Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG
2. HISTORISCHE BEDINGUNGEN
2.1 Demokratie in der Paulskirche
2.2 Demokratie in der Weimarer Republik
2.3 Demokratie nach
3. ENTWICKLUNG DER POLITISCHEN SPRACHE NACH
3.1 Sprachliche Umerziehung in der Schule
3.2 Demokratische Sprache in verfassungsrechtlichen Institutionen
3.3 Gründe für die Veränderung der Sprache nach
3.3.1 Euphemistische Elemente in der Sprache nach
3.3.2 Euphemismen in der politischen Sprache
3.3.3 Entpragmatisierung von Texten
4. VERFASSUNG 1948/
4.1 Ziel der Verfassung
4.2 Grundgesetz/-rechte
4.3 Politischer Wortschatz/-gebrauch
4.4 Ansätze zu einer demokratischen Sprache
4.4.1 Demokratischer Wortschatz
4.4.2 Wortbedeutung: demokratisch
4.4.3 Demokratie zwischen Tradition und Neuanfang
5. FAZIT
6. BIBLIOGRAPHIE
1. EINLEITUNG
Manch einer wird behaupten, dass mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine neue Ära begann: der Krieg war vorüber, Demokratie herrschte wieder vor, die Menschen waren erneut alle gleich vor dem Gesetz. Ein anderer wird sagen, dass es Demokratie schon im alten Athen gab und wird behaupten, dass die Demokratie lediglich wiederaufgenommen wurde. Genau mit diesem umstrittenen Thema befasst sich folgende Hausarbeit: Demokratie zwischen Tradition und Neuanfang, unter einem besonderen Blickpunkt auf die Veränderungen in der Sprache. Das Verständnis des Begriffes Demokratie nach 1945 wird ebenfalls näher erläutert. Unter Demokratie versteht man Volksherrschaft, d.h. eine Regierungsform, in der das Volk durch freie Wahlen an der Machtausübung im Staat teilhat. Nach 1945 wird die Demokratie mehr als nur eine Regierungsform; „democracy is a way of life“ (Dewey 1939/1993: 229, zit. n. Geißner 2005: 59) - sie entwickelt sich zu einer Lebensform. Unter Berücksichtigung historischer, sprachlicher, politischer und gesellschaftlicher Aspekte beschäftigt sich folgende Ausarbeitung mit folgenden Fragen: Kann man die Demokratie in der Paulskirche mit unserer heutigen Regierungsform vergleichen? Inwiefern haben sich die sprachlichen Aspekte im Laufe der Jahrhunderte gewandelt? Wie hat sich die Politik hinsichtlich der Sprache verändert?
(vgl. Geißner:57ff)
2. HISTORISCHE BEDINGUNGEN
2.1 Demokratie in der Paulskirche
Demokratie spielte eine zentrale Rolle nach 1945 hinsichtlich einer politischen Erneuerung Deutschlands. Der Begriff existierte schon Jahrhunderte vor 1945, und zwar kam er erstmals in Deutschland in der Verfassung der Paulskirche vor. Hier wurde er allerdings nicht zu den lexikalisch-semantischen Wortfeldern des Ideologievokabulars1 gezählt, wobei man heute durchaus von einem ersten Versuch der Demokratie sprechen kann. Sie wurde zu der Zeit als Staats- und Regierungsform gesehen. Unter einer Regierungsform versteht man eine Regierung, die von Menschen für Menschen geschaffen wurde. Eine Staatsform hingegen ist eine verfassungsrechtlich nationale Verbindung von Menschen. Sie wurde abgegrenzt durch Oppositionswörter wie Monarchie, Aristokratie und Tyrannei. Diese Verfassung war außerdem prägend für die konstitutionelle Entwicklung Deutschlands.
(Vgl. Kilian 1997: 296f)
2.2 Demokratie in der Weimarer Republik
Auch in der Weimarer Republik überwog die Demokratie im Bereich der Staats- und Regierungsform, wobei man hier eine Tendenz in Richtung einer Gesellschaftsordnung erkennen konnte, und zwar spielten die Begriffe Recht, Freiheit und Gleichheit eine große Rolle in der Bedeutungserweiterung der Demokratie.
Später wird sie durch neue Oppositionswörter abgegrenzt wie Faschismus, Diktatur, Rätesystem. Es folgte eine völlige Zerstörung der Demokratie durch den Nationalsozialismus. Sie wurde in dieser Zeit als „nationalsozialistische Interpretation der Lehnübersetzung Volksherrschaft“ angesehen (Kilian 1997: 301). Eine Veränderung von solcher Größe gab es in der Geschichte kaum - noch nie wurde eine Regierungsform auf solche Art und Weise verpönt.
(Vgl. Kilian 1997: 299ff)
2.3 Demokratie nach 1945
In der Nachkriegszeit fand ein großer Wandel in der Politik statt - einen größeren Umsturz gab wohl kaum in der Politikgeschichte - dadurch lässt sich möglicherweise erklären, warum sich die Regierungsform gerade in der Zeit so stark gewandelt hat. Nach 1945 galt es das große Schlagwort Demokratisierung in die Tat umzusetzen. Mehr als je zuvor wird der Begriff als eine durch Menschen entstandene Einrichtung verstanden und als Lebensform wahrgenommen. In der Weimarer Republik sah man die Ansätze zu einer Gesellschaftsordnung; nach 1945 fungiert die Demokratie nun als Gesellschaftsordnung - man kann Freiheit in diesem Zusammenhang sogar mit der Demokratie gleichsetzen.
(Vgl. Kilian 1997: 303ff)
3. ENTWICKLUNG DER POLITISCHEN SPRACHE NACH 1945
Nach den grundlegenden politischen und geschichtlichen Veränderungen in Deutschland wurde auch eine Veränderung in der Sprache sichtbar. Um eine Sprachentwicklung analysieren zu können, muss man diese Entwicklung unter dem Aspekt der jeweiligen Zeit betrachten; hierbei spielen die wichtigsten geschichtlichen Ereignisse eine essentielle Rolle. So kann man z.B. deutlich sehen, dass Begriffe wie Drittes Reich, Diktatur, Nationalsozialismus, Faschismus, Hitler-Regime und Reichstag aus der Zeit des Nationalsozialismus stammen. Zeit des Wiederaufbaus/des Neubeginns, Bundestag hingegen sind typische Begriffe aus der Übergangszeit.
Als Ziel der Politik galt es das Interesse der Menschen in Bezug auf Politik zu wecken, nachdem sie mit dem Wort Demokratie nur Negatives verbanden. Sie sollte sogar als Fundament für eine Demokratisierung dienen. Darüberhinaus sollte Politik ganz eng mit dem Begriff Demokratie verknüpft werden, da es sich nun auch um eine Lebensform handelte.
(Vgl. Kilian 1997: 27ff)
3.1. Sprachliche Umerziehung in der Schule
Um diese neue Lebensform den Menschen nahezubringen, fand eine sprachliche Umerziehung in den Schulen statt: demokratische Texte wurden ausgewählt, damit die Schüler sich die neue Lebensweise aneignen. Lehramtsstudenten sollten über dialogtechnische Fähigkeiten verfügen, und zwar insbesondere über Kommunikation und Diskussion. Man wollte sich von dem Bild der Alleinherrschaft lösen und sich mithilfe von Diskussionen dem Idealbild der Demokratie annähern, in der die Menschen gemeinsam Entscheidungen treffen.
(Vgl. Kilian 1997: 29ff, 40ff)
3.2 Demokratische Sprache in verfassungsrechtlichen Institutionen
Man kann ganz deutlich erkennen, dass die Sprache nach 1945 viel objektiver geworden ist, das bedeutet also, dass den Menschen nicht mehr durch kurze, auffordernde Ausdrücke etwas aufgezwungen wird; vielmehr haben die Menschen die Wahl, Äußerungen subjektiv zu verstehen.
Schaut man sich außerdem die Schulen an, so stellt man fest, dass Gruppenarbeiten, die einen gewissen Grad an Sozialkompetenz voraussetzen, immer mehr im Unterricht vorherrschen. Dementsprechend müssen sich Schüler als kooperativ erweisen; sie müssen kommunizieren und gemeinsam auf das Ergebnis hinarbeiten um die bestmögliche Leistung erbringen zu können. Es wird viel mehr Wert daraufgelegt, dass die Schüler zusammenarbeiten um ihre Sozialkompetenz zu fördern. Die neue demokratische Schule soll den Kindern zeigen, wie man soziale Kompetenz entwickelt und dass man in einer demokratischen Gesellschaft mit Unterstützung rechnen kann, falls gegen die Regeln verstoßen wird.
(Vgl. Neuland 2005: 74ff)
3.3 Gründe für die Veränderung der Sprache nach 1945
Es gibt viele unterschiedliche Gründe für die Veränderung der Sprache nach dem Zweiten Weltkrieg. Zum Einen wäre die Verkleinerung des Sprachgebiets Deutschlands zu nennen, die durch die Vertreibung vieler Menschen nach Ostdeutschland hervorkam, wodurch viele Dialekte untergingen. Zum Anderen integrierte sich die BRD in das amerikanische Bündnissystem und orientierte sich damit auch in Hinsicht auf die Sprachverhältnisse neu und stand verstärkt unter englischsprachigem Einfluss. Das Schlagwort Internationalisierung ist im folgenden Zusammenhang zu erwähnen. Wenn eine Sprache auf eine andere einwirkt - sei es im ökonomischen, politischen, kulturellen oder auch wissenschaftlichen Bereich -, so erkennt man einen wachsenden Wortschatz und zwar sowohl im fachsprachlichen als auch im gemeinsprachlichen Bereich. Auch die Einführung neuer Medien wie bspw. des Fernsehers hatte sprachliche Folgen mit sich gebracht: Dadurch, dass die Menschen immer mehr auf das Hören angewiesen waren, als auf das Lesen, entwickelte sich langsam eine zunehmende Schreib- und Leseschwäche.
(Vgl. Reiffenstein 1983: 42ff; Langner 1986: 86)
3.3.1 Euphemistische Elemente in der Sprache nach 1945
Nach 1945 schlichen sich immer mehr euphemistische Ausdrücke in die Sprache ein. Berufsbezeichnungen, die im unteren bis mittleren sozialen Bereich lagen, wurden mit beschönigenden Ausdrücken aufgewertet. So hieß bspw. ein Tapezierer neuerdings Raumausstatter, ein Hausmeister wurde durch den neuen Berufsnamen Techniker aufgewertet. Man wollte durch diese euphemistischen Elemente betonen, dass es keine Unterschicht mehr gibt - in dem Sinne wie es sie vor 1945 einmal gab. So hörten sich Berufsbezeichnungen aus dem unteren sozialen Gebiet nach einem mittleren sozialen Bereich an. Man wollte außerdem das Ziel erreichen, dass niemand mehr aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird, etwa durch einen nicht angesehenen Beruf, wie bspw. früher Juden ausgeschlossen wurden.
(Vgl. Reiffenstein 1983: 52f)
3.3.2 Euphemismen in der politischen Sprache
„Sprache ist nicht nur irgendein Instrument der Politik, sondern überhaupt erst die Bedingung ihrer Möglichkeit.“ (Girnth 2002: 1). Diesem Zitat nach sind Politik und Sprache untrennbar miteinander verknüpft, was zur Folge hat, dass Politiker die
[...]
1 Vgl. Seite 8 (Dieckmann 2005: 16f)