Hartmanns von Aue kurze Verserzählung „Der arme Heinrich“ handelt vom hochadligen tugendhaften Ritter Heinrich von Ouwe, den Gott schlagartig und unerwartet mit Aussatz zeichnet, welcher sich nur durch Gottes Gnade selbst, oder durch das Blut einer sich freiwillig opfernden Jungfrau beheben lässt. Nachdem er diese Informationen über die Heilungsmethoden von einem Arzt in Salerno erhalten hat, kehrt er niedergeschlagen und verzweifelt in seine Heimat zurück, verschenkt den grössten Teil seines Hab und Gutes und lässt sich von einem, in seinem Dienst stehenden Meier, in dessen Heim aufnehmen. Dort wird er von der Familie, vor allem aber von ihrer achtjährigen Tochter, freundlich umsorgt und gepflegt. Das Mädchen wird zu seiner anhänglichen Gefährtin, welche keinen Fuss von ihm weicht und welche auch Heinrich mit der Zeit sehr ans Herz wächst. Als er aber nach drei Jahren Aufenthalt bei der Meiersfamilie ihnen erklärt warum er, seiner Meinung nach, die miselsuht von Gott erhielt, und wie man dieselbe heilen könnte, hört dies das Mädchen und beschliesst sich für Heinrich zu opfern. Sie erklärt ihren Eltern, welche natürlich nicht zustimmen wollten, dass sie dies tun wolle, um so den Herrn zu retten, damit dieser der Familie weiterhin ein angenehmes Leben sichern und sie sich selbst einen Platz im Jenseits und ein ewiges Leben sicherstellen könne. Nach langem Zögern, entschliessen sich die Eltern dem Mädchen den Wunsch zu gewähren und lassen sie und Heinrich zum Opfer-Praktizierenden Arzt nach Salerno reisen. Nachdem sich der Arzt vergewissert hat, ob das Mädchen sich auch wirklich freiwillig opferte und nicht dazu gezwungen wurde, fesselt er sie nackt auf dem Tisch an Händen und Beinen und beginnt das Messer zu wetzen. Als Heinrich das furchterregende Geräusch hört, schleicht er sich an die Tür, findet ein Loch darin und unterbricht die Opferung sofort, nachdem er das wunderschöne nackte Mädchen erblickte. Sein Vorhaben kommt ihm plötzlich ungeheuerlich vor und somit entscheidet er sich seinen gottgegebenen Aussatz zu akzeptieren und lieber selbst daran zu sterben, als jemand anderen für seine Heilung zu opfern. Das Mädchen gerät ausser sich, da damit ihr Weg zum ewigen Leben zunichte gemacht wurde; sie sammelt sich aber wieder, nachdem sie auf der Heimreise der wunderlichen Heilung Heinrichs durch Gott gewahr wird. ...
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. These Nr. 1: Strafe für die Hauptsünde superbia
- III. These Nr. 2: Prüfung durch Gott als Grund für die miselsuht
- IV. These Nr. 3: miselsuht als Schicksalsauferlegung durch Gott
- V. Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage nach dem Grund für Heinrichs miselsuht in Hartmanns von Aues "Der arme Heinrich". Sie analysiert verschiedene Thesen, die in der Literaturwissenschaft vertreten werden, um die Ursache für Heinrichs Krankheit zu erklären.
- Strafe für die Hauptsünde superbia (Hochmut)
- Prüfung durch Gott
- Schicksalsauferlegung durch Gott
- Die Rolle der Liebe und des Opfers
- Die Bedeutung von Heinrichs Selbstfindung und Umkehr
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die Forschungsfrage nach dem Grund für Heinrichs miselsuht vor. Sie beleuchtet die Handlung des Werks und die verschiedenen Thesen, die im Folgenden näher betrachtet werden.
Kapitel II untersucht die These, dass Heinrichs Aussatz eine Strafe für seine Hauptsünde superbia darstellt. Es werden Argumente von Literaturwissenschaftlern wie Wapnewski und Willson vorgestellt, die diese These vertreten. Die Nachteile dieser These werden ebenfalls diskutiert.
Kapitel III widmet sich der These, dass Heinrichs miselsuht eine Prüfung durch Gott darstellt. Es werden alternative Perspektiven auf die Krankheit beleuchtet, die die Sünde-These in Frage stellen. Die Schwächen dieser These werden ebenfalls analysiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den "Armen Heinrich", Hartmann von Aue, miselsuht, superbia, Prüfung, Schicksal, Liebe, Opfer, Selbstfindung, Umkehr, mittelalterliche Literatur, christliche Moral, Gottesglaube.
- Quote paper
- Jelena Zagoricnik (Author), 2010, Der Grund für Heinrichs 'miselsuht' in Hartmann von Aues "Der arme Heinrich". Strafe, Prüfung oder Schicksal?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278374