Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Yield Management in der Hotellerie
1 Grundlagen des Yield Managements
1.1 Entstehung
1.2 Definition
1.3 Zielsetzung
1.4 Voraussetzungen
2 Konzeptionelle Grundlagen
2.1 Preisdifferenzierung
2.2 No Shows und Überbuchung
2.3 Segmentierung der Nachfrage
2.4 Ertragsoptimale Preis-Mengen-Steuerung
3 Strategische Dimension des Yield Managements
3.1 Informationsgrundlage
3.2 Wettbewerbsvorteile
3.3 Personalpolitik
3.4 Technologie
4 Implementierung von Yield-Management-Systemen
4.1 Rahmenbedingungen
4.2 Planung
4.3 Systementwicklung
4.4 Integrierte Yield-Management-Systeme
5 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)
Bücher
Zeitschriftenaufsätze
Prospekte
Elektronische Informationen
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Zwei Preise zur Erhöhung der Nachfrage
Abb. 2: Segmentierung
Abb. 3: Kontingentierung
Abb. 4: Ampelsystem
Abb. 5: Integriertes Yield-Management-System
Abb. 6: Buchungskurve
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Grundlagen des Yield Managements
1.1 Entstehung
Yield Management als Sonderform der zeitlichen Preisdifferenzierung hat seinen Ursprung in der Deregulierung des amerikanischen Luftverkehrsmarktes im Jahre 1978. American Airlines musste sich damals der wachsenden Konkurrenz kleinerer Fluggesellschaften stellen, die mit niedrigen Preisen in den Markt eintraten.[1]
Kurz nach der Deregulierung gab es insgesamt 155 Fluggesellschaften in den USA. Doch nur zehn Jahre später hatte sich deren Anzahl durch den rücksichtslosen Preiskrieg auf 26 reduziert.
Das Yield Management der großen Fluggesellschaften wie American Airlines hatte sich als wirkungsvolle Methode zur Festigung der Wettbewerbsposition gegenüber den kleineren Charterfluggesellschaften bewiesen.[2]
Heute wird das automatisierte Yield Management von vielen großen Tourismusunternehmen verwendet. Am bekanntesten ist es immer noch im Transportsektor, aber auch von Hotelketten, Kreuzfahrtschiffen und Reiseveranstaltern wird es zunehmend genutzt.[3]
1.2 Definition
Für den Begriff Yield Management hat sich in der Literatur bislang noch keine einheitliche Definition durchgesetzt. Synonym genutzt werden beispielsweise Begriffe wie „Revenue Management“ oder „ertragsorientierte Preis-Mengen-Steuerung“.[4]
Der englische Begriff „yield“ bedeutet Ernte bzw. Ertrag, weshalb „Yield Management“ auch mit „Ertragssteuerung“ übersetzt wird. Dieser Begriff ist jedoch nur eine Annäherung an die eigentliche Bedeutung. Denn mit Yield Management ist mehr als nur die reine Ertragssteuerung gemeint.[5]
Unter Yield Management versteht man im Dienstleistungssektor „die dynamische Steuerung der Preise und Kapazitäten, um eine vorgegebene Gesamtkapazität gewinnoptimal zu nutzen“.[6]
1.3 Zielsetzung
Oberstes Ziel des Yield Managements ist die Abschöpfung des maximalen Ertrages bei gleichzeitiger Verhinderung des Verfalls eines Produktes.[7]
Es gilt der Grundsatz der optimalen Steuerung der Kapazitäten mit dem Ziel der Maximierung des Gesamtumsatzes. Die kritischen Größen hierbei sind Preis, Nachfrage und Kapazität. Die Maximierung des Gesamtumsatzes wird durch ein optimales Gleichgewicht zwischen Auslastungsgrad und Durchschnittspreis je verkaufter Einheit unter Einbeziehung der Nachfrage realisiert.[8]
Es geht also nicht um Masse um jeden Preis, wie es bisher im Hotelgewerbe praktiziert wurde, sondern um die Auslastung der Zimmer bzw. Plätze zum höchstmöglichen Preis.[9]
1.4 Voraussetzungen
Der Einsatz von Yield Management hängt sowohl von der Art des Unternehmens als auch von dessen Produkten ab. Besonders Unternehmen mit den folgenden Eigenschaften eignen sich für den Einsatz von Yield Management:
- Unflexible Kapazitäten mit hohem Fixkostenanteil
- Verfall bzw. Verderblichkeit der Leistung bei Nichtabnahme
- Möglichkeit der Buchung im Voraus
- Ungewisse, wechselhafte Nachfrage
- Segmentierung der Nachfrage möglich
Diese Voraussetzungen sind typisch für viele Dienstleistungsbranchen und deshalb besonders auch im Tourismus zu finden. Ein Hotelier muss sich z.B. entscheiden, ob er ein Zimmer früh zu einem geringen Preis verkauft, damit er nicht das Risiko von Leerkapazitäten eingeht, oder ob er abwartet, in der Hoffnung, das Zimmer später zu einem höheren Preis verkaufen zu können.[10]
Zudem ist eine Preis-Produkt-Struktur nötig, die es erlaubt, für dasselbe Produkt unterschiedliche Preise zu verlangen, und die für Varianten des Produktes unterschiedliche Preisklassen zulässt.[11] So können z.B. Hotelzimmer nach Größe, Komfort oder Lage unterschieden und die Preise für diese unterschiedlichen Kategorien bzw. Preisklassen können je nach Buchungszeitpunkt weiter differenziert werden.
2 Konzeptionelle Grundlagen
2.1 Preisdifferenzierung
Besonders im Dienstleistungsgewerbe drängen die hohen Fixkosten in Verbindung mit einer festen Kapazität zu einer zeitlichen Preisdifferenzierung, welche die Grundlage des Yield Managements bildet. Umgesetzt wird sie beispielsweise durch Last-Minute-Angebote oder Nebensaison-Rabatte. Die Preisdifferenzierung hat zum Ziel, Nachfrageschwankungen auszugleichen und somit die vorhandenen Kapazitäten auch in nachfrageschwachen Zeiten optimal auszulasten.
Preisdifferenzierung bedeutet allgemein, dass verschiedenen Kundengruppen für die gleiche Dienstleistung unterschiedliche Preise berechnet werden. Bei Fluggesellschaften kann das dazu führen, dass für denselben Flug mehrere Hundert Tarife existieren – je nach Saison, Wochentag, Rückflugdatum und gebuchter Klasse.[12]
Außer der Preisdifferenzierung nach zeitlichen Kriterien, kann auch nach Ort, Kundengruppe oder Quantität unterschieden werden. Bei räumlichen Kriterien kann beispielsweise die Weitergabe regionaler Kostendifferenzen (unterschiedliche Flughafengebühren) einfließen und bei quantitativen Kriterien können Einzel- bzw. Dauerleistungen zu Preisunterschieden führen.[13]
Das Prinzip der Preisdifferenzierung basiert auf der in Abbildung 1 dargestellten Nachfragekurve. Sie stellt den Zusammenhang von nachgefragter Menge und Preis dar.[14]
Abb. 1: Zwei Preise zur Erhöhung der Nachfrage
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Quelle: Daudel, S./Vialle, G., Einführung, 1992, S. 43)
Aus der Abbildung wird ersichtlich, dass mit sinkendem Preis die nachgefragte Menge steigt. Die Preisdifferenzierung geht zudem aber davon aus, dass die Nachfrage nach einer Dienstleistung keine einheitliche Struktur aufweist, sondern dass verschiedene Kundengruppen unterschiedlich auf Preisänderungen reagieren, d.h. sie weisen eine differenzierte Preiselastizität auf. Fluggesellschaften nutzen diese Tatsache aus, indem sie ihren Geschäftskunden einen hohen Tarif (P1) anbieten, der sehr flexibel im Bezug auf die Stornoregelung ist, und gleichzeitig bieten sie denselben Flug Urlaubsreisenden zu einem günstigeren Tarif (P2) an, der mit bestimmten Restriktionen belegt ist. Auf diese Weise kann der Ertrag – aufgrund des Angebots von zwei oder mehr Preispaketen – trotz oder gerade aufgrund unterschiedlicher Nachfrage optimal abgeschöpft werden.[15]
2.2 No Shows und Überbuchung
Nicht nur die Differenzierung der Preise und die anschließend betrachtete Segmentierung der Nachfrage, sondern auch die Vorausschau der No Shows sind im Bereich Yield Management wichtige Instrumente zur Ertragsoptimierung.
Unter „No Shows“ werden im Tourismus die Buchungen verstanden, die zwar getätigt, aber nicht realisiert werden, mit der Folge, dass Hotelbetten frei bleiben. Für das Hotel entstehen dadurch Verluste, die häufig – aufgrund von entgangenem Zusatzkonsum (z.B. zusätzlicher Verzehr im Restaurant) – nicht vollständig kompensiert werden können.
Diese Problematik führt zur Notwendigkeit der Überbuchung. Überbuchung bedeutet, dass mehr Kapazitäten verkauft werden als real zur Verfügung stehen. Das Risiko, dass Gäste trotz Reservierung kein Zimmer erhalten, wird dabei bewusst in Kauf genommen. Erstes Ziel ist, die durch No Shows entstehenden Verluste zu minimieren. Dies wird zum einen durch geeignete Maßnahmen, die die No Show Rate so gering wie möglich halten sollen, versucht (z.B. Anzahlung). Zum anderen sollen automatisierte Systeme helfen, die zu erwartenden No Shows anhand von historischen Buchungsdaten zu ermitteln und somit Vorgaben für zukünftige Überbuchungsraten zu liefern.[16]
2.3 Segmentierung der Nachfrage
Voraussetzung für eine optimale Preisdifferenzierung und somit Grundlage des Yield Managements ist die Segmentierung der Nachfrage. Im Mittelpunkt stehen dabei die Erfassung der Nachfragestruktur und des Nachfrageumfangs sowie deren Veränderungen.
In der Hotellerie wird häufig der Anlass der Nutzung als Segmentierungsvariable gewählt, was bedeutet, dass Geschäftsreisende und Urlaubsreisende unterschieden werden. Urlaubsreisende sind aufgrund ihres privaten Interesses preissensibler als Geschäftsreisende. Sie nehmen dafür aber Restriktionen in Kauf und greifen auf Angebote mit niedrigerer Qualität zurück. Charakteristisch für den Geschäftsreiseverkehr ist die Dringlichkeit der Nutzung, die keine zeitlichen Restriktionen zulässt. Dazu kommen hohe Anforderungen an Qualität und Service. Im Gegenzug tritt aber die Preishöhe bei der Reiseentscheidung in den Hintergrund.
Wichtige Faktoren zur Beeinflussung der Nachfrage sind folglich:
- Anlass der Reise
- Forderung nach Qualität und Service
- Akzeptanz von Restriktionen
- Preis
- Dringlichkeit der Nutzung[17]
Da, wie eben beschrieben, diese fünf Faktoren einander bedingen, ist es sinnvoll, die Segmentierungsvariablen auf zwei zu beschränken: Zeitelastizität und Preiselastizität. Unter Zeitelastizität werden der Anlass und die Dringlichkeit subsumiert und unter Preiselastizität der Preis, die Akzeptanz von Restriktionen und die Forderung nach Qualität und Service.
In Abbildung 2 sind die unterschiedlichen Gästesegmente nach ihrer Zeitelastizität und Preiselastizität gegenübergestellt. Segment 2 ist charakteristisch für das Gästesegment „Geschäftsreisende“. Dieses Segment weist eine geringe Preiselastizität auf, d.h. dass es bei Preiserhöhungen kaum Nachfrageänderungen zeigt. Der Preis ist nicht Kauf entscheidend, da die Dringlichkeit der Nutzung im Vordergrund steht.
Segment 4 widerspiegelt den typischen Urlaubsreisenden. Dieses Gästesegment reagiert sehr empfindlich auf Preisänderungen und weist somit eine hohe Preiselastizität auf. Schon geringe Preisänderungen können eine hohe Nachfrageänderung hervorrufen. Zeitlich ist der Urlaubreisende relativ ungebunden und deshalb bereit in diesem Bereich Restriktionen zu akzeptieren.
Abb. 2: Segmentierung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Quelle: Bagemihl, J., Hotelgewerbe, 1994, S. 32; in Anlehnung an Belobaba, P., Air Travel, 1991)
Für die gerade beschriebenen vier Segmente können im Rahmen der Kontingentierung im Folgenden unterschiedliche Preis-Produkt-Kombinationen, so genannte Klassen, zusammengestellt werden, die den jeweiligen Kundenbedürfnissen entsprechen und dem Hotel den optimalen Ertrag liefern. Dabei muss das Hotel auf der Basis seiner ermittelten Gästesegmente entscheiden, wie viele Klassen gebildet werden und wie Barrieren zwischen den Klassen diese gegeneinander abschotten können. Der folgende Abschnitt soll einen detaillierten Einblick in die Kontingentierung liefern.
2.4 Ertragsoptimale Preis-Mengen-Steuerung
„Die Preis-Mengen-Steuerung besteht darin, den Kapazitätsanteil zu bestimmen, der jedem der verschiedenen Preise zur Buchung zugeteilt wird, das heißt, die den unterschiedlichen Tarifklassen innerhalb der differenzierten Preisstruktur zugeordneten Platzkontingente zu definieren.“[18]
Es geht also hierbei um das Kernelement des Yield Managements, d.h. um die Entscheidung, wie viele Zimmer zu welchem Preis am Markt angeboten werden.[19] Ein Hotel muss sich bspw. die Frage stellen, wie viele Hotelzimmer welchen Gästesegmenten zu welchem Zeitpunkt zu welchem Preis angeboten werden müssen, um den optimalen Ertrag zu erwirtschaften.
Grundlage der Preis-Mengen-Steuerung bzw. der Kontingentierung sind einerseits die unterschiedlichen Kundensegmente bzw. der Gästemix und andererseits die Aufteilung der Kapazitäten in Buchungsklassen. Da das Ziel des Hotels die optimale und nicht die maximale Auslastung der Kapazitäten ist, muss der durchschnittliche Erlös pro Zimmer möglichst nahe an die Rack Rate[20] herangeführt werden.
Zwei Möglichkeiten stehen bei der Yield Berechnung zur Auswahl, da sich das Hotelgewerbe nicht einig ist, welche der beiden Kennzahlen aussagekräftiger ist. Am häufigsten anzutreffen ist der Logis-Umsatz-Yield:
1. Yield % = tatsächlicher Logisumsatz (netto) x 100 höchstmöglicher Logisumsatz
2. Yield % = verkaufte Zimmer x durchschnittliche Zimmerrate verfügbare Zimmer höchstmögliche Zimmerrate
3. Yield %= Zimmerbelegung (in %) x %-Anteil der durchschnittlichen Zimmerrate an der höchstmöglichen Zimmerrate
[...]
[1] Vgl. Meffert, H./Bruhn, M., Grundlagen, 2000, S. 423 f.
[2] Vgl. Daudel, S./Vialle, G., Einführung, 1992, S. 9 f.
[3] Vgl. Andersen, A., Mittelstand, 1997, S. 10.
[4] Vgl. Meffert, H./Bruhn, M., Grundlagen, 2000, S. 423.
[5] Vgl. Daudel, S./Vialle, G., Einführung, 1992, S. 35.
[6] Gabler, Wirtschaftslexikon, 2000, S. 3565.
[7] Vgl. Bagemihl, J., Hotelgewerbe, 1994, S. 8.
[8] Vgl. Pepels, W., Preisdifferenzierung, 1998, S. 100.
[9] Vgl. Schaetzing, E., Gewinnoptimierung, 2004, S. 228.
[10] Vgl. Simon, H., Preismanagement, 1992, S. 583.
[11] Vgl. Bagemihl, J., Hotelgewerbe, 1994, S. 9.
[12] Vgl. Diller, H., Tarife, 2000, S. 460.
[13] Vgl. Meffert, H./Bruhn, M., Grundlagen, 2000, S. 420 f.
[14] Vgl. Daudel, S./Vialle, G., Einführung, 1992, S. 41 ff.
[15] Vgl. ebenda, S. 39 ff.
[16] Vgl. Bieger, T., Überbuchung, 2000, S. 267.
[17] Vgl. Bagemihl, J., Hotelgewerbe, 1994, S. 30 f.
[18] Daudel, S./Vialle, G., Einführung, S. 54.
[19] Vgl. Christian Tillmanns in Diller, H./Herrmann, A., Handbuch, 2003, S. 541.
[20] Die Rack Rate ist der auf der Kalkulation basierende so genannte Schrankpreis, also der reguläre Preis eines Zimmers. Auf diesen Preis werden die Rabatte für bestimmte Gästegruppen angerechnet.