Mehrere Hinweise im überlieferten Briefwechsel des spätmittelalterlichen Hanse-Kaufmanns Hildebrand Veckinchusen deuten daraufhin, dass nicht nur seine Söhne und Neffen, sondern auch seine Töchter lesen und schreiben konnten bzw. es lernen sollten. Auffallend ist, dass dies offenbar noch nicht für die weiblichen Mitglieder der Eltern-Generation galt. Weder seine Ehefrau Margarete noch seine Schwägerin Elisabeth konnten schreiben.
Es stellt sich nun zum Einen die Frage, welche Faktoren zu diesem Wandel in der Ausbildung – hier insbesondere die Lese- und Schreibfertigkeit – der Frauen in der Lübecker Kaufmannsfamilie Veckinchusen zu Beginn des 15. Jahrhunderts führten und welche Unterschiede im Vergleich mit der Ausbildung der männlichen Mitglieder bestanden. War es ein Qualitätsmerkmal, Privileg oder vielmehr Notwendigkeit, lesen und schreiben zu können in Kaufmanns-Familien?
Zum Anderen, fragt sich, wo diese Ausbildung stattgefunden haben könnte und wer dafür zuständig war. Hinweise über ein Kloster und eine Schwester (?) der Gebrüder Veckinchusen, die Klosterfrau Rixe Veckinchusen, finden sich sowohl in den von Stieda edierten Briefen, als auch in den von Lesnikov herausgegebenen Handelsbüchern Hildebrands. Hierbei könnte es sich um das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Zarrentin im heutigen Mecklenburg handeln, das von Mitte des 13. bis Mitte des 16. Jahrhundert als sog. „Jungfrauenkloster“ als Erziehungs- und Bildungsstätte u.a. für die Töchter der Lübecker Patrizierfamilien gedient haben soll, wie auf der Internetseite des Klosters hervorgeht.
Diesen Fragen bin ich in meiner Hausarbeit in den Quelleneditionen und in Auseinandersetzung mit der einschlägigen Forschungsliteratur nachgegangen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Gründe für den Wandel in der Frauenbildung der Kaufmannsfamilie Veckinchusen
- 2.1 Einflussfaktoren von Renaissance und Humanismus auf die Ausbildung von Frauen zu Beginn des 15. Jahrhunderts
- 2.2 Vom Wanderkaufmann zum sesshaften Kaufmann. Der Einfluss des Schriftgebrauchs auf die Handelsbeziehungen der spätmittelalterlichen Hansekaufleute
- 2.3 Mögliche Auswirkungen auf die Ausbildung der Kaufmannstöchter
- 3 Ausbildung der Lese- und Schreibfertigkeit in der Familie Veckinchusen
- 3.1 Schulbesuch und Unterrichtung der männlichen Familienmitglieder
- 3.2 Ausbildung der Töchter. Auswertung der Hinweise in den Briefen und Handelsbüchern
- 3.2.1 Das Kloster Zarrentin als Bildungsstätte wohlhabender Töchter
- 3.2.2 Die Rolle der Klosterfrau Rixe Veckinchusen als „Bildungsbeauftragte“ der Veckinchusen-Töchter
- 3.3 Mittelniederdeutsch, Latein und Fremdspracherwerb
- 4 Fazit: Bedeutung der Ausbildung der Töchter für den Handel
- 5 Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Wandel in der Frauenbildung innerhalb der Lübecker Kaufmannsfamilie Veckinchusen zu Beginn des 15. Jahrhunderts, insbesondere die Entwicklung der Lese- und Schreibfähigkeit bei den Töchtern. Es wird analysiert, welche Faktoren diesen Wandel beeinflussten und wie die Ausbildung der Töchter im Vergleich zu den Söhnen aussah. Die Studie nutzt den erhaltenen Briefwechsel und Handelsbücher der Familie als primäre Quellen.
- Der Einfluss von Renaissance und Humanismus auf die Frauenbildung
- Die Rolle des Wandels im Handel (vom Wander- zum Sesshaften Kaufmann) auf die Bildung
- Die Ausbildungsmethoden und -orte der Töchter der Familie Veckinchusen
- Die Bedeutung der Lese- und Schreibkenntnisse für den Handelserfolg der Familie
- Die Rolle des Klosters Zarrentin als mögliche Bildungsstätte
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung präsentiert die Forschungsfrage: Warum konnten die Töchter der Kaufmannsfamilie Veckinchusen lesen und schreiben, im Gegensatz zu den Frauen der vorherigen Generation? Sie skizziert die Vorgehensweise der Arbeit, die sich auf den Briefwechsel und Handelsbücher Hildebrands Veckinchusens stützt, und benennt den Forschungsstand als spärlich bezüglich der Frauenbildung in Kaufmannsfamilien des Spätmittelalters. Das Kloster Zarrentin wird als mögliche Bildungsstätte für die Töchter erwähnt.
2 Gründe für den Wandel in der Frauenbildung der Kaufmannsfamilie Veckinchusen: Dieses Kapitel untersucht die Faktoren, die zum Wandel in der Frauenbildung beitrugen. Es analysiert den Einfluss der Renaissance und des Humanismus, sowie den Übergang vom Wander- zum Sesshaften Kaufmann und dessen Auswirkungen auf den Schriftgebrauch und die Handelsbeziehungen. Die Unfähigkeit der Ehefrauen Hildebrands und Siverts, Margarete und Elisabeth, zu schreiben, wird als Ausgangspunkt für den Vergleich mit der folgenden Generation herangezogen. Die Kapitel unterstreichen die Bedeutung des Schriftgebrauchs im Kontext des sich verändernden Handels und die möglichen Folgen für die Ausbildung der Töchter.
3 Ausbildung der Lese- und Schreibfertigkeit in der Familie Veckinchusen: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die konkrete Ausbildung der Kinder der Familie Veckinchusen. Es beleuchtet den Schulbesuch und die Unterrichtung der Söhne, während es sich bei den Töchtern auf die in Briefen und Handelsbüchern enthaltenen Hinweise konzentriert. Das Kloster Zarrentin wird als mögliche Bildungsstätte für wohlhabende Töchter näher betrachtet, sowie die Rolle der Klosterfrau Rixe Veckinchusen, deren Verwandtschaftsverhältnis zur Familie noch geklärt werden muss. Die verwendeten Sprachen (Mittelniederdeutsch, Latein und Fremdsprachen) werden ebenfalls analysiert.
Schlüsselwörter
Frauenbildung, Kaufmannsfamilie Veckinchusen, Spätmittelalter, Hanse, Renaissance, Humanismus, Lese- und Schreibfähigkeit, Kloster Zarrentin, Mittelniederdeutsch, Latein, Handel, Wirtschaftsgeschichte, Bildungsgeschichte.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Frauenbildung in der Lübecker Kaufmannsfamilie Veckinchusen
Was ist der Gegenstand der vorliegenden Arbeit?
Die Arbeit untersucht den Wandel in der Frauenbildung innerhalb der Lübecker Kaufmannsfamilie Veckinchusen zu Beginn des 15. Jahrhunderts. Der Fokus liegt auf der Entwicklung der Lese- und Schreibfähigkeit der Töchter und den Faktoren, die diesen Wandel beeinflussten. Ein besonderer Vergleich wird zwischen der Ausbildung der Töchter und der Söhne gezogen.
Welche Quellen wurden verwendet?
Die Studie basiert auf dem erhaltenen Briefwechsel und den Handelsbüchern der Familie Veckinchusen als primäre Quellen. Diese Quellen liefern Einblicke in den Alltag und die Bildung der Familienmitglieder.
Welche Faktoren beeinflussten den Wandel in der Frauenbildung?
Die Arbeit analysiert den Einfluss der Renaissance und des Humanismus, sowie den Übergang vom Wander- zum Sesshaften Kaufmann und die damit verbundenen Veränderungen im Schriftgebrauch und den Handelsbeziehungen. Diese Faktoren werden als mögliche Ursachen für die verbesserte Bildung der Töchter im Vergleich zu früheren Generationen untersucht.
Wie sah die Ausbildung der Töchter konkret aus?
Die Ausbildung der Töchter wird anhand von Hinweisen in Briefen und Handelsbüchern untersucht. Das Kloster Zarrentin wird als mögliche Bildungsstätte für wohlhabende Töchter in Betracht gezogen. Die Rolle der Klosterfrau Rixe Veckinchusen, deren Verwandtschaftsverhältnis zur Familie noch geklärt werden muss, wird ebenfalls beleuchtet. Die verwendeten Sprachen (Mittelniederdeutsch, Latein und Fremdsprachen) werden analysiert.
Welche Rolle spielte das Kloster Zarrentin?
Das Kloster Zarrentin wird als mögliche Bildungsstätte für die wohlhabenden Töchter der Familie Veckinchusen diskutiert. Die Arbeit untersucht, ob und inwieweit das Kloster zur Ausbildung der Töchter beitrug.
Welche Sprachen wurden in der Ausbildung verwendet?
Die Analyse umfasst die verwendeten Sprachen: Mittelniederdeutsch, Latein und Fremdsprachen. Die Bedeutung dieser Sprachen im Kontext der Ausbildung und des Handels wird untersucht.
Welche Bedeutung hatte die Lese- und Schreibfähigkeit für den Handelserfolg?
Die Arbeit untersucht die Bedeutung von Lese- und Schreibkenntnissen für den Handelserfolg der Familie Veckinchusen. Der Zusammenhang zwischen der Bildung der Töchter und dem wirtschaftlichen Erfolg der Familie wird analysiert.
Welche Forschungsfrage steht im Mittelpunkt?
Die zentrale Forschungsfrage lautet: Warum konnten die Töchter der Kaufmannsfamilie Veckinchusen lesen und schreiben, im Gegensatz zu den Frauen der vorherigen Generation?
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, Kapitel zu den Gründen des Wandels in der Frauenbildung, zur konkreten Ausbildung der Kinder, ein Fazit und ein Literaturverzeichnis. Jedes Kapitel behandelt einen spezifischen Aspekt der Forschungsfrage.
- Quote paper
- Barbara Schmitz-Malik (Author), 2014, Die Familie Veckinchusen. Zur Bedeutung der Ausbildung von Frauen in Kaufmannsfamilien zu Beginn des 15. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279049