Europäer.141 Als Konsequenz hatten die Europäer kein Interesse an egalitären Institutionen, wodurch diese zu Ausbeutungskolonien wurden. In Gegenden in denen es wenige Ureinwohner pro m² gab, siedelten Europäer bevorzugt und kamen in großer Zahl. Diese hatten Interesse an egalitären Institutionen. In Gegenden, in denen es viele Ureinwohner gab, siedelten wenige Europäer und es lohnte sich ineffiziente Institutionen zu installieren, da die Europäer aufgrund ihrer technologischen Überlegenheit die Ureinwohner zwingen konnten in Minen und auf Plantagen zu arbeiten.142 Europäische Siedlersterblichkeit sowie die Bevölkerungsdichte der Urbevölkerung determinierten die Kolonialisierungsstrategie und damit das System von politischen und ökonomischen Institutionen.

In Ausbeutungskolonien tendierten die postkolonialen Herrscher dazu, die bestehenden Institutionen weiter zu führen, um sich selbst auf Kosten der Mehrheit bereichern zu können. Die persönlichen Präferenzen und Ideologien der postkolonialen Herrscher haben also wesentlichen Einfluss auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung ihrer Länder. Die Natur - oder wenn man so will - das Schicksal, hat demnach großen Einfluss auf die weitere Entwicklung von ehemaligen Kolonien eines Landes hat. Ein benevolenter Herrscher wird "high quality"-Institutionen installieren, welche über die Zeit andauern werden und die richtigen Anreize für die Bürger setzen in wachstumsfördernde Aktivitäten zu investieren. Negative Implikationen können allerdings abgeleitet werden, wenn dieser Leader nicht benevolent ist. Dann wird er den Staat bzw. seine Institutionen dahingehend formen, dass es ihm möglich ist, den Staat für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Herrscher können in Tabula Rasa Staaten - Staaten, welche noch keine politischen Institutionen haben - weil sie z.B. erst in die Unabhängigkeit entlassen worden sind, langfristig die Weichen für die Entwicklung ihres Landes stellen.143

4. Persistenz von Ausbeuterstaaten: Die Unteilbarkeit von Macht und Effizienz

Warum installiert die Elite nicht effiziente Institutionen und redistributiert die entstehenden Gewinne an sich? Warum versucht die Elite nicht ihren Nutzen zu maximieren, indem sie den Output und damit die Steuereinnahmen maximiert? Warum präferiert die Elite den Ausbeuterstaat?

Ineffiziente Institutionen werden in einer positiven Transaktionskostenwelt nur geändert, wenn die Kosten der Änderung kleiner sind als die Gewinne, welche aus der Änderung resultieren. Dies gilt allerdings nur, wenn die externen Effekte internalisiert werden können. In diesem Fall, wenn die Verlierer der Veränderung, hier die Elite, welche ihre Privilegien verlieren würde, kompensiert werden können. Zwei Erklärungen stehen einer Lösung mit effizienten Institutionen entgegen. Erstens ist die Elite - welche aufgrund ihrer politischen Macht kein Problem haben sollte für ihre eigene Kompensation zu sorgen - unfähig diese Macht in Zukunft nicht zu missbrauchen, wodurch es zu keiner first-best Investition kommt. Und zweitens - selbst wenn ein glaubhaftes Versprechen zum Nichtmissbrauch der Macht in Zukunft möglich wäre144 - wenn effiziente Institutionen die Distribution zukünftiger Macht zum Nachteil der Elite verändern, hat diese keinen Anreiz diese Institutionen zu installieren. Denn mit dem Reichtum der Bürger steigt ihre Fähigkeit kollektiv zu handeln, womit die Erosion der Privilegien der Elite beginnt.

4.1. Effiziente Institutionen: Das Coase Theorem auf politischer Ebene

Das Coase Theorem im ursprünglichen Sinne besagt, dass es für das Erreichen des sozialen Optimums egal ist, wie die Eigentumsrechte anfänglich verteilt sind. Durch kostenloses Verhandeln über Rechte können diese dorthin überführt werden, wo sie ihren höchsten Nutzen generieren. Der Ausgang ist effizient. Auf die Politik bezogen - man spricht von einem politischen Coase Theorem (PCT) - bedeutet dies, dass die Institutionen bzw. die Regeln, welche von der Politik geschaffen werden, immer effizient sind, d.h. zum sozialen Optimum führen, unabhängig davon, wie mächtig die einzelnen Interessengruppen in dem Moment sind bzw. wer gerade regiert. Macht bzw. politische Institutionen sind zwar relevant, wenn es an die Distribution der Gewinne der effizienteren Institutionen geht, nicht aber, wenn es darum geht diese effizienten Institutionen auszuwählen und zu installieren.145 Hier verhandeln Gruppen mit divergierenden Interessen kostenlos solange bis alle Externalitäten internalisiert worden sind, und entscheiden sich dann für die Institutionen, welche die soziale Wohlfahrt maximieren.146 Externalitäten im politischen Bereich müssten demnach alle Effekte auf das Nutzenniveau von Individuen bzw. Gruppen sein, welche aus politischen Entscheidungen resultieren. Diese Effekte werden internalisiert, wenn die Verlierer einer Gesetzesänderung bzw. des institutionellen Wandels entschädigt werden. Das politische System, dass dieser Bedingung am nähesten kommt, ist wohl das demokratische mit seinen Möglichkeiten des Verhandlens und Kompensierens.147 Hierzu müssten die betroffenen Parteien Informationen haben, ob und wenn ja, wie sehr eine Gesetzesänderung ihnen nutzen bzw. schaden wird. Die Verlierer in unserem Fall wären die Elite. Dies könnte allerdings mit sehr hohen Transaktionskosten, den Messkosten, verbunden sein, was einer Realisierung des PCTs im Wege stehen würde. Jetzt gehen wir aber davon aus, dass die Externalitäten gemessen werden können und kleiner sind als die Gewinne, welche aus dem Wechsel zu effizienten Institutionen entstehen. Die Kosten der Kompensation sind demnach geringer als der Gewinn durch die Umstellung. Ist dies der Fall, wird die neue, effizientere Institution installiert. Das PCT gilt und wir leben in der effizientesten aller Welten.148 Damit die PCT-Lösung allerdings implementiert werden kann, müssen Verträge zwischen den Vertragsparteien möglich sein, da die Kompensation intertemporal erfolgt. Dies ist eine Voraussetzung für die Gültigkeit des Coase-Theorems.149

4.1.1. Das Glaubwürdigkeitsproblem der Elite im endlichen Spiel

Gehen wir davon aus, dass das PCT gilt und dass ein Land beschlossen hat den Wandel zu effizienteren Institutionen zu vollziehen. Der Wandel könnte gelingen, wenn die Verlierer der Veränderung kompensiert werden könnten. Kann die Elite allerdings glaubhaft versprechen, den effizienten Steuersatz zu installieren? Wenn ja werden effiziente Institutionen, in diesem Falle ein nicht-verzerrender Steuersatz, installiert, wodurch das optimale Anstrengungs- bzw. Investitionslevel der Bürger induziert und damit das soziale Optimum erreicht werde würde. Kompensation würde so aussehen, dass sich die Elite die Gewinne dieser Lösung aneignen würde. Wenn dies der Fall ist, wird dann überhaupt das soziale Optimum erreicht? Nur wenn es der Fall ist, kann die Elite sich selbst kompensieren. Voraussetzung für eine erfolgreiche Kompensation ist also, dass die Elite den Bürgern glaubhaft versprechen kann, die Bürger nicht komplett zu enteignen, um die Gewinne, welche für die Kompensation nötig sind, generieren zu können. Wie könnte so eine Situation aussehen?

Bisher haben wir nur Situationen beobachtet in denen die Spieler gleichzeitig ziehen mussten. Nun führen wir eine Zeitdimension in unser one-shot Gefangenendilemma ein, um die Situation, in der sich Elite und Bürger befinden, realistischer darstellen zu können. Hier macht es Sinn, Spiele einzuführen, in denen die Spieler innerhalb einer Periode nacheinander ziehen. Die Elite setzt zu Beginn der Periode die Steuer, danach wählen die Bürger ihr Investmentniveau, woraufhin die Elite am Ende der Periode zu entscheiden hat, ob sie sich an die vorher angekündigte Steuerhöhe hält (commit), oder alles konfisziert (defect). Gibt es Methoden der Spieltheorie, welche das Ende dieses Politikspiels prophezeien können? Können unglaubwürdige Drohungen bzw. in unserem Fall unglaubwürdige Versprechen ex ante aufgedeckt werden? Dies ist möglich, wenn man die Spiele vom Ende her analysiert, auch rückwärtige Induktion genannt.150 Dazu ist es nötig diese sequentiellen Spiele in extensiver Form darzustellen, sprich als Spielbaum. Die Knoten des Spielbaums stellen die Entscheidungspunkte der Spieler dar. Wie könnte dieses Spiel aussehen?

Abb. 1: Das Glaubwürdigkeitsproblem der Elite.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung.

Zuerst haben die Bürger (2) die Wahl, ob sie kooperieren möchten oder nicht. Kooperieren sie (in), heißt das sie investieren am Markt und generieren dadurch ein Einkommen, welches von der Regierung besteuert werden kann. Falls sie nicht kooperieren (out) heißt das, dass sie nicht am Markt produzieren. Hier hat die Regierung keine Möglichkeit die Bürger zu besteuern. Allerdings ist die Produktionstechnologie am Markt besser als am Nichtmarkt, d.h. die Bürger könnten am Markt mehr verdienen. Wüssten die Bürger ex ante, dass die Regierung sie nicht enteignen würde, wäre es rational am Markt zu investieren. Nachdem die Bürger entschieden haben, ist nun die Regierung am Zug. Die Auszahlung für die Regierung ist im Falle der Kooperation (commit) 4, falls sich die Regierung an die versprochene Steuerhöhe T 50% hält. Die Regierung könnte sich allerdings auch entscheiden, nicht zu kooperieren (defect), und den gesamten Output Y der Bürger zu konfiszieren. In diesem Fall ist ihre Auszahlung 8, sprich T=100%.

Ist das Versprechen der Regierung glaubhaft, dass sie kooperiert, nachdem die Bürger sich dazu entschlossen haben zu kooperieren und am Markt zu investieren? Oder stellt die Aktion "Kooperation" ein unglaubwürdiges Versprechen der Regierung dar? Wenden die Bürger die Methode der rückwärtigen Induktion an, wissen sie, dass es für die Regierung rational ist zu defecten, falls die Bürger sich entscheiden zu kooperieren (in). Da die Bürger in diesem Gleichgewicht (0) weniger erhalten als wenn sie nicht kooperieren (1), werden sie sich entscheiden nicht zu kooperieren (out). Indem man das Spiel rückwärts löst und damit die beste Aktion an jedem Entscheidungsknoten bzw. Teilspiel wählt, findet man die rationalen Entscheidungen an jedem Punkt. Diese Punkte sind eine Verfeinerung eines Nashgleichgewichts, und werden teilspielperfekt genannt.151

Betrachtet man das Spiel als wiederholtes Spiel ist das teilspielperfekte Nashgleichgewicht (1,1) zugleich ein Markov Perfektes Gleichgewicht, welches dadurch charakterisiert ist, dass nur die jetztigen Auszahlungen relevant sind und die Geschichte des bisherigen Spiels unwichtig ist.152 Das Endergebnis dieses Spiels ist (1,1). Die Elite wie auch die Bürger hätten ein großes Interesse daran, dieses ineffiziente Ergebnis zu vermeiden. Das Problem ist, dass sich der Staat nicht glaubhaft dazu verpflichten kann, die Bürger nicht zu enteignen. Dies könnten die Transaktionskosten sein, die das PCT verhindern. Im Normalfall würde man in so einer Situation einen Vertrag schließen und den Defecter bei Vertragsbruch bestrafen. Da aber jede Bestrafung letzenendes vom Staat ausgeht, ist es wenig glaubhaft, dass der Staat sich selbst bestrafen wird. Für den Staat ist Defecten die optimale Strategie, nachdem sich die Bürger entschieden haben am Markt (in) zu produzieren.

Wenn keine glaubhaften Versprechen bzw. durchsetzbare Verträge zwischen Elite und Bürger möglich sind, könnte das Spiel ein anderes Ergebnis haben, wenn das Spiel nicht als One-shot Spiel betrachtet wird, sondern als wiederholtes Spiel. Die Geschichte des Spiels wäre somit relevant, wodurch Reputation als Substitut für durchsetzbare Verträge dienen könnte.153 Die Elite hätte dann einen Anreiz sich an ihr Versprechen zu halten, die Bürger nicht komplett zu enteignen, um an zukünftige Steuereinnahmen aus der Marktproduktion der Bürger zu kommen. Im Folgenden soll untersucht werden, ob bzw. wann dies möglich ist.

4.1.2. Anreizkompatible Versprechen der Elite im wiederholten Spiel als Substitut für durchsetzbare Verträge

Die Frage, die sich nun stellt, ist: Kann Kooperation auch zwischen Spielern entstehen, in denen zumindest einer der Spieler - hier der Staat - keine Strafe fürchten braucht? Kooperation in dem Sinne, in dem der Staat für die Bürger effiziente, also pauschale Steuern beschließt? Pauschale Steuern wären effizient, da bei diesen die Bürger das Residuum ihrer Anstrengungen bzw. Investition erhalten würden.154 Könnte formal bewiesen werden, dass der Staat auch im wiederholten Spiel keinen Anreiz hat effiziente Steuern zu erheben, wäre das PCT widerlegt. Die Theorie sozialen Konflikts wäre bestärkt. Robert Axelrod beschreibt in seinem Buch "The Evolution of Cooperation" wie Kooperation zwischen zwei nutzenmaximierenden Individuen ohne Zwang, d.h. Bestrafung, welche aus dem Brechen von Regeln folgt, entstehen kann.155 In bestimmten Situationen ist es möglich, die Logik des Gefangengendilemmas zu verlassen, sprich eine Kooperationslösung zu erreichen. Wird das Gefangenendilemma nicht nur einmal gespielt, könnten sich beide Spieler zur Kooperation veranlasst fühlen.156 Voraussetzung dafür ist, dass die Spieler nicht genau wissen, wie oft das Spiel gespielt wird, bzw. dass das Spiel unendlich oft gespielt wird.157 Wird das Spiel endlich oft gespielt verbietet es die Logik der rückwärtigen Induktion dem rationalen Spieler sich auf eine Kooperation einzulassen. Wissen nämlich die Spieler, dass das Spiel nur eine bestimmte Anzahl gespielt wird, so ist für sie beim letzten Spiel Defecten die dominante Strategie, da es für sie nach dem letzten Zug keine Bestrafungsmöglichkeit mehr gibt bzw. die Zukunft nicht mehr wichtig ist. Die Logik des nur einmal gespielten Gefangenendilemmas trifft hier zu. Da dies aber common knowledge ist, d.h. jeder Spieler weiß, dass in der letzten Runde defecten rational ist, ist es auch im vorletzten Zug nicht sinnvoll zu kooperieren. Diese Logik führt soweit, dass schon beim ersten Zug nicht kooperiert wird. Wird das Gefangenendilemma aber nicht endlich oft gespielt, sondern unbestimmt iteriert bzw. unendlich oft, kann Kooperation entstehen. Die Annahme von einer unbekannten Anzahl von Interaktionen erscheint realistisch, da Spieler in der Realität oft nicht genau wissen, ob und wann sie das nächste Mal aufeinander treffen. Die Möglichkeit eines weiteren Treffens bedeutet, dass die heutige Entscheidung sich nicht nur auf das heutige Ergebnis auswirkt, sondern auch auf die Zukunft.

Allerdings hängt der Wille zur Kooperation beim iterierten Gefangenendilemma vom Diskontfaktor zukünftiger Gewinne ab. Erreicht ein Spieler bei Nichtkooperation einen höheren Gewinn als die Summe der abdiskontierten, zukünftigen Gewinne der Kooperationslösung, ist es für ihn nicht rational zu kooperieren. Die Abdiskontierung zukünftiger Gewinne ist gerechtfertigt aus zwei Gründen:158 Erstens, zukünftige Gewinne sind weniger wertvoll als heutige. Man will eher heute konsumieren als morgen. Die Zeitpräferenz ist hoch. Zweitens besteht aufgrund von Tod, Jobwechsel, oder Insolvenz immer die Möglichkeit, dass es kein nächstes Treffen mehr geben wird und das Spiel somit endet. Wenn diese Wahrscheinlichkeit hoch eingeschätzt wird, verwandelt sich das Spiel wieder in ein endliches mit der Konsequenz, dass die Spieler wieder einen Anreiz haben zu defecten.159

Was ist nun die optimale, d.h. nutzenmaximierende Strategie in einem iterierten Gefangenendilemma? Ein Computerturnier, in dem verschiedene Strategien gegeneinander antraten, brachte die Antwort160: TIT FOR TAT (TFT) bzw. Wie du mir, so ich dir!161 Starte mit Kooperation und spiele danach die Strategie, welcher der Gegner in der vorigen Runde spielte. Daraus lassen sich vier Eigenschaften von erfolgreichen Entscheidungsregeln ablesen162: Vermeide Konflikt, zumindest solange dies der andere Spieler auch tut. Bestrafung falls der Gegner defected. Vergebung, falls der Gegner als Antwort auf die Bestrafung im nächsten Zug wieder kooperiert, sowie stringentes Verhalten, damit der Gegner sich an das jeweilige Handlungsmuster anpassen kann. Axelrod definiert die Bedingungen für die Möglichkeit einer entstehenden Kooperation wie folgt: "The evolution of cooperation requires that individuals have a sufficiently large chance to meet again so that so they have a stake in their future interactions."163

Dieser optimistische Ausblick lässt hoffen für Interaktion zwischen zwei Parteien, bei denen beide Parteien ohne Zwang agieren können, d.h. ohne Strafe davonkommen können. Dies ist relevant für Interaktionen zwischen Staaten oder für Interaktionen des Staates mit seiner Bevölkerung. Erwarten Staaten, bzw. die Gruppe, die den Staat führt, dass sie selbst aufgrund von internen Machtkämpfen oder Krieg in der nächsten Periode mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr mitspielt, wird für sie aufgrund des hohen Diskontfaktors defecten attraktiver.164 Und zwar umso mehr, je wahrscheinlicher es ist, dass sie in der nächsten Periode abgesetzt oder gestürzt werden. Autoritäre Staaten, welche nicht abgewählt werden können, müssten demnach ein größeres Interesse haben, effiziente Institutionen zu installieren, da diese - in Abstinenz von externen Schocks wie Hungersnöte, Kriege - stark von den zukünftigen Gewinnen der effizienten Institutionen profitieren würden. Warum dennoch keine effizienten Institutionen installiert werden, wird in Kapitel 4.1 erklärt.

4.1.3. Gültigkeit des politischen Coase-Theorems: Das Modell

Das Coase Theorem setzt voraus, dass intertemporale Verträge durchsetzbar sind, und dass es eine dritte, unabhängige Macht gibt, welche Verträge durchsetzt. Verträge bzw. Versprechen, welche der Staat gibt, sind allerdings nur im wiederholten Spiel glaubhaft.165 Nämlich dann, wenn Reputation als Substitut für durchsetzbare Verträge dienen kann. Durch Androhen bzw. die Möglichkeit von zukünftiger Bestrafung seitens der Bürger könnte der Staat sich zur Einhaltung seiner Versprechen veranlasst fühlen.166 Dazu müsste allerdings das Versprechen effiziente Institutionen zu installieren anreizkompatibel für den Staat sowie für die Bürger sein.167 Dies ist für den Staat der Fall, wenn die abgezinsten Gewinne der Kooperationslösung, d,h. die Bürger investieren am Markt, größer sind als der einmalige Gewinn der Enteignung.168 Für die Bürger ist die Situation anreizkompatibel, wenn ihr Gewinn in der Kooperationslösung größer ist als wenn sie ihre Outsideoption wählen.

Das Modell von Acemoglu (2002) wird nun vorgestellt. Es gibt zwei Gruppen, die Elite und die Bürger. Beide haben einen unbegrenzten Horizont, beide diskontieren ihre zukünftigen Gewinne mit ab. Die Zeit ist diskret mit dem Index t. Die Nutzenfunktion für die Bürger sowie für die Elite ist somit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit dem Konsum ct + j, der Anstrengung bzw. der Investition von et + j und der Vereinfachung (1 -) als Vereinfachung von

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit b<1. Ferner gibt es eine Dummyvariable mt ∈ {0;1}. Wenn mt = 0, dann wählt der Bürger die Outsideoption. In diesem Fall ist sein Markteinkommen t = R. R ist das Einkommen aus natürlichen Ressourcen, welches der Staat für sich beanspruchen kann. In der first-best, d.h. der effizienten Allokation, würde der Bürger am Markt produzieren und sein Anstrengungslevel würde folgende Bedingung erfüllen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Elite trägt nichts zur Produktion bei. Aufgrund des Gewaltmonopols kann die Elite soviel vom Markteinkommen besteuern wie sie möchte. Die Machbarkeitsbedingung, welche die maximale Steuer pro Person bestimmt, ist

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit Y als dem aggregierten Output. Eine Spezifierung der Besteuerungstechnologie folgt später. Die Reihenfolge der Ereignisse innerhalb jeder Periode ist folgende: Zuerst verspricht die Elite einen Steuersatz. Danach wählen die Bürger ihr Anstrengungsniveau e und entscheiden, ob sie am Markt produzieren wollen (m = 1) oder nicht. Daraufhin entscheidet die Elite, wie hoch das aggregierte Steueraufkommen T(Y) für die Bürger sein soll. Danach konsumieren beide Parteien. Diese Annahme impliziert, dass nicht alle Transaktionen gleichzeitig abgeschlossen werden können. Weil Verträge mit dem Staat nicht durchgesetzt werden können, analysieren wir die Ergebnisse der Versprechenslösung im wiederholten Spiel.

Zuerst führen wir noch die Nicht-Kooperationslösung im one-shot Spiel als Benchmark ein. Hier sind keine Verträge zwischen Regierung und Bürger möglich. Die Bürger erwarten, dass die Regierung sie komplett enteignet, also T(Y) = Y setzt. Die Bürger produzieren deshalb nicht am Markt (m = 0). Sie wählen ihr optimales Anstrengungslevel in der Outsideoption, e = b und erhalten dadurch den Nutzen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit q, der Machtverlustwahrscheinlichkeit der Elite. Dieses Gleichgewicht ist allerdings nicht effizient. Eine Pareto-superiore Lösung wäre, wenn die Regierung glaubhaft versprechen könnte, die Bürger nicht komplett zu enteignen und sie damit in den Markt locken könnte. 169 Bei dieser Option wäre das Einkommen der Regierung sowie der Bürger größer als wenn die Bürger ihre Outsideoption wählen. Beide Anreizbediungungen wären erfüllt und beide wären an einer Einhaltung des Versprechens interessiert und deshalb glaubhaft. Die Bürger würden ihr höheres Markteinkommen beziehen. Die Elite würde höhere Einnahmen erhalten als wenn sie nur die die Natur ausbeutet. Die Bürger haben die Möglichkeit den Staat nach einmaligen Defecten zu bestrafen. Sie spielen eine Triggerstrategie. Defectet der Staat einmal, werden die Bürger zukünftig nur noch die Outsideoption wählen. Zuerst sei angenommen, dass die Regierung nicht gestürzt werden kann. Die Sturzwahrscheinlichkeit ist demnach q = 0. Der Nutzen der Regierung in der Kooperationslösung ist hier [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] muss größer sein als der Gewinn , wenn die Elite heute alles konfisziert und danach nur die abgezinsten Gewinne der Outsideoption erhält. Die Anreizbedingung für die Elite ist erfüllt, wenn:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

oder einfacher, wenn das Steueraufkommen T der Kooperationslösung größer ist als der Gewinn des Defectens:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zudem muss die Anreizbedingung der Bürger erfüllt sein. Diese werden nur am Markt W. Für ihr W ergibt sich

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

oder anders ausgedrückt

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Tmax(e) ist der maximale Steuersatz den die Bürger zu zahlen bereit sind, bevor sie die Outsideoption wählen. Wenn ihr Lohn W abzüglich der Steuern in der Kooperationslösung größer ist als ihr Einkommen der Outsideoption investieren die Bürger am Markt. In welcher Lösung werden beide Anreizbedingungen berücksichtigt? Und ist damit auch die first-best Lösung, e.g. e = 1 und m = 1 erreichbar? In diesem Fall würde das PCT gelten. Zuerst schauen wir, welchen maximalen Steuersatz die Bürger in der first-best Lösung bereit sind zu bezahlen. Diese ergibt sich durch einsetzen von e=1 in die Anreizbedingung der Bürger, also

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Erfüllt dieser Steuersatz auch die Anreizbedingung der Regierung? Ja, wenn:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

was aufgelöst folgendes ergibt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wenn (3) erfüllt ist, wird die first-best Lösung mit e=1 sowie m=1 implementiert. Hier können implizite Verträgezwischen Bürgern und Regierung geschlossen werden. Durch die Möglichkeit der Bestrafung anhand der Triggerstrategie ist die first-best Lösung implementierbar. (3) wird umso wahrscheinlicher erfüllt, je geduliger die Elite sowie die Bürger sind, und je schlechter die Outsideoption der Bürger ist. Hier erhält die Regierung genug Steuern. Sie ist nicht versucht, mehr als die versprochene Steuer zu erheben.

Wie sieht allerdings der realistischere Fall aus, wenn (3) nicht erfüllt ist und die Elite aufgrund interner Machtkämpfe oder externer Schocks wie Hungernöte oder Krisen die Zukunft stark abdiskontiert?

Gibt es dann trotzdem ein Gleichgewicht mit m =1 aber e<1, also wenn die first-best Lösung nicht implementiert werden kann? Ja, wenn der maximale Steuerbetrag, den die Bürger in der Kooperationslösung gewillt sind zu zahlen, größer ist als der Gewinn, den die Regierung im Falle der Enteignung bekommen würde. Dies ist der Fall, wenn

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

erfüllt ist. Die linke Seite der Ungleichheit stellt die Anreizbedingung der Bürger dar, die rechte Seite die der Elite. Stellt sich hier ein Gleichgewicht ein? Und erfüllt dieses immer noch die Aussage des PCT, dass die Distribution der Verhandlungsmacht keinen Einfluss auf die Höhe von e hat? Wenn dies nicht der Fall wäre, hätten wir gezeigt, dass das Coase Theorem nicht auf die Politik anwendbar ist. In Abb.2 sind die beiden Anreizbedingungen dargestellt:

Abb. 2: Investitionslevel und Steueraufkommen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Acemoglu (2002), S. 50

Für kleine Werte von e steigt Tmax(e) schneller an als (e), dh. größere e´s machen es leichter, beide Anreizbedingungen zu erfüllen. Im Punkt e=1 / < 1 erreichen die Funktionen Tmax(e) und (e) ihren maximalen Abstand. Die Steigungen sind dort gleich.

Nach diesem Punkt wächst (e) schneller als Tmax(e). Daraus lässt sich schließen, dass sich die Anreizbedingung der Bürger am Nettogewinn, also dem Output minus den Kosten der Investition ausrichtet, wohingegen die Anreizbedingung der Regierung sich alleinig am Output orientiert, welcher stärker wächst als der Nettogewinn der Bürger. Deswegen gilt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

zwischen e* und e** beide Anreizbedingungen erfüllen, allerdings ist die first-best Lösung mit e = 1 nicht erreichbar, da hier die Bürger einen negativen Nettogewinn aus der Marktproduktion realisieren würden. Welches dieser multiplen Gleichgewichte kommt nun zustande? Im Raum zwischen e* und e= 1 / präferieren beide Parteien e= 1 / . Um beantworten zu können, welches Gleichgewicht gewählt wird, können wir uns deshab auf die Menge e = [[1]/ , e**] konzentrieren. Wie wir sehen, hängt hier die Menge möglicher Gleichgewichte von den Parametern wie ab. Steigt , nimmt die Menge der Gleichgewichtslösungen zu und die größtmögliche Gleichgewichtslösung e** steigt.

Ist überhaupt gewährleistet, dass der Bürger am Markt produziert, also m = 1, ist? Falls

nicht beide Anreizbedingungen erfüllt sind, wenn e= [e*, e**] leer sein. Der Bürger produziert am Markt, falls

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erfüllt ist. Angenommen Ungleichung (5) ist erfüllt. Welches der vielen Gleichgewichte zwischen e* und e** wird gewählt? Welches wird von jeder Partei präferiert? Und verändert die Distribution der Verhandlungsmacht das Gleichgewicht, bzw. das Level von e und m?

Die Lösung des Maximierungsproblems der Regierung wäre: Maximiere V = (1- ) in Abhängigkeit von (1) und (2). Die Elite würde das Investitionslevel der Bürger maximieren wollen und das damit einhergehende, höchstmögliche Steuerlevel, indem die Bürger gerade noch nicht die Outsideoption wählen, setzen. Die Elite möchte also die Bürger dazu veranlassen e** zu implementieren, womit Tmax (e**) einhergeht.

Die Bürger möchten allerdings W(e) =

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und (2) maximieren. Im Gegensatz zur Elite möchten die Bürger die Differenz von Output und Steuern optimieren, der Elite also nicht mehr geben, als die Elite minimal zu akzeptieren bereit ist. Grafisch ist dies der Punkt in dem die Steigungen der zwei Graphen identisch sind. Formal ergibt sich das aus Bürgersicht optimale e durch Lösen von

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Die Elite steht also einem anderen Maximierungsproblem als die Bürger gegenüber! Die Elite möchte den Output maximieren, die Bürger die Differenz zwischen Output und Steuer. Die Lösung des Maximierungsproblems der Bürger ist e= 1/ , wohingegen die Regierung e** implementieren möchte. Dies sind jedoch zwei verschieden Punkte,170 was heißt, dass die Verhandlungsmacht der Parteien ins Spiel kommt. Denn ab e= 1/ lohnt es sich nicht mehr für die Bürger ihre Anstrengung zu erhöhen, bzw. mehr zu investieren, da der Staat dann die Residualrechte an ihrer Investition bekommt. Sie bezahlen, der Staat bekommt den Gewinn. Da die Bürger diesen potenziellen Gewinn der Regierung nicht internalisieren, präferieren sie e= 1 / . Sie können dies nicht internalisieren wegen des fehlenden Commitments der Regierung diesen Überschuss nicht zu konfiszieren. Die Transaktionskosten der Internalisierung sind zu hoch. Die Verhandlungslösung erfüllt (1) und (2) und hat folgende Form:

Die Wahl des Gleichgewichts bzw. des Investmentlevels e hängt also von der Verteilung der Verhandlungsmacht ab. e ist also eine Funktion von .171 Hat der Bürger alle Macht, e.g. =1, ist e= 1/ die Gleichgewichtslösung, wohingegen, wenn =0, bzw. die Regierung alle Macht hat, die Lösung e=e** implementiert wird. Etwas überraschend scheint die Logik, dass das Investmentlevel der Bürger abnimmt, je mehr Verhandlungsmacht sie besitzen. Ex post ist dies intuitiv, da die Regierung sich nicht verpflichten kann, alles zu konfiszieren, und die Bürger ab einem gewissen Punkt (e=1/) nicht mehr voll von ihrem Investment profitieren und deshalb ein niedrigeres Invesment e wählen, in dem ihr Nettogewinn allerdings größer ist.

Nun sei der Fall angenommen, dass es die Möglichkeit am Ende der Periode gibt, dass die Regierung mit einer Wahrscheinlichkeit q abgesetzt wird mit q>0. Dies hat Auswirkungen auf die Auszahlungen für die Elite. Hiermit ergeben sich neue Auszahlungen abhängig davon, ob die Elite im neuen Umfeld defected oder kooperiert. Defected sie, hat sie eine Auszahlung (e) = e1- +R/[1-(1-q)], kooperiert sie und hält sich an den versprochenen Steuersatz erhält sie T/[1-(1-q)]. Die neue Anreizbedingung für die Ellite ist somit T≥ (e) 1- (1-q) e1- +R. Die Bedingung für die first-best Lösung wäre somit

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Diese Bedingung ist für alle q>0 restriktiver als Bedingung 1, in der es noch keine Replacement-Option für die Regierung gab. Die Möglichkeit eines Replacements verringert die abgezinsten zukünftigen Gewinne aus der Kooperation für die Regierung, was es schwieriger macht die first-best Lösung bzw. das PCT zu erreichen. In Grafik 2 würde dies bedeuten, dass der Graph von sich nach oben verschieben würde. Die Menge möglicher Gleichgewichte, möglicher e´s, würde abnehmen. Die Bedingung, dass unter diesen Umständen der Bürger überhaupt am Markt produziert (m=1) ist erfüllt, wenn [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Als Endergnis unserer Überlegungen lässt sich folgendes festhalten:

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Ist es den Bürgern bzw. der Regierung nicht glaubhaft möglich sich zu zukünftigen Transfers zu verpflichten, kann dennoch die effiziente Allokation sowie das PCT implementiert werden, wenn dieses Versprechen anreizkompatibel ist. Dies kann durch die Möglichkeit einer Bestrafung seitens der Bürger erreicht werden, solange (5) erfüllt ist. Falls diese Bedingung nicht erfüllt ist, hat dies ein Investionslevel von e<1 zur Folge. Solange (7) erfüllt ist, kann immerhin noch eine Kooperationslösung, e.g. m=1 erreicht werden, auch wenn e<1 ist. Allerdings ist jetzt die Distribution der Verhandlungsmacht entscheidend über das Level von e. Je größer die Verhandlungsmacht der Büger ist, je größer die Replacementwahrscheinlichkeit q der Elite ist, umso geringer wird das Investitionslevel e sein.

Wenn wir annehmen, dass die Replacementwahrscheinlichkeit aufgrund interner Machtkämpfe sowie externer Schocks relativ hoch ist, scheint dies eine realistische Annahme zu sein. Dadurch wird es aber schwierig (5) zu erfüllen. Dies hat zur Folge, dass auch anreizkompatible Versprechen nicht die first-best Lösung, bzw. das soziale Optimum erreichen, was wiederrum im Umkehrschluss bedeutet, dass die Institutionen, hier der Steuersatz, den die Elite gewählt hat, nicht effizient war. Könnten Verträge mit der Elite bzw. dem Staat von Dritten durchgesetzt werden, könnten effiziente Institutionen und damit das soziale Optimum erreicht werden. Da dies aber nicht der Fall ist, kann dem PCT keine große praktische Relevanz in der Erklärung der vorherrschenden Institutionen zugeschrieben werden. Das PCT muss als falsifiziert gelten.

Wenn wir nun unsere Annahme, dass alle Bürger kollektiv handeln, aufweichen, ergeben sich weitere, interessante Einschränkungen bezüglich der Gültigkeit des PCT. Nehmen wir an (6) hält, (7) jedoch nicht. Hier ist die first-best Lösung nicht möglich, allerdings gibt es eine Produktion am Markt mit m=1 und e<1. Da die Bürger bei Pauschalsteuern das Residuum ihrer Investition behalten, wird jeder Bürger das Maximum e=1 investieren, in der Hoffnung, dass die anderen ihre Investition einschränken. Die Bürger möchten ihren Gewinn maximieren, und auf dem Verzicht der anderen freeriden. Da sich aber jeder Bürger so verhält, kommt es zur Überinvestition und damit zur Verletzung der Anreizbedingung der Elite. Eine Lösung für dieses Problem wäre progressive Steuern in Abhängigkeit des individuellen Einkommens einzuführen. Hier werden die Bürger nicht mehr e=1 investieren, da sie nicht mehr die kompletten Residuen ihrer Investition für sich vereinnahmen können, wodurch das richtige Investitionslevel induziert werden kann. Die Steuern müssen Investitionsanreize so stark verzerren, dass die Bürger keinen Anreiz haben zur Überinvestition. Bei atomistischen Bürgern ist nur im Fall verzerrender Steuern die Anreizbedingung der Elite nicht verletzt, obwohl eine effiziente Steuertechnologie (Pauschalsteuern) vorhanden ist.

4.2. Machterhalt der Elite durch Aufrechterhaltung ineffizienter Institutionen

"I told you not to build any roads... building roads never did any good... I´ve been in power in Zaire for thirty years and I never built one road. Now they are driving down them to get you."172

- Mobuto Sese Seko, Präsident von Zaire. Dies war sein Kommentar auf die Bitte des Präsidenten Ruandas um militärische Unterstützung, dem gerade eine Revolution im eigenen Land drohte.

Abgesehen von der Unmöglichkeit der Elite effiziente Institutionen glaubhaft zu versprechen, gibt es noch andere Gründe, warum die Elite sich weigert, effiziente Institutionen zu installieren. Wenn Entwicklung die Distribution der politischen Macht zum Nachteill der Elite verändert, hat diese keinen Anreiz mehr Institutionen so zu ändern, dass diese zu Wachstum anregen. Je wichtiger die Zukunft für die Elite ist, umso mehr schätzen sie dann noch an der Macht zu sein, und umso eher werden sie heute schlechte Institutionen installieren, um eine aktive Mittelschicht, welche die Elite politisch herausfordern könnte, zu verhindern.173 Die Elite blockt also Entwicklung um ihre politische Macht nicht zu verlieren. Man könnte von einer "politischen Verlierer"- Theorie sprechen.174 Die Relevanz dieser Theorie wird deutlich, wenn man die industrielle Entwicklung Englands und Deutschlands im frühen 19. Jh. mit der von Russland und Österreich-Ungarn vergleicht. In Österreich-Ungarn sowie in Russland wurde nicht versucht, Industrialisierung voranzubringen, sondern ganz im Gegenteil, sie wurde als Bedrohung empfunden. Die Eisenbahn wurde nicht als Träger von Gütern und Personen gesehen, sondern als Träger der drohenden Revolution.

Wie ist es zu erklären, dass in manchen Ländern der Staat Förderer der Industrialisierung und damit der wirtschaftlichen Entwicklung war, und in manchen ihr größter Gegner? Die Idee der politischen Verlierer basiert auf Kusznet Theorie der ökonomischen Verlierer. 175 Kuznet behauptet, dass ökonomische Verlierer in der Lage sind, technologische Innovationen zu verhindern, um ihre ökonomischen Renten zu verteidigen. Nur wenn Gesellschaften stärker sind bzw. sich besser organisieren können als die ökonomischen Verlierer ist es ihr möglich, die Vorteile des technischen Fortschritts zu nutzen. Im Angesicht des Problems kollektiven Handelns wissen wir, dass es den wirtschaftlichen Verlierern im Angesicht drohender Verluste leichter ist, sich zu organisieren, im Gegensatz zur Gesellschaft als Ganzes. Allerdings steht diese theoretische Überlegung in krassem Gegensatz zur Realität. Die Ludditen-Aufstände in England im 19. Jahrhundert konnten trotz ihrer Organisationsfähigkeit nicht die Einführung des mechanischen Webstuhls verhindern. Die ökonomischen Verlierer hatten demnach nicht genügend politische Macht diese Innovationen zu blocken. Wenn es möglich ist Innovation zu blocken wie im Fall von Russland und Österreich-Ungarn kann dies nur von einer Gruppe gemacht werden, welche über genug politische Macht verfügt - von der Elite. Was sind jedoch die Beweggründe dafür, da - wie wir gesehen haben - die Elite diese Macht benutzen könnte die Gewinne dieser Technologie zu besteuern und deswegen davon profitieren könnte? Innovationen werden geblockt, da diese Innovationen Auswirkungen auf die Verteilung der politischen Macht haben. Gruppen, deren politische Macht, nicht deren ökonomische Renten, durch die Einführung der Innovation auf dem Spiel steht, haben einen Anreiz und - was hier entscheidend ist - sind dazu in der Lage Innovationen zu blocken. Acemoglu und Robinson nennen diese These in Anlehnung an Kuznet deshalb "political loser hyptothesis". Um technologische Rückständigkeit zu verstehen, lohnt es sich also auf die Distribution der politischen Macht zu schauen.

Die Überlegung, die hinter der Angst vor einer reichen Mittelschicht steht, ist folgende: Haben die Bürger ein niedriges Pro-Kopf-Einkommen, sind sie weniger in der Lage ihr kollektives Handlungsproblem zu lösen. Dadurch gelingt es ihnen weder politischen Druck aufzubauen, noch können sie sich Waffen leisten, um diesem Druck Nachdruck zu verleihen. Die Elite hat deswegen einen Anreiz, öffentliche Güter zu verweigern. Denn anhand von öffentlichen Gütern können die Bürger ihr kollektives Handlungsproblem billiger lösen. Ihre Fähigkeit sich zu organisieren und Revolutionen, Revolten und Aufstände anzuzetteln steigt, wodurch sie Druck auf die Elite ausüben können. Man könnte sagen, dass ihre de facto Macht steigt.176 Diese Macht hängt davon ab, wie gut Gruppen ihr kollektives Handlungsproblem lösen können und wieviel ökonomische Ressourcen, e.g. Einkommen ihnen zur Verfügung steht. Solche öffentlichen Güter, welche es für die Bürger leichter machen ihr kollektive Handlungsproblems zu lösen, sind: Verbesserte Infrastruktur, Bildung, Kommunikation und Expansion von Massenmedien, sowie sichere Eigentumsrechte und effiziente Steuern. Sichere Eigentumsrechte lassen den erwarteten Gewinn von Sachkapital steigen, was Industrialisierung bewirkt. Diese induziert wiederum Urbanisierung, wodurch potenzielle oppositionelle Kräfte zusammengeführt werden, wodurch es ihnen leichter fällt kollektiv zu handeln. Diese Überlegungen führen die Elite zu der Erkenntnis, dass es besser ist die Entwicklung einer Gesellschaft aufzuhalten, um ihren politischen Status nicht zu gefährden. Evans fasst dies schön zusammen, wenn er sagt, dass "Extracting a larger share from a shrinking pie is not the optimal way to maximize revenues but it may be the only way consistent with the survival of predatory states. The disorganisation of the civil society is the sine qua non of the political survival for predatory rulers. Generating an entrepreneurial class with an interest in industrial transformation would be almost as dangerous as promoting the political organization of civil society. For predatory states "low-level-equilibrium traps" are not something to be escaped; they are something to be cherished."177

Zudem ist die politische Macht ein äußerst knappes Gut und nur in den Händen weniger. Der Grenzertrag einer Einheit politischer Macht ist für die Bürger sehr hoch. Dies macht es für die Bürger attraktiver sich zu organisieren und um politische Macht zu streiten, um zumindest Teile des Volkseinkommens an sich selbst zu redistributieren. Da die Elite dies weiss, wird sie versuchen, diese Bedrohung im Keim zu ersticken, indem sie die Bürger verarmen lässt. Kein Geld, kein kollektives Handeln, keine Waffen, keine Revolution.

Ist die Macht in den Händen der Elite, hat diese noch andere Gründe ineffiziente Institutionen zu installieren: Diese wären die Aneignung von Gewinnen sowie die Möglichkeit zu Faktorpreismanipulation.178 Wir gehen nun davon aus, dass die Bevölkerung der Elite schon Zugeständnisse abringen konnte und es deswegen eine produzierende Mittelklasse gibt. Bei der Aneignung von Gewinnen setzt die Elite einen hohen Steuersatz - einen Steuersatz, welche dem optimalen Laffer-Kurven Punkt entspricht

- auf die Mittelklasseproduzenten um ihnen Gewinne zu entziehen. Hier ist der Gewinn für die Elite am größten. Dies impliziert allerdings, dass die Elite am meisten profitieren würde, wenn die Mittelklasse ihr optimales Anstrengungs- sprich Investitionsniveau realisiert. Hier müsste die Elite eigentlich effiziente Institutionen installieren, um den Output der Mittelklasse zu maximieren. Deshalb ist die Aneignung von Gewinnen von diesen ineffizienten Politiken das geringste Übel.179 Bei der Faktorpreismanipulation setzt die Elite verzerrende, e.g. zu hohe Steuern für andere Produzenten fest. Da die Elite mit den Mittelklasseproduzenten im Wettbewerb um Produktionsfaktoren steht, verringern die Steuern die Nachfrage der Mittelklasseproduzenten nach Produktionsfakoren. Dies lässt indirekt die Gewinne der Elite steigen.

Die Eliten, die sich intensivem politischem Wettbewerb stellen müssen, wie auch jene Eliten, die selber stark von Wachstum profitieren - selbst stark im Wirtschaftsablauf integriert sind - werden neue Technologien wie auch wachstumsinduzierende institutionelle Veränderungen einführen wollen.180 Das Gleiche gilt für Eliten, die fest im Sattel der Macht sitzen. Sie werden Innovationen zulassen, da ihr Zeithorizont aufgrund ihres sicheren Status groß genug ist, um die höheren Steuereinnahmen aus der Innovation vereinnahmen zu können. Die Aussage, dass Eliten, welche sich großem Wettbewerb stellen müssen, Innovationen zulassen, stimmt mit Beckers Erkenntnis überein, dass in Demokratien effiziente Institutionen installiert werden.181 Eliten, welche stark mit der hiesigen Wirtschaft verflochten sind, lassen effiziente Innovationen zu, wenn durch Wirtschaftswachstum der Reichtum der Elite schneller wächst als der aller anderen. Denn dann muss die Elite nicht die de facto Macht der anderen fürchten, da ihre de facto Macht relativ zu der aller anderen stärker steigt, wodurch potenzielle Revolten aufgrund von größeren Ressourcen niedergeschlagen werden können bzw. den Bürgern die Zustimmung zum ineffizienten Status Quo abgekauft werden kann.

Die Rückständigkeit lateinamerikanischer Volkswirtschaften könnte somit anhand der Einkommensquelle der Elite erklärt werden. Denn die dortige Elite bezog ihr Einkommen primär aus dem Produktionsfaktor Land.182 Industrialisierung, bzw. Institutionen, welche diese begüngstigen würden, wurde demnach als Bedrohung für die politische Vorherrschaft dieser Elite gesehen. Erst nach umfassenden Landreformen konnte diese Blockade aufgelöst werden. In Österreich-Ungarn sowie dem russischen Zarenreich waren es vor allem Landbesitzer und Monarchen, welche sich gegen die Industrialisierung stellten. Industrialisierung und Märkte wurden als Auslöser für das Verschieben von politischer Macht - weg von den traditionellen Führern hin zu industriellen und kommerziellen Interesssengruppen - gesehen.183 Wie die Revolution von 1905 in Russland zeigen sollte, waren diese Ängste vollkommen berechtigt. Nachdem sich der Zar nach dem Krimkrieg aufgrund der technologischen Unterlegenheit gegenüber seinen Kriegsgegnern gezwungen sah, Industrialisierung zu fördern, entstanden in den Städten soziale Unruhen, welche schließlich die Revolution auslösten und die Macht vom Zaren in die Hände der Arbeiter legten.184

Ein weiterer Grund, warum die Elite Interesse an ineffizienten Institutionen hat, mag an den Transaktionskosten des Steuereintreibens liegen. Lässt die Elite Innovationen oder effiziente Institutionen zu, mag das Bruttosteueraufkommen der Elite vielleicht steigen. Jedoch ist das Nettosteueraufkommen, welches die Elite für sich vereinnahmen kann, entscheidend. Der Nettosteuergewinn für die Elite ist in einem System ineffizienter Institutionen höher als in einem System effizienter Institutionen, da die Kosten des Monitorens der Inputs und Outputs, das Messen und das Einsammeln von Steuern, mit der Anzahl der Besteuerten exponentiell ansteigen. Hier ist es für die Elite einfacher und billiger einen Monopolisten zu besteuern als die breite Bevölkerung, was mit ineffizienten Institutionen einhergeht.185 Zudem kommt erschwerend hinzu, dass der Staat seine Agenten, die Bürokraten, welche für das Messen und Einsammeln von Steuern geschaffen wurden, nur imperfekt kontrollieren kann und deswegen Teile der Renten an die Bürokraten abfließen.186

Zudem wird die Elite Institutionen installieren, um einflussreiche Interessengruppen an sich zu binden, zum Nachteil der Gesellschaft.187 Je mehr Interessengruppen daran interessiert sind, dass die Elite an der Macht bleibt, umso sicherer sitzt diese im Sattel. Die Elite kreiiert Monopole um Renten zu erhalten, die sie dann an Gruppen verteilt, um diese Gruppen an sich zu binden. Sie gewährt Monopole im Austausch für politische Unterstützung. Ineffiziente, d.h. von der Elite kontrollierte Märkte mit verzerrenden Preisen und einer dadurch ineffizienten Allokation von Ressourcen, sind die Voraussetzung für den Machterhalt der Elite. Märkte sind in diesem System das Instrument der Elite und nicht die Basis für allgemeinen Wohlstand. Solange die Gewinne aus dem Monopol größer sind als diejenigen, welche sie im freien Wettbewerb erhalten würden, unterstützen die Gruppen die Elite. Allerdings können nicht beliebig vielen Interessengruppen Privilegien gewährt werden, da der Grenznutzen der Privilegien abnimmt.188 Je mehr Gruppen Renten gewährt werden, umso geringer werden diese Renten. Für bestimmt Interessengruppen mag es dann lohnend sein, eine Absetzung der Elite herbeizuführen um ihren eigenen Nutzen zu maximieren, wenn dieser in einem alternativen System größer ist. Deswegen sind Ausbeuterstaaten auch nie Förderer von Bildung und Alphabetisierung, da gut ausgebildete Menschen in einer freien Marktwirtschaft bessere Verdienstchancen haben als in einem System kontrollierter Märkte. Wenn die Bürger wissen, dass Hayeks dezentrale Organisation von Wissen über Wettbewerbsmärkte größeren Nutzen für sie bringt, werden sie versuchen kollektiv zu handeln und effiziente Märkte zu fordern, was bei Erfolg den schleichenden Niedergang der politischen Vorherrschaft der Elite bedeuten würde.

Eliten, welche Zugang zu natürlichen Ressourcen haben, brauchen weniger Kooperation dh. weniger Unterstützung von anderen Gruppen als im Falle ohne natürliche Ressourcen. Der Anreiz extrem ineffiziente Institutionen zu installieren, ist dann sehr groß, wie das Beispiel Nigeria zeigt.189 Je weniger Kooperation Eliten brauchen, um an der Macht zu bleiben, umso ineffizientere Institutionen können sie sich leisten. Kooperation kann stattfinden in Form von politischen Zugeständnissen und der Distribution von Renten. Muss die Elite mit der ganzen Bevölkerung zusammenarbeiten, um an der Macht zu bleiben - wir befinden uns faktisch in einer Art Demokratie - müssen die Eliten effiziente Institutionen installieren, um die Distribution der Renten für die Bürger zu maximieren. Braucht die Elite keine Kooperation mit anderen Gruppen, hat sie keinen Anreiz Wachstum auf breiter Front zu fördern. Sala-i-Martin zeigt am Beispiel Nigeria, wie große Vorkommen an Ressourcen wie Öl schlechte Institutionen entstehen lassen. Wie ist es sonst zu erklären, dass, obwohl Nigeria seit 1965 Gewinne durch Öl im Wert von 350mrd$ generiert hat, das Pro-Kopf-Einkommen stagniert ist? Dies kann nur damit erklärt werden, dass ein kleiner Teil der Bevölkerung von der Ölindustrie profitierte, während sich der Großteil der Bevölkerung ökonomisch verschlechterte. Während 1970 etwa 20 Millionen Menschen in Nigeria von weniger als 1$ pro Tag leben mussten, waren dies im Jahr 2000 etwa 80 Millionen Menschen.190 Dies ist nur möglich, wenn eine kleine Elite die kompletten Ölgewinne für sich vereinnahmen kann. Wenn wir annehmen, dass die de facto Macht der Ölmonopolisten mit den Öleinnahmen so stark wuchs, dass sie die de jure Macht erlangen konnten, konnten sie die Distribution der Macht bzw. die Struktur des Staates so verändern, dass diese dauerhaft gesichert war. Da ihr Reichtum extern durch Rohstoffe gegeben war, konnten sie die Steuereinnahmen als Einkommensquelle vernachlässigen. Die Elite hat demnach keinen Anreiz Wachstum und dadurch Steuereinnahmen zu generieren. Sie präferierte niedrige pro-Kopf-Einkommen, was konsistent ist mit den Ergebnissen der politischen Verlierer Theorie. Dieses Ergebnis wird auch im PCT-Modell vorausgesagt. Denn wenn R, das Einkommen des Staates aus natürlichen Ressourcen, besonders groß war, war die Nichtkooperationslösung und damit ineffiziente Institutionen für den Staat die präferierte Alternative.

5. Fazit

Warum entstehen ineffiziente Institutionen überhaupt? Und warum werden diese nicht geändert? Warum sind manche Staaten demokratisch und warum beuten manche Staaten ihre Bevölkerung aus?

Der erste Schritt zur Beantwortung dieser Fragen ist sich bewusst zu machen, wer die institutionellen Entscheidungen in einer Gesellschaft trifft und in wessen Interessen. Die Arbeit argumentierte, dass die Theorie des sozialen Konflikts die richtige Herangehensweise an diese Problemstellung ist. Ineffiziente Institutionen bestehen, da die Mächtigen ihren Nutzen zu Lasten der gesamten Bevölkerung maximieren. Ineffiziente Institutionen entstehen und bestehen aufgrund dieses sozialen Konflikts.

In einer Welt positiver Transaktionkosten kann aufgrund von prohibitiv hohen Messkosten nicht jeder externe Effekt internalisiert werden, wodurch es zu Konflikten kommt. Hier spielen Institutionen, welche die Konflikte regeln, eine wichtige Rolle. Institutionen und deren Durchsetzung verändern die Auszahlungen im Gefangenendilemma zu Gunsten gegenseitiger Kooperation. Dadurch kann auch bei unpersönlichem, überregionalem Handel Spezialisierung und Arbeitsteilung entstehen, welche die Grundlage bilden für den Reichtum der Nationen. Das Rechtssystem - und damit der Staat - bestimmt, wer Eigentumsrechte anfänglich zugewiesen bekommt und wer nicht, und damit wer profitiert und wer nicht. Die Distribution des Reichtums innerhalb einer Gesellschaft ist abhängig vom Staat bzw. von der Gruppe, die diesen kontrolliert. Die unpersönliche Durchsetzung von Verträgen durch den Staat ist ein wichtiges Instrument, um Transaktionskosten zu senken und dadurch das Handelsvolumen zu steigern. Der Staat kann die Durchsetzung von Verträgen aufgrund der Skaleneffekte am billigsten gewährleisten. Um Wachstum auf breiter Front zu kreiieren, muss der Staat allerdings nicht nur die Bürger vor sich selbst schützen, sondern vor allem vor staatlicher Willkür. Sichere Eigentumsrechte sind die Basis für wachstumsinduzierende Investitionen. Eine strikte Durchsetzung von Institutionen hat nur positive Entwicklungseffekte, wenn die Institutionen, welche durchgesetzt werden sollen, Anreize zur Investition in Human- oder Sachkapital liefern. Eine strikte Vertragsdurchsetzung und sichere Eigentumsrechte, dh. Schutz vor dem Zugriff durch den Staat, sind elementare Bestandteile, um die Wachstumseffekte aus Spezialisierung realisieren zu können.

In einer Demokratie wären beide Bedingungen erfüllt. Ausbeuterstaaten, Staaten mit unsicheren Eigentumsrechten, sind jedoch bei der Wahl des Regimetyps bei den Verhandlungen über den Gesellschaftsvertrag von der kollektiv geschlossensten Grupp - der Elite - präferiert, da dieser Typus ihren Nutzen maximiert. Ausbeuterstaaten sind in diesem Fall der Ursprung aller Staatsformen. Ist diese Staatsform erst einmal installiert, ist es aufgrund der Pfadabhängigkeit und des kollektiven Handlungsproblems der Bürger schwierig, diesen in ein demokratischeres System zu verwandeln.

Modelliert man die Anarchie nicht mit Individuen, sondern mit Gruppen, kommt kein Staat, im Sinne des Wohlstandsoptimierers der ganzen Bevölkerung zustande, sondern ein Ausbeuterstaat. Im Gegensatz zur großen Gruppe der Bevölkerung kann eine kleine Gruppe - die Elite - ihr kollektives Handlungsproblem lösen, und sich in der Anarchie an die Macht setzen.

Damit die Schaffung eines Ausbeuterstaates für die Elite rational ist, muss diese Staatsform für sie einen höheren Nutzen generieren als ein Staat mit sicheren Eigentumsrechten. Nimmt man an, dass es natürliche Ressourcen gibt sowie Dritte, die durch den Kauf dieser Ressourcen Einkommen für die Elite generieren, ist die Vorteilhaftigkeit des Ausbeuterstaates - zumindest in der kurzfrisitg - gegeben. Die Elite kann sich die Eigentumsrechte an diesen natürlichen Ressourcen aufgrund ihrer Fähigkeit kollektiv zu handeln aneignen. Im Ausbeuterstaat müssen den Bürgern keine sicheren Eigentumsrechte gewährt werden, dh. sie müssen nicht animiert werden zu produzieren, wenn das Einkommen der Elite aus Rohstoffen sehr groß ist.

Entwicklungsländer mit großen Vorkommen an natürlichen Ressourcen weisen demnach dieselben Eigenschaften auf wie Ausbeuterstaaten und folgen deshalb derselben Logik.

Entwicklungsländer mit reichen Vorkommen an natürlichen Ressourcen könnten demnach auch Ausbeuterstaaten genannt werden.

Eine Frage, die sich aufwarf war: Wenn die Eliten soviel Macht haben, warum benutzen sie dann nicht diese Macht, um effiziente Institutionen zu installieren und redistributieren die entstehenden Gewinne an sich? Dies ist aus aufgrund von der Unteilbarkeit von polititscher Macht und Effizienz unmöglich.

Effiziente Institutionen können nicht installiert werden, da der Staat bzw. die Elite keine Verträge mit der Bevölkerung schließen kann, welche von Dritten durchgesetzt werden können. Die unbeschränkte Macht der Elite stellt hier als Problem dar. Wären Verträge, die der Staat schließt, durchsetzbar, könnte das Coase Theorem auf der politischen Ebene gelten, und jede Gesellschaft würde immer ihre effizientesten Institutionen besitzen, unabhängig davon welche Gruppe gerade an der Macht ist.

Aber selbst wenn glaubwürdige, dh. anreizkompatible Versprechen aufgrund wiederholter Interaktionen zwischen Bürgern und Elite möglich sind, wird das soziale Optimum nicht erreicht, da die Bürger ihren Nettonutzen und die Elite den Output maximieren möchten. In diesem Fall ist die Distribution der politischen Macht für das Erreichen des sozialen Optimums sehr wohl entscheidend - ganz im Gegensatz zu den Voraussagen des PCT. Für den Fall, dass die Bürger ihr kollektives Handlungsproblem nicht lösen können, müssen sogar verzerrende Steuern erhoben werden, um die Anreizbedingung der Elite nicht zu verletzen, obwohl effiziente Institutionen - Pauschalsteuern - realisierbar wären.

Zudem hat die Elite keine Anreize effizienten Institutionen zu installieren, da reichere Bürger ihr Problem kollektiven Handelns besser lösen können und dadurch zur Bedrohung für die Elite werden könnten. Um diese Bedrohung von Vorneherein ausschließen zu können, installiert die Elite keine effizienten Institutionen. Diese Institutionen werden umso ineffizienter sein, je unabhängiger die Elite von anderen Gruppen ist bzw. je weniger Kooperation sie braucht um an der Macht zu bleiben. Kooperation erreicht die Elite, indem sie Gruppen Monopole gegen politische Unterstützung gewährt. Märkte sind im Ausbeuterstaat also Instrumente der Politik und damit ineffizient.

Bürger haben im Ausbeuterstaat bzw. im Entwicklungsland keinen Anreiz in Produktionsfaktoren wie Human- oder Sachkapital zu investieren. Entwicklung ist hier unerwünscht. Der Name "Entwicklungsländer" ist somit in den meisten Fällen ein irreführender Begriff. Die Elite will keine Entwicklung herbeiführen, da Entwicklung bzw. Wachstum ihr politisches Ende bedeuten würde. "Stagnationsländer" würde den Sachverhalt wohl eher treffen.

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[...]


1 Vgl. North/Thomas (1973), S. 2.

2 Es gibt mittlerweile wachsenden Konsens, dass Institutionen einen direkten Effekt auf die Entwicklung von Ländern haben, siehe unter anderem: Knack/Keefer (1995), Mauro (1995).

3 Vgl. Acemoglu (2002), S. 16, Der Vergleich DDR mit der BRD lässt auch auf die Relevanz der Institutionenhypothese schließen.

4 Für eine Einführung in die Geographiehypothese siehe Sachs (2003), in die Kulturhypothese siehe Weber (1930). Obwohl die Institutionen- und Kulturhypothese Gemeinsamkeiten im Sinne von Einflüssen auf das Verhalten von Individuen besitzen, ist es dennoch gerechtfertigt diese beiden zu trennen. Institutionen können geändert werden, die Kultur nicht. (Abgesehen von dem Effekt den Bildung auf die Werte und Normen von Individuen hat. Generationenübergreifend könnte dadurch ein Wandel in der Kultur einer Gesellschaft stattfinden).

5 Ineffizient meint hier nicht pareto-inferior, sondern wachstumshemmend. Das Pareto-Kriterium ist hier zu schwach, da eine pareto-effiziente Allokation von Ressourcen auch gegeben ist, wenn die Elite alles besitzt und die Bevölkerung nichts. Im weiteren Verlauf der Arbeit ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass effiziente Institutionen hier gleichzusetzen sind mit wachstumsinduzierend bzw. outputmaximierend. Diese Begriffsdefinition benutzt auch Acemoglu/Johnson/Robinson (2004), S. 28.

6 Verlust der Privilegien der Elite ist gleichzusetzen mit effizienten Institutionen für alle.

7 Vgl. Coase (1937), S. 388.

8 Vgl. Coase (1960), S. 15.

9 Vgl. Coase (1937), S. 390.

10 Vgl. Coase (1988), S. 6, Coase zitiert in seinem Buch "The Firm, the Market and the Law" Dahlman, und stimmt diesem damit wohl implizit zu.

11 Vgl. Coase (1960), S. 16.

12 Vgl. Coase (1988), S. 7.

13 Vgl. Langlois (1997), S. 4.

14 Vgl. Coase (1937), S. 394.

15 Vgl. Hayek (1945), S. 524.

16 Oder wie Coase (1937), S. 388 den Vergleich von D.H. Robertson zitiert: "...lumps of butter coagulating in a pail of buttermilk."

17 Vgl. North (1990), S. 27.

18 Ebenda, S. 28.

19 Ebenda, S. 30.

20 Ebenda, S. 27.

21 Vgl. Akerlof (1970).

22 Einen Weg diese Doppelkoinzidenz der Wünsche zu beseitigen war die Einführung des Geldes.

23 Die meisten Studien zum Thema Institutionen und wirtschaftliche Performance nehmen das Pro-Kopf- Einkommen als Instrument um zu beurteilen, ob zwischen diesen zwei größen ein Zusammenhang besteht, siehe Davis (2009), S. 9-

24 Vgl. North (1990), S. 34.

25 Ebenda, S. 4, Im weiteren Verlauf der Arbeit sind die Ausdrücke "Institutionen" und "Regeln" bzw. "Gesetze" austauschbar.

26 Vgl. North (1991), S. 97.

27 Glaeser et al. (2004), S. 275.

28 Im Verlauf der Arbeit behandeln wir nur formale Institutionen.

29 Vgl. North (1990), S. 4

30 Vgl. Mendewa (1996), S. 573.

31 Vgl. Coase (1988), S. 14.

32 Vgl. North (1990), S. 31.

33 Vgl. Coase (1988), S. 12.

34 Sehr zu Coases Bedauern konzentrierten sich viele seiner wissenschaftlichen Kollegen auf dieses, nach Stiegler benannte Coase-Theorem. Das war allerdings gar nicht Coases Absicht. Er wollte anhand des Rinder-Weizenbeispiels nur zeigen, dass es in einer Welt ohne Transaktionkosten Konflikte immer gelöst werden können und deswegen Institutionen keine Rolle spielen. In einer positiven Transaktionskostenwelt- in der Welt in der wir leben- sie allerdings eine sehr große Rolle spielen. Coases Absicht war es immer, die Welt zu analysieren wie sie ist.

35 Coase ist allerdings relativ kritisch, was die Überlegenheit der staatlichen Intervention betrifft, da der Staat nicht durch den Wettbewerb kontrolliert wird, so wie es unter Firmen der Fall ist, weshalb inferiore Lösungen zu Stande kommen. Denn eine Regulierung behebt vielleicht Marktversagen in einem Bereich, ruft aber gleichzeitig Verzerrungen in einem anderen Bereich hervor, wodurch der Nettoeffekt einer staatlichen Intervention wieder negativ wird. Spill-over Effekte sind zu berücksichtigen. Der Nettoeffekt der staatlichen Aktivität muss positiv sein. Außerdem können die vom Staat beschlossenen Regulierungen stark durch das politische Tagesgeschäft verzerrt sein. Er ist allerdings nicht per se gegen staatliche Intervention, sondern sagt nur, dass man auf den Nettoeffekte dieser Aktion schauen muss. Und diesen Effekt zu messen stellt sich aufgrund der komplexen Strukturen und Interdependenzen als äußerst schwierig heraus.

36 Allerdings setzt die Lösung über Gesetze voraus, dass der Staat weiss, wie er dadurch das soziale Optimum erreichen kann. Dies scheint aufgrund der Messkosten und der Unsicherheit über die Wirkung dieser Intervention allerdings mehr als fraglich. Dies ist es vielleicht, was Coases kritische Einstellung gegenüber staatlicher Intervention begründen kann.

37 Vgl. Olson (2002), S. 72, zitiert hier Hobbes.

38 Vgl. North (1990), S. 32.

39 Vgl. North (1990), S. 35.

40 Dies wird in Kapitel 4.1.2. behandelt.

41 Vgl. North (1990), S. 55.

42 Dies stellt vor allem für Banken ein Problem Finanzmarktkrisen dar, wenn eigentlich noch liquide Banken vom Kapitalmarkt ausgeschlossen werden, wenn Gerüchte über eine angebliche Zahlungsunfähigkeit die Runde machen. Dann werden aus Gerüchten schnell "self-fullfilling prophecies".

43 Vgl. Schelling (1960), S. 10.

44 One-shot Spiel bedeutet hier: Es wird nur einmal, eine Runde lang, gespielt.

45 In der englischen Fachliteratur spricht man bei Nicht-kooperation von "defect". Diese zwei Begriffe werden im Verlauf der Arbeit austauschbar verwendet.

46 Vgl. Sandler (2002), S. 40.

47 Vgl. Axelrod (1984), S. 9.

48 Vgl. North (1990), S. 58.

49 Für eine interessante Abhandlung der Evolution von Institutionen zwischen Staat und Bürgern vor dem geschichtlichen Hintergrund, siehe North/Weingast (1989).

50 Migration wäre ein Ausweg, der allerdings mit immens hohen Kosten verbunden ist, und dies auch nur dann, wenn der Staat die Ausreise erlaubt. Das dies nicht immer einfach gewährt wird lehrt uns die Vergangenheit.

51 Vgl. North/Weingast (1989), S. 804.

52 Vgl. Acemoglu (2002), S. 22, Damit bei Pauschalsteuern das first-best Investitionslevel erreicht werden kann, muss gewährleistet sein, dass der Investor nach Abzug der Steuer und seiner Investitionskosten einen positiven Ertrag bekommt.

53 Vgl. North/Weingast (1989), S. 803.

54 Anstatt Bürgern könnte hier auch "Firmen" stehen. Dies würde für entwickelte Länder sich besser passen.

55 Wenn wir von den Transaktionskosten absehen, die entstehen würden um herauszufinden, ob überhaupt ein Vertragsbruch stattgefunden hat, dh. herauszufinden, ob der Fernseher schon vor dem Tausch oder erst nach dem Tausch defekt war.

56 Wir nehmen hier an, dass dass defecten ex post kostenlos erkannt werden kann. Da dies in der Realität aufgrund von Transaktionskosten in manchen Fällen nur schwer möglich ist, ist es manchmal eben doch rational trotz drohender Bestrafung zu defecten. Defecten ist besonders dann verlockend, wenn der Input bzw. die Anstrengung nur schwer zu messen oder nur unter sehr hohen Kosten zu beobachten ist. Dann kann eine Vertragsverletzung nur schwer bewiesen werden. (Arbeitsverträge, bzw. Dienstleistungen aller Art) Von diesem Fall soll hier aber abgesehen werden.

57 Die Situtation lässt sich vergleichen mit einer Situation vor dem Start eines iterirten n-Personen Gefangenendilemmas, in dem sich alle Beteiligten a priori - analog zu Rawls (1957) "veil of ignorance" - über die zu spielende Strategie einigen sollen. Wenn im vorvertraglichen Stadium alle wissen, dass sich Kooperation lohnt, und jeder weiß, dass defecten individuell rational ist und freiwillige Restriktionen, dies zu begrenzen, nutzlos sind, dann wird jeder ex ante ein Interesse an einer Institution haben, welche Eigentumsrechte sichert und durchsetzt - dem Staat. Hier würden allerdings auch gleich Institutionen beschlossen werden, welche den Staat reglementieren. (Allerdings benutzte Rawls den Begriff "veil of ignorance" erst in späteren Artikel).

58 Siehe eine Studie von Wallis/North (1986), welche versuchen Transaktionskosten zu quantifizieren. Sie können nachweisen, dass der Anteil der Transaktionskostenindustrie (alle mediären Tätigkeiten wie zB. das Bankenwesen, Einzelhändler etc.) in den USA von 25% auf 45% des BIP angestiegen ist, was für die These spricht, dass Vertragsdurchsetzung in einer spezialisierten Volkswirtschaft enorm wichtig ist.

59 Vgl. North (1990), S. 54.

60 Vgl. Acemoglu/Johnson/Robinson (2004), S. 12.

61 Vgl. Coase (1960), S. 29.

62 Vgl. Coase (1988), S. 9.

63 Finanzmärkte in entwickelten Staaten kommen den neoklassischen Annahmen von vollkommener Information und vollkommenem Wettbewerb wohl heutzutage am nächsten. Dies liegt wohl zu einem Großteil daran, dass diese Märkte eine der am strengsten regulierten Märkte der Welt sind. (In diesen hoch spezialisierten Märkten ist es sogar sinnvoll die Überprüfung, ob ein Vertrag verletzt worden ist oder nicht, einer privaten Organisation, hier im Falle des US Kapitalmarkt, der SEC, zu überlassen).

64 Vgl. Rodrik (2007), S. 154.

65 Vgl. Rodrik (2000), S. 3.

66 Vgl. Varian (1987), S. 782.

67 Vgl. Allen (1997), S. 106.

68 Vgl. Coase (1959), S. 25.

69 Vgl. Coase (1988), S. 158.

70 Vgl. Coase (1998), S. 73.

71 Vgl. Mendewa (1996), S. 575.

72 Vgl. Mendewa/Samuels, (1997), S. 167.

73 Vgl. Acemoglu/Johnson/Robinson (2004), S. 31.

74 Wobei dies auch in demokratischen Staaten wie den USA passieren kann, wenn der öffentliche Druck nur groß genug ist. Siehe die quasi Ex post Enteignung von Bankmanagern im Zuge der Subprimekrise. Hier wurde die Versteuerung der Boni im Nachhinein zum Nachteil der Bankmanager geändert, was einer Enteignung gleich kommt. Die Bankmanager konnten sich nicht auf ihre Eigentumsrechte, welche ihnen ex ante gewährt wurden verlassen. Das Gerechtigkeitsempfinden, dh. die informale Institution, der Mehrheit war verletzt.

75 Vgl. Becker (1983, kursiv im Original), S. 372. Becker sagt, dass man Politiker, politische Parteien sowie Stimmen vernachlässigen kann, da diese nur den Druck der "pressure groups" überliefern.

76 Becker bezieht sich in seiner Analyse nur auf die Begriffe Steuern und Subventionen. Wenn wir aber annehmen dass Steuern eine andere Art der Enteignung sind, bzw. regulatorischen Zwecken dienen, können wir sie als Regeln auffassen und damit austauschbar auch von Institutionen sprechen.

77 Vgl. Becker (1983) S. 380.

78 Ebenda, S. 377.

79 Ebenda, S. 380.

80 Nur in Krisenzeiten, in denen es eine breite Unzufriedenheit mit dem existierenden politischen Regime gibt, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Demokratien zugunsten von autoritären Regimen abgeschafft werden, wenn es populistischen Führer gelingt, die Zustimmung der Massen zu mobilisieren. Beispiele in der Geschichte gibt es genug. Da aber Demokratien Schocks wie Hungersnöte, Depressionen etc. besser managen können als nicht Demokratien, sichert sie dadurch ihr eigenes Überleben, vgl. Sen (1999), S.178f. Die Demokratie sichert also ihr eigenes Überleben, indem sie die Ursachen die zu einer potenziellen Abschaffung führen, mildert. Krisen führen deshalb eher dazu, dass politische Regime wie Diktaturen und Monarchien stürzen und von demokratischeren ersetzt werden. Dadurch kann der graduelle Wandel von autoritären Regimen zu Demokratien erklärt werden.

81 Gandhi/Przeworski (2006), S. 1.

82 Vgl. Acemoglu (2003), S. 36.

83 Vgl. Acemoglu/Johnson/Robinson (2004), S. 36.

84 Vgl. North (1979), S. 256.

85 Vgl. Robinson (1998), S. 4.

86 Vgl. North/Weingast (1989), S. 804.

87 Vg. Olson (1968), S. 14.

88 Vgl. Olson (1968), S. 6.

89 Vgl. Lin/Nugent (1995), S. 2326.

90 Vgl. Ostrom (1998), S. 1.

91 Vgl. Olson (1968), S. 13.

92 Eine Finanzierung des Staates - des Bereitstellers öffentlicher Güter - durch freiwillige Beiträge, wie zuletzt von Sloterdijk gefordert, wäre aufgrund des freerider-Problems nicht möglich, obwohl es kollektiv rational wäre zu kontributieren.

93 Vgl. Ostrom (1990), S. 6.

94 Vgl. Olson (1968), S. 2.

95 Vgl. Ostrom (1990), S. 6.

96 Vgl. Olson (2000), S. 80.

97 Vgl. Olson (2000), S. 83.

98 Vgl. Olson (2000), S. 89.

99 Vgl. Olson (1965), S. 21.

100 Vgl. Hardin (1982), S. 26.

101 Um das Ergebnis deutlicher zu machen, wird vom 3-Spieler Fall abgesehen, indem es kein eindeutiges Nashgleichgewicht gibt. Dies scheint berechtigt, da es in der Realität wohl selten vorkommt, dass die Gruppengröße genau dem Nutzen-Kostenverhältnis entspricht. Wo in der Realität genau die Grenze zwischen großen und kleinen Gruppen verläuft, soll hier weiter keine Rolle spielen. Ziel ist es nur, darzustellen, dass ab einer bestimmten Gruppengröße ineffiziente Ergebnisse die Folge sind.

102 Vgl. Ostrom (1998), S. 1, kursiv in Original.

103 Dies mag zunächst verwundern, leuchtet aber ein, wenn ein Mitglied einer Gruppe sehr stark von der Bereitstellung eines öffentlichen Gutes profitiert. Übersteigt der Nutzen des öffentlichen Gutes für das Mitglied die kompletten Kosten der Bereitstellung des öffentlichen Gutes, wird das Mitglied das Gut bereitstellen, auch wenn es alleine alle Kosten trägt.

104 Vgl. Lin/Nugent (1995), S. 2328.

105 Vgl. Lin/Nugent (1995), S. 2326.

106 Vgl. North (1979), S. 250.

107 Ebenda, S. 251.

108 Vgl. Buchanan (1984), S. 82.

109 Es ist vielleicht etwas verwunderlich, dass sich im Zustand "Anarchie" so etwas wie eine stabile Gleichgewichtslösung entwickelt. Anarchie kann also nicht mit Chaos gleichgesetzt werden, wenn man mit Chaos etwas Unvorhersehbares meint.

110 Vgl. North (1979), S. 252.

111 Vgl. Buchanan (1984), S. 86.

112 Ebenda, S. 90.

113 Die Annahme einer zweiten Insel, mit der die erste Insel Handel treiben kann, ist damit eine zwingende Voraussetzung für die Existenz eines Sklavenvertrags bzw. des Ausbeuterstaates. Könnten die Inselbewohner nur unter sich Handeln und Einkommen beziehen, wäre die Redistributionslösung und sichere Eigentumsrechte die Gleichgewichtslösung. Das gleiche Ergebnis - der Ausbeuterstaat - würde auch installiert werden, wenn wir annehmen, dass A und B gleich stark sind, A aber zuerst auf der Insel war und sich deswegen die Natur aneignen konnte. Ist dies der Fall kann A durch den Export der Natur Einnahmen generieren, wodurch sich A Waffen kaufen könnte und somit stärker wäre als B. Die Reihenfolge der Ereignisse entscheidet also über den Ausgang der Verhandlungen in der Anarchie. Hier treffen die Aussagen der Pfadabhängigkeit - welche im nächsten Kapitel behandelt wird - zu.

114 Siehe dazu Kapitel 4.2.

115 Vgl. Isham et al. (2003), S. 26.

116 Die Analogie steht und fällt natürlich mit der Aussage, dass die möglichen Alternativen tatsächlich effizienter sind als das bisherige. Wir setzen dies voraus, obwohl keine anderen Gründe bzw. historischen Zufälle genannt werden. Die Argumentation beruht nur auf der Tatsache, dass das QWERTY System das erste war. David belegt die Aussage, dass QWERTY nicht das effizienteste System war, indem er anführt, dass viele DRK-Anhänger (eine Alternative zu QWERTY) "have long held most of the world's records for speed typing" und dass Experimente der US Navy in den 40ern die Überlegenheit des DRK Systems wohl nachgewiesen hätte. Trotz der relativ dünnen empirischen Beweisführung pro QWERTY wird die Aussage des Artikels geteilt. Siehe David (1985).

117 Vgl. David (1985), S. 332.

118 Mathematiker sprechen hier von einem Poyla-Prozess, siehe Polya (1923).

119 Arthur vergleicht die Situation hier mit der Entscheidungssitutation eines Entwicklungschefs in einer Firma, der sich jedes Jahr neu entscheiden muss, ob er lieber in A oder B forscht. Falls er im ersten Jahr in A forscht, wird er im 2. Jahr eher wieder A wählen aufgrund des schon gewonnen Wissens und der SetupKosten, siehe Arthur (1994), S. 115.

120 Vgl. Arthur (1994), S. 112.

121 Es leutchet unmittelbar ein, dass sich z.B. der Nutzen eines Faxgeräts mit der Anzahl der Faxbesitzer erhöht.

122 Arthur nennt in seinem Beispiel das Beispiel konkurrierender Videosysteme, Betamax gegen VHS. Hätte er den Artikel heute geschrieben, ginge es wohl um BlueRay gegen HDDVD.

123 Vgl. North (1990), S. 94.

124 Vgl. North (1994), S. 361.

125 Vgl. North (1990), S. 95.

126 Vgl. Arthur (1994), S. 116.

127 Die Situation hier ist zu vergleichen mit der Entscheidung über Institutionen in einer Oligarchie, welche Monopole gewährt, gegenüber der in einer Demokratie, die keine Markteintrittsbarierren errichtet. Acemoglu (2003) zeigt, dass Anfangs Oligarchien stärkere Wachstumsraten aufweisen, später jedoch von Demokratien überholt werden, da diese eher die positiven Effekte der Schumpeterianischen schöpferischen Zerstörung realisieren können.

128 Vgl. North (1979), S. 258.

129 Vgl. Lin/Nugent (1995), S. 2340.

130 Hier spielt das Problem der Kurzsichtigkeit von Organisationen bzw. anderen politischen Akteuren eine entscheidende Rolle. Warum sollen die jetztigen Spieler die Kosten eines Wechsels auf sich nehmen von dem die nächsten Generationen kostenlos profitieren? Man könnte vielleicht von einem intertemporalen freeriding sprechen.

131 Vgl. North (1990), S. 9.

132 Vgl. North (1994), S. 361.

133 Vgl. Levine (2005), S. 18.

134 Vgl. Glaeser/Shleifer (2002), S. 1193.

135 Vgl. Hayek (1960), S. 50.

136 Vgl. Glaeser/Shleifer (2002), S.1194.

137 Vgl. Levine (2005), S. 17.

138 Vgl. Easterly (2005), S. 3.

139 Vgl. Engerman/Sokoloff (1994), S. 35, Nachdem die spanischen Kolonien ihre Unabhängigkeit erlangten, war die Entwicklung umgekehrt. Die neuen Nationen versuchten nun mehr europäische Einwanderer anzuziehen, um den Elitestatus der Europäer zu erodieren.

140 Vgl. Engerman/Sokoloff (2000), S. 228.

141 Vgl. Acemoglu/Robinson/Johnson (2000), S. 29.

142 Vgl. Acemoglu/Robinson/Johnson (2002), S. 1279.

143 Auch wenn nicht ausgeschlossen ist, dass autoritäre Staaten in Wachstumsfragen den Demokratien unterlegen sind. Sie haben in etwa das gleiche Mean-Wachstum, allerdings hat ihre Wachstumsrate eine höhere Volatilität. siehe hierfür: Rodrik (2007), S. 168f. Auch Acemoglu (2009), S. 833, sowie Robinson (1999), S. 2 zieht das Fazit, dass es keinen Beweis gibt, dass Demokratien schneller wachsen als Nichtdemokratien. Dies mag verwirrend erscheinen, aber errinnern sie sich nur an China, Südkorea und Singapur als Beispiele für erfolgreiche Nichtdemokratien. Sowie - zumindest vor einiger Zeit noch - Indien und Costa Rica trotz Demokratie geringes Wachstum aufwiesen. Allerdings ergibt sich ein anderes Bild, schaut man nicht nur auf die Zeiten nach 45, sondern auf längere Zeithorizonte. Hier macht sich der positive Effekt bemerkbar, dass Demokratien sich besser eignen, die Vorteile der schöpferischen Zerstörung, die eine der Haupttriebfedern wirtschaftlichen Wachstums ist, zu adaptieren.

144 In der englischsprachigen Literatur spricht man von einem commitment-Problem.

145 Vgl. Acemoglu et al. (2004), S. 30.

146 Vgl. Acemoglu et al. (2004), S. 33.

147 Vgl. North (1990), S. 109. Allerdings wird aufgrund von den hohen Messkosten und den Friktionskosten im politischen Tagesgeschäft bei weitem nicht das soziale Optimum erreicht. Nur kommt die Demokratie diesem näher, als alle anderen politischen Systeme.

148 Vgl. Olson (2002), S. 68.

149 Vgl. Acemoglu (2002), S. 3.

150 Vgl. Holler/Illing (1991), S. 21.

151 Vgl. Sandler (2002), S. 46.

152 Vgl. Acemoglu (2002), S. 25.

153 Ebenda, S. 4.

154 Ebenda, (2002), S. 4.

155 In der Arbeit soll nur der 2 Spielerfall betrachtet werden.

156 Dies ist sehr schön am internationalen Kapitalmarkt zu sehen. Hier sind die Spieler (Investoren) sehr gut über ihre Gegenspieler (Staaten, mulitnationale Unternehmen) informiert. Staaten haben hier einen Anreiz zur Kooperation, dh. Rückzahlung ihrer Schulden, obwohl sie von keinem Dritten dazu gezwungen werden. Die Kosten des Defectens für Staaten sind so gut wie immer größer als die darausresultierenden Gewinne, weswegen Staaten solange Zeit wie möglich versuchen werden zu kooperieren und nur im äußersten Notfall von einer Rückzahlung absehen.

157 Vgl. Axelrod (1984), S. 10.

158 Vgl. Axelrod (1984), S. 12.

159 Ebenda, S. 12

160 Was hierbei vielleicht kritisch aufstößt, ist die Tatsache, dass der Strategie "TFT" ex ante keine Theorie zugrunde lag, bzw. mir nicht bekannt ist. Man weiß zwar, dass TFT die beste Strategie ist, warum das aber so ist, bleibt unklar. Erst ex post werden mögliche Ursachen klar.

161 Siehe Kap.2 von Axelrod (1984) für eine interessante Auflistung der gespielten Strategien. Es ist zum Beispiel interessant, dass "nette" Strategien -Strategien, die nie zuerst defecten"- die ersten 8 Plätze belegten, dies jedoch vor allem daran lag, dass sie so gut waren, wenn sie gegeneinander spielten. Desweiteren schnitten "nette" Strategien besonders schlecht ab, wenn ihnen "Vergebung" als Faktor fehlte. Strategien die nach einem Defecten des Gegners selbst immer defecten, waren die schlechtesten der netten Strategien.

162 Vgl. Axelrod (1984), S. 20.

163 Ebenda, S. 20.

164 Vgl. North/Weingast (1989), S. 807.

165 Wir nehmen hier an, dass die Bürger ihr kollektives Handlungsproblem lösen können und als geschlossene Gruppe auftreten. Das Spiel ist nun als two person game modellierbar.

166 Vgl. Acemoglu (2002), S. 4.

167 Ebenda, S. 32.

168 Das Modell geht davon aus, dass die Bürger eine Triggerstrategie spielen. Defectet die Regierung auch nur einmal, werden die Bürger in jeder Runde danach defecten.

169 Vgl. Acemoglu (2002). S. 26.

170 Abgesehen von dem seltenen Fall, wo sich die beiden Funktionen nicht schneiden, sondern nur berühren. Dann wäre e=e*=e**=ßl/a.

171 Dies kann bewiesen werden, wenn wir die Anreizbedingung der Elite (1) nehmen, und davon ausgehen, dass diese erfüllt sein muss. Unter dieser Bedingung und wenn wir die Konstanten ausklammern, kann das Maximierungsproblem der Elite wie folgt geschrieben werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Nach Differenzieren und Vereinfachen erhalten wir
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

172 Robinson (1999), S. 2.

173 Robinson (1999), S. 4.

174 Vgl. Acemoglu/Robinson (2000), S. 126

175 Ebenda, S. 126

176 Vgl. Acemolu et al. (2005), S. 4, Die Quelle dieser Macht sind also nicht die politischen Institutionen. Macht, welche sich aus dieser Quelle speisen, nennt Acemoglu et al. de jure Macht.

177 Vgl. Robinson (1999), S. 2.

178 Vgl. Acemoglu (2009), S. 784, Acemoglu spricht von Revenue extraction: Hier übersetzt mit Aneignung von Gewinnen.

179 Vgl. Acemoglu (2005), S. 3.

180 Vgl. Acemolgu/Robinson (2006), S. 116.

181 Vgl. Becker (1983), S. 395.

182 Vgl. Engerman/Sokoloff (1994), S. 1.

183 Vgl. Acemoglu/Robinson (2006), S. 116.

184 Vgl. Acemoglu/Robinson (1999), S. 7.

185 Vgl. North (1979), S. 256.

186 Dies ist nur möglich, wenn wir ein divergierende Interessen innerhalb der Elite annehmen, dh. zwischen der Regierung und ihren ausführenden Organen, den Bürokraten. Das damit einhergehende Prinzipal-Agent Problem würde den Umfang dieser Arbeit sprengen. Für eine näherer Betrachtung siehe Shleifer/Vishny (1993).

187 Vgl North (1979), S. 256.

188 Vgl. North/Wallis/Weingast (2005), S. 12.

189 Vgl. Gandhi/Przeworski (2006), S. 1.

190 Vgl. Sala-i-Martin/Subramanian (2003), S. 4.

Ende der Leseprobe aus 73 Seiten

Details

Titel
Entwicklungsländer ohne Entwicklung. Ineffiziente Institutionen als Folge sozialen Konflikts
Untertitel
Warum viele Entwicklungsländer gefangen sind in einer Spirale aus Korruption und Null-Wachstum
Hochschule
Universität Hohenheim  (Makroökonomie)
Note
2,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
73
Katalognummer
V278136
ISBN (eBook)
9783656707738
ISBN (Buch)
9783656709367
Dateigröße
717 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Institutionen, sozialer Konflikt, Transaktionskosten, kollektives Handeln
Arbeit zitieren
Christoph Zettler (Autor:in), 2010, Entwicklungsländer ohne Entwicklung. Ineffiziente Institutionen als Folge sozialen Konflikts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278136

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