Leseprobe
Inhaltverzeichnis
1. Einleitung
2. Definitionen des Bösen
2.1 Keime des Bösen
2.2 Das Böse als Übel und Leid
2.3 Grausamkeit
2.4 Hass und Selbsthass
2.5 Lust an der Zerstörung
2.6 Symbole des Bösen
3. Batman Begins
3.1 Inhalt des Filmes
3.2 Charaktere des Bösen
3.2.1 Joe Chill
3.2.2 Carmine Falcone
3.2.3 Crane/Scarecrow
3.2.4 Ra’s Al Ghul
3.3 Entwicklung des Bösen
4. The Dark Knight
4.1 Inhalt des Filmes
4.2 Charaktere des Bösen
4.2.1 sonstige Charaktere des Bösen
4.2.2 Der Joker
4.3 Entwicklung des Bösen
5. Veränderung des Bösen als Vergleich beider Filme
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Das Böse spielt in allen Bereichen des Lebens eine Rolle: Im Kindergarten, wenn ein Kind dem anderen etwas wegnimmt, bezeichnen dies die Erzieher als böse; vor Gericht, wenn ein Mensch eine andere Person getötet hat, wird diese Person in der Presse als böse betitelt; in der Bibel wird der Teufel als Sinnbild des Bösen dargestellt; im Film findet in so gut wie allen Actionfilmen eine feste Zuordnung von Gut und Böse statt.
„Im Gottesdienst ist alles so aufdringlich positiv, der gute Gott, der vorbildliche Jesus, die freundlichen Menschen. Das ist ein erstaunlicher Tatbestand. Im Zeitalter der Lebensgefahr kann man in der Kirche nicht mehr sagen, was gut und was böse ist, und was es heißt, gegen das Böse zu kämpfen. In sehr vielen Filmen dagegen wird die Realität des Bösen viel offener eingefangen, wird auch deutlicher gezeigt, was es bedeuten kann, in den Kampf gegen das Böse hineinzugeraten[. Es] wird uns auch nicht vorgegaukelt, [dass] das Ende des Kampfes schon entschieden [sei]“ (Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 1, S. 170). Superhelden können ebenfalls als religiöse Figuren betrachtet werden, da sie die Menschen vor dem Bösen versuchen zu beschützen. Sie bleiben in dieser Welt aktiv und helfen vor Ort und nicht erst nach dem Tod, somit können sie als säkuläre Erlösergestalten gesehen werden (vgl. Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 2, S. 200).
Eine intensive thematische Auseinandersetzung mit dem Bösen in den Filmen „Batman – Begins“ (Nolan, 2005) oder „The Dark Knight“ (Nolan, 2008) habe ich bisher in der Literatur nicht finden können. Beide Filme sind sehr fesselnd und ansprechend, vor allem in der Beschreibung und Darstellung des Bösen. Aber wie wird dies genau dargesetllt und kommt es zu einer Zunahme des Bösen vom ersten zum zweiten Film der „The Dark Knight“-Trilogie? Der dritte Film „The Dark Knight Rises“ (Nolan, 2012) enthält andere Charaktere des Bösen, die nicht in die Entwicklung vom ersten zum zweiten Film passen. Der dritte Film dieser Trilogie steht etwas für sich und erschafft eine andere Art des Bösen. Daher wird dieser Film in der vorliegenden Hausarbeit nicht thematisiert.
Böses ist uns als etwas bekannt, das sich „an anderem, anhand von etwas anderem und durch etwas anderes erschließt“ (Dalferath, 2006, S. 25). Was ist das Böse und wie wird dies dargestellt? Wie entsteht es und welche Auswirkungen hat es auf die jeweilige Handlung im Film? Gibt es einen entscheidenden Auslöser? Verändert sich das Böse oder verwandeln sich die Charaktere des Bösen? Welche Umgangsformen/Strategien werden gewählt, um dem Bösen zu begegnen? Böses ist für jemanden und für etwas da, durch jemanden und etwas und es wird erst so bestimmbar (vgl. Dalferath, 2006, S. 25). Eine differenzierte Betrachtung ermöglicht die verschiedenen Aspekte des Bösen kennen zu lernen. Es würde zu weit führen, wenn alle Perspektiven des Bösen erläutert werden würden. Aber schon jetzt sollte klar sein, dass es nicht nur eine einzelne Ursache für das Böse gibt. Dies ist vor allem von der Meinung des Betrachters und den eigenen Erfahrungen, die er/sie im eigenen Leben gemacht hat, abhängig. Jeder Mensch hat eigene Assoziationen mit dem Bösen. In der Definition des Bösen wird ein Einblick in die Perspektiven des Bösen gegeben. Danach folgt die Bezugnahme zu den Filmen „Batman Begins“ und „The Dark Knight“, in denen der Schwerpunkt auf dem Bösen und dessen Entwicklung liegt. Ziel der Arbeit ist der Vergleich beider Filme in Bezug auf das Böse.
2. Definitionen des Bösen
Eine einzige Definition für das Böse festzulegen ist sehr schwierig, da verschiedene Faktoren eine Rolle spielen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter dem Wort böse erst einmal böses Handeln verstanden, bei dem sowohl das Herz und der Wille als auch der Sachverhalt und das Ungewollte involviert sind (vgl. Bader, 1998, S. 1709). Ab dem Kindesalter durchläuft auch die Einstellung zum Bösen eine Entwicklung. Wenn das eigene Leben reflektiert wird, so wird deutlich, dass in verschiedenen Lebensabschnitten unterschiedliche Erfahrungen mit dem Bösen gemacht wurden. Daraus folgt: Je älter eine Person wird, desto mehr weiß sie über das Böse Bescheid. Es muss unterschieden werden zwischen dem Bösen, was einem selbst zugefügt wird, was ich selbst jemandem zufüge und dem Gedanken an das Böse. Diese drei Blickwinkel reichen aber nicht aus, um zu wissen, was das Böse ist, sondern sie ermöglichen erste Überlegungen und Gedankenanstöße, um sich mit der Materie vertraut zu machen.
Wenn es das Böse gibt, dann muss es auch das Gute geben. Beide Begriffe stehen in einem engen Bezug zueinander. Diese Begriffe können allerdings nicht als Beschreibung, sondern nur als Beurteilung genutzt werden, weil mit diesen Worten eine Haltung, wie jemand zu etwas oder jemandem steht, ausgedrückt wird. Um aber zu wissen, was eine Person als gut und böse empfindet, muss sie dies ausführlich und mit Beispielen beschreiben, denn für jeden Menschen ist diese Wahrnehmung unterschiedlich (vgl. Dalferath, 2006, S. 19 – 23).
Das Böse gibt es also nur, weil es das Gute gibt oder anders formuliert: Das Böse würde nicht existieren, wenn es das Gute nicht gäbe und es keine Differenzierung zwischen diesen Bedeutungen gäbe. „Bosheit ist nichts anderes als der Mangel an Gutem“ (Häring, 1999, S. 80) und somit keine Substanz (vgl. Häring, 1999, S. 80 f.).
2.1 Keime des Bösen
„Die Keime des Bösen bleiben für die Menschen gewöhnlich nur Fantasien, Impulse und schwache Versuchungen. Sie führen vielleicht zur Vorbereitung von Straftaten oder zu kriminellen Versuchen, die nicht zu Ende geführt werden. […] Impulse zum Bösen sind erste Regungen, denen ein Mensch nachgeben kann oder nicht“ (Wolf, 2011, S. 13). Diese Regungen werden aber meist unterbunden, da sich an der Goldenen Regel orientiert wird: „Was Du nicht willst, das man Dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu.“ Die tagtägliche Auseinandersetzung mit den eigenen bösen Gedanken, stellen einen inneren Impuls dar, jemandem etwas Böses zu wollen. Hintergrund hierfür kann Neid, Hass, Egoismus oder Sonstiges sein. Warum aber ist so etwas möglich? Wenn wir nicht negative Impulse in uns hätten, so wären wir wie fertige, unreflektierte Maschinen. Aber gerade die Eigenschaft des Reflektierens führt im Leben dazu, in einem respektvollen Umgang miteinander zu leben (vgl. Wolf, 2011, S. 14 – 17).
2.2 Das Böse als Übel und Leid
„Etwas ist deshalb ein Übel, weil es entweder in sich leidvoll ist oder Leid verursacht“ (Kreiner, 2005, S. 31). Dieser Satz von Kreiner stellt die Problematik des Bösen prägnant dar. Übel und Böses ist nicht voneinander zu trennen. Wer Böses oder Übel erfährt, der erfährt Leid. Aber nicht jedes Leid ist Böses. „Das Böse ist eben nicht, sondern es geschieht“ (Häring, 1999, S. 82) und ist vom Menschen abhängig, da er ein denkendes Wesen ist und als solches für sein eigenes Verhalten verantwortlich ist. Der Mensch als Lebewesen macht physische (Mangel- und Schmerzempfinden) sowie psychische (Ekel, Langeweile, Schuldgefühle) Leidenserfahrungen. Er weiß was er macht, wenn er einen anderen betrügt, bestiehlt, belügt, verletzt oder tötet. Ein Kriterium für das Böse bleibt die Verletzung, Bedrohung und Tötung der Menschen im Zusammenleben und am Individuum Mensch. Der Mensch ist für seine Taten verantwortlich (vgl. Dalferath, 2006, S. 18 & 27; Häring, 1999, S. 90 – 92 & Kreiner, 2005, S. 28 – 34).
2.3 Grausamkeit
Grausamkeit ist wahrscheinlich die auffälligste Form des Bösen. Grausamkeit ist immer gewollt und nicht unbeabsichtigt. Das Böse zeigt sich durch die Faszination an Folter und Massakern, die in den Medien gezeigt werden. Auch wenn der Anblick nicht ertragbar ist, so wird doch durch die Empörung eine Atmosphäre der Gemeinsamkeit geschaffen. Grausamkeit zeigt sich ebenfalls durch Ignoranz oder Egalität, wenn bei einer Gewalttat zugeschaut und nicht eingeschritten wird. Profikiller und Personen, die das Böse delegieren, lassen die routinierte Grausamkeit zum Profitstreben entfalten. Dies macht das Böse zum politischen und gesellschaftlichen Problem. Grausamkeit wird oft in Erzählungen veranschaulicht (vgl. Wolf, 2011, S.52 – 59). Hierzu zählt auch das Medium Film. Dies zeigt sich auch in der „Dark Knight“-Trilogie (vgl. Kapitel 3 und 4).
2.4 Hass und Selbsthass
„Nicht überall, wo Böses ersonnen oder bewirkt wird, ist Hass im Spiel“ (Wolf, 2011, S. 63). Dieser Satz ist für die Auffassung des Bösen wichtig, da sich schon hier zeigt, dass Hass nicht das einzige Motiv von Böse ist, sondern jemand kann jemand anderen z. B. auch aus Langeweile oder Liebe töten. Aber Hass kann eben auch ein Motiv für das Böse sein, denn Hass will mehr als nur die Vernichtung des Lebens. Er will unter Umständen die Verlängerung des Lebens eines Opfers, um dieses länger leiden zu sehen. Wenn ich aus Hass handle, dann ist dies eine kausale Erkärung und legt den Grund dar, warum ich so handle. Der Grund für Hass ist damit aber noch nicht geklärt. Die Ursache für Hass ist vielfältig, eine einzige Situation kann jedoch der entscheidende Auslöser werden. Ist der Hass jedoch generationenübergreifend, so werden die Auffassungen des Bösen übernommen und es kommt zur Etablierung des Hasses. Grausamkeit und Hass sind wie ein Rausch, der erst dann gestillt und bewältigt ist, wenn eine Beseitigung oder Überwindung erfolgt ist. Hass und Grausamkeit sind ein Rätsel des Bösen, weil sie nur einen Teil aufdecken, aber den anderen Teil im Verborgenen/Geheimen lassen (vgl. Wolf, 2011, S. 62 – 68).
2.5 Lust an der Zerstörung
Steigert sich der Hass und hat sich das Böse verfestigt, so dass eine Person Freude an Zerstörung bekommt, könnte dies eine Selbstzerstörung mit einschließen. Selbstmordattentäter könnten aus diesem Geflecht hervorgehen und sind die Repräsentanten des Bösen, da bei ihnen Fanatismus hinzukommt. Bei der Lust an der Zerstörung kann man nur darauf „hoffen, dass solche Figuren […] extrem selten sind und hauptsächlich in fiktiven Welten der Imagination und Kunst ihr Unwesen treiben“ (Wolf, 2011, S. 72). Diesen Menschen geht es aber nicht um das Böse, sondern darum, dem eigenen Leben einen Sinn zu geben. Sie sehen sich selber als Märtyrer und damit auch als Helden der Gesellschaft. Sie wollen zeigen, was, ihrer Meinung nach, richtig und falsch und damit schlecht/böse ist (vgl. Wolf, 2011, S. 68 – 72).
2.6 Symbole des Bösen
Es gibt verschiedene Symbole für das Böse. Durch Gegensätze wie dunkel und hell, Tiefe und Höhe, Schatten und Licht können beim Menschen Unbehagen und Angst ausgelöst werden. Diese können wiederum von Person zu Person unterschiedlich sein. Die kulturelle und gesellschaftliche Festsetzung von Gut und Böse, die hier vermittelt wird, ist aus dem Rassismus entstanden, wo die farbigen Menschen verteufelt wurden und die weißen Menschen als Herrenrasse verkörpert worden sind.
„Die Nacht symbolisiert das Bedrohliche und Bedrückende, das Böse als Hindernis der Orientierung, als Verwirrung der Sinne und als Ort der Heimlichkeiten, Ängste und Meuchelmorde“ (Wolf, 2011, S. 20). Im Mittelalter waren dies die finsteren Gassen, wo in jeder Nacht ein Verbrechen begangen worden ist. In Filmen wird die Tiefgarage als Hintergrundbild genutzt. Eine große Ähnlichkeit zu den Katakomben besteht, da die Gerüche einen Kontrast zu denen der Normalwelt bilden. Hier werden Personen getroffen, die sonst nicht getroffen werden, es wird mit künstlicher Beleuchtung gespielt und die Motorengeräusche hallen wider. „Weitere Szenarien der Angst und des Bösen sind Vorstädte und Ghettos, Stationen und Gänge von Untergrundbahnen, verlassene Geisterstädte, Friedhöfe“ (Wolf, 2011, S. 20 f.) sowie Güterbahnhöfe, Hinterhöfe und Häfen. Der Ort, an dem Kinder aufwachsen, spielt eine entscheidende Rolle im Umgang mit dem Bösen. Erfährt ein Kind keine Liebe, wird immer ausgegrenzt und bekommt keine Zuneigung, so können diese Einflüsse zu einem bösen Handeln des Kindes führen. Dies führt zur Verunreinigung des Herzen und folglich hin zur Neigung zum Bösen. Wird jede Kleinigkeit als Todsünde gesehen, so leidet das Selbstwertgefühl des Kindes und es flüchtet sich in die eigene Fantasiewelt und sucht nach Möglichkeiten sich zur Wehr zu setzen. Je schlimmer das Kind bestraft wird, desto mehr keimt der Gedanke der Rache auf – das Böse beginnt zu wachsen. Die Symbolik des Bösen zeigt die Ansteckungsängste und die spezifischen Ängste vor Personen mit bestimmtem Aussehen und der Dunkelheit an. Welche Symbole stehen aber für böse Charaktere? Diese treten oft an solchen Orten wie Ghettos etc. auf und leben meistens dort. Die Lasterkataloge nach Wolf wie Gewalttätigkeit, Lüsternheit, Hinterlist und Grausamkeit sind Eigenschaften, die diese Personen besitzen. „Wenn wir die Anfänge oder Keime des Bösen kennen, können wir das Böse wirksam bekämpfen“ (Wolf, 2011, S. 82). Dieser Satz kann stellvertretend für den Helden gesehen werden. Der Held ist der Kämpfer für das Gute und das spiegelverkehrte Bild des Bösen. Er tritt in der Nacht auf, um dem Bösen Einhalt zu gebieten oder aber im Morgengrauen, wenn er das Böse überrumpelt (vgl. Wolf, 2011, S. 20 – 23, S. 80).
3. Batman Begins
3.1 Inhalt des Filmes
„Batman Begins“ spielt in der amerikanischen Großstadt Gotham City, welche von Kriminalität und Großfirmen regiert wird. In dieser Stadt ist Bruce Wayne als Sohn des Großunternehmers von Wayne – Enterprise aufgewachsen. „Nachdem er als kleiner Junge die Ermordung seiner Eltern mitansehen musste, führt das Schicksal den seither vor Rachedurst überquellenden Bruce Wayne […] bis nach Ostasien“ (kino.de, 2005), „um herauszufinden, wie er Unrecht bekämpfen und jene, die von der Angst anderer Leben, selbst das Fürchten lehren kann“ (Schlömer, 2005).
„Jahrelang versucht Bruce Wayne sein Trauma, die Ermordung seiner Eltern, zu verdrängen, wird schließlich am Ende der Welt von seinem Mentor Ducard mit seinen Ängsten konforntiert und zum Elitekämpfer ausgebildet“ (kino.de, 2005).
Während seiner Ausbildung lernt er Ra´s Al Guhl kennen, der die Gesellschaft der Schatten anführt, und Selbstjustiz und Gewalt vorlebt. Unstimmigkeiten über diese Methoden führen dazu, dass Bruce Wayne nach Gotham City zurückkehrt, „um als Batman gegen die überbordende Kriminalität und Korruption zu kämpfen“ (Topçu, 2012) „Er [erklärt] dem Verbrechen kompromisslos den Krieg“ (kino.de, 2005).
Während seines Kampfes stehen ihm sein treuer Butler Alfred und seine Jugendfreundin und Staatsanwältin Rachel eng zur Seite und appellieren an seine menschliche Seite (vgl. Topçu, 2012).
Batman trifft in Gotham City auf „den Mafia-Boss Carmine Falcone […] und den dubiosen Psychiater Dr. Jonathan Crane“ (Topçu, 2012), welcher ein Doppelleben als Scarecrow führt. Der Höhepunkt des Filmes endet in einem Kampf gegen die Gesellschaftt der Schatten und Crane und sein gasförmiges Halluzinogen, welches die Stadt Gotham City und alle darin lebenden Menschen zerstören soll (vgl. Topçu, 2012).
3.2 Charaktere des Bösen
3.2.1 Joe Chill
Joe Chill taucht das erste Mal auf, als Bruce mit seinen Eltern aus der Oper geht. Er bedroht die Familie und möchte Geld sowie Schmuck haben. Bei diesem Auftritt bekommt der Zuschauer das Gefühl, dass Joe Chill sehr ängstlich ist und diese Situation sehr ungewohnt für ihn ist. Dies zeigt sich daran, dass die Waffe, mit der er die Familie bedroht, in seiner Hand zittert. Der erste Schuß bedeutet den Tod für den Vater. Die Mutter erschießt er kurz danach. Er sieht Bruce nach der Ermordung in die Augen und dieser Blick zeigt, wie schockiert er darüber ist, geschossen zu haben. Joe Chill ist bestimmt von seiner Unsicherheit und impulsiven Reaktion. Er wird sich seiner Schuld bewusst und läuft mit gebeugtem Oberkörper so schnell es geht in die entgegengesetzte Richtung. Die Waffe behält er fest in der rechten Hand umschlossen. Nach dem Blickkontakt zeigte er Reue und realisierte, dass es kein Zurück mehr gab (vgl. Nolan, 2005, Min. 12:45 – 14:00).
Im Gerichtssaal zeigt er wiederholt Reue und bekennt sich zu seiner Tat. Er kommt, frei gesprochen, aus dem Gerichtssaal und wird von der Presse eingefangen. Er sieht zufrieden aus und glücklich, so als wäre eine Last von ihm abgefallen. Die Frau, die dann auftaucht, erschießt ihn mit Grüßen von Falcone (vgl. Nolan, 2005, Min. 24:17 – 25:00).
Joe Chill wird von Ra’s Al Ghul als Verbrecher beschrieben, der er durch Hunger geworden ist (vgl. Nolan, 2005, Min. 102:28 – 104:17).
3.2.2 Carmine Falcone
Namentlich wird Falcone erstmals von der Frau erwähnt, die Joe Chill erschießt (vgl. Nolan, 2005, Min. 24:17 – 25:00). Von Rachel wird er als Mafia-Boss beschrieben, der Gothams Straßen mit Drogen und Verbrechen überflutet und die Schwachen ausnutzt. Er sorgte, laut Rachel, für das Entstehen vonVerbrechern wie Joe Chill, die zerstören, was Bruce Eltern versucht haben aufzubauen. Er ist unantastbar, da er den Guten Angst und die Bösen reich macht (vgl. Nolan, 2005, Min. 25:34 – 26:55).
Falcone selber, wird erstmals im Restaurant gezeigt, als Bruce zu ihm kommt. Carmine zeigt sich sehr selbstbewusst, aber auch überrascht, dass jemand ihm seine Meinung sagt und ihm zeigt, dass nicht jeder Angst hat. Er weiß von seinem Machteinfluss und der Angst der Menschen in Gotham, da er Bruce auf der Stelle erschießen könnte und niemand dagegen etwas tun würde. Diese Macht kann sich niemand erkaufen, da sie von der Angst genährt wird. An seiner lauter werdenden Stimme und seinem rot werdenden Gesicht ist zu erkennen, dass er leicht aufbrausend ist (vgl. Nolan, 2005, Min. 27:34 – 28:00). Falcone sagt zu Bruce, dass jeder vor etwas Angst haben wird, was dieser nicht kennt. Sein Gesicht ist in dieser Szene vergrößert im Mittelpunkt, da die Kamera aus der Perspektive von Bruce aufnimmt: Er wirkt bedrohlich und angsteinflößend, zugleich aber auch etwas verunsichert (vgl. Nolan, 2005, Min. 28:40 – 28:44). Er provoziert außerdem, wenn er weiß, dass seine Männer in der Nähe sind, da „Chill [Falcone] von der Nacht erzählt [hat], als er [seine] Eltern umgebracht hat. [Sein] Vater hätte um Gnade gebettelt wie ein Hund!“ (Nolan, 2005, Min. 29:00 – 29:15).
Im Gespräch zwischen Falcone und Dr. Crane wird deutlich, dass Falcone vor einer unbekannten Person eingeschüchtert ist. Zuvor sagt er aber selber, dass ihm Geld nicht so viel bedeutet wie Gefälligkeiten. Er ist jemand, der seine Macht durch Vereinbarungen festigt: „eine Hand wäscht die andere“ (Noland, 2005, Min. 45:05). Als Dr. Crane ihm dann von seinem Auftraggeber erzählt, wird Falcone unruhig und will direkt wissen, ob er nach Gotham kommt. Er ist ab diesem Zeitpunkt sofort bereit, sich um das Problem (Rachel Dawes) zu kümmern. Er weiß, dass Menschen korrupt sind und durch Geld viel zu erreichen ist. Bei Rachel ist dies aber nicht möglich, laut Dr. Cranes Aussage. Carmine bezeichtnet sie daraufhin als Idealistin und zeigt, dass er solche Personen verachtet, da sie seinem Weltbild – er bekommt alles, was er will – widerspricht. Für solche Menschen hat er aber eine andere Lösung parat (vgl. Nolan, 2005, Min. 45:01 – 45:50). Im Gespräch mit Flass, über Rachel, tut Falcone so als ob er hiervon nichts wüsste. Seine Gestik und Mimik verrät jedoch was anderes. Er macht lediglich Andeutungen – Gotham sei nicht zu unterschätzen, da jeden Tag Menschen überfallen werden und dies manchmal böse ausgehe – und vermeidet so einen direkten Auftrag (vgl. Nolan, 2005, Min. 55:39 – 56:14). Dieser indirekt formulierte Auftrag wird in Minute 61:10 – 62:09 ausgeführt und Batman schreitet ein. Die Situation spielt sich an der Bahnhaltestelle ab, wo Licht am flackern ist, Bahngeräusche zu hören sind und ein unheimlicher Ort entstanden ist. Rachel erfährt, dass sie Falcone nervös macht. Es wird also sichtbar, dass Falcone seine Macht nicht bedrohen lässt. Er würde Menschen aus dem Weg räumen lassen, um seine Position und Ansehen zu behalten.
An der Verladestelle am Hafen sagt Falcone zu Flass, dass Unwissenheit ein Segen sei und er bezeichnet sich selber als böse (vgl. Nolan, 2005, Min. 57:51 – 58:03). Die erste Situation, wo er als Bösewicht Angst hat, ist, als er Batman im Kampf sieht. Er gerät in Panik, da er nicht fliehen kann und er seinem Gegner alleine gegenüber stehen wird. Als Falcone Batman direkt anblickt, wird die Angst in Falcones Gesicht sichtbar. Diese zeigte er bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht, da er niemanden zu fürchten hatte. Seine Macht war uneingeschränkt (vgl. Nolan, 2005, Min. 60:14 – 60:41). Durch diese Szene ist zu erkennen, dass auch Falcone einen ebenbürtigen Gegner hat und das er diesen fürchtet.
Falcone will seine Machtposition auch im Gefängnis wahren und redet deshalb mit Dr. Crane über die Lieferungen. Er droht ihm und dessen Auftraggeber. Er spricht die Drohungen aber nur deshalb aus, weil er sich im Gefängnis in Sicherheit weiß. Er bekommt jedoch Angst, als Dr. Crane ihm die Maske zeigt. Sein Gesicht verrät Nervosität und Unsicherheit, was seine Aussage über Crane als Irren untersützt (vgl. Nolan, 2005, Min. 68:42 – 70:07).
Rachel und Dr. Crane unterhalten sich noch einmal über Falcone, als dieser in Arkham liegt und nur noch Scarecrow faselt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er nie psychische Probleme oder Symptome von Geisteskrankheit, sagt Rachel (vgl. Nolan, 2005, Min. 80:35 – 82:05).
3.2.3 Crane/Scarecrow
Dr. Crane ist Leiter der Psychatrie in Arkham. Zum ersten Mal wird er in der Gerichtsverhandlung gezeigt, als er einen von Falcones Männern als geisteskrank bezeichnet und diesen nicht ins Gefängnis gehen lässt, sondern in die Psychatrie verweist. Er tritt selbstbewusst auf und weiß, was er sich erlauben kann. Er weiß Personen zurecht zu weisen, wenn diese ihn bedrängen und ihm etwas vorwerfen, wie Rachel. Sie beschuldigt ihm nach der Gerichtsverhandlung der Korruption. Er bleibt bei diesem Vorwurf im Gehen stehen, die Kamera zeigt ihn dabei, wie er in die Weite schaut und jemanden sucht. Er schaut Rachel nicht an und geht nicht auf ihre Äußerungen ein, sondern ruft ihren Vorgesetzten, damit dieser ihr ihre Position deutlich macht (vgl. Nolan, 2005, Min. 41:41 – 42:32).
Das Wissen um seine Macht wird im Gespräch zwischen ihm und Falcone deutlich, als er Carmine von seinem Auftraggeber erzählt. Dr. Crane weiß, dass er diese Macht hat, da er für jemand anderen, einflussreichen Menschen arbeitet und er nutzt dies zu seinem Vorteil um Druck auf Falcone auszuüben. Zugleich will er mit einem direkten Mord nichts zu tun haben und seine Unsicherheit wird deutlich. Hier zeigt sich zum ersten Mal, dass er sich noch nicht sicher ist, welche Rolle er einnehmen soll (vgl. Nolan, 2005, Min. 45:01 – 45:50). Dies ändert sich jedoch, als die beiden sich das nächste Mal unterhalten. Er tritt sehr dominant auf und behält zu jeder Zeit die Kontrolle im Gespräch. Seine Mimik und Gestik zeigen, dass er seine Rolle gefunden hat und weiß was er tut. Er will die doppelseitige Rolle loswerden und als Scarecrow sein Unwesen treiben, denn dies bedeutet für ihn Macht und Sicherheit (vgl. Nolan, 2005, Min. 68:42 – 70:07). Die Macht, die er meint, ist die des Verstandes (vgl. Nolan, 2005, Min. 81:33 – 81:44). Dr. Crane ist überrascht, dass Rachel ihn in Arkham besucht und Falcone untersuchen lassen will. Er ist berechnend, da er weiß, dass es kein Zurück mehr für ihn gibt, sein Auftrag bereits vollendet ist und er nicht mehr aufgehalten werden kann. Aus diesem Grund zeigt er Rachel, was er getan hat. Seine sadistische Seite zeigt sich in der Aussage „Hier stellen wir unsere Medikamente her…Sie sollten vielleicht was davon nehmen, dann sehen Sie klarer“ (Nolan, 2005, Min. 82:25 – 82:36), seinem verrückten Lächeln und seiner Stimmlage (vgl. Nolan, 2005, Min. 82:25 – 83:06).
Dr. Crane nimmt ab Minute 97:18 die Rolle des Scarecrow ein, er hat sich von der Persönlichkeit des Dr. Crane abgewandt und will nur noch Scarecrow sein, um seinem Leben einen Sinn zu geben und die Hilflosigkeit zu besiegen (vgl. Nolan, 2005, Min. 97:18 – 97:42). Er bezeichnet sich als Scarecrow und will von der Person des Dr. Crane nichts mehr wissen (vgl. Nolan, 2005, Min. 110:37 – 110:47). Scarecrow liebt die Überraschung und Unwissenheit seiner Kraft. Er überrumpelt Batman in einer ersten Auseinandersetzung und zeigt ihm, welche Macht er hat und wie sehr er sich im Vorteil weiß (vgl. Nolan, 2005, Min. 74:53 – 75:20). Den Überraschungsmoment, den er bei der ersten Begegnung mit Batman hatte, will er erneut ausnutzen, doch er wird berechenbarer und sein Angriff ist vorherzusehen. Er bekommt selbst eine Dosis von seinem eigenen Angstgift ab und erfährt die Angst am eigenen Körper. Batman symbolisiert für ihn die Angst (vgl. Nolan, 2005, Min. 84:37 – 85:23). Er selbst wird aber erneut zum Symbol der Angst – als Reiter auf einem feuerspeiendem Pferd – und er will anderen die Furcht lehren. Die Menschen wissen sich aber nun zur Wehr zu setzen und so wird er mit einem Elektroschocker besiegt, kann aber fliehen (vgl. Nolan, 2005, Min. 111:30 – 112:20).
3.2.4 Ra’s Al Ghul
Ra’s Al Ghul ist eine zwielichtige Person, dessen Charakter erst wirklich deutlich wird, als er sich im Wayne Anwesen zu erkennen gibt und Bruce erklärt, dass er nicht Ducate, sondern Ra’s Al Ghul ist (vgl. Nolan, 2005, Min. 98:38 – 99:41).
Ra’s Al Ghul, den der Zuschauer zuerst als Ducard kennen lernt, tritt als Wegweiser auf. Den Weg, den er vorschlägt, ist die Vereinigung von Hass gegenüber dem Bösen, um dies gemeinsam zu bekämpfen und damit für Gerechtigkeit zu sorgen (vgl. Nolan, 2005, Min. 4:24 – 4:39). Er stellt sich selber als gerechter Mensch dar und ist von sich selbst überzeugt, dass er gerecht handelt. Seine Auffassung gegenüber dem Bösen ist klar festgelegt, sie kann sich nicht ändern. Wenn eine Person einen Mord begeht, so ist diese schuldig, denn alle Kriminellen nutzen die Verständnisschwäche der Gesellschaft aus (vgl. Nolan, 2005, Min. 17:30 – 17:44). Wenn er von etwas überzeugt ist, so lässt er sich von diesem Weg nicht abbringen und will ihn mit allen Mitteln durchsetzen. Für ihn ist die Gesellschaft korrupt und kriminell und nur die Gesellschaft der Schatten weiß, was gerecht ist. Damit legitimiert er für sich und alle anderen Mitglieder der Gesellschaft der Schatten die Selbstjustiz und positioniert sich als Mann, der die Exekutive, Legislative und Judikative in sich selber vereint sieht und bereit ist, diese allein auszuüben (vgl. Nolan, 2005, Min. 35:08 – 37:10).
Diese Einstellung wurde durch den Mord an seiner Frau hervorgerufen. Der Zorn, der ihn danach bewegte half ihm aber nicht das Böse zu bekämpfen, sondern hätte ihn beinahe selbst zerstört. Der einzige Weg, der ihm in diesem Fall helfen könne, sei der Weg der Rache (vgl. Nolan, 2005, Min.19:38 – 20:13).
Er liebt die Täuschung und verwirrt Bruce anfangs in seinem Anwesen, indem sich jemand anderes als Ra’s Al Ghul ausgibt und anschließend er sein Geheimnis lüftet, jedoch sofort sein Verhalten argumentativ unterstützt (vgl. Nolan, 2005, Min. 98:38 – 99:41).
Seine Vorstellung von Gotham teilt er Bruce mit und lässt sich auch nicht von der Zerstörung abbringen, als Bruce ihm erzählt, dass es auch gute Menschen in Gotham gibt. Für ihn ist eine Stadt, bei der die Mehrheit der Menschen korrupt und kriminell ist, böse und muss auf dem Höhepunkt der eigenen Dekadenz vernichtet werden. Er weiß, dass er nicht mehr aufgehalten werden kann und ist sich seiner Sache sicher, so dass er Bruce von seinem Plan, wie Gotham zerstört werden soll, berichtet (vgl. Nolan, 2005, Min. 100:50 – 102:11).
Ra’s duldet es nicht, wenn man sich ihm widersetzt oder wenn etwas nicht funktioniert, was er sich überlegt hat. Die Zerstörung der Stadt hatte zu einem früheren Zeitpunkt noch nicht funktioniert, deswegen sorgt er nun dafür, dass seinem Plan keine Widersacher entgegentreten. Die Notsituation in Gotham wurde von der Gesellschaft der Schatten mit verursacht und somit ist diese indirekt auchverantwortlich für den Tod von Bruce Eltern, die stellvertretend für die Ermordungen vieler Einwohner Gothams stehen. Sein Gerechtigkeitssinn übertrifft sein Denken, denn er ist sich absolut sicher, dass er die wahrhaftige Gerechtigkeit kennt und weiß, wie diese auszuüben ist (vgl. Nolan, 2005, Min. 102:28 – 104:17).
Die Mentorenrolle verliert Ra’s Al Ghul, als Bruce die Aussage „Haben Sie nie gelernt auf Ihre Umgebung zu achten?“ (Nolan, 2005, Min. 118:21 – 118:24) tätigt und den Kampf zwischen beiden gewinnt. Bruce wird aber nicht zum direkten Mörder, so wie Ra’s dies erwartet, sondern nur indirekt, da er ihn im Zug zurücklässt und nicht rettet. Der todbringende Plan mit dem Mikrowellensender bedeutet letztlich den Tod von ihm selbst (vgl. Nolan, 2005, Min. 118:31 – 119:17).
3.3 Entwicklung des Bösen
„Für die Struktur der filmischen Erzählung spielen Figuren-Konstellationen eine entscheidende Rolle, da erst durch das Mit- oder Gegeneinander zweier oder mehrerer Figuren die großen dramatischen Konflikte entstehen. Durch eine plural strukturierte Figurenkonstellation, in der verschiedenartige Charaktere eingebaut sind, gewinnt eine Erzählung an Vielschichtigkeit und Lebendigkeit; denn erst die unterschiedlichen Verhaltensweisen und Gefühlsdispositionen grenzen die Akteure voneinander ab und gestalten den Konflikt spannungsreich“ (Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 1, S. 29).
Diese Struktur ist entscheidend für die Entwicklung des Bösen. Je weiter die Handlung im Film geht und die Geschichte ihren Höhepunkt erreicht, desto vielschichtiger und böser werden die Charaktere und Gegenspieler von Batman.
Den Bösewicht beschreiben Bohrmann, Veith und Zöller (2007, Bd. 2, S. 201) als eine Person, die seine eigene Moralvorstellung besitzt und mit allen Mitteln – oftmals mit Gewalt – versucht seine eigenen Ziele zu erreichen.
Joe Chill kann nicht als Bösewicht charakterisiert werden, wenn es sich um das Genre Schurke im Film handelt. Er steht stellvertretend für das Leid der armen Bevölkerung in Gotham City, die aus der Not handeln und versuchen sich gegen den Hunger zu wehren (vgl. Nolan, 2005, Min. 102:28 – 104:17). Seine Tat, die Ermordung von Bruce Eltern, ist eine böse Tat. Er ist letztlich für sein Tun verantwortlich und erfährt,wie in Kapitel 2.2 beschrieben, Leid und Übel. Dies erlebt er aber nicht nur, sondern fügt es auch selbst jemand anderem zu, in diesem Fall dem Kind Bruce. Er ist der Auslöser des Backstorywound, da Bruce Wayne durch ihn ein Motiv bekommt zu dem zu werden, was er später wird: Batman (vgl. Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 1, S. 16). Joe Chill wird von Nolan als Auslöser genutzt, um Batman in die typische Superheldenlage zu versetzen. Er wächst als Waise auf und wird von Alfred, einer anderen Bezugsperson, erzogen (vgl. Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 2, S. 201 f.). Der Mord an den Eltern von Bruce findet im Hinterhof der Gasse statt (vgl. Nolan, 2005, Min. 12:45 – 14:00), wo es sehr dunkel ist und nur künstliche Beleuchtung für Licht sorgt. Der Gegensatz hierzu ist seine Verurteilung und der Mord an ihm selbst, da hier das Sonnenlicht vorhanden ist und der gesamte Ort erhellt ist (vgl. Nolan, 2005, Min. 24:17 – 25:00). Das Böse tritt nur dort auf, wo es dunkel ist und Unbehagen beim Zuschauer ausgelöst wird (vgl. Kapitel 2.6).
Die Bösewichte sind aber nicht nur Schurken, sondern nehmen im Spannungsbogen des Filmes, einen Archetypen an. Nach Vogler gibt es sieben verschiedene: „Held, Mentor, Schwellenhüter, Herold, Gestaltwandler, Schatten, Trickster“ (Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 1, S. 29). Der Held, Herold und Trickster kann nicht als Charakter des Bösen verwendet werden. Der Typus des Mentoren spielt in Batman Begins eine Rolle, da Ducard, der sich später als Ra’s Al Ghul zu erkennen gibt, Bruce mit Ratschlägen und Wissen hilft, sich den eigenen Ängsten zu stellen. Er ist für ihn die große Stütze als er nach dem Tod der Eltern einen Weg für sich sucht und ermöglicht ihm, die Fertigkeiten zu erwerben, um das Böse zu bekämpfen (vgl. Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 1, S. 30).
Der Archetypus Schwellenhüter ist dadurch gekennzeichnet, dass diese Person für den Helden eine Hürde darstellt, welche ihn daran hindert seinen Weg fortzuführen und die Kräfte auf die Probe zu stellen (vgl. Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 1, S. 30). Dies trifft sowohl auf Falcone, als auch auf Dr. Crane zu. Falcone ist ein Bösewicht, der aber nicht der ist, der Batman aufhalten, da er nicht auf derselben Stufe wie dieser steht, da seine Fähigkeiten begrenzt sind. Er ist ein Hindernis für ihn und muss bezwungen werden, um die Macht des Bösen einzudämmen. Falcone handelt selbstständig, allerdings wird im Verlauf der Handlung deutlich, dass er für jemand anderen arbeitet. Seine Machtposition weiß er auf unterschiedliche Art und Weise auszunutzen und aufrecht zu erhalten. Er lässt Menschen, die ihm im Wege stehen, beseitigen und ihm ist jedes Mittel dabei recht. Seine Grausamkeit wird daran sichtbar, dass es ihm gleichgültig ist, wie Rachel aus dem Weg geräumt wird (vgl. Kapitel 3.2.2). Er ist am Profit interessiert und erlangt durch grausames Handeln Macht (vgl. Kapitel 2.3), bis zu dem Zeitpunkt als ihm jemand Einhalt gebietet – Forderung von Rachel (vgl. Nolan, 2005, Min. 25:34 – 26:55). Egal an welcher Stelle Falcone im Film auftaucht, es ist immer ein Ort, der für Szenarien des Bösen und der Angst steht. An allen Orten ist künstliche Beleuchtung vorhanden wie z. B. in der Hafenszene als die letzte Ladung verladen wird (vgl. Nolan, 2005, Min 57:51 – 58:01). Die Plätze haben etwas Unbehagliches an sich und Menschen verbinden mit diesen in den meisten Fällen Ängste, wie z. B. am Hafen bei Dunkelheit oder in der Vorstadt im Restaurant bei Falcone (vgl. Kapitel 2.6).
Dr. Crane nimmt die Rolle des Schwellenhüters in geringem Maße an. Er ist auf der einen Seite ein Zulieferer für die Gesellschaft der Schatten, aber auf der anderen Seite regelt er selbstständig die Arbeit in Arkham und organisiert die Entwicklung des Angstgiftes (vgl. Kapitel 3.2.3). Außerdem tritt Dr. Crane als Gestaltwandler auf, da er „ständig neue Züge annimmt und sich […] unter den Augen [der Zuschauer] verwandelt. Er entpuppt sich als der Mensch mit den zwei Gesichtern“ (Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 1, S. 30). Zuerst nimmt der Zuschauer ihn als Psychologen wahr, sobald er aber sein Angstgift einsetzt wird er zu Scarecrow, der Vogelscheuche. Seine zwei Gesichter kommen im Verlauf des Filmes immer deutlicher zum Vorschein. Seine Entwicklung wird durch das Böse selbst gesteuert und reift bis zu dem Zeitpunkt, an dem er sich selbst als böse betrachtet und als Scarecrow identifiziert (vgl. Nolan, 2005, Min. 97:18 – 97:42). Seine Doppelrolle wird „durch Gegensätze wie dunkel und hell, Tiefe und Höhe, Schatten und Licht[…, die im] Menschen Unbehagen und Angst [auslösen]“ (Kapitel 2.6), unterstrichen. Er tritt zu Beginn, als dem Zuschauer noch nicht klar ist, dass Dr. Crane zugleich auch Scarecrow ist, an Orten auf, wo sich der Beobachter selbst auch wohlfühlen würde. Sobald aber er als Scarecrow auftritt, verändern sich sowohl die Orte als auch die Tageszeit vom Beruhigen (Gericht) zum Bedrohenden (Arkham) (vgl. Kapitel 2.6). In der Rolle des Scarecrow wird er zum Schatten/Schurken, der „alle negativen Seiten eines Menschen auf [sich] konzentriert [und als] Bösewicht, Feind [bzw.] Antagonist [in Erscheinung tritt]“ (Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 1, S. 30). Er setzt sein Angstgift ein, was ihn zum ebenbürtigen und mächtigen Gegner macht. Seine Kräfte sind außergewöhnlich und übermenschlich, zumindest bis zu dem Zeitpunkt als Batman selbst noch nicht immun gegen dieses Gift ist. Er erreicht sein persönliches Ziel durch das Erzeugen von Angst (vgl. Nolan, 2005, Min. 74:53 – 75:20; Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 2, S. 201). Welcher Keim des Bösen kann auf diese Person, die zugleich zwei Charaktere in sich vereinigt, bezogen werden? Reicht es aus, Dr. Crane und Scarecrow getrennt zu betrachten? Nein, denn wie vorhin dargestellt, ist es eine Entwicklung, die bei ihm vorzufinden ist und Scarecrow hätte ohne Dr. Crane nicht entstehen können. Dr. Crane handelt zuerst grausam, da er eine Freude am Leiden der Menschen empfindet und fasziniert ist an der Folter und Qual der Menschen, wenn er Ihnen das Gift verabreicht hat. Dies genießt er aber nicht allein als Dr. Crane, sondern teilt dies mit seiner zweiten Persönlichkeit Scarecrow (vgl. Kapitel 2.3). Er hebt sich gegenüber Falcone aber insofern ab, indem er durch Hass bzw. Selbsthass handelt, da er das „Leben eines Opfers [verlängert], um dieses länger leiden zu sehen“ (Kapitel 2.4). Er handelt für die Gesellschaft der Schatten und sorgt somit dafür, dass Gotham, sobald das Angstgift freigesetzt wird, sich selber vernichten kann und die Gefangenen von Arkham als Angstdarstellungen eingesetzt werden (vgl. Nolan, 2005, Min. 102:17 – 112:20). Er nutzt das Gift aber auch, um Menschen direkt damit zu töten (vgl. Nolan, 2005, Min. 82:24 – 83:45). Der erste Kampf zwischen Batman und Scarecrow zeigt die „entscheidende Prüfung bzw. zentrale Krise[, die] für die Dramaturgie des Films und die Charakterisierung des Helden [eine entscheidende Rolle spielt, da Batman] zugleich als verwundbarer und als siegreicher, unsterblicher Held [ab diesem Zeitpunkt betrachtet wird]“ (Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 1, S. 22). Das Handeln und die Entschlossenheit, sowohl als Dr. Crane wie auch als Scarecrow, zeigen, dass er zu allem bereit ist und er seine eigenen Ziele vor das Wohl der Menschen stellt.
Die Entwicklung des Filmes „Batman Begins“ in Bezug auf die Entfaltung der Charaktere lässt sich am deutlichsten anhand von Ra’s Al Ghul bzw. Ducard veranschaulichen. Zuerst ist er für Bruce der Mentor, da er ihn mit Wissen, Ratschlägen und der Technik des Kampfes ausstattet. Er hilft ihm aus der Verzweiflung heraus und weist ihm einen neuen Weg. Das Motiv dieses Weges darf nicht die „persönliche Verletzung, […] eine erlebte Gewalterfahrung, ein unbewätigter Tod oder […] ein bleibender Verlust sein“ (Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 1, S. 16), sondern er muss sich an den Weg der Rache halten (vgl. Bohrmann, Veith & Zöller, 2007, Bd. 1, S. 30). Rache, so Ducard, ist die Lösung um Zorn zu bewältigen (vgl. Nolan, 2005, Min. 19:38 – 20:13). Bruce widersetzt sich Ducard und so wandelt sich die Rolle des Mentoren in den Archetypus des Schatten. Ducard gibt sich im Wayne Anwesen als Ra’s Al Ghul zu erkennen und verdeutlicht Bruce damit, dass er die Person ist, die alles geplant hat. Er will die Stadt um jeden Preis zerstören (vgl. Kapitel 3.2.4). Er zeigt wie schon Dr. Crane und Scarecrow, dass er wandlungsfähig ist und sich auf die unterschiedlichen Begebenheiten einlassen kann. Diese Wandlungsfähigkeit verdeutlicht er Bruce auch dadurch, dass verschiedene Möglichkeiten ausprobiert worden sind, um Gotham zu vernichten (vgl. Nolan, 2005, Min. 102:28 – 104:17). Der Charakter des Ra’s Al Ghul beinhaltet verschiedene Keime des Bösen. In erster Linie kann er als böse bezeichnet werden, da sowohl sein Herz als auch sein Wille böses Handeln unterstützen, da er Gotham vollständig vernichten will (vgl. Bader, 1998, S. 1709). Der Zuschauer erlebt die Geschichte von Ra’s mit und bekommt so ein Verständnis dafür, warum er zum Hauptgegner Batmans wird. Seine Motivation ist facettenreich. Zuerst erfährt er selber Übel und Leid im eigenen Leben durch den Mord seiner Frau. Dies motiviert ihn dazu, dass Böse selber bekämpfen zu wollen, doch er deutet selber an, dass der Zorn ihn beinahe selber vernichtet hätte und die Rache das einzige gewesen ist, was ihn am Leben gehalten hat. Rache ist auch ein anderes Synonym für Hass. Sobald Hass generationenübergreifend wird, wird die Auffassung des Bösen übernommen und etabliert. Jene Etablierung ist im gesamten Handlungsprozess der Gesellschaft der Schatten zu erkennen. Sie sorgt seit Jahrhunderten dafür, dass Städte zerstört werden und dies sei ihre wichtigste Aufgabe (vgl. Nolan, 2005, Min. 35:08 – 37:10). Es wird dabei aber nicht darauf geachtet, ob noch gute Menschen in der Stadt leben, sondern einfach pauschalisiert. Eine Differenzierung findet hier nicht mehr statt, alle Mensch sind gleich, egal was der/die einzelne auch tut. Er versucht sich selbst vom Keim der Grausamkeit zu lösen. Dies gelingt ihm aber nicht wirklich, da er sich selber zum Richter erklärt und Bruce beauftragt den Gefangenen zu töten. Er handelt außerdem grausam, weil er Bruce die Möglichkeit gibt, die Menschen gehen zu lassen, ihm aber sagt, dass es keinen Sinn ergibt, da er die Stadt sowieso vernichten wird. Dies wird er aber nicht auf direktem Wege tun, sondern indirekt. Er will, dass sich die Menschen gegenseitig töten (vgl. Nolan, 2005, Min. 100:50 – 101:23). Dies zeigt auch die Lust an der Zerstörung. Das Zerstörungsmotiv begleitet Ra’s Al Ghul, sowohl bei seiner Rolle als Ducard wie auch zu dem Zeitpunkt, als er sich zu erkennen gibt. Er betitelt dies zwar als Aufgabe der Gesellschaft der Schatten, doch letztlich bestimmt er, was ihr Anliegen ist. Er stellt sich selber, wie in Kapitel 3.2.4 bereits erwähnt, als Gewaltenausleger dar, der alle Befugnisse in sich vereint. Ra’s Al Ghul ist der entscheidende und letzte Gegner Batmans und zugleich der Charakter mit der größten Entwicklung in Bezug auf das Böse. Wie aber ist es mit der Symbolik bei ihm? Er ist der Charakter, der bis zur Offenbarung seiner selbst die undurchsichtigste Person ist. Dies zeigt sich auch durch seine Darstellung an den verschiedenen Orten. Dort sind Nebelschwaden zu sehen oder auch Rauch wie z. B. im Tempel. Tempel sind geheimnisvoll, da es dort meist Räume gibt, zu denen nur ganz bestimmte Personen Zutritt haben. In fast allen Szenen, wo er zu sehen ist, ist auch ein Feuer zu sehen, sei es am See oder im Anwesen der Wayne Familie (vgl. Kapitel 3.24).
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