Deutschland ist ein durch Sprachenvielfalt geprägtes Land. Mehr als jeder fünfte Heranwachsende in Deutschland hat einen Migrationshintergrund, wobei die Mehrheit der Kinder hierzulande geboren und aufgewachsen ist. Mit 2,5 Millionen Menschen stellen türkischstämmige Personen, die in Deutschland größte lebende Minderheit dar. Demzufolge ist die türkische Sprache weit verbreitet.
Ein großer Teil der Heranwachsenden wächst deshalb mit zwei oder mehreren Sprachen auf, d.h. die Erst- bzw. Zweitsprache ist eine andere als Deutsch. Kinder bringen dadurch unterschiedliche sprachliche Voraussetzungen mit, sobald sie Bildungsinstitutionen,wie Kindertagesstätten und Schulen, besuchen. Dort werden ihre sprachlichen Ressourcen allerdings oft nur unzureichend berücksichtigt und wertgeschätzt. Denn obwohl ein erheblich großer Teil der Kinder mehrsprachig aufwächst, spiegeln sich ihre Herkunftssprachen häufig weder im Tagesablauf, in Materialien wie z.B. Büchern noch in der Personalstruktur wieder. Mehrsprachigkeit bewegt sich in einem gesellschaftlichen Spannungsfeld, das durch Ablehnung und Wertschätzung gekennzeichnet ist.
Die Bachelorarbeit verfolgt das Ziel herauszufinden, wie Mehrsprachigkeit in einem Einwanderungsland wie Deutschland bewertet wird und ob das Prestige von Sprachen Einfluss auf die Identitätsentwicklung von Heranwachsenden nimmt.
Außerdem möchte ich mich der Frage stellen, inwiefern die Ablehnung bzw. Wertschätzung von Herkunftssprachen Risiken bzw. Chancen für die Identitätsentwicklung von Heranwachsenden darstellen kann. Mein Anliegen ist es zu zeigen, wie gesellschaftliche Bedingungen und daraus resultierende Einstellungen, die u.a. durch Bildungsinstitutionen und deren pädagogischem Fachpersonals zum Ausdruck kommen, auf Individuen einwirken. Hierbei lege ich meinen Fokus insbesondere auf die Sensibilisierung und Qualifizierung von PädagogInnen, weil sie es sind, die in der täglichen Interaktion die Beziehung zu mehrsprachigen Kindern gestalten und latente Einstellungen zum Ausdruck bringen. Mehrsprachigkeit muss in einem Einwanderungsland wie Deutschland als Ressource begriffen werden, die es wertzuschätzen gilt.
Im Rahmen einer Bachelorarbeit ist es nur ansatzweise möglich, einem Thema wie Mehrsprachigkeit gerecht zu werden. Sprachwissenschaftliche Ergebnisse werden eine untergeordnete Rolle spielen. Schwerpunktmäßig soll die Arbeit zur Reflexion von Einstellung gegenüber Herkunftssprachen anregen und zur Sensibilisierung beitragen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Mehrsprachigkeit als Ressource
- 1.1 Ressource oder Defizit?
- 1.2 Sprachen und ihr Prestige
- 1.3 Zwischenresümee zum Verhältnis Gesellschaft und Mehrsprachigkeit
- 2. Sprache und Mehrsprachigkeit als Identitätsstifter
- 2.1 Sprachprestige und ihre Folgen
- 2.1.1 Ablehnung der Herkunftssprache
- 2.1.2 Risiken der Identitätsentwicklung
- 2.1.3 Wertschätzung der Herkunftssprache
- 2.1.4 Chancen der Identitätsentwicklung
- 2.2 Zwischenresümee zum Verhältnis Sprache und Identität
- 2.1 Sprachprestige und ihre Folgen
- 3. Intervention durch die RAA am Beispiel mehrsprachiger Bilderbücher
- 4. Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit zielt darauf ab, die Bewertung von Mehrsprachigkeit in Deutschland zu untersuchen und zu analysieren, ob das Prestige von Sprachen die Identitätsentwicklung von Heranwachsenden beeinflusst. Weiterhin soll erforscht werden, inwiefern die Ablehnung oder Wertschätzung von Herkunftssprachen Risiken oder Chancen für die Identitätsentwicklung von Heranwachsenden darstellen kann. Der Fokus liegt auf der Sensibilisierung und Qualifizierung von PädagogInnen, da sie im täglichen Umgang mit mehrsprachigen Kindern die Beziehung gestalten und latente Einstellungen zum Ausdruck bringen. Die Arbeit strebt an, Mehrsprachigkeit in Deutschland als wertvolle Ressource zu betrachten, die es zu fördern gilt.
- Bewertung von Mehrsprachigkeit in Deutschland
- Einfluss von Sprachprestige auf die Identitätsentwicklung
- Risiken und Chancen der Ablehnung/Wertschätzung von Herkunftssprachen
- Sensibilisierung und Qualifizierung von PädagogInnen
- Mehrsprachigkeit als Ressource
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel widmet sich den gesellschaftlichen Bedingungen, die die Realisierung von Mehrsprachigkeit beeinflussen. Es beleuchtet die Frage, ob Mehrsprachigkeit für die Gesellschaft eine Ressource darstellt und analysiert kritisch, ob Mehrsprachigkeit als Ressource oder Defizit gilt. Das Kapitel untersucht zudem den Zusammenhang zwischen Sprache und Prestige, wobei sowohl prestigeträchtige Sprachen als auch die Folgen für Herkunftssprachen mit geringem gesellschaftlichen Ansehen beleuchtet werden.
Das zweite Kapitel rückt das Individuum ins Zentrum der Analyse und betrachtet die Auswirkungen von Sprachprestige auf die Identitätsentwicklung von Heranwachsenden. Es untersucht die Bedeutung der Herkunftssprache für die Identität und analysiert die Wirkung von Prestigewerten auf das Individuum, insbesondere auf Herkunftssprachen mit geringem gesellschaftlichen Ansehen. Das Kapitel beleuchtet auch die Risiken und Chancen, die die Ablehnung bzw. Wertschätzung von Herkunftssprachen für die Identitätsentwicklung von Heranwachsenden mit sich bringen.
Das dritte Kapitel präsentiert das Beispiel mehrsprachiger Bilderbücher, um zu verdeutlichen, wie Wertschätzung gegenüber den Herkunftssprachen von Kindern in der praktischen Arbeit zum Ausdruck gebracht werden kann. Es zeigt die Arbeit des Amtes für Integration und interkulturelle Angelegenheiten (RAA) in Bielefeld, das durch Fortbildungen PädagogInnen für Mehrsprachigkeit sensibilisiert und qualifiziert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Mehrsprachigkeit, Sprachprestige, Identitätsentwicklung, Herkunftssprache, Ablehnung, Wertschätzung, PädagogInnen, Sensibilisierung, Qualifizierung, Ressource, Einwanderungsland, Deutschland, Bildungsinstitutionen, Kindertagesstätten, Schulen, Integration, interkulturelles Lernen, mehrsprachige Bilderbücher, RAA (Amt für Integration und interkulturelle Angelegenheiten).
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2012, Mehrsprachigkeit als verschenkter Reichtum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279451