Angewandte Politikfeldanalyse. Lernzusammenfassung


Vorlesungsmitschrift, 2014

52 Seiten


Leseprobe


Politikwissenschaft im klassischen Sinne wurde als Institutionenlehre verstanden. Als Protagonisten einer so gearteten Politikwissenschaft seien hier MACHIAVELLI oder Montesquieu beispielhaft genannt. Im Mittelpunkt stand Verfassung, Regierung und Gesetzgebung. Diese Bereiche wurden nicht nur beschrieben, sondern auch vor allen Dingen normativ gesehen, d.h. die Protagonisten einer so verstandenen Politikwissenschaft formulierten Aussagen, indem sie bestimmte Aspekte dieser Bereiche für gut oder auch für schlecht befanden.

Die black box Politik kann man unterteilen in Institutionen, d.h. auch Akteure, die polity bilden, in policy, die immer die Ziele und Inhalte der Politik darstellen und politics, die die Prozesse darstellen. Interessant ist nun die Frage, wo man die Politikfeldanalyse in diesen Analysekriterien polity, politics und policy wiederfindet. Wie schon erwähnt beschäftigte sich die klassische Politikwissenschaft, an deren Anfang die politische Theorie stand, mit der Institutionenlehre. Im 18. Jahrhundert und im ausgehenden 19. Jahrhundert hat sich eine Staats- und Policeywissenschaft entwickelt. Policeywissenschaft ist im heutigen Sinne als Verwaltungswissenschaft zu bezeichnen. Ursprünglicher Gegenstand der „Erfinder“ der Politikfeldanalyse war eine Prozessanalyse, d.h. in der Regel werden die Institutionen erst mal als gegeben angesehen, die Ziele der Politik werden als aufgegeben oder formuliert angesehen, es kommt also darauf an, wie man diese Ziele erreicht. Politikfeldanalyse hat sich in der Nachkriegszeit als Beratungswissenschaft entwickelt (siehe think tanks der USA). Hauptinteresse einer solchermaßen ausgerichteten Politikfeldanalyse ist die Frage, wie ein bestimmtes politisches Vorhaben realisiert wird. Besonders die 70er Jahre der Bundesrepublik können als Hochphase der politischen Planung charakterisiert werden. Es ging dabei um die Frage, wie man – überspitzt gesagt - Politik in Verwaltung auflöst, dabei stand auch nicht die Rechtfertigung von Politik im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses sondern eher die Frage nach der Politikformulierung, genauso wie bei der Beratungswissenschaft, der Politikberatung. Politikziele werden formuliert und von den relevanten Institutionen bzw. Akteuren nach amerikanischem Vorbild beispielsweise an die Verwaltung weitergegeben. Danach wird das Ergebnis der Politik, also der sogenannte policy-output näher unter die Lupe genommen. Entspricht das Ergebnis nicht den gewünschten Erwartungen der politischen Akteure, so muss eventuell nachgeregelt werden und ein neuer Politikzyklus in Gang gesetzt werden. Politik beschränkte sich bei diesem Vorgehen auf reine Planungstätigkeit, die davon ausging, dass man wüsste, wie die Prozesse ablaufen. Man glaubte, es würde genügen, nur Ziele zu definieren und dann möglichst effizient umzusetzen, und die Umsetzung wäre dann Gegenstand von Planungswissenschaft. In den 70er Jahren wurde so versucht, Politik zu betreiben. Das Scheitern sollte nicht lange auf sich warten lassen. Man hat versucht, wie z.B. bei Konzertierten Aktion alle Interessen zusammenzubringen, weil die damaligen Politiker der Ansicht waren, ein optimales Politikergebnis könnte entstehen, wenn man alle Interessen und Machtgewichte richtig bzw. angemessen berücksichtigt. Dass dieses Bemühen gründlich misslang, liegt auf der Hand, weil alle Interessen bei einer politischen Planung nicht unter einen Hut zu bringen sind.

Der bis hierhin beschriebene einfache Politikzyklus lässt sich auch noch erweitern. Man gibt bestimmte politische Ziele an beauftragte Institutionen weiter, und diese sollen möglichst effektiv umgesetzt werden. Bei einer Untersuchung könnten die beauftragten Institutionen an sich schon der Untersuchungsgegenstand sein. Dabei könnte z.B. die Frage gestellt werden, woran es liegt, dass Gesetzesvorlagen mitunter so verändert werden über beispielsweise Durchführungsanweisungen in den Institutionen, dass der ursprünglich konstruierte Gesetzesinhalt nicht mehr wiederzuerkennen ist. Diese Fragestellung bildet sozusagen noch ein Unterfeld in diesem Politikzyklus. Es sei noch auf einen Fehlschluss hingewiesen, nämlich dass Prozesse schon im Vorhinein konstruierbar sind.

Die Formulierung der Politikinhalte, wird von den Akteuren in den Institutionen wahrgenommen, z.B. im Parlament, die Auftraggeber der Verwaltung sind, die ihrerseits dafür sorgt, dass die Politikziele verwirklicht werden. Polity umfasst die Institutionen oder Akteure bzw. die Beteiligten. Policy umfasst wie gesagt die Politikinhalte oder Ziele, die entweder im Hinblick auf Institutionen in Form von Aufträgen bzw. Handlungsanweisungen formuliert werden, oder sie werden auch seitens der Akteure formuliert und zwar entweder einmal in Abhängigkeit von jeweiligen Identitäten, ein Christ z.B. wird andere politische Inhalte vorziehen als ein Moslem. Diejenigen, die über ein spezifisches Wissen verfügen, werden eine andere Politik fordern, als die Personen, die nicht über dieses Wissen verfügen. Zur Sicherstellung der als unumstößlich von bestimmten Individuen empfundenen Wertmaßstäbe werden solche politisch handelnden Individuen zur Erreichung bestimmter Ziele bestimmte Handlungen unterlassen. Mit anderen Worten, es existieren auf Akteursseite Werte, die das politische Handeln beeinflussen. Die Politikfeldanalyse untersucht u.a. genau diese Austauschbeziehungen. So spielt z.B. bei dem Faktor Wissen die Frage eine Rolle, auf welche Weise bestimmte formulierte Ziele erreicht werden. Dieses Wissen benötigten die beauftragen Institutionen. Die Chancen der Zielerreichung hängen auch wieder ab von der jeweiligen Identität der beauftragten Organisation. So scheint es möglich, dass beispielsweise Verwaltungsfachleute Prozesse eventuell schnell und effizienter umsetzen können als andere. Als die Aufgabe anstand, im Zuge der deutschen Vereinigung bestimmte Betriebe in der ehemaligen DDR umwelt- und marktfähig zu machen, musste die Treuhandanstalt zur Abwicklung dieser Aufgabe abwägen, inwieweit sie bereit war, Arbeitslosigkeit in Kauf zu nehmen, diese Institution musste sich auch mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit die dort lebende Bevölkerung solche Maßnahmen als gerechtfertigt ansieht, wobei die Treuhandanstalt allerdings idealerweise die Vorentscheidungen den regierenden Politikern überlassen hätte; in Wirklichkeit hat sie aber recht eigenständig gehandelt und soweit in jedem Einzelfall abgewogen.

Es geht in der Politikfeldanalyse auch immer um die Frage, wie bestimmte politische Ziele im Hinblick auf bestimmte Rahmenbedingungen erreicht werden. Was bislang dargestellt wurde, kann als Idealbild bzw. Idealvorstellung eingestuft werden. Es handelt sich dabei nur um Analysekategorien, die aber mit der Wirklichkeit nicht so ohne weiteres deckungsgleich sind, was CZADA auch noch mal betont mit dem folgen Satz: „Die Wirklichkeit richtet sich nicht nach den Theorien, sondern Theorien sind mehr oder weniger geeignete Werkzeuge, um Wirklichkeit unter einem bestimmten Blickwinkel zu erfassen. Der politische Prozess, die ihm zugrundeliegenden und ihn begleitenden gesellschaftlichen Probleme sind zu komplex, als dass sie von einer einzigen Theorie erfasst und erklärt werden könnten. Der Anspruch bestimmter Theorien besteht darin, bestimmte Aspekte komplexer Gesamtzusammenhänge mit Hilfe vorhandener Theorien oder auch nur Theorieelemente zu erklären.“

Politikentwicklung (policy-making) meint den Entwurf und die Durchsetzung politischer Programme zur Lösung bestimmter Probleme. Das heißt, es wird zunächst ein Problem als politisches definiert, daraufhin wird eine bestimmte Lösung formuliert (Programm) und zur Implementation an die dafür zuständigen Stellen weitergegeben.

„Das politische Handeln prägende Institutionen und der politische Wettbewerb, Streben nach Machtanteil, spielen dabei eine wichtige Rolle. Die im Mittelpunkt stehende Politikentwicklung und ihre Ergebnissen können ohne die Kenntnisse der Institutionen und des politischen Prozesses weder erklärt noch durch politische Beratung verbessert werden, weil politisches Handeln in besonderem Maße regelorientiert ist. Eine politikwissenschaftliche Institutionenlehre muss sich also notwendigerweise den Zugang zu den politischen Funktionen ihres Untersuchungsgegenstandes von den Politikinhalten her erschließen. Polity lässt sich ohne Policy nicht analysieren“ (SCHARPF, 1985).

Zu den Methoden der Politikfeldanalyse nur diese Anmerkungen: Man kann eine Längsschnittanalyse durchführen, die auch als diachrone Analyse bezeichnet wird. Das heißt, man untersucht einen Gegenstand, ein Thema, eine Institution über einen längeren Zeitraum, d.h. man macht also einen zeitlichen Längsschnitt. Eine andere Methode ist die Querschnittsanalyse, die vergleichend bzw. synchron angelegt ist. Hier legt man einen bestimmten Zeitpunkt zugrunde, zu dem man zu einem Thema verschiedene Institutionen oder Akteure und deren jeweilige politics zum Erreichen von bestimmten policies analysiert.

Drei Erklärungsansätze der Politikfeldanalyse sollen hier näher erklärt werden: 1. Prozessanalysen, bei denen man einfach die Veränderungen beschreibt, also ein naiv-historisches Vorgehen an den Tag legt. Es werden also einfach Veränderungen beschrieben. 2. Der kausalanalytische Erklärungsansatz bemüht sich zu ergründen, wie die beobachteten oder beschriebenen Veränderungen erklärt werden können; es geht also um den Zusammenhang von Ursache und Wirkung. 3. Der präskriptive Erklärungsansatz ist beratungsorientiert. Präskriptiv heißt übersetzt vorschreibend, besser wäre hier die Übersetzung vorzeichnend, vorausgesetzt, man bekommt ein Ziel genannt, kann der Erklärende den effektivsten und effizientesten Weg vorzeichnen. Hier soll die Frage beantwortet werden, wie wünschenswerte Veränderungen zu erreichen sind. Die Frage der Erreichbarkeit spielt bei diesem Ansatz die entscheidende Rolle.

Politikfeldanalyse hat sich nicht zuletzt durch eine Theorie der Steuerung gebildet. Diese Theorie geht davon aus, dass Politik immer ein steuernder Eingriff in die Gesellschaft ist und beschreibt, wie sich Akteurskonstellationen bilden, und ob diese etwas bewirken oder etwas zu bewirken beabsichtigen. Die Faktoren, die das Bewirken bestimmter Veränderungen erklären können, kann man unterteilen nach verschiedenen Paradigmen (Mustern der Erklärung): Eine Gruppe von Wissenschaftlern behauptet, dass bestimmte Organisations- und Entscheidungsstrukturen sowie bestimmte Prozeduren des Austausches für bestimmte Veränderungen verantwortlich zu machen sind. Dieser Zusammenhang lässt sich dem Institutionenparadigma zuordnen. Beim Wissensparadigma kommen zum einen das Wissen, der Sachverstand also, und zum anderen auch die Identitäten und Werte zum Tragen. Sehr schön verdeutlicht wird dies z.B. in dem Satz: „Der anfängliche Glaube, die Einführung der sozialen Marktwirtschaft würde ein neues Wirtschaftswunder im Osten bewirken“, er wäre in dieser Perspektive abzuhandeln. Das Einfluss- oder Machtparadigma legt sein Augenmerk auf die Machtverhältnisse zwischen den einzelnen Akteuren oder auch Institutionen, die in diesem Zusammenhang die Rolle als Akteure wahrnehmen. Das Rational-choice-Paradigma, auch rationalwahltheoretisches Paradigma oder Theorie der rationalen Wahl genannt, beleuchtet Veränderungen unter den Bedingungen einer rationalen Wahl. Die Frage ist nun, was hier unter Rationalität zu verstehen ist. Aus einer in einer bestimmten Art und Weise definierten Rationalität ergeben sich bestimmte Verhaltensmuster in Wahlsituationen bzw. in Entscheidungssituationen. Dabei wird das nutzenmaximierende Verhalten der Akteure als das entscheidende Moment erachtet. Die Zuordnung der Paradigmen zu anderen Wissenschaften ergibt folgendes Bild: Das Rational-choice-Paradigma der Nutzenmaximierung wird in der Ökonomie verwendet, mit dem Einflussparadigma arbeiten Politikwissenschaftler, weil dort Macht und Machtverhältnisse thematisiert werden. Die Anwendung des Wissensparadigmas erfolgt mehr in der Kulturwissenschaft oder Wissenssoziologie. Das Institutionenparadigma ist die Grundlage für die Soziologie bzw. ganz besonders für die politische Soziologie. Von der Bedeutung dieser Paradigmen her stellen sie lediglich Entscheidungsmöglichkeiten der Wissenschaftler dar. Je nachdem, welches Politikfeld Wissenschaftler zu bearbeiten beabsichtigen, welche Perspektiven für diese interessant sind, und welche Faktoren wichtig oder unwichtig erscheinen, wird auch ein bestimmtes Paradigma gewählt. Daher kann man auch diese Paradigmen nicht nach Wertigkeit beurteilen. Man kann nur beurteilen, welche Paradigmen bestimmte Fakten besser oder weniger gut erkennen, deshalb ist das Verhältnis dieser Paradigmen zueinander als inkommensurabel, d.h. unvereinbar im Sinne von nicht ineinander überführbar zu bezeichnen. Die Paradigmen können also nebeneinander stehen, weil diese letztlich keine Vergleichbarkeit erlauben. KUHN behauptet, dass in bestimmten Zeiten Wertentscheidungen zugunsten bestimmter Paradigmen getroffen werden. So haben in den 50er Jahren die Behavioristen untersucht, wie sich bei einer gegebenen Umwelt die Menschen verhalten, ohne dass Wissen oder Identitäten dieser Menschen eine Rolle spielten. In den 70er Jahren wurden stärker sozioökonomische Strukturen in den Blick genommen. Die Paradigmen, die sich eher zur Untersuchung dieser Gegenstände eigneten, wurden in dieser Zeit vorgezogen. In bestimmten Abschnitten existierten sozusagen immer vorherrschende Strömungen, auch Mainstreams genannt.

In der Politikfeldanalyse stehen die Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Akteuren bzw. Institutionen im Vordergrund. Die Austauschbeziehungen finden auf die Ebene der Politics statt. Politikfeldanalyse heißt aber mit einem anderen Begriff „Policy-Forschung“. Der Bereich der Policy-Forschung lässt sich am besten erklären mit den methodischen Begriffen der erklärenden und erklärten Variablen. Abhängige Variablen sind immer die, die erklärt werden sollen. Politikfeldanalyse erklärt die Policy (Politikinhalte) bei konstanten Rahmenbedingungen, d.h. der Polity (Institutionen, Akteure). Die veränderbaren zu erklärenden Variablen sind die Austauschbeziehungen (Politics), die besonders untersucht werden sollen. Dahinter steht die Frage, wie man zu bestimmten Politikinhalten kommt bzw. zu einer bestimmten Politik.

Es wurden bereits zuvor grundsätzliche Herangehensweisen, wie man Politik sozusagen analysieren kann, vorgestellt: Da war zum einen eine beschreibende Variante (Prozessanalyse), etwas erklärendes (kausalanalytisch) und dann eine präskriptiv orientierte Variante, in der die Frage eine Rolle spielt, wie man bestimmte Politikergebnisse erreicht; die Variante ist präskriptiv, also vorzeichnend, weil sie sozusagen Wege vorzeichnet, damit also beratungsorientiert. Des Weiteren wurden Paradigmen erläutert, die mit der Steuerungstheorie verbunden sind, und die man sozusagen auch wählen kann, also als Erklärungsmuster, nach dem man dann auch vorgeht, die insgesamt aber ineinander eben nicht überführbar sind, sondern bei denen man sich für eines dieser Erklärungsmuster entscheidet. Man entscheidet sich für ein Erklärungsmuster, ohne die anderen abzuwerten. Das sind einfach Wahlmöglichkeiten, die der Wissenschaftler hat.

Zur Prozessanalyse gehört die Annahme eines Politikzyklus. Eine basale Heuristik von Prozessanalysen findet sich wieder im Konzept des Politikzyklus. Der Begriff Heuristik kann mit Näherung bzw. besser gesagt verstehende Näherung übersetzt werden. Basal bedeutet so etwas wie grundlegend. Die basale Heuristik ist also eine erste grundlegende verstehende Näherung. Der Politikzyklus besteht aus verschiedenen Phasen: 1. Die erste Phase beginnt mit der Problemdefinition, d.h. es wird definiert, was als Problem angesehen wird, das einer politischen Lösung zugeführt werden soll. 2. Die zweite Phase ist die sogenannte Agenda-gestaltung, in der herausgearbeitet wird, welche Schritte definiert werden müssen, damit das Problem überhaupt handhabbar gemacht werden kann. 3. Die dritte Phase ist die Politikformulierung; in dieser steht die Formulierung von politischen Programmen im Vordergrund, die dann zur Umsetzung weitergegeben werden, die man dann auch als die tatsächlichen Policies begreifen kann. Diese können auch als Policy-Outputs bezeichnet werden. 4. Die vierte Phase umfasst die Politikimplementation, die die Auftragsvergabe z.B. an Verwaltungen oder andere Institutionen oder Akteure beinhaltet. 5. In der fünften Phase ist man dann bei der Politikevaluation, d.h. diese analysiert, inwieweit das politische Programm umgesetzt wurde und welche Ziele erfüllt wurden und welche nicht. Im Anschluss daran muss eine neue Problemdefinition in einem zweiten Politikzyklus überlegt werden, die an die Politik wieder zurückgegeben werden muss. Problemdefinition und Agenda-Gestaltung bilden den Policy-Input. Der Policy-Input umfasst das, was von außen an die Politik herangetragen wird. Soeben wurde ein verkürztes Schema angesprochen, nämlich das Input-Output-Schema, das die Phasen 1 bis 3 umfasst. Die Problemdefinition ist der Input und die Formulierung der Politik ist der Output. In einem zweiten Politikzyklus wird eventuell wieder eine neue Problemdefinition gegeben, also wieder ein neuer Input und ein neuer Output. Man kann zwischen der Phase 4 und 5 noch eine weitere Kategorie einsetzen und zwar die des Policy-Outcomes. Policy-Outcome bedeutet, man analysiert, welche Wirkung eine Politik auf die Adressaten der Politik hat. Also wenn beispielsweise eine bestimmte Wirtschaftspolitik implementiert wurde, welche Auswirkungen hat diese auf bestimmte Wirtschaftssubjekte (Arbeitnehmer, Arbeitgeber) und das unterscheidet sich dann noch mal von dem, was die Politik als Programm formuliert hat. Praktisch ist die Phase 1 und die Phase 5 relativ wenig relevant. Relevant ist der von CZADA sogenannte Reparaturzyklus zwischen den Phasen 2, 3 und 4. Wie die Probleme irgendwie in Politik kommen und definiert werden, das ist weniger interessant Ein politisches Vorhaben durchläuft den Politikzyklus wie oben beschrieben und man stellt beispielsweise fest, dass die Ziele nicht erreicht wurden. Diese Feststellung der Nichterreichung ist noch keine Evaluation, da eine Evaluation immer ein analytisch korrektes Vorgehen voraussetzt. Es wird also dann in einem Reparaturzyklus eine neue Agenda aufgestellt, neue Ziele werden formuliert und neue politische Programme werden erstellt. Es handelt sich immer um einen unvollständigen und damit einen Reparaturzyklus.

Im nächsten Schritt soll nun mehr inhaltlich die Politikfeldanalyse kategorisiert werden über Politiktypologien und Politikarenen. Es handelt sich dabei um eine rein definitorische Unterscheidung, die hilft, bestimmte Politiken anhand von Politikfeldern einzugrenzen. Da ist die redistributive Politik zu nennen, d. h. Umverteilung. Es wird also etwas Gegebenes, schon eigentlich Verteiltes noch mal umverteilt, indem z.B. Einkommen, die also durch Marktprozesse verteilt worden sind, besteuert werden und dadurch eine bestimmte zweite Verteilungswirkung erzielt wird. Die distributive Politik ist eine Stufe vor der Redistribution, die vorhandene Einnahmen neu verteilt. Dabei wird nicht umverteilt, sondern es wird erst einmal grundsätzlich verteilt. In der regulativen Politik werden z.B. Institutionen neu etabliert werden, wie z.B. im Fall der Treuhandanstalt, die erst einmal eingerichtet worden ist. In der konstiutionellen Politik wird eine bestimmte Prozessordnung erstellt, Verfahrensweisen werden geregelt, z.B. wenn sich die Treuhandanstalt bestimmte Regeln gibt. Die konstitutionelle Politik besteht aus bestimmten Institutionen und prozessualen Ordnungen. Bei der selbstregulativen Politik hält sich der staatliche Akteur (Exekutive, Legislative) im Wesentlichen heraus, und überlässt den gesellschaftlichen Gruppen oder Akteuren sich selbst. Ein Beispiel für eine solche Politik wäre die Tarifpolitik. Der Begriff persuasive Politik mutet schon fast etwas beschönigend an. Vorsicht ist geboten, wenn man sich die Frage stellt, was es bedeutet, wenn man versucht, andere Menschen zu überreden, statt zu überzeugen. D. h. wie geht man die Überzeugungsarbeit an. Bei dieser Überredungspolitik geht es mehr um bestimmte Deutungen, und zwar um genehme Deutungen. Wenn man z.B. die Menschen im Osten davon überzeugen kann, dass es um blühende Landschaften im Osten geht, dann kann bei diesen eher die Bereitschaft geweckt werden, mitzuwirken. Persuasive Politik beruht eben nicht auf Argumenten sondern auf anderen Faktoren, nämlich wie man sich darstellen kann oder welche Möglichkeiten man dazu hat sich darzustellen. Als kritischer Politikwissenschaftler ist dieser gehalten eine solche Politik mit Vorsicht zu interpretieren.

Die soeben dargestellten Fakten stellen eine genauere Unterscheidungsmöglichkeit für Prozessanalysen dar. Nun wird im Folgenden die Kausalanalyse bzw. die Kausalerklärung angesprochen. Auf einen kleinen Fehler in den Ausführungen von CZADA sollte an dieser Stelle hingewiesen werden. Dieser Fehler steckt in der folgenden Aussage: „Sofern sich Ursachen und Wirkungsfaktoren messen lassen, ist die statistische Analyse möglichst vieler Fälle bzw. Länder ein mächtiges Werkzeug zur Erklärung von Politikergebnissen“. Statistische Analysen bieten eben keine Kausalerklärung. Statistik lässt sich unterscheiden in beschreibende und explorative (schließende) Statistik. Beschreibend heißt, dass statistische Zusammenhänge feststellbar sind, im Sinne von „Immer dann., wenn, dann passiert irgend etwas anderes“. Ein Zusammenhang von Ereignis A und Ereignis B kann beispielsweise über dieses Verfahren hergestellt werden. Das heißt aber nicht, weil Ereignis A, deshalb Ereignis B. Statistik an sich bietet also keine Erklärung. Sie stellt lediglich eine Veranschaulichung bzw. Verdeutlichung von Gegebenheiten dar.

Nun werden die Schulen der Policyforschung erklärt: 1. Sozioökonomische Faktoren, 2. Es gibt bestimmte parteipolitische Ausrichtungen (Parteiendifferenz-Theorie). 3. Es liegt an Klassenstrukturen. 4. Man untersucht Verbände und deren spezifische Austauschbeziehungen bzw. Austauschmuster. 5. Man untersucht die Institutionen, also die Polity, bestimmte Regeln, Werte oder Rahmenbedingungen geben bestimmte Politiken vor. Darüber kann man dann tatsächlich Ursache- und Wirkungsanalyse machen. Diese Schulen können wiederum klassifiziert werden als Paradigmen (Erklärungsmuster), die Entscheidungen des jeweiligen Wissenschaftlers darstellen, was heißt, bestimmte Faktoren als erklärungsrelevant anzusehen und andere Faktoren dementsprechend zu vernachlässigen Bei den sogenannten analytical narratives oder übersetzt bezeichnet als analytische Erzählungen geht es letztlich darum, dass man versucht, einen Einzelfall möglichst gut genau detailliert zu beschreiben. Man versucht speziell auf diesen Einzelfall bestimmte generelle Erklärungsmuster zu finden, die man dann auch wieder einsetzen kann, um in diesem Politikfeld zu Verbesserungen oder anderen Zielen, die man für wünschenswert hält, zu kommen. Diese Herangehensweise führt dann zum Bereich der Implementationsforschung (d.h. die Methode wird besonders gerne, aber natürlich nicht ausschließlich genutzt von Implementationsforschern), in der man analysiert, wie bestimmte Politiken von den Auftragnehmern wie z.B. der Verwaltung oder anderen Behörden umgesetzt werden. In jedem Einzelfall kann dann eruiert werden, ob beispielsweise bei der Umsetzung von bestimmten Politiken bestimmte Regeln existieren, die immer zu bestimmten inhaltlichen Beschränkungen und bestimmten Eigenarten führen. Dabei ist dann auch die Frage zu stellen, ob man an dieser Schraube drehen kann, um zu einem gewünschten Politikergebnis zu kommen. Diese Vorgehensweise ist eher in der politischen Soziologie und der Verwaltungswissenschaft anzusiedeln. Ein letzter Ansatz, der im Zusammenhang mit der Kausalanalyse zu nennen ist wäre die Kommunikationsanalyse. In diesem Zusammenhang wird versucht herauszufinden, inwieweit Wissen und Deutungsmacht im politischen Prozess entsteht und genutzt wird. Es wird die Frage gestellt, wer zu bestimmten Argumenten kommt, wie diese Argumente eingesetzt werden und welche Auswirkungen diese Argumente zeitigen.

Es wird nun erläutert, was Politikfeldanalyse als Beratungswissenschaft ausmacht. Es wurde schon bereits darauf hingewiesen, dass es bei den think tanks amerikanischer Prägung weniger auf die normative Ebene ankommt, sondern es kommt in diesem Zusammenhang mehr auf Zweckrationalität an. Das heißt, ein bestimmter Zweck wird vorgegeben, dieser wird auch dann nicht weiter hinterfragt. Dieser Zweck soll mit möglichst optimalem Mitteleinsatz erreicht werden. Man kann einem solchen Ansatz vorwerfen, dass man damit die Politikfeldanalyse verengt auf effiziente Verwaltung. Dieser dargestellte Ansatz ist ein amerikanisches Politikmodell, das sich in Deutschland nicht durchgesetzt hat. In Deutschland ist man doch noch mehr an Normen und Funktionsweisen der Gesellschaft interessiert. In Deutschland hat sich der Ansatz der Steuerungstheorie eher durchgesetzt; unbekannt ist, ob er auch in Deutschland entstanden ist. Dieser steuerungstheoretische Ansatz trägt zwar beratungsorientierte Züge, aber die Funktionsweise einer Gesellschaft wird hierbei nicht ausgeblendet sondern mit berücksichtigt so wie auch normative Elemente nicht außer Acht gelassen werden. Die Wurzeln dieses Ansatzes lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen. Steuerung gilt seit jeher als Leitbild für die Regierung eines politischen Gemeinwesens PLATON vergleicht die Staatskunst mit der Kunst der Steuerung eines Schiffes. Sein Politiker ist in erster Linie Steuermann, der mit Kunstfertigkeit und überlegenem Wissen durch unsichere Umwelten auf ein Ziel hinführt.

Auf die heutige Zeit übertragen wird Steuerungstheorie als notwendige Staatsintervention zu einem bestimmten Zweck definiert, und man erkennt auch an, dass die Steuerungstheorie von daher auch beratungsorientiert ist, dennoch werden eben auch Beschreibung und Erklärung von gesellschaftlichen Systemen oder Teilsystemen mit berücksichtigt. Normative Aspekte werden bei dieser Theorie auch nicht ausgeschlossen. Insoweit ist sie also mindestens vom Horizont mehr als ein klassisches Think-Tank-Modell. Im weiteren soll versucht werden zu erklären, was man unter Steuerung versteht, und wie diese definiert werden kann. Zunächst ist mal die Steuerung als eine Staatsintervention zu sehen, also der Staat greift in das gesellschaftliche Geschehen ein und reguliert damit auf irgendeine Art und Weise zu einem bestimmten Zweck. Dennoch unterscheidet sich dieser Begriff der Steuerung von dem der Planung. Planung hat den Anspruch, gesamtgesellschaftliche Entwicklung gezielt voranzutreiben. Dieser Vorgang lässt sich mit Planwirtschaft wie auch Planpolitik gleichsetzen. Diese Art von Politik ist aus dem früheren Ostblock hinlänglich bekannt. Mit der steuerungsmäßigen Ausrichtung von Politik legt sich diese selber Grenzen auf. Steuerung umfasst die Beeinflussung eines gesellschaftlichen Teilsystems unter Benutzung seiner erkannten Funktionsweisen und damit wird auch schon die Reichweite genannt, nämlich die Beschränkung auf das Teilsystem und nicht die gesamtgesellschaftliche Steuerung, also nicht Planung im oben definierten Sinn. In den modernen Industriegesellschaften hat sich gezeigt, dass der Planungsansatz letztlich gar nicht durchführbar ist, also sozusagen immer von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Das Problem der Planung liegt darin, dass im Falle eines Scheiterns sogar ein ganzes System zusammenbrechen kann. Ein solches Scheitern ist eindrucksvoll durch den Zusammenbruch der ehemaligen kommunistischen Systeme mit ihrer plan- oder auch zentralverwaltungswirtschaftlichen Ausrichtung offensichtlich geworden. Bei der Steuerung, die sich immer nur auf bestimmte Teilbereiche konzentriert, ist zwar natürlich ein Scheitern auch nie auszuschließen, aber in diesem Ansatz verändert sich dann nur ein Teilbereich in erwünschter oder im Falle eines Scheitern in unerwünschter Weise. Die anderen Teilbereiche bzw. Teilsysteme bleiben im Falle der Steuerung von positiven wie auch negativen Effekten relativ unverändert. Der entscheidende Vorteil dieses Politiksteuerungsansatzes liegt daher in seiner Flexibilität. Der Steuerungsansatz ist mithin langfristig erfolgversprechender als der Planungsansatz. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Steuerungsansatz scheitert, ist eher als gering anzusehen, weil zum Scheitern einer solchen Politik schon mehr Bedingungen vorliegen müssen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Steuerung sich Eigengesetzlichkeiten und spezielle Funktionsweisen gesellschaftlicher Teilsysteme zu nutze macht.

Diese Eigengesetzlichkeiten und speziellen Funktionsweisen gesellschaftlicher Teilsysteme lassen sich unter den Begriff der institutionellen Logik fassen. Institutionelle Logik meint eigenständige Funktionsweisen. Die institutionalistische Sicht spricht von einer institutionellen Eigenlogik, die das Handeln der Akteure prägt aber eben nicht determiniert, also nicht zwanghaft bestimmt. Diese Eigenlogik wird nicht, wie in der systemtheoretischen Sichtweise angenommen, genetisch vererbt, sondern kann durchaus von außen gesetzt werden. Wichtig bei dieser institutionalistischen Schule ist die Frage, wie Eigenlogiken bzw. Funktionsweisen gebildet werden und wie diese geändert werden. Sie müssen nicht durch dieses System selbst entstanden sein. Als erklärendes Beispiel soll hier die Treuhandanstalt herangezogen werden, die Funktionsweisen unterliegt, nach der die Treuhandanstalt funktioniert (Eigengesetzlichkeit), aber diese kommt eben nicht von der Treuhandanstalt selbst, hat diese Funktionsweisen also sich nicht selbst gegeben, sondern die Institution Treuhandanstalt mit ihrer Eigengesetzlichkeit ist von der Bundesregierung geschaffen worden. Es gibt andere Regelungen, die später noch erläutert werden, nach denen die Treuhandanstalt Formen von Runden Tischen eingerichtet hat; dieser Vorgang ist aus der Institution selbst hervorgegangen. Da liegt auch wieder eine Eigengesetzlichkeit vor, also eigene Funktionsweisen, aber in diesem Fall wurde die Eigengesetzlichkeit bzw. Funktionsweisen in der Institution selbst geschaffen, weil man erkannt hat, dass man bestimmte Ziele so besser bzw. schneller erreichen kann. Zu unterscheiden ist also einmal nach den eigenen Funktionsweisen, oder anders gesagt, den Austauschbeziehungen. Bei diesen Austauschbeziehungen ging es, wie schon erwähnt darum zu untersuchen, wer bzw. was wie miteinander funktioniert. Die Akteure oder Institutionen funktionieren miteinander. Dieser Sachverhalt wird in dem Ansatz des akteurszentrierten Institutionalismus auch noch mal genauer definiert. Das Erkenntnisinteresse ist bei diesem Ansatz nicht auf den einzelnen Akteur gerichtet, sondern die korporativen Akteure (organisierte Gruppen) stehen hier im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses. Korporative Akteure sind formal organisierte Personenverbände, die über kollektive Handlungsressourcen verfügen. Diese Akteure sind sogar in doppelter Weise organisiert: Zum einen sind diese untereinander organisiert, also beispielsweise hat eine Partei eine bestimmte Satzung und bestimmte Regeln, nach denen die Mitglieder miteinander verfahren. Zum anderen aber auch wird über informelle oder auch formale Regeln (Beispiel: verbotene „Doppelmitgliedschaften“ – man kann nicht gleichzeitig der SPD und der CDU angehören) im Hinblick auf andere Organisationen festgelegt, wie die Austauschbeziehungen zwischen den Parteien bzw. zwischen Parteien und anderen gesellschaftlichen Verbänden ausgestaltet sind.

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Ende der Leseprobe aus 52 Seiten

Details

Titel
Angewandte Politikfeldanalyse. Lernzusammenfassung
Hochschule
FernUniversität Hagen
Autor
Jahr
2014
Seiten
52
Katalognummer
V278944
ISBN (eBook)
9783656728399
ISBN (Buch)
9783656728382
Dateigröße
571 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
angewandte, politikfeldanalyse
Arbeit zitieren
Harald Mohr (Autor:in), 2014, Angewandte Politikfeldanalyse. Lernzusammenfassung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278944

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