Die Figur des Landarztes Charles Bovary im Gesellschaftsroman "Madame Bovary"


Dossier / Travail, 2013

11 Pages, Note: 2,1


Extrait

Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Charles Bovary

3. Emma und ihre Parallelwelt

4. Andeutungen auf den weiteren Handlungsverlauf

5. Sprachstil und - mittel in Madame Bovary

6. Fazit:

7. Literaturverzeichnis:

1. Einleitung

Der Gesellschaftsroman Madame Bovary des französischen Schriftstellers Gustave Flaubert wurde 1856 veröffentlicht und erregte aufgrund der Thematik des Ehebruchs großes Aufsehen. Flaubert wurde sogar vor Gericht gestellt, aber 1857 freigesprochen.

Die Hauptprotagonistin des Romans ist die junge Emma, die den Landarzt Charles heiratet. Dieser entspricht nicht den Erwartungen der verträumten jungen Frau, die im späteren Verlauf des Romans Ehebruch begehen und die Familie finanziell ruinieren wird. Sie nimmt sich am Ende des Romans das Leben.

In dieser Ausarbeitung werde ich ein Augenmerk auf den Charakter des Landarztes Charles Bovary legen. Wie wird dieser dargestellt und wo finden sich Hinweise und Andeutungen auf einen weiteren Verlauf der Handlung? Begünstigt der Charakter des Ehemannes das weitere Verhalten der Ehefrau Emma Bovary. Ist Emma, die in einer Parallelwelt lebt, das komplette Gegenteil ihres Mannes? Ich werde mich in dieser Arbeit damit beschäftigen, wie beide Charaktere dargestellt werden.

2. Charles Bovary

Charles Bovary, wird im ersten Kapitel des Romans, die Hauptfigur Emma wird im zweiten Kapitel vorgestellt. Es scheint eine gewisse Wichtigkeit für das Verständnis der Romans und der von der Ehefrau abgelehnten Ehe zu haben, dass der Leser zunächst den Ehemann kennenlernt.

Zunächst werden die Eltern des Protagonisten vorgestellt. Der Vater, Karl Dionys Barthel Bovary, wird als gutaussehender Frauenheld beschrieben, der zum Angeben neigt.

"Er setzte nunmehr seine körperlichen Vorzüge in bare Münze um und ergatterte sich im Handumdrehen eine Mitgift von sechzigtausend Franken, die ihm in der Person der Tochter eines Hutfabrikanten in den Weg kam. Das Mädchen hatte sich in den hübschen Mann verliebt. Er war ein Schwerenöter und Prahlhans, der sporenklingend einherstolzierte, Schnurr- und Backenbart trug, die Hände voller Ringe hatte und in seiner Kleidung auffällige Farben liebte."[1]

Die Ehe mit Bovary verläuft für die Fabrikantentochter ausgesprochen unglücklich, denn dieser wird untreu und stellt aufgrund seiner reichen Heirat das Arbeiten ein.

"Sobald er verheiratet war, begann er zwei, drei Jahre auf Kosten seiner Frau zu leben, aß und trank gut, schlief bis in den halben Tag hinein und rauchte aus langen Porzellanpfeifen. Nachts pflegte er sehr spät heimzukommen, nachdem er sich in Kaffeehäusern herumgetrieben hatte."[2]

Dies verändert auch den Charakter der Mutter, die vor der Heirat als "heiter, mitteilsam und herzlich"[3] beschrieben wurde. Im Verlaufe der unglücklichen Ehe wird sie "mürrisch, zänkisch und nervös"[4]

Die Liebe, die anfangs seitens der Frau sehr stark gewesen war, ist aufgrund der negativen Charaktereigenschaften des Mannes, schnell am Ende: "Seine Frau war dereinst toll verliebt in ihn gewesen. Aber unter tausend Demütigungen starb ihre Liebe doch rettungslos."[5]

Ihre Gefühle verdrängt die Frau, die sich fortan damit beschäftigt, die Pflichten ihres Mannes auszuführen.

"Ihr Stolz hatte sich zunächst mächtig geregt, aber schließlich schwieg sie, würgte ihren Grimm in stummem Stoizismus hinunter und beherrschte sich bis zu ihrem letzten Stündlein. Sie war unablässig tätig und immer auf dem Posten. Sie war es, die zu den Anwälten und Behörden ging. Sie wußte, wenn Wechsel fällig waren; sie erwirkte ihre Verlängerung. Sie machte alle Hausarbeiten, nähte, wusch, beaufsichtigte die Arbeiter und führte die Bücher, während der Herr und Gebieter sich um nichts kümmerte, aus seinem Zustande griesgrämlicher Schläfrigkeit nicht herauskam und sich höchstens dazu ermannte, seiner Frau garstige Dinge zu sagen."[6]

Als Charles Bovary auf die Welt kommt, ist er zunächst ein schwächliches Kind, das zu einer Amme gegeben werden muss.[7]

Nachdem die Zeit bei der Amme vorbei ist, wird der junge Charles in seiner Familie sehr verwöhnt: "Die Mutter nährte es mit Zuckerzeug. Der Vater ließ es barfuß herumlaufen und meinte höchst weise obendrein, der Kleine könne eigentlich ganz nackt gehen wie die Jungen der Tiere."[8]

Darüber hinaus wird der kleine Charles unterschiedlichen Erziehungsstilen ausgesetzt, da Mutter und Vater verschiedene Vorstellungen haben:

"Er sollte rauh angefaßt werden wie ein junger Spartaner, damit er sich tüchtig abhärte. Er mußte in einem ungeheizten Zimmer schlafen, einen ordentlichen Schluck Rum vertragen und auf den "kirchlichen Klimbim" schimpfen."[9]

Charles ist aber, wie sich auch in anderen Textstellen zeigt, kein rauher Charakter und so hat die Mutter mehr Einfluss auf den Jungen:

"Aber der Kleine war von friedfertiger Natur und widerstrebte allen diesen Bemühungen. Die Mutter schleppte ihn immer mit sich herum. Sie schnitt ihm Pappfiguren aus und erzählte ihm Märchen; sie unterhielt sich mit ihm in endlosen Selbstgesprächen, die von schwermütiger Fröhlichkeit und wortreicher Zärtlichkeit überquollen. In ihrer Verlassenheit pflanzte sie in das Herz ihres Jungen alle ihre eigenen unerfüllten und verlorenen Sehnsüchte."[10]

Mit 12 Jahren erhält der Junge Unterricht beim Dorfpfarrer, der aber nur unregelmäßig und auch von minderer Qualität ist:

"Die beiden saßen dann oben im Stübchen. Mücken und Nachtfalter tanzten um die Kerze; aber es war so warm drin, daß der Junge schläfrig wurde, und es dauerte nicht lange, da schnarchte der biedere Pfarrer, die Hände über dem Schmerbauche gefaltet."[11]

Interesse am Lernen zeigt der Junge nicht. Der Pfarrer bescheinigt ihm aber "ein gar treffliches Gedächtnis"[12]. Diese Fähigkeit soll den jungen Charles durch die Schule und auch durch das Studium bringen, denn "durch seinen Fleiß gelang es ihm, sich immer in der Mitte des Klasse zu halten."[13] Charles ist also kein brillianter Kopf, sondern muss für durchschnittliche Leistungen viel Mühe aufwenden. Er wird darüber hinaus als "phlegmatischer Junge"[14] beschrieben, der sich an die Regeln hält und nicht aus der Masse der anderen Schüler heraussticht.[15]

Durch seine furchtsame und duckmäuserische Art ist Charles zudem dem Spott seiner Mitschüler ausgesetzt.[16] Gegen die Schikanen der anderen Jungen wehrt sich der friedfertige Junge nicht:

"Alles ward wieder ruhig. Die Köpfe versanken in den Heften, und der Neuling verharrte zwei Stunden lang in musterhafter Haltung, obgleich ihm von Zeit zu Zeit mit einem Federhalter abgeschwuppte kleine Papierkugeln ins Gesicht flogen. Er wischte sich jedesmal mit der Hand ab, ohne sich weiter zu bewegen noch die Augen aufzuschlagen."[17]

Seine Gewohnheiten haben einen regelmäßigen Charakter, denn "jeden Donnerstag abend schrieb Karl mit roter Tinte an seine Mutter einen langen Brief, den er immer mit drei Oblaten zuklebte."[18]

Seine Eltern haben hohe Erwartungen aber auch realistische Ansprüche an das Können ihres Sohnes.[19] Das Studium ist nicht leicht für den jungen Karl, der nur mäßig intelligent, aber fleißig ist:

"Er lernte garnichts. So aufmerksam er auch in den Vorlesungen war, er begriff nichts. Um so mehr büffelte er. Er schrieb fleißig nach, versäumte kein Kolleg und fehlte in keiner Übung. Er erfüllte sein tägliches Arbeitspensum wie ein Gaul im Hippodrom, der in einem fort den Hufschlag hintrottet, ohne zu wissen, was für ein Geschäft er eigentlich verrichtet."[20]

Hier wird deutlich, dass Charles ein angepasster Charakter ist, der mit fast roboterhafter Ergebenheit das ausführt, was die Eltern, im Speziellen die Mutter von ihm verlangen. Letztendlich, nach einer langen Periode der Frustration, wendet sich der junge Mann weltlichen Freuden zu: "Er ward träge, was gar nicht zu verwundern war, und seinen guten Vorsätzen mehr und mehr untreu."[21] Über diesen Vergnügungen fällt er bei seinem ersten Staatsexamen durch, was aber von seiner Mutter gedeckt wird.[22]

Sie sorgt auch dafür, dass er eine überaus reiche, aber unattraktive Witwe heiratet.

"Aber nicht genug, daß die Mutter ihren Sohn erzogen, ihn Medizin studieren lassen und ihm eine Praxis ausfindig gemacht hatte: nun mußte er auch eine Frau haben. Selbige fand sie in der Witwe des Gerichtsvollziehers von Dieppe, die neben fünfundvierzig Jährlein zwölfhundert Franken Rente ihr eigen nannte. Obgleich sie häßlich war, dürr wie eine Hopfenstange und im Gesicht so viel Pickel wie ein Kirschbaum Blüten hatte [...]"[23]

Der praktische Charakter des jungen Mannes wird in dem fehlenden Widerstand gegen die Pläne der Mutter deutlich. Er willigt in die Vernunftehe ein, da er hofft "persönlich wie pekuniär unabhängiger zu werden."[24] Im ersten Kapitel wird deutlich, wie sich der durchschnittliche Charles von seiner späteren Ehefrau Emma unterscheidet.

[...]


[1] Flaubert, Gustav: Madame Bovary. Köln 2012. S.9.

[2] Ebd.

[3] Ebd.S.10

[4] Ebd.S.10

[5] Ebd.S.10

[6] Ebd.S.10

[7] Ebd.S.10

[8] Ebd.S.10

[9] Ebd.S.10

[10] Ebd.S.11

[11] Ebd.S.12

[12] Ebd.S.12

[13] Ebd.,S.13

[14] Ebd.,S.12

[15] Vgl. Ebd., S. 12f

[16] Vgl. Ebd., S. 7

[17] Ebd.,S.8

[18] Ebd.S.13

[19] Vgl.Ebd.S.13

[20] Ebd.,S.14

[21] Ebd.S.15

[22] Vgl. S. 15f

[23] Ebd., S. 16

[24] Ebd.,S.16

Fin de l'extrait de 11 pages

Résumé des informations

Titre
Die Figur des Landarztes Charles Bovary im Gesellschaftsroman "Madame Bovary"
Université
University of Cologne  (Romanisches Institut)
Cours
Madame Bovary
Note
2,1
Auteur
Année
2013
Pages
11
N° de catalogue
V279351
ISBN (ebook)
9783656731719
ISBN (Livre)
9783656741367
Taille d'un fichier
461 KB
Langue
Français
Mots clés
figur, landarztes, charles, bovary, gesellschaftsroman, madame
Citation du texte
Susanne Heinrichs (Auteur), 2013, Die Figur des Landarztes Charles Bovary im Gesellschaftsroman "Madame Bovary", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279351

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